Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Oberkesselwärter

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitnehmer ist nur dann in der Lage, eine Anlage im Sinne der Lohngruppe 9 der SV 2a technischen Änderungen anzupassen, wenn er die Fähigkeit besitzt, neue oder geänderte Programme für die Regelungs- und Steuerungssysteme zu erarbeiten, mit denen die Anlage nach einer technischen Änderung oder Erweiterung ordnungsgemäß weiterbetrieben werden kann, weil die bisherigen Regelungs- und Steuerungssysteme für den ordnungsgemäßen Weiterbetrieb nicht ausreichen.

 

Normenkette

Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis des Bundes zum MTArb vom 11. Juli 1966 (TV LohngrV); Sonderverzeichnis für Arbeiter im Bereich des Bundesministeriums für Verteidigung, die unter die SR 2a des Abschnitts A der Anlage 2 MTArb fallen (SV 2a) Lohngruppe 9

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 19.01.1995; Aktenzeichen 12 Sa 918/94)

ArbG Detmold (Urteil vom 24.03.1994; Aktenzeichen 3 Ca 446/93)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Entlohnung des Klägers.

Der Kläger ist seit 1. Juli 1991 bei der Beklagten als Oberkesselwärter für eine Zentrale Versorgungsanlage (ZVA) in der G…-Kaserne in A… beschäftigt. Auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifbestimmungen für die Arbeiter des Bundes Anwendung.

In einer Tätigkeitsdarstellung für Arbeiter – Teil I – vom 28. Mai 1991, welche auch für den Kläger gilt, ist folgende Aufgabenbeschreibung enthalten:

“Betreiben der ZVA sowie schwierige Instandsetzungen und Wartungsarbeiten an den Heizungsanlagen im Bereich der G…-Kaserne.”

Die zu verrichtenden Tätigkeiten und deren zeitliche Anteile werden in dieser Tätigkeitsdarstellung wie folgt beschrieben:

1. 

Betreiben, Instandhalten und Warten der techn. Einrichtungen in der ZVA der G…-Kaserne A… mit einer Gesamtkesselleistung von 24 Gcal/h.

55 %

2.

Mitverantwortlich für den Schichtbetrieb;

15 %

 – 

Überwachung des ordnungsgemäßen Heizbetriebes in den einzelnen Schichten,

 – 

Auswertung der tägl. Heizberichte (Schichtbuch),

 – 

Führung der Heiztagebuchblätter lt. Verfügung WBH III – IV A 3.020 – Az 68-13-02-00 vom 05.11.1985.

3.

Mitverantwortlich für die Verteiler- u. Unterstationen der ZVA sowie des ges. Heizungsnetzes einschl. Hausanschlüsse;

15 %

 – 

Aufsicht über Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten an den Heizungsanlagen.

4.

Vertretung der einzelnen Kesselwärter im Urlaub und bei Krankheit.

10 %

5.

Abnahme von Heizöl S… und EL… für die G…-Kaserne.

5 %

In der Tätigkeitsdarstellung – Teil II – vom 29. Mai 1991, die ebenfalls auch für den Kläger gilt, heißt es:

“…

Es handelt sich um Tätigkeiten eines geprüften Kesselwärters als Oberkesselwärter, der eine ZVA von mindestens 29,308 Mio KJ/h – hier: 100,483 Mio KJ/h – betreibt und instandsetzt, und dem mindestens drei – hier: 10 geprüfte Kesselwärter – unterstellt sind.

…”

Der Standort A… ist räumlich der drittgrößte in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist Arbeitsplatz für ca. 4.000 Personen. Auf dem Kasernengelände befinden sich neun Restaurants, vier Unfallkliniken, 20 Panzer- und Autowerkstätten und ein Hallenschwimmbad.

