Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Nichterfüllererlaß. Gleichbehandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung eines Türkischlehrers nach dem Erfüllererlaß und dem Nichterfüllererlaß des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen

 

Normenkette

BAT Anlage 1 a VergGr. IV a, III und II a

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 10.10.1991; Aktenzeichen 12 Sa 850/90)

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 25.04.1990; Aktenzeichen 4 Ca 330/90)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. Oktober 1991 – 12 Sa 850/90 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers.

Der 1947 in der Türkei geborene Kläger hat in seinem Heimatland Rechtswissenschaft studiert und das erste und zweite Staatsexamen abgelegt. Seit 1977 ist er an der Universität/Gesamthochschule D. Lehrbeauftragter für das Fach Türkisch für Germanistikstudenten. Er hat in Nordrhein-Westfalen nach entsprechendem Hochschulstudium die Erste und die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II in den Fächern Deutsch und Geschichte abgelegt und damit in diesen Fächern die Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe II erlangt. Seit 1987 ist der Kläger deutscher Staatsbürger.

1989 wurde der Kläger vom beklagten Land zur Erteilung von muttersprachlichem Unterricht an drei Gymnasien in G. als Lehrer angestellt. Die Parteien haben die Anwendung des BAT auf das Arbeitsverhältnis vereinbart. Über die Vergütung des Klägers ist im Arbeitsvertrag bestimmt:

Der Angestellte wird gemäß Nr. 1.2 des Runderlasses des Kultusministers vom 20.11.1981 (BASS 21–21 Nr. 53) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit Nr. 6 des Runderlasses des Finanzministers vom 27.12.1983 (SMBl. NW 20 310) in die Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert.

Soweit Leistungen nicht nach der Grundvergütung bemessen sind, ist hierfür die Vergütungsgruppe IV a BAT maßgebend. Die Absenkung erfolgt für die Dauer von 4 Jahren.

Seit seiner Einstellung hat der Kläger sowohl das Fach Türkisch anstelle einer zweiten Fremdsprache unterrichtet als auch muttersprachlichen Ergänzungsunterricht (MEU) erteilt. Dieser MEU wird u.a. türkischen Schülern in Ergänzung zum regulären Unterricht bis zur Klasse 10 angeboten. Das Fach wird benotet, ist aber nicht versetzungs- und abschlußrelevant.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm habe bis zum 31. Dezember 1989 unter Zugrundelegung des damals geltenden Absenkungserlasses Vergütung nicht nach VergGr. IV b, sondern nach VergGr. III BAT zugestanden. Seit dem 1. Januar 1990 stehe ihm nicht nur die vom beklagten Land gewährte Vergütung nach VergGr. IV a zu, sondern nach VergGr. II a BAT. Dies ergebe sich aus Ziff. 4.2 des Runderlasses des Kultusministers vom 16. November 1981 über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen (GABl. NW 1982, 5 – Erfüllererlaß). Dieser Erlaß sei auf sein Arbeitsverhältnis selbst dann anwendbar, wenn man die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung nicht so verstehen wolle, denn er erfülle die Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis. Das beklagte Land habe sich daher an die von ihm selbst mit den einschlägigen Erlassen geschaffene Ordnung halten müssen und habe daher nicht wirksam statt dessen die Anwendung des Runderlasses vom 20. November 1981 über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen (GABl. NW 1982, 7 – Nichterfüllererlaß), mit ihm vereinbaren können.

Er verfüge über die in Ziff. 4.2 des Erfüllererlasses geforderte Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe II, und zwar in einem sprachlichen Fach. Dies zusammen mit seiner langjährigen Erfahrung bei der Erteilung von Unterricht in Türkisch als Fremdsprache an der Universität/Gesamthochschule D. stehe einer formalen Lehramtsqualifikation in Türkisch gleich. Sein Anspruch ergebe sich auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Das beklagte Land vergüte nämlich auch – vom Kläger im einzelnen benannte – ausländische Lehrkräfte ohne deutsche Lehramtsbefähigung nach VergGr. II a bzw. III BAT. Hilfsweise hat der Kläger geltend gemacht, daß sich ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT auch aus § 315 Abs. 3 und § 612 Abs. 2 BGB ergebe.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger vom 8. Juli 1989 bis 31. Dezember 1989 nach der VergGr. III BAT zu vergüten;
  2. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger ab 1. Januar 1990 nach der VergGr. II a BAT zu vergüten,

    hilfsweise festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger ab 1. Januar 1990 nach der VergGr. III BAT zu vergüten;

  3. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die jeweiligen Nettodifferenzbeträge zwischen der VergGr. IV b BAT und der VergGr. III BAT mit 4 % zu verzinsen, und zwar ab Rechtshängigkeit;
  4. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die jeweiligen Nettodifferenzbeträge zwischen der VergGr. IV a BAT und der VergGr. II a BAT mit 4 % ab der jeweiligen Fälligkeit, frühestens ab Rechtshängigkeit zu verzinsen,

    hilfsweise die jeweiligen Nettodifferenzbeträge zwischen der VergGr. IV a BAT und der VergGr. III BAT mit 4 % ab der jeweiligen Fälligkeit, frühestens ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat gemeint, der Kläger könne keine Vergütung nach dem Erfüllererlaß beanspruchen, denn dessen Anwendung sei mit ihm nicht vereinbart. Selbst wenn der Erfüllererlaß aber einschlägig wäre, sei die Klage doch unbegründet, weil der Kläger nicht die in Ziff. 4.2 des Erlasses genannten Voraussetzungen erfülle. Er unterrichte nämlich nicht in den Fächern Deutsch oder Geschichte, auf die sich seine Lehramtsbefähigung beschränke. Vielmehr sei der Kläger richtig nach Ziff. 1.2 des Nichterfüllererlasses in VergGr. IV a BAT eingestuft, die im Arbeitsvertrag in Bezug genommen sei. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Generell würden nämlich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ausländische Lehrkräfte entsprechend den einschlägigen Erlassen vergütet. Lediglich 20 bis 30 der insgesamt über 2000 an den Schulen des beklagten Landes beschäftigten hauptamtlichen ausländischen Lehrer seien, meist aufgrund von Irrtümern, höher als in den Erlassen vorgesehen eingruppiert.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Das am 10. Oktober 1991 verkündete Urteil des Landesarbeitsgerichts ist den Parteien am 13. August 1992 zugestellt worden; aus den Akten ist nicht ersichtlich, wann es unterschrieben zur Geschäftsstelle gelangt war. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Die Revision ist nicht etwa nach § 551 Nr. 7 ZPO begründet, weil das angefochtene Urteil wegen verspäteter Absetzung als nicht mit Gründen versehen zu betrachten ist. Zwar ist angesichts des zwischen der Verkündung und der Zustellung des Urteils liegenden Zeitraums von über zehn Monaten anzunehmen, daß es später als fünf Monate nach seiner Verkündung von den Richtern unterschrieben zur Geschäftsstelle gelangt ist. Ein solches Urteil gilt nach dem Beschluß des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92 – als nicht mit Gründen versehen.

Hierauf kommt es jedoch im vorliegenden Fall für die Begründetheit der Revision nicht an. Der Mangel ist nämlich nicht gerügt worden und auch nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 27. April 1988 – 4 AZR 691/87 – AP Nr. 4 zu § 10 TV Arb Bundespost).

II. Die Klage ist zwar zulässig. Der Kläger hat eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (vgl. Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

III. Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a oder III BAT.

1. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger zur Begründung seines Anspruchs auf den Erfüllererlaß.

a) In diesem Erlaß sind, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Interesse, folgende Eingruppierungsbestimmungen enthalten:

4.

Lehrer an Gymnasien

VergGr. des BAT

4.1

Lehrer

mit der Befähigung für das Lehramt am Gymnasium

II a

4.2

Lehrer

mit der Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe II bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung

II a

4.4

Lehrer

mit der Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I

III

9.3

Lehrer, die an einer anderen als ihrer Befähigung entsprechenden Schulform verwendet werden, sind entsprechend ihrer Befähigung einzugruppieren, jedoch nicht höher als die Lehrkräfte der Schulform, an der sie beschäftigt werden.

b) Der Kläger macht geltend, auf sein Arbeitsverhältnis sei der Erfüllererlaß anwendbar, obwohl im Arbeitsvertrag der Nichterfüllererlaß in Bezug genommen ist. Das beklagte Land habe mit den Erlassen nämlich eine allgemeine Vergütungsordnung geschaffen. An diese müsse es sich auch in seinem Fall halten, denn für eine Abweichung gebe es keinen sachlichen Grund.

Ob dies zutrifft oder ob, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Nichtanwendung des Erfüllererlasses sachlich begründet ist, kann hier dahinstehen. Dem Kläger steht nämlich, auch wenn zu seinen Gunsten die Anwendung des Erfüllererlasses auf sein Arbeitsverhältnis unterstellt wird, kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a oder III BAT zu.

c)aa) Ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a gemäß Ziff. 4.1 des Erlasses kommt nicht in Betracht, denn die Lehramtsbefähigung des Klägers ist nicht auf die Schulform Gymnasium bezogen, sondern auf die Sekundarstufe II.

bb) Auch aus Ziff. 4.2 des Erlasses ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Eingruppierung in VergGr. II a BAT. Zwar verfügt er über die Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe II, es fehlt aber die weitere Voraussetzung einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung. Der Kläger unterrichtet nämlich nicht in den Fächern Deutsch oder Geschichte, für die er die Lehramtsbefähigung besitzt.

cc) Auch aus Ziff. 9.3 des Erfüllererlasses ergibt sