Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz wegen der Entwendung von Lieferscheinen - Erledigungsklausel im Prozeßvergleich

 

Orientierungssatz

Das Herausgabeverlangen eines negativen Schuldanerkenntnisses gemäß § 812 Abs 2 BGB kommt nur dann bei Forderungen in Betracht, die eine Partei nicht kannte oder hinsichtlich derer sie nicht mit der Möglichkeit des Bestehens rechnete.

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des

Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. August 1998 - 16 Sa 917/96

- wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus Warenlieferungen in den Jahren 1987 und 1988 wegen entwendeter Lieferscheine geltend.

Geschäftsgegenstand der Klägerin ist die Herstellung und der Vertrieb von Spezialbaustoffen. Der Beklagte zu 2 war bei ihr als Betriebsleiter beschäftigt und schied nach einer Eigenkündigung vom 30. Dezember 1988 mit Ablauf des 31. Dezember 1988 aus. Gesellschafter der Klägerin waren neben deren Geschäftsführer A. Sch. noch die Kinder des Beklagten zu 2, A. O. und F. R.

1986 wurde die Beklagte zu 1 unter der Firma R. GmbH mit Sitz in A. gegründet. Geschäftsführer war F. R. Am 18. Januar 1988 verlegte sie ihren Sitz von A. nach B. Aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung mit der Klägerin firmierte sie in Rem. GmbH um. Alleiniger Geschäftsführer war ab dem 8. August 1988 J. Re. Als weitere Geschäftsführer wurden am 13. Dezember 1989 H. S. und der Beklagte zu 2 in das Handelsregister eingetragen. 1997 erhielten die Beklagten zu 1 und 3 ihre jetzigen Firmen.

Am 7. Mai 1987 gründete eine Frau A. K. als alleinige Gesellschafterin die K. GmbH und bestellte sich zur alleinigen Geschäftsführerin. Die Gründung erfolgte auf Veranlassung und im ausschließlichen Interesse der Beklagten zu 1 sowie von J. Re. Dem lag ein notariell beurkundeter Treuhandvertrag vom selben Tage zugrunde. Von dem Stammkapital von 60.000,00 DM hielt Frau A. K. einen Geschäftsanteil von 40.000,00 DM zugunsten der Beklagten zu 1 und von 20.000,00 DM zugunsten des J. Re. Nach dem Treuhandvertrag war sie verpflichtet, ihre Tätigkeit im alleinigen Interesse der Treugeber auszuüben und jederzeit deren Weisungen zu folgen. Sie war zu Verfügungen über die Geschäftsanteile ohne Zustimmung der Treugeber nicht berechtigt, jedoch verpflichtet, diese nach Weisung der Treugeber an Dritte abzutreten. Die Gewinnausschüttungen als Gesellschafterin hatte sie an die Treugeber abzuführen. Von allen aus dieser Tätigkeit folgenden Verbindlichkeiten sollte sie durch die Treugeber freigestellt werden. Die Treugeber verpflichteten sich, die Geschäftsanteile binnen sechs Wochen nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu übernehmen oder auf Dritte übertragen zu lassen. Gleichzeitig erklärte die Treuhänderin sich mit der Fortführung der Gesellschaft unter ihrer Namensführung auch nach Beendigung des Treuhandvertrages bereit. Die Vertragsschließenden verpflichteten sich zur Geheimhaltung. Für die Beklagte zu 1 unterzeichnete der Beklagte zu 2 die Treuhandvereinbarung.

In den Jahren 1987 und 1988 lieferte die Klägerin an die Firmen T., W. GmbH und H. B. GmbH Waren im Gesamtnettowert von 154.010,18 DM. Die Lieferscheine hierzu befinden sich nicht im Besitz der Klägerin. Diese verfügt lediglich über Kopien, die ihr das Finanzamt Bi. 1995 überließ, nachdem es die Lieferscheine im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens bei dem Beklagten zu 2 beschlagnahmt hatte. Von diesen Lieferscheinen weisen elf im Gesamtbetrag von 31.042,15 DM die sogenannten Zapfnummern mit einem Stempelabdruck von Zapfgeräten der Klägerin auf. Die weiteren maschinenschriftlich erstellten Lieferscheine haben ein Schriftbild, das dem der Lieferscheine der Klägerin aus den Jahren 1987 und 1988 entspricht.