Zu der Kaserne gehören 147 zu beheizende Gebäude, davon 140 mit Heizzentrale, 80 mit Warmwasserzentrale, 7 mit Lüftungs- und Klimazentrale sowie 10 mit eigenem Heizkessel und eigener Regelungsanlage. Acht Gebäude liegen außerhalb des Kasernengeländes bis zu 5 km entfernt. Das Fernleitungsnetz ist mit einer Kanallänge von 8,35 km, einer Rohrlänge von 16,7 km und einer Warmwasserrohrleitung von 6 km verzweigt. Der Wasserinhalt der gesamten Heizungsanlage beträgt 392 m(3). Die Wärmeleistung des zentralen Heizwerks, das im Dezember 1991 nach technischer Überholung neu in Betrieb genommen wurde, beträgt mehr als 18 MV (20,93 Mio kcal/h). Es umfaßt u.a. ein Heizhaus mit zugehörigem Fernheizsystem und 140 Übergabestationen sowie eine zentrale Gebrauchswarmwasserbereitung mit Fernverteilungssystem und 80 Übergabestationen. Die Heizzentrale ist mit einem Kohlekessel bestückt, der mit einer Wärmerückgewinnungs- und Rauchgasentschwefelungsanlage ausgerüstet ist. Zwei Ölheizkessel können bedarfsweise elektronisch zugeschaltet werden. Von der in der Heizzentrale installierten Leitzentrale aus werden 224 Heizungsunterstationen, die in DDC-Technik ausgeführt sind, geregelt und überwacht. Es sind 15 Baugruppenschaltschränke zur Steuerung der Heizkessel, Versorgungs- und Systemfunktionen vorhanden, außerdem 12 unabhängige Rechner zur Steuerung und Kontrolle.

Dem Kläger unterstehen 10 geprüfte Kesselwärter bzw. Schlosser.

Er selbst hat eine dreijährige Ausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer absolviert sowie im August 1990 eine einschlägige Meisterausbildung erfolgreich abgeschlossen.

Der Kläger wird von der Beklagten nach Lohngruppe 8 Fallgruppe 7a Allgemeiner Teil des Tarifvertrages über das Lohngruppenverzeichnis des Bundes – MTB II – vom 11. Juli 1966 (seit dem 1. März 1996: Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis des Bundes zum MTArb vom 11. Juli 1966) (im folgenden: TV LohngrV) entlohnt. Diese Tarifnorm lautet:

“Lohngruppe 8

7 Geprüfte Kesselwärter als Oberkesselwärter, die

a) eine ZVA mit mindestens 29,308 Mio kJ/h (7 Mio kcal/h)

oder

b) mehrere ZVA mit zusammen mindestens 29,308 Mio kJ/h (7 Mio kcal/h)

betreiben und instandhalten, wenn ihnen mindestens drei geprüfte Kesselwärter unterstellt sind.

…”

Mit Schreiben vom 9. April 1992 beantragte der Kläger seine Eingruppierung in die Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 des Sonderverzeichnisses für Arbeiter im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung, die unter die Sonderregelung 2a MTB II (im folgenden: SV 2a) fallen.

Diese Tarifnorm hat folgenden Wortlaut:

“Lohngruppe 9

  • Arbeiter der Lohngruppe 4 Fallgruppe 1 mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem einschlägigen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren (z.B. Elektromechaniker, Energieelektroniker, Kälteanlagenbauer, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, Meß- und Regelmechaniker) mit einer zusätzlichen fachlichen Fortbildung, die in großen Arbeitsstätten mit zentraler Haus- und Betriebstechnik komplizierte Anlagen (z.B. zentrale Meß-, Steuer- und Regelanlagen für Heiz-, Klima-, Sanitär- und Elektrotechnik) warten, instandsetzen, die Betriebsbereitschaft gewährleisten und in der Lage sind, die Regelung und Steuerung der Anlagen technischen Änderungen anzupassen.

Protokollnotiz:

Die zusätzliche fachliche Fortbildung wird auch durch den Meisterbrief nachgewiesen.”

