Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslagenersatz bei Auflösung einer Dienststelle

 

Normenkette

BAT § 44

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 30.08.1989; Aktenzeichen 7 Sa 410/89)

ArbG Köln (Urteil vom 31.01.1989; Aktenzeichen 17 Ca 8296/88)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. August 1989 – 7 Sa 410/89 – aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 1989 – 17 Ca 8296/88 – wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger, dessen Dienststelle verlegt wurde, weiteren Auslagenersatz schuldet.

Der Kläger ist seit 1. Februar 1964 als Fotograf beim Rheinischen Amt für B. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der Kläger bewohnt in R. mit seiner Familie ein eigenes Haus. Er hat einen Sohn, der 1989 vor dem Abitur stand und eine Tochter, die im gleichen Jahr die Hauptschuld abschließen sollte.

Im Juni 1985 wurde die Dienststelle des Klägers von Bonn nach B. verlegt. Der Kläger erhielt von Juni 1985 bis einschließlich Mai 1988 Auslagenersatz nach § 1 Abs. 4 Landesumzugskostengesetz (LUKG). Darin heißt es:

„Bei Auflösung oder Verlegung von Dienststellen gilt folgendes:

  1. Wird ein Beamter oder Richter aus Anlaß der Auflösung seiner Dienststelle an einen anderen Ort als den bisherigen Dienstort versetzt und hat er außerhalb des neuen Dienstortes als Hauptmieter oder Eigentümer einer Wohnung einen Hausstand, so kann ihm auf Antrag bei täglicher Rückkehr an den Wohnort ein Auslagenersatz gewährt werden, wenn ein Anspruch auf Trennungsentschädigung nicht besteht. Das gleiche gilt bei Verlegung einer Dienststelle. Zum Dienstort gehört auch dessen Einzugsgebiet.
  2. Der Auslagenersatz wird frühestens vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Versetzung oder der Verlegung der Dienststelle bis zur Dauer von drei Jahren gewährt; bei Vorliegen besonderer Gründe kann er bis zur Dauer von fünf Jahren bewilligt werden. Hat der Beamte oder Richter im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der dienstlichen Maßnahme das achtundfünfzigste Lebensjahr vollendet, kann er den Auslagenersatz bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses erhalten.
  3. …”.

Am 19. April 1988 beantragte der Kläger, ihm den Auslagenersatz bis einschließlich Juni 1989 weiterzugewähren. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 5. Mai 1988 ab und vertrat darin die Auffassung, die Gewährung über das dritte Jahr hinaus stehe zwar in seinem Ermessen, setze aber eine besondere Härte voraus, für die der Antrag des Klägers keine Anhaltspunkte enthalte.

Der Kläger hat sich demgegenüber auf die Verwaltungsverordnung zum Landesumzugskostengesetz (VVzLUKG; Runderlaß des Finanzministers vom 3. Juni 1966 – SMBl. NW 203207 –) – im folgenden: Runderlaß – berufen. Dieser bestimmt unter Nr. 5:

„Zu § 1 Abs. 4 Nr. 3 des Landesumzugskostengesetzes:

Besondere Gründe, die die Gewährung des Auslagenersatzes über die Dauer von drei Jahren hinaus rechtfertigen, liegen u.a. vor, wenn

  1. der Beamte oder sein Ehegatte am bisherigen Dienst- oder Wohnort ein eigenes Haus, eine Eigentumswohnung, ein Dauerwohnrecht oder ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) besitzt und der Beamte das Haus oder die Wohnung bewohnt oder das mit dem Wohnungsrecht belastete Grundstück benutzt.
  2. der Beamte oder sein Ehegatte eine preisgünstige Wohnung innehat, deren Aufgabe aus sozialen Gründen nicht zumutbar erscheint,
  3. die Schul- oder Berufsausbildung eines zum Haushalt des Beamten gehörenden im Ortszuschlag nach dem Besoldungsgesetz berücksichtigungsfähigen Kindes so weit fortgeschritten ist, daß ein Wechsel der Schule oder Ausbildungsstelle das Erreichen des Ausbildungsziels gefährden würde.”

Der Kläger hat gemeint, durch den Runderlaß sei der Beklagte in der Ausübung seines Verwaltungsermessens gebunden. Dem Antrag auf Weiterbewilligung des Auslagenersatzes müsse daher stattgegeben werden.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm entsprechend seinem Antrag vom 19. April 1988 über das dritte Bezugsjahr hinaus Auslagenersatz gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 LUKG zu zahlen, und zwar zunächst für ein weiteres Jahr bis einschließlich Juni 1989.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die in dem Runderlaß genannten Beispiele seien nicht zwingend. Auch bei Vorliegen besonderer Gründe stehe die Weiterbewilligung in seinem Ermessen; hierbei könne er auch seine Finanzlage berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 44 BAT i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 LUKG. Das danach dem Beklagten eingeräumte Ermessen sei durch Nr. 5 des Runderlasses eingeschränkt. Um eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherzustellen, seien die darin getroffenen Regelungen, deren Voraussetzungen der Kläger bezüglich der Nummern 5.1 und 5.3 erfülle, als besondere Gründe im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 LUKG zu verstehen. Lägen diese vor, bestehe kein Ermessensspielraum des Arbeitgebers mehr. Der Beklagte habe somit den Antrag des Klägers nicht ablehnen dürfen.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weiterbewilligung des Auslagenersatzes über das dritte Jahr hinaus.