Bis 1988 hatte die Klägerin regelmäßig schlechte Jahresergebnisse. Deswegen fanden Gespräche zwischen ihrem Geschäftsführer und dem Beklagten zu 2 statt. Dieser erklärte, Verluste von 600.000,00 DM seien dadurch entstanden, daß es der Klägerin nicht gelungen sei, bei der Herstellung einer Betonfarbe den richtigen Farbton zu treffen. Unter dem 16. Februar 1989 erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen den Beklagten zu 2, die im wesentlichen mit Vorwürfen begründet wurde, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Lediglich ein Vorgang, der sich nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen aber nicht bestätigt hat, entspricht den streitgegenständlichen Manipulationen.

Ebenfalls im Jahre 1989 führten die Klägerin und F. R. vor dem Landgericht Detmold mehrere Rechtsstreitigkeiten, die mit einem gerichtlichen Vergleich vom 4. Oktober 1989 endeten. Der Vergleich wurde mit abgeschlossen von A. Sch. senior und junior sowie allen Unternehmen, an denen diese beteiligt waren, der R. GmbH B., dem Beklagten zu 2 und J. Re., allen Unternehmen, an denen diese Personen beteiligt waren, und von A. O. Er lautet auszugsweise wie folgt:

5. Mit dieser Vereinbarung sind vorbehaltlich der nachstehenden

Kostenregelung alle gegenseitigen Ansprüche erledigt, gleich aus

welchem Rechtsgrund, seien sie bekannt oder unbekannt, soweit sie

ihre Ursache in bis zum heutigen Tage entstandenen Sachverhalten

haben.

- Alle Ansprüche der Firma R. GmbH D. und alle Ansprüche der

Herren A. Sch. sen. oder A. Sch. jun. sowie alle Ansprüche von

Unternehmen, an denen diese beteiligt sind, gegen Herrn Fr. R.,

Herrn F. R., Frau A. O., Herrn J. Re. und gegen die R. GmbH B.

sowie gegen alle Unternehmen, an denen die Vorstehenden beteiligt

sind, gleich aus welchem Rechtsgrund.

- Der Verzicht/Vergleich gilt ebenso für alle Ansprüche der

Letztgenannten gegen die vorstehenden Erstgenannten (Herren Sch.

pp.).

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu 2 habe mit Hilfe von ihm beeinflußter Arbeitnehmer der Klägerin die Durchschriften der Lieferscheine der streitigen Warenlieferungen entwendet und sie als Grundlage für eine Rechnungserstellung durch die Beklagte zu 1 an die Kunden T., W. GmbH und H. B. GmbH genutzt. Diese hätten die Rechnungen dann auch an die Beklagte zu 1 bezahlt. Sie habe dies zunächst nicht bemerkt, weil es bei ihr keine Unterlagen und Nachweise mehr über die Lieferungen gegeben habe. Die Beklagte zu 1 sei insoweit zu Lasten der Klägerin bereichert. Dieser Vorgang werde dadurch bestätigt, daß die Bilanzen der Beklagten zu 1 ungewöhnlich gewesen seien, weil erhebliche Einnahmen vorgelegen hätten, denen entsprechende Ausgaben nicht gegenüber gestanden hätten. Die Beklagten hafteten auch, falls die K. GmbH die Lieferungen fakturiert habe. Deren Verhalten sei ihnen jedenfalls aufgrund der Treuhandvereinbarung zuzurechnen. In jedem Falle hafte die Beklagte zu 1, da sie zum 31. Dezember 1990 das gesamte Vermögen der K. GmbH übernommen habe.

Die Klägerin hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner 154.010,18 DM

nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Juli 1995 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, sie hätten die Rechnungen an die Kunden T., W. GmbH und H. B. GmbH nicht erstellt. Zwar habe die K. GmbH mit diesen Unternehmen in Geschäftsverbindung gestanden. Auch habe die K. GmbH Lieferscheine der Klägerin benutzt. Dies sei jedoch nur geschehen, weil sie nicht über die für ihre Lieferungen erforderlichen Prüfzertifikate verfügt habe. Lieferungen habe die Klägerin hierfür aber nicht erbringen müssen. Manipulationen habe es nicht gegeben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach Vernehmung der Zeugen Sc., Re. und T. den Beklagten zu 2 gemäß dem obigen Klageantrag verurteilt, die Berufung hinsichtlich der Beklagten zu 1 zurückgewiesen und die im Berufungsrechtszug auf die Beklagte zu 3 erweiterte Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel gegen die Beklagten zu 1 und 3 weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten ist gemäß den §§ 73 Abs. 2, 65 ArbGG und gemäß § 17 a Abs. 5 GVG nicht mehr zu prüfen.