Der Kläger meint, das in der Lohngruppe 9 vorausgesetzte Tätigkeitsmerkmal der “großen Arbeitsstätte mit zentraler Haus- und Betriebstechnik” sei nach räumlicher Ausdehnung, Wert der Anlagen und den Auswirkungen der von ihm ausgeübten Betreuung gegeben. Er sei auch nicht den Eingruppierungsmerkmalen für Kesselwärter bzw. Oberkesselwärter zuzuordnen, da diese auf Grund ihrer Ausbildung und der ihnen vorgegebenen Tätigkeit nur für den Bereich der Heizkessel zuständig seien. Demgegenüber seien sie üblicherweise nicht für den Betrieb, die Wartung und die Instandsetzung der zentralen Heizanlage und der zentralen Warmwasseranlage zuständig. Zur Gewährleistung der Betriebsbereitschaft sei auch die kritische Beaufsichtigung des Wartungspersonals, der Reinigungsbetriebe und überhaupt der auch von Fremdfirmen ausgeführten Wartungs- und Reparaturarbeiten zu rechnen. Für die Regelungs- und Steuereinrichtungen der Anlagen entwickle er allerdings selbst keine Programme. Er habe aber ihre Grunddaten und Betriebsbedienungen den technischen Rahmenbedingungen anzupassen. Bei Störungen sei die Fehlerursache durch entsprechende Eingriffe in die Rechnerprogramme auszuschalten.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab 9. April 1992 nach dem Sonderverzeichnis für Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung, die unter die SR 2a MTB II fallen (SV 2a) Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie ist der Ansicht, bei der Arbeitsstätte des Klägers handele es sich nicht um eine “große Arbeitsstätte” im Tarifsinne. Zudem habe der Kläger nicht vorgetragen, inwieweit die Arbeitsstätte eine zentrale Betriebstechnik mit komplizierten Anlagen umfasse. Auch werde die Betriebsbereitschaft derartiger Anlagen nicht vom Kläger gewährleistet. Die Kesselanlage werde nämlich derzeit im Rahmen der vertraglichen Gewährleistungsfrist betrieben, was beinhalte, daß alle über das normale Maß hinausgehenden Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten fremdvergeben seien. Für bestimmte Arbeiten werde dies auch in Zukunft so bleiben. Der Kläger erfülle zudem nicht das weitere Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe 9 Fallgruppe 1, wonach er in der Lage sein müsse, die Regelung und Steuerung der Anlagen technischen Änderungen anzupassen.

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und im Urteil die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Der Kläger wird zu Recht nach Lohngruppe 8 Fallgruppe 7a TV LohngrV Allgemeiner Teil entlohnt. Er hat keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a.

  • Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im wesentlichen damit begründet, der Kläger erfülle die persönlichen Voraussetzungen für eine Entlohnung nach Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a, da er eine Ausbildung als Zentralheizungs- und Lüftungsbauer besitze und eine einschlägige Meisterausbildung erfolgreich abgeschlossen habe.

    Seine Dienststelle, der Bundeswehrstandort A…, sei auch eine große Arbeitsstätte mit zentraler Haus- und Betriebstechnik im Tarifsinne. Die Einrichtungen der ZVA, welche von ihm gewartet und instandgesetzt würden und deren Betriebsbereitschaft er gewährleiste, stellten komplizierte Anlagen dar. Auch sei er in der Lage, die Regelung und Steuerung dieser ZVA technischen Änderungen anzupassen. Damit seien alle Eingruppierungsmerkmale der Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a erfüllt.

  • Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht folgen.

    Der Kläger erfüllt zwar die persönlichen, nicht aber die objektiven Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a.

    • Der Kläger verfügt über eine erfolgreich abgeschlossene dreijährige Ausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer. Auch die von der Tarifnorm geforderte zusätzliche fachliche Fortbildung hat er durch den im August 1990 erworbenen Meisterbrief nachgewiesen (vgl. Protokollnotiz zur Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a).
    • Dem Landesarbeitsgericht ist zunächst darin zu folgen, daß der Kläger in einer “großen Arbeitsstätte” im Tarifsinne tätig ist.

      Eine “große Arbeitsstätte” im Sinne der Vergütungsgruppen des BAT liegt nicht nur bei entsprechender räumlicher Größe vor. Sie kann sich auch aus der Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer, der Größe der technisch-maschinellen Ausstattung oder auch aus besonderen betriebsorganisatorischen Gründen ergeben (BAG Urteil vom 10. Oktober 1984 – 4 AZR 411/82 – BAGE 47, 61 = AP Nr. 95 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

      Diese zu den Vergütungsgruppen des BAT entwickelten Grundsätze sind auch für die des TV LohngrV zu übernehmen, da davon auszugehen ist, daß die Tarifvertragsparteien, die den TV LohngrV vereinbart haben und die auch Tarifvertragsparteien des BAT sind, den Begriff “große Arbeitsstätte” für beide Tarifwerke im selben Sinne verwendet haben.