Die Gewährung von Umzugskostenvergütung und Trennungsentschädigung für Angestellte richtet sich gemäß § 44 Abs. 1 BAT mit den dort genannten Maßgaben nach den für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen. Gegen die Rechtswirksamkeit dieser Verweisung auf das Dienstrecht der Beamten bestehen unter den Gesichtspunkten der Normklarheit, der Normsetzungsbefugnis und des für Tarifverträge geltenden Schriftformerfordernisses keine Bedenken (vgl. BAGE 41, 47, 51 = AP Nr. 7 zu § 44 BAT, zu II 1 b der Gründe, m.w.N.).

1. Nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 LUKG kann bei Verlegung einer Dienststelle unter den dort genannten, hier nicht streitigen Voraussetzungen Auslagenersatz gewährt werden. Nach Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 2 kann der Auslagenersatz bei Vorliegen besonderer Gründe über die Dauer von drei Jahren hinaus bis zur Dauer von fünf Jahren bewilligt werden.

Ob dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen wäre, daß besondere Gründe im Sinne dieser Bestimmung bestehen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls hat der Kläger keinen Anspruch darauf, daß der Beklagte seinem Antrag stattgibt.

2. Zu dem im Gesetz enthaltenen Rechtsbegriff „besondere Gründe” hat der Finanzminister im Runderlaß vom 3. Juni 1966, den der Beklagte, wie sich aus seinem Ablehnungsschreiben vom 5. Mai 1988 ergibt, anwendet. Ausführungsbestimmungen erlassen. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch verkannt, daß diese nur die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „besondere Gründe” regeln, nicht jedoch den Beklagten in seinem durch § 1 Abs. 4 Nr. 3 und 1 LUKG begründeten Handlungsermessen einengen. Auch wenn besondere Gründe für die Bewilligung von Auslagenersatz über die Dauer von drei Jahren hinaus bestehen, ist der Beklagte nicht verpflichtet, dem Antrag des Angestellten stattzugeben. Ob Auslagenersatz gewährt wird, steht auch dann in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Außer auf den Wortlaut des § 1 Abs. 4 Nr. 1 LUKG ist dazu auf die amtliche Begründung zu dieser Bestimmung zu verweisen, aus der sich ergibt, daß der Gesetzgeber der Behörde auch für die Verlängerungsmöglichkeit über das dritte Jahr hinaus ein Ermessen einräumen wollte, damit diese „den Besonderheiten des Einzelfalles hinreichend Rechnung tragen” könne (vgl. Kopicki/Irlenbusch/Mohr, Kommentar zum Umzugskostenrecht des Landes NRW in Abschn. B 3 a).

3. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß der Beklagte das ihm zustehende Ermessen im Sinne des Klagebegehrens ausübt.

a) Soweit die Leistungsgewährung im Dienstrecht der Beamten in das Handlungsermessen des Dienstherrn gestellt wird, hat der Beamte lediglich einen Anspruch darauf, daß der Dienstherr von seinem Ermessen keinen fehlerhaften Gebrauch macht. Entsprechendes gilt auch für Arbeitnehmer, soweit das Beamtenrecht auf sie anzuwenden ist. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf sachgemäße Prüfung und Feststellung der Voraussetzungen der Leistungsgewährung. Der Arbeitgeber hat dabei die in § 75 BetrVG, § 67 BPersVG enthaltenen allgemeinen Rechtsgrundsätze zu beachten. Er hat jede unterschiedliche Behandlung von Antragstellern aus sachfremden Gründen zu unterlassen (vgl. BAGE 41, 47 = AP Nr. 7 zu § 44 BAT).

Ob der Beklagte bei Ablehnung des weiteren Auslagenersatzes des Klägers diese Grundsätze beachtet hat, hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, weil es rechtsirrtümlich gemeint hat, der Beklagte sei durch den Runderlaß des Finanzministers gebunden.

b) Dieser Rechtsfehler zwingt jedoch nicht zu einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen Feststellungen reichen aus, dem Senat eine abschließende Entscheidung zu ermöglichen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

Ohne eine positive Ermessensentscheidung des Beklagten könnte der Anspruch des Klägers nur gegeben sein, wenn jede andere Entscheidung als die Bewilligung des Auslagenersatzes ermessensfehlerhaft wäre (vgl. BAG Urteil vom 16. Januar 1985 – 7 AZR 270/82 – AP Nr. 9 zu § 44 BAT). Dies ist nicht der Fall.

Der Kläger hat keine Tatsachen dafür vorgetragen, daß der Beklagte, indem er im Hinblick auf seine Finanzlage über die in dem ministeriellen Erlaß genannten Voraussetzungen hinaus eine besondere Härte gefordert hat, sein Ermessen fehlerhaft gebraucht habe. Er hat weder geltend gemacht, daß der Beklagte die rechtlichen Voraussetzungen seiner Ermessensentscheidung verkannt, noch daß er in gleichgelagerten Fällen anders entschieden habe. Statt dessen hat er seinen Klageantrag allein mit der Rechtsauffassung begründet, der Beklagte sei durch den Erlaß des Finanzministers in seinem Ermessen im Sinne des Klagebegehrens gebunden worden. Darauf konnte der Kläger, wie dargelegt, die Klage nicht stützen.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer Ehrenamtlicher Richter Fischer ist verhindert, seine Unterschrift hinzufügen, weil er aus dem Richteramt ausgeschieden ist., Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Dr. Peifer, Gnade

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1083457

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