Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Mehrflugstundenvergütung. Berücksichtigung von Zeiten der Personalvertretungstätigkeit bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung eines Flugkapitäns. Betriebsverfassungsrecht. Tarifrecht

 

Orientierungssatz

Nach § 24 Abs. 5 Satz 2 des Manteltarifvertrags Nr. 2 Cockpitpersonal LTU, gültig ab 1. November 2001, sind Zeiten einer Personalvertretungstätigkeit bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung nicht zu berücksichtigen. Diese tarifliche Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 13 (18) Sa 398/03)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 04.02.2003; Aktenzeichen 6 Ca 11081/02)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2003 – 13 (18) Sa 398/03 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob Zeiten, in denen der Kläger Personalvertretungstätigkeit verrichtet, bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1991 bei der Beklagten als Flugkapitän beschäftigt. Seit dem 16. Januar 2001 ist er Mitglied der Personalvertretung. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. In dem Tarifvertrag Personalvertretung Bordpersonal vom 1. Dezember 1997, gültig ab 1. November 1997, heißt es ua.:

“§ 48

1. Die Personalvertreter führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

2. Wegen der Besonderheiten des fliegerischen Berufs erfolgen keine Freistellungen auf Dauer für die Personalvertretungstätigkeit.

(…)

6. Das Arbeitsentgelt eines Personalvertreters darf einschließlich eines Zeitraumes von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden, als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Mitarbeiter mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers. Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Personalvertreter einschließlich eines Zeitraumes von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Satz 1 genannten Mitarbeiter gleichwertig sind.

(…)

9. Arbeitsversäumnis im Zusammenhang mit den vorstehenden Bestimmungen darf nicht zu einer Minderung des Arbeitsentgeltes führen.”

§ 24 des Manteltarifvertrags Nr. 6 Bordpersonal LTU (künftig: MTV Nr. 6) lautete in der bis zum 31. Oktober 2001 geltenden Fassung:

“§ 24

Anspruch auf Vergütung

(1) Die Arbeitnehmer erhalten eine auf monatlicher Grundlage errechnete Vergütung, die sich wie folgt zusammensetzt:

a) Grundgehalt

b) Flugzulage

c) Mehrflugstundenvergütung

d) Zulagen für bestimmte Funktionen gem. Vergütungstarifvertrag

(4) Die Berechnung der Flugzulagen nach Abs. 1 b) erfolgt in allen Fällen der Fortzahlung der Vergütung bei einem nichtfliegerischen Einsatz auf der Basis von 3,75 Flugstunden je Tag. … Bei Urlaub und Sonderurlaub erfolgt die Berechnung der Flugzulagen auf der Basis von 2,5 Flugstunden je Tag. …

(5) Die Berechnung der Mehrflugstundenvergütungen ab der 81. und 86. monatlichen Flugstunde nach Abs. 1 c) erfolgt in allen Fällen der Fortzahlung der Vergütung bei Schulungen, Personalvertretungs- und Tarifkommissionstätigkeit auf der Basis von 3,75 Flugstunden je Tag, höchstens jedoch 75 Flugstunden je Kalendermonat. Bei Urlaub und Sonderurlaub erfolgt die Fortzahlung der Vergütung auf der Basis von 2,5 Flugstunden je Tag …”

Mit Wirkung zum 1. November 2001 trat der Manteltarifvertrag Nr. 2 Cockpitpersonal LTU (künftig: MTV Nr. 2) in Kraft. Durch diesen wurden § 24 Abs. 4 und 5 MTV Nr. 6 wie folgt geändert:

“(4) Bei Urlaub und Sonderurlaub erfolgt die Fortzahlung der Vergütung auf der Basis von 2,5 Blockstunden je Tag. Diese Blockstunden sind nicht mehr mehrflugstundenwirksam. …

(5) Die Berechnung der Flugzulagen nach Abs. 1 b) für Funktionsträger (PV, TK, etc.) erfolgt in allen Fällen der Fortzahlung der Vergütung im nichtfliegerischen Einsatz auf der Basis von 3,75 Flugstunden je Tag. Diese Blockstunden sind nicht mehrflugstundenwirksam.”