II. Die Parteierweiterung auf Beklagtenseite durch den Schriftsatz vom 28. April 1997 war zulässig. Eine Parteierweiterung auf Beklagtenseite im Berufungsrechtszug ist zulässig, wenn der neue Beklagte zustimmt oder die Verweigerung der Zustimmung rechtsmißbräuchlich ist (BGH 4. Oktober 1985 - V ZR 136/84 - NJW-RR 1986, 356, zu 1 der Gründe). Zwar wurde eine ausdrückliche Zustimmung nicht erklärt. Jedoch liegt eine konkludente Zustimmung darin, daß der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 1 und 2 im Termin vom 22. Mai 1997 erklärt hat, er übernehme auch die Vertretung der Beklagten zu 3, und den Prozeß für diese fortgeführt hat. Im übrigen wäre eine Zustimmungsverweigerung rechtsmißbräuchlich gewesen. Die Beklagte zu 3 war als Komplementärin der Beklagten zu 1 allein zur Vertretung berechtigt (§§ 164, 170 HGB) und damit deren Handlungsorgan. Als solches war sie mit dem Sach- und Streitstand vertraut. Nach wie vor ging es um die Haftung der Beklagten zu 1, die Einbeziehung der Beklagten zu 3 aufgrund der Vorschrift des § 128 HGB sollte lediglich einen Vollstreckungstitel auch gegen die Beklagte zu 3 schaffen. Diese hatte keine irgendwie geartete Schlechterstellung zu befürchten. Für eine Zustimmungsverweigerung hätte es ersichtlich an jedem schutzwürdigen Interesse gefehlt (vgl. nur BGH 4. Oktober 1985 aaO mwN).

III. Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1 und 3 keinen Anspruch auf Zahlung von 154.010,18 DM wegen der in den Jahren 1987 und 1988 abhanden gekommenen Lieferscheine. Soweit Ansprüche gegen die Beklagten bereits im Jahre 1989 bestanden haben, sind sie durch den Prozeßvergleich vom 4. Oktober 1989 erloschen. Ansprüche aus einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB bestehen ebenfalls nicht.

1. Die Klägerin kann den geltend gemachten Zahlungsanspruch aus einer ungerechtfertigten Bereicherung oder einer unerlaubten Handlung nicht mehr auf Sachverhalte stützen, die vor dem 4. Oktober 1989 lagen. Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin diese kannte oder nicht. Hierauf beruhende Ansprüche sind gemäß § 397 Abs. 2 BGB durch den Prozeßvergleich vom 4. Oktober 1989 erloschen.

a) Der Prozeßvergleich vom 4. Oktober 1989 erfaßte diese Ansprüche nach seinem Wortlaut, auch wenn die Klägerin sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Prozeßvergleichs nicht kannte. Die Würdigung des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden, daß alle Ansprüche, auch die unbekannten, mithin auch diejenigen des vorliegenden Rechtsstreits, dem Anwendungsbereich von Ziffer 5 des Prozeßvergleichs unterfallen. Die Klägerin erhebt in der Revision insoweit auch keine Bedenken.

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die Beklagten zu 1 und 3 nicht gehindert, sich auf Ziffer 5 des Prozeßvergleichs zu berufen.

aa) Zwar ist in einer derartigen Vereinbarung ein negatives Schuldanerkenntnis nach § 397 Abs. 2 BGB zu sehen. Auf ein solches Schuldanerkenntnis kann sich grundsätzlich derjenige nicht berufen, der einen anderen vorsätzlich geschädigt hat (BAG 17. Februar 1961 - 1 AZR 436/59 - AP BGB § 397 Nr. 1, zu II 5 der Gründe; BGH 24. März 1960 - II ZR 175/59 - BB 1960, 754, 755, zu 2 der Gründe). Doch liegt der Fall hier anders als in den genannten Entscheidungen. Dort ging es um das arglistige Verschweigen von Sachverhalten, von denen die Geschädigten keine Kenntnis hatten und mit deren Bestehen sie nicht rechneten. Im Streitfall mag zwar davon ausgegangen werden, daß die Klägerin von ihrer Forderung nichts wußte. Sie mußte jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs mit dem Bestehen einer solchen Forderung rechnen. Sie selbst hat am 16. Februar 1989 gegen den Beklagten zu 2 Strafanzeige erstattet. Diese Anzeige enthält ausweislich der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft D. vom 28. Januar 1992 einen vergleichbaren Fall. Die Klägerin hat nach ihrem Vorbringen in den Jahren bis 1988 erhebliche Verluste in einer Größenordnung von 600.000,00 DM hinnehmen müssen, für die sie keine Erklärung hatte und die der Beklagte zu 2 mit irgendwelchen Problemen begründete. Auch aus den Umständen des Ausscheidens des Beklagten zu 2 mit einer Kündigungsfrist von einem Tag und den danach festgestellten Unternehmensgründungen hat die Klägerin auf erhebliche Unregelmäßigkeiten geschlossen, wie auch ihre Strafanzeige zeigt. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin, wie auch das Arbeitsgericht erkannt hat, konkrete Umstände vortragen müssen, aus denen sie schließen durfte, daß keine über die in der Strafanzeige enthaltenen hinausgehenden Schädigungen durch den Beklagten zu 2 und seine Unternehmungen erfolgt sind. Insoweit kann sich die Klägerin nicht auf die anders gelagerten Streitgegenstände der dem Prozeßvergleich zugrunde liegenden Verfahren berufen. Nach alledem mußte sie den Verdacht weiterer ihr nicht bekannter Schädigungen haben. Wenn sie unter diesen Umständen den Prozeßvergleich dennoch in der gewählten Form abschloß, dann sind davon auch vorsätzliche Schädigungen durch den Beklagten zu 2 und seine Unternehmungen erfaßt, denen sie eine Treuwidrigkeit der Beklagten zu 1 nicht entgegenhalten kann.