      Da es sich bei dem Dienstort des Klägers, dem Bundeswehrstandort A…, um den räumlich drittgrößten der Bundesrepublik Deutschland handelt und dort etwa 4.000 Personen tätig sind, kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Kläger auf einer “großen Arbeitsstätte” Dienst tut.

    • Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, verfügt diese große Arbeitsstätte auch über eine zentrale Haus- und Betriebstechnik.

      Die vom Kläger betreute ZVA ist eine solche zentrale Hausund Betriebstechnik. Beide Parteien gehen davon aus, daß die Anlage, für welche der Kläger zuständig ist, eine ZVA im Sinne der Lohngruppe 8 Fallgruppe 7a TV LohngrV Allgemeiner Teil darstellt. Dabei handelt es sich um eine Anlage, die von einer Zentrale aus mehrere Räume oder Gebäude mit Wärme versorgt, vgl. Nr. 7 B der Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses des TV LohngrV. Eine solche zentrale Wärmeversorgung stellt eine zentrale Haus- und Betriebstechnik dar, so daß der Kläger “in einer großen Arbeitsstätte mit zentraler Haus- und Betriebstechnik” im Sinne der Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a tätig ist.

    • Bei der ZVA handelt es sich – so wie es auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat – um eine “komplizierte” Anlage im Tarifsinne.

      Geräte oder Anlagen sind dann kompliziert, wenn sie so beschaffen sind, daß ihre Instandsetzung höhere Anforderungen verlangt. Diese müssen auf Grund der Tarifsystematik über diejenigen hinausgehen, die an allgemeine Mechaniker gestellt werden (vgl. BAG Urteile vom 4. Juni 1980 – 4 AZR 497/78 – AP Nr. 4 zu § 21 MTB II und vom 21. Januar 1981 – 4 AZR 858/78 – AP Nr. 5 zu § 21 MTB II).

      Alleine aus der Tatsache, daß die vom Kläger zu betreuende ZVA durch Rechner gesteuert und kontrolliert wird und die einzelnen Anlagen der ZVA mit modernster Technik ausgestattet sind, ergibt sich, daß es sich bei den einzelnen Anlagen der ZVA um komplizierte Anlagen handelt, deren Wartung und Instandsetzung erhöhte Anforderungen an das Betreuungspersonal stellt. Auch die von der Beklagten erstellte “Tätigkeitsdarstellung Teil I” spricht davon, daß der Kläger “schwierige” Instandsetzungen und Wartungsarbeiten an den Heizungsanlagen vornehmen muß. Damit wird klar, daß auch die Beklagte davon ausgeht, daß an die Betreuung dieser Anlagen erhöhte Anforderungen gestellt werden, diese also als “kompliziert” im Tarifsinne zu betrachten sind.

    • Mit dem Landesarbeitsgericht ist auch davon auszugehen, daß der Kläger die von ihm betreute ZVA “wartet”, “instandsetzt” und deren “Betriebsbereitschaft gewährleistet”.

      Diese drei Tarifmerkmale der Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a beinhalten keine wesentlichen begrifflichen Unterschiede.

      Unter dem “Warten” einer Anlage versteht man nach dem allgemeinen Sprachgebrauch: ständig auf ihre Funktionsfähigkeit überprüfen und sobald Defekte festgestellt werden, diese beheben.

      “Instandsetzen” heißt: etwas ausbessern, wieder herstellen (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 6. Aufl., S. 682).

      Damit ist begrifflich in der “Wartung” die “Instandsetzung” enthalten.

      Auch der Tarifbegriff “Betriebsbereitschaft gewährleisten” heißt nichts anderes, als daß darauf zu achten ist, daß die ZVA immer in einem betriebsbereiten Zustand ist, d.h. daß diese ständig auf ihre Funktionsbereitschaft zu überprüfen ist und auftretende Defekte alsbald behoben werden müssen. Damit stellt dieser Begriff lediglich den Oberbegriff zu den Unterbegriffen “Warten” und “Instandsetzen” dar.