§ 24 Abs. 8 MTV Nr. 2 lautet:

“Eine Flugzulage und eine Mehrflugstundenvergütung gemäß Abs. 1 b) und c) wird nur für Blockstunden, nicht für Zurechnungszeiten gezahlt, soweit in Ziffer 4 und 5 nichts Gegenteiliges geregelt ist.”

Seit November 2001 berücksichtigt die Beklagte die auf die Personalvertretungstätigkeit des Klägers entfallende Arbeitszeit bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung nicht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 24 Abs. 5 Satz 2 MTV Nr. 2 verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und sei daher unwirksam. Deshalb gelte § 24 Abs. 5 MTV Nr. 6 in der bis zum 31. Oktober 2001 geltenden Fassung zumindest gemäß § 4 Abs. 5 TVG weiter. Er werde im Verhältnis zu anderen Piloten, die keine Personalvertretungsarbeit leisten, ungleich behandelt. Die Zeiten, in denen er Personalvertretungstätigkeit verrichte, blieben bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung unberücksichtigt, wohingegen die Flugstunden anderer Piloten bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung in vollem Umfang mitzählten. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bestehe nicht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung des Klägers für den Beschäftigungszeitraum seit November 2001 die vom Kläger geleisteten Personalvertretungstage auf der Basis von 3,75 Flugstunden je Personalvertretungstag mehrflugstundenwirksam zu berücksichtigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte Tage, an denen er Personalvertretungstätigkeit verrichtet, bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung mit 3,75 Flugstunden berücksichtigt.

  • Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus § 48 Nr. 9 des auf der Grundlage von § 117 Abs. 2 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrags Personalvertretung Bordpersonal LTU (TV Personalvertretung). Nach dieser Bestimmung darf Arbeitsversäumnis wegen der Erledigung von Personalvertretungstätigkeit nicht zu einer Minderung des Arbeitsentgelts führen. Diese Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 37 Abs. 2 BetrVG. Ihr liegt das Lohnausfallprinzip zugrunde (st. Rspr., vgl. BAG 16. August 1995 – 7 AZR 103/95 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 19 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 128, zu 1a der Gründe). Danach haben die Mitglieder der Personalvertretung, ebenso wie Betriebsratsmitglieder, einen Anspruch darauf, von ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zur Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts befreit zu werden. Ihnen steht dasjenige Arbeitsentgelt zu, das sie nach § 611 Abs. 1 BGB ohne Freistellung verdient hätten. Aus § 48 Nr. 9 TV Personalvertretung ergibt sich jedoch kein Anspruch auf Zahlung von Mehrflugstundenvergütung für Zeiten, in denen Personalvertretungstätigkeit verrichtet wird. Denn die Tarifvertragsparteien haben in § 24 Abs. 5 MTV Nr. 2 eine Regelung über die Berechnung der Flugzulagen für Personalvertretungsmitglieder getroffen und bestimmt, dass Zeiten der Personalvertretungstätigkeit nicht mehrflugstundenwirksam sind. Diese Regelung ist abschließend und verdrängt die allgemeine Vorschrift des § 48 Nr. 9 TV Personalvertretung.

    Im Übrigen ergäbe sich aus § 48 Nr. 9 TV Personalvertretung nicht, dass Tage, an denen der Kläger Personalvertretungstätigkeit leistet, mit 3,75 Flugstunden bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen sind. Nach dem Lohnausfallprinzip bestünde darauf nur ein Anspruch, wenn der Kläger ohne die Personalvertretungstätigkeit an dem betreffenden Tag tatsächlich mindestens 3,75 Stunden im fliegerischen Einsatz tätig wäre. Denn Mehrflugstundenvergütung wird ab der 81. bzw. 86. Flugstunde gezahlt, so dass es für die Berechnung der Mehrflugstundenvergütung ausschließlich auf die geleisteten Flugstunden ankommt, nicht auf Zeiten, in denen innerhalb der regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von 169 Stunden (§ 14 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 6) andere Tätigkeiten verrichtet werden. Da die bei der Beklagten beschäftigten Flugkapitäne unstreitig keinen Anspruch auf einen Mindesteinsatz mit einer bestimmten Anzahl von Flugstunden pro Monat haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger an den Tagen, an denen er Personalvertretungstätigkeit leistet, mindestens 3,75 Stunden im fliegerischen Einsatz wäre und damit auf mehr als 80 Flugstunden pro Monat käme, wenn er der Personalvertretung nicht angehörte.