bb) Aus diesen Gründen kann die Klägerin das negative Schuldanerkenntnis nicht gemäß § 812 Abs. 2 BGB herausverlangen. Dies kommt nur bei Forderungen in Betracht, die eine Partei nicht kannte oder hinsichtlich derer sie nicht mit der Möglichkeit des Bestehens rechnete. In der Geltendmachung der Forderung läge sodann das Verlangen der Herausgabe (vgl. zum Ganzen BGH 31. März 1982 - I ZR 69/88 - WM 1982, 671, 672 f., zu III 1 a der Gründe). In jedem Fall mußte die Klägerin aber mit der Möglichkeit des Bestehens solcher Forderungen rechnen.

c) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Über § 779 BGB hinaus können zwar die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 242 BGB auch auf einen Vergleich Anwendung finden und dessen Anpassung an die gegebenen Umstände gebieten. Voraussetzung ist jedoch, daß die Parteien bei Vergleichsabschluß gemeinsam irrigerweise vom Vorhandensein bestimmter Umstände ausgegangen sind oder der Vergleich zumindest auf für den Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vergleichspartei aufgebaut ist (BGH 8. Februar 1984 - VIII ZR 254/82 - NJW 1984, 1746, 1747, zu II 1 e der Gründe). Hierzu fehlt jegliche Substantiierung der Klägerin. Sie behauptet lediglich, daß die in dem Vergleich enthaltene Ausgleichsklausel auf der für die Beklagten erkennbaren Vorstellung der Klägerin aufgebaut habe, daß zwar alle möglichen Differenzen vertraglicher und wettbewerbsrechtlicher Art zwischen den Parteien bestanden, die Beklagten aber nicht in großem Umfang unerlaubte Handlungen zu Lasten der Klägerin begangen hätten. Es fehlt aber jeglicher Vortrag, aus welchen Tatsachen sie diese Schlußfolgerung gezogen hat. Das wäre aufgrund der Strafanzeige und der bis zum Vergleichsabschluß gewonnenen Erkenntnisse über das Bestehen weiterer Unternehmen des Beklagten zu 2 erforderlich gewesen.

d) Damit sind Ansprüche aus § 812 BGB ausgeschlossen, soweit die Klägerin sie darauf stützt, die Beklagte zu 1 habe die den hier streitigen Lieferscheinen zugrunde liegenden Lieferungen selbst abgerechnet und die entsprechenden Zahlungen vereinnahmt. Gleiches gilt für die auf Entwendung der Lieferscheine durch den Beklagten zu 2 gestützten Ansprüche aus unerlaubter Handlung sowie für Durchgriffsansprüche aus der Treuhandvereinbarung. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob solche Ansprüche überhaupt bestanden haben. Der Senat neigt dazu, diese Frage in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil zu verneinen.