      Nach der durch die Beklagte gefertigten Tätigkeitsdarstellung – Teil I – hat der Kläger mit 55 % seiner Arbeitszeit – also mit mindestens der Hälfte der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit – die technischen Einrichtungen in der ZVA “zu betreiben”, zu “warten” und “instandzuhalten”. Demnach erfüllt er nach § 2 Abs. 1 TV LohngrV auch diese Tarifmerkmale der Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a.

    • Zu Unrecht geht das Landesarbeitsgericht allerdings davon aus, daß der Kläger das Tatbestandsmerkmal “in der Lage sein, die Regelung und Steuerung der Anlagen technischen Änderungen anzupassen” erfüllt.

      Dem Landesarbeitsgericht kann nur insoweit gefolgt werden, daß es nicht darauf ankommt, ob der Kläger tatsächlich diese Anpassungen vornimmt. Der Wortlaut der Tarifnorm spricht eindeutig dafür, daß es ausreicht, wenn er zur Anpassung “in der Lage” ist, d.h., wenn er die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, im Bedarfsfalle diese Anpassung vorzunehmen.

      Dabei ist es aber nicht ausreichend, daß er die Fähigkeit besitzt, die technischen Anlagen der ZVA mit handwerklichen Mitteln zu ändern. Die Tarifnorm fordert vielmehr, daß er eine Anpassung der Regelung und Steuerung – also des elektronischen Teils der ZVA – an technische Veränderungen vornehmen kann. Demnach muß der Kläger auch in der Lage sein, in die EDV-gestützte Steuerungs- und Regeltechnik der ZVA einzugreifen.

      Das Landesarbeitsericht hat festgestellt, daß der Kläger, wenn es zu Störungen einzelner Kompenenten kommt, in die Programme, mit denen die Steuerungsanlagen arbeiten, eingreifen und dabei Fehlerquellen beheben kann. Ein solcher Eingriff in die Regelung und Steuerung der ZVA zur Behebung von Störungen der Anlage stellt aber keine Anpassung der Anlage an “technische Änderungen” dar.

      Gleiches gilt auch für die Anpassung der ZVA an den jeweiligen Belastungszustand durch Eingriffe in die Steuer- und Regeleinheiten des Gesamtsystems (Kessel, Wasserrückgewinnungs- und Rauchgasentschwefelungsanlage), welche der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls vornimmt. Auch diese Anpassungen sind keine solchen an technische Änderungen, sondern nur Anpassungen an die jeweilige – in der Regel klimatische – Situation.

      Eine Anpassung der Regelung und Steuerung der ZVA an technische Änderungen im Sinne der Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 SV 2a liegt nur dann vor, wenn der Arbeiter in der Lage ist, die Regelung und Steuerung eigenhändig zu verändern, um sie Änderungen der technischen Anlagen der ZVA anzupassen.

      Dafür ist es erforderlich, daß er die Fähigkeit besitzt, neue oder geänderte Programme für die Regelungs- und Steuerungsanlagen zu erarbeiten, mit denen die ZVA nach einer durchgeführten technischen Änderung oder Erweiterung ordnungsgemäß weiterbetrieben werden kann, wenn die bisher bestehende Regelung oder Steuerung einen solchen ordnungsgemäßen Betrieb nicht mehr gewährleistet.

      Solche technischen Änderungen, die eine Anpassung der Regelung und Steuerung bedingen, können z.B. der Einbau einer neuen, technisch veränderten Rauchgasentschwefelungsanlage, Wasserrückgewinnungsanlage oder Heizanlage sein. Dabei können solche Änderungen durch geänderte gesetzliche Bestimmungen (z.B. Umweltschutz) oder durch eine Weiterentwicklung auf technischem Gebiet veranlaßt sein.

      Da der Kläger vorgetragen hat, daß er nicht in der Lage ist, Programme, mit denen die Steueranlagen der ZVA arbeiten, zu verändern, erfüllt er dieses Eingruppierungsmerkmal nicht.

      Demnach waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben bzw. abzuändern und die Klage abzuweisen.

  • Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Matthes, Dr. Jobs, Böck, Gnade, Brose

 

Fundstellen

Dokument-Index HI893878

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