  • Aus § 24 Abs. 5 Satz 1 MTV Nr. 2 ergibt sich kein Anspruch auf Berücksichtigung von Zeiten der Personalvertretungstätigkeit bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung. Nach dieser Bestimmung erfolgt die Berechnung der Flugzulagen für Funktionsträger, zu denen auch Mitglieder der Personalvertretung gehören, in allen Fällen der Fortzahlung der Vergütung im nichtfliegerischen Einsatz auf der Basis von 3,75 Flugstunden je Tag. Diese Blockstunden sind nach § 24 Abs. 5 Satz 2 MTV Nr. 2 nicht mehrflugstundenwirksam. Zeiten der Personalvertretungstätigkeit zählen daher bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung nicht mit.
  • Die Regelung in § 24 Abs. 5 Satz 2 MTV Nr. 2 verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

    a) Die Tarifvertragsparteien haben bei ihrer Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Sie sind als privatrechtliche Vereinigungen zwar nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Denn sie sind keine staatliche Gewalt iSd. Art. 1 Abs. 3 GG, der nur Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung bindet. Die Normsetzung der Tarifvertragsparteien beruht auch nicht auf einer durch §§ 1, 4 TVG vom Staat auf die Tarifvertragsparteien delegierten Gesetzgebungskompetenz, sondern ist Ergebnis kollektiv auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG ausgeübter Privatautonomie (BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 641/96 – BAGE 88, 118 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 11 = EzA BGB § 620 Altersgrenze Nr. 9, zu 3a der Gründe; 27. November 2002 – 7 AZR 414/01 – AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 1, zu B I 3a der Gründe; 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – zur Veröffentlichung vorgesehen ≪zVv.≫, zu B II 1d der Gründe). Gleichwohl ergibt sich aus der Schutzpflichtfunktion der Grundrechte eine mittelbare Bindung der Tarifvertragsparteien an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Auf Grund der Schutzpflichtfunktion der Grundrechte ist die Rechtsprechung als Adressat der Verpflichtungen aus Art. 1 Abs. 3 GG gehalten, einzelne Grundrechtsträger, zu denen auch die von einem Tarifvertrag erfassten Arbeitnehmer gehören, vor einer unverhältnismäßigen Beschränkung ihrer Freiheitsrechte sowie vor einer gleichheitswidrigen Regelung durch privatautonom legitimierte Normsetzung zu bewahren (vgl. dazu ausführlich BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – aaO, zu B II 1d 2 der Gründe mwN). Die gerichtliche Kontrolle von Tarifbestimmungen erstreckt sich daher auch auf deren Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG. Die nur mittelbare Bindung der Tarifvertragsparteien an die Grundrechte führt bei der Prüfung, ob eine Tarifbestimmung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, nicht zu anderen Prüfungsmaßstäben als bei einer unmittelbaren Grundrechtsbindung (BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – aaO, zu B II 3 der Gründe).

    b) Eine tarifliche Regelung verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Tarifvertragsparteien tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht gelassen haben, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten Berücksichtigung finden müssen (BAG 26. April 2000 – 4 AZR 177/99 – BAGE 94, 273 = AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 16 = EzA GG Art. 3 Nr. 90, zu II 4b der Gründe). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen sind dabei unterschiedliche Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung zu stellen. Sie reichen vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt hingegen nur dann gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die Differenzierung nicht finden lässt (BVerfG 11. Januar 1995 – 1 BvR 892/88 – AP GG Art. 3 Nr. 209 = EzA GG Art. 3 Nr. 44, zu C I 1 der Gründe; BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – zVv., zu B II 3c cc der Gründe mwN). Wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie steht den Tarifvertragsparteien bei der Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten und der betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zu (BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – aaO, zu B II 3c dd der Gründe mwN; 6. August 2002 – 1 ABR 49/01 – BAGE 102, 135 = AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 27 = EzA BetrVG 1972 § 99 Umgruppierung Nr. 2, zu B II 3b der Gründe; 29. August 2001 – 4 AZR 352/00 – BAGE 99, 31 = AP GG Art. 3 Nr. 291 = EzA GG Art. 3 Nr. 93, zu B I 4a der Gründe). Im Interesse der Praktikabilität, Verständlichkeit und Übersichtlichkeit können die Tarifvertragsparteien auch typisierende Regelungen treffen (BAG 29. August 2001 – 4 AZR 352/00 – aaO; 6. August 2002 – 1 ABR 49/01 – aaO).