2. Der Klägerin steht die geltend gemachte Zahlungsforderung gegen die Beklagte zu 1 nicht gemäß § 419 BGB zu. Der Vortrag der Klägerin ist unschlüssig.

a) Der Prozeßvergleich steht einer Geltendmachung nicht entgegen. Die behauptete Vermögensübernahme soll nach dem 4. Oktober 1989, nämlich zum 31. Dezember 1990, erfolgt sein.

b) Die Haftung nach § 419 BGB scheitert nicht daran, daß diese Norm zum 1. Januar 1999 durch Art. 33 Nr. 16 EG InsO vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S 2911) aufgehoben worden ist. § 419 BGB findet nach Art. 223 a EGBGB noch auf alle Vermögensübernahmen Anwendung, die bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 wirksam geworden sind.

c) Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß das Vorbringen der Klägerin unsubstantiiert und damit unschlüssig ist. Diese hat als Anspruchstellerin die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen (vgl. MünchKomm-Möschel 3. Aufl. § 419 Rn. 12). Das hat sie nicht getan. Der Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist nur dann schlüssig, wenn die Klägerin Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Klägerin entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muß in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. BGH 29. September 1992 - X ZR 84/90 - MDR 1993, 417, zu 1 der Gründe mwN; Senatsurteil 24. April 1997 - 8 AZR 898/94 - nv., zu I 1 der Gründe). Die Klägerin hat lediglich die Rechtsbehauptung aufgestellt, daß die Beklagte zu 1 das gesamte Vermögen der K. GmbH zum 31. Dezember 1990 übernommen habe. Die Verwendung des Rechtsbegriffs ersetzt aber nicht den konkreten Tatsachenvortag, wann wer welche Vermögensgegenstände übernommen hat. Dies wäre aber umso mehr erforderlich gewesen, als die Klägerin vorträgt, daß eine Rechtsstreitigkeit zwischen der Beklagten zu 1 und der K. GmbH stattgefunden habe; diese muß folglich noch bestanden und Vermögen gehabt haben.

d) Die Revisionsrüge der Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 139 ZPO ist jedenfalls unbegründet. Das Gericht ist regelmäßig nicht verpflichtet, einen im Prozeß anwaltlich vertretenen Kläger darauf hinzuweisen, daß sein Klagevorbringen nicht substantiiert und nicht schlüssig ist (BGH 9. November 1983 - VIII ZR 349/82 - AP ZPO § 139 Nr. 5, zu II 1 der Gründe; Senatsurteil 24. April 1997 - 8 AZR 898/94 - nv., zu I 1 der Gründe). Im übrigen enthält auch die Revisionsbegründung nicht den erforderlichen Sachvortrag zur Begründung eines Vermögensübergangs nach § 419 BGB. Die Klägerin trägt wiederum nur ganz allgemein vor, daß das Aktivvermögen übertragen worden sei, wozu sie das Anlage- und Umlaufvermögen, die Kundenforderungen und das Bankguthaben zählt. Sie verwendet jedoch nur diese Begriffe und unterlegt sie nicht mit konkretem Tatsachenvortrag.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1 keinen Anspruch aus §§ 812, 816 BGB aufgrund der Erstellung von Scheinrechnungen gegenüber der K. GmbH in Höhe von ca. 200.000,00 DM. Dieses erstmals in der Revisionsinstanz erfolgte Vorbringen ist nicht zu berücksichtigen (§ 561 ZPO). Die von der Klägerin insoweit vorgebrachte Aufklärungsrüge ist unbegründet. Das folgt schon daraus, daß das Landesarbeitsgericht keine Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO traf. Die Aufforderung zur Ergänzung und Erläuterung an eine Partei muß immer einen konkreten Anknüpfungspunkt im bisherigen Vorbringen haben (GK-ArbGG/Dörner Stand 1994 § 56 Rn. 8). Daran fehlt es. Das Landesarbeitsgericht hat das Fehlen einer Bereicherung der Beklagten zu 1 damit begründet, daß es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für erwiesen erachtet hat, nicht die Beklagte zu 1, sondern die K. GmbH habe die Warenlieferungen der Klägerin gegenüber den Kunden abgerechnet und demzufolge die daraus resultierenden Beträge erhalten. Es gab deshalb keinen weiteren Anlaß, die Klägerin auf ein Fehlen der Bereicherung hinzuweisen. Das mußte sie selbst nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erkennen. Das Landesarbeitsgericht hatte auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß im Verhältnis der Beklagten zu 1 zur K. GmbH Vermögensverschiebungen auf der Basis von Scheinrechnungen erfolgt sein könnten. Im übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung zeitlich nicht konkretisiert, d. h. es kann nicht festgestellt werden, ob die behauptete Vermögensverschiebung vor dem Prozeßvergleich vom 4. Oktober 1989 erfolgte oder nicht. Damit ist das Vorbringen unschlüssig.

4. Mangels Ansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 bestehen auch keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 3 (§ 128 HGB).

IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Ascheid MikoSchömburg

Zankl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI611136

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