    c) Gemessen hieran verstößt § 24 Abs. 5 MTV Nr. 2 nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der unterschiedlichen Bewertung von Zeiten der Personalvertretungstätigkeit und Flugzeiten hinsichtlich der Berechnung von Flugzulagen und Mehrflugstundenvergütung um eine personenbezogene oder um eine sachverhaltsbezogene Differenzierung handelt. Denn die tarifliche Regelung in § 24 Abs. 5 MTV Nr. 2 genügt auch den bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen anzulegenden strengeren Prüfungsmaßstäben. Der Kläger wird durch die tarifliche Regelung gegenüber anderen Piloten, die keine Personalvertretungstätigkeit leisten, nicht ohne rechtfertigenden Grund ungleich behandelt. Die Tarifvertragsparteien haben den zeitlichen Anteil der Personalvertretungstätigkeit, auf Grund derer das Personalvertretungsmitglied an einem fliegerischen Einsatz verhindert ist, unter Berücksichtigung der Besonderheiten des fliegerischen Einsatzes in Bezug auf die Berechnung der Flugzulagen mit 3,75 Flugstunden pro Tag der Personalvertretungstätigkeit pauschaliert und gleichzeitig diese Zeiten von der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung ausgenommen. Dies ist von der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien gedeckt und hält sich im Rahmen der ihnen zustehenden Normsetzungsbefugnis.

    aa) Nach den tariflichen Bestimmungen haben Piloten keinen Anspruch darauf, mit einer Mindeststundenzahl fliegerisch eingesetzt zu werden. Zu der tariflichen planmäßigen Arbeitszeit von 169 Stunden pro Kalendermonat gehören nach § 14 Abs. 1 MTV Nr. 6 außer Flugdienstzeiten auch andere Zeiten, zB Dead-Head-Zeiten (Buchst. b), Zeiten einer angeordneten Büro- oder Verwaltungstätigkeit (Buchst. c), die Zeit einer angeordneten Schulung (Buchst. d), die Zeit eines Bereitschaftsdienstes (Buchst. f) sowie die notwendige Zeit für angeordnete fliegerärztliche Untersuchungen (Buchst. l). Die tarifliche Arbeitszeit von Piloten besteht daher nur zum Teil aus Flugdienstzeiten. Flugzulagen und Mehrflugstundenvergütung werden nach § 24 Abs. 8 MTV Nr. 2 nur für Blockstunden, dh. für Flugstunden, nicht für Zurechnungszeiten gezahlt, soweit in Abs. 4 und 5 nichts Gegenteiliges geregelt ist. Bei der Berechnung sowohl der Flugzulagen als auch der Mehrflugstundenvergütung sind daher grundsätzlich nur Flugstunden zu berücksichtigen.

    bb) Diese tarifliche Arbeitszeit- und Vergütungsgestaltung führt zu erheblichen Einkommensunterschieden, weil der Umfang des fliegerischen Einsatzes der bei der Beklagten beschäftigten Piloten beträchtlichen saisonalen Schwankungen unterliegt. Deshalb erscheint das Lohnausfallprinzip hinsichtlich der Vergütungsberechnung für die infolge der Personalvertretungstätigkeit ausgefallene Arbeit unpraktikabel, weil in jedem Einzelfall festgestellt werden müsste, ob das Personalvertretungsmitglied während der Zeit, in der es Personalvertretungstätigkeit geleistet hat, ansonsten geflogen wäre oder nichtfliegerische Tätigkeiten verrichtet hätte. Im Falle eines fliegerischen Einsatzes wäre die Zeit der Personalvertretungstätigkeit als Flugzeit zu bewerten und mit den entsprechenden Flugzulagen und ggf. mit Mehrflugstundenvergütung zu entlohnen, andernfalls zählte diese Zeit nicht als Flugzeit, die Zahlung von Flugzulagen und Mehrflugstundenvergütung käme dafür nicht in Betracht. Wenn die Tarifvertragsparteien diesen Umständen – offenbar in der Erkenntnis, dass sich derartige Feststellungen im Einzelfall, wenn überhaupt, nur mit erheblichen Schwierigkeiten treffen lassen –, durch eine pauschalierte Berücksichtigung der Personalvertretungszeiten bei der Berechnung der Flugzulagen Rechnung getragen haben, ist das von ihrer Einschätzungsprärogative gedeckt. Sie waren entgegen der Auffassung des Klägers nicht gehalten, diese Zeiten aus Gleichbehandlungsgründen auch in die Berechnung der Mehrflugstundenvergütung einzubeziehen. Anderen Piloten, die keine Personalvertretungstätigkeit leisten, steht Mehrflugstundenvergütung nur zu, wenn sie in dem dafür erforderlichen Umfang im fliegerischen Einsatz tätig sind. Zeiten anderer Tätigkeiten sind auch bei ihnen bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung nicht zu berücksichtigen. Insoweit behandelt die tarifliche Regelung Personalvertretungsmitglieder nicht anders als andere Angehörige des Bordpersonals. Die tarifliche Regelung in § 24 Abs. 5 Satz 2 MTV Nr. 2 kann zwar dazu führen, dass Mitglieder der Personalvertretung nicht in den Genuss von Mehrflugstundenvergütung kommen, weil sie nicht die dazu erforderliche Anzahl von Flugstunden erreichen. Das muss aber nicht ohne weiteres auf die Personalvertretungstätigkeit zurückzuführen sein. Unstreitig erreichen auch andere Piloten der Beklagten jedenfalls in Monaten, in denen sie aus saisonbedingten Gründen nur in relativ geringem Umfang fliegerisch eingesetzt werden, nicht die für die Mehrflugstundenvergütung erforderliche Anzahl von Flugstunden. Auch insoweit führt die tarifliche Regelung daher in Bezug auf die Mehrflugstundenvergütung nicht zu einer Ungleichbehandlung von Personalvertretungsmitgliedern. Eine Benachteiligung von Mitgliedern der Personalvertretung ist hinsichtlich der Mehrflugstundenvergütung nur denkbar, wenn der Umfang des fliegerischen Einsatzes von Piloten, die nicht der Personalvertretung angehören, die für die Mehrflugstundenvergütung erforderliche Stundenzahl übersteigt, dh. in einsatzstarken Monaten, und Mitglieder der Personalvertretung wegen ihrer Personalvertretungstätigkeit in geringerem Umfang fliegerisch eingesetzt werden. Diesen möglichen Nachteil haben die Tarifvertragsparteien jedoch dadurch ausgeglichen, dass Zeiten der Personalvertretungstätigkeit für die Flugzulagen mit 3,75 Stunden pro Tag zu berücksichtigen sind, wohingegen Piloten, die keine Personalvertretungstätigkeit leisten, sondern andere Arbeiten im nichtfliegerischen Einsatz verrichten, darauf keinen Anspruch haben. Mitglieder der Personalvertretung stehen daher hinsichtlich der Bewertung ihrer Personalvertretungstätigkeit bei der Berechnung der Flugzulagen besser als andere Piloten während einer nichtfliegerischen Tätigkeit. Im Gegenzug haben sie hinzunehmen, dass die Zeiten der Personalvertretungstätigkeit bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung nicht berücksichtigt werden. Die Tarifvertragsparteien haben somit aus Gründen der Praktikabilität eine pauschalierende Regelung getroffen, die einen Ausgleich dafür herstellt, dass Personalvertretungsmitglieder wegen ihrer Personalvertretungstätigkeit in geringerem Umfang fliegerisch eingesetzt werden können als andere Piloten. Es ist nicht ersichtlich, dass diese auf die Besonderheiten des fliegerischen Einsatzes abstellende Regelung zu einer generellen finanziellen Schlechterstellung der Personalvertretungsmitglieder gegenüber anderen Piloten führt. Das hat auch der Kläger selbst nicht behauptet. Unstreitig erhält er sogar eine höhere durchschnittliche Gesamtvergütung als andere Piloten, die der Personalvertretung nicht angehören.

  • Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Dörner, Gräfl, Krasshöfer, Hökenschnieder, Hoffmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1288487

NZA 2005, 240

ZTR 2005, 197

EzA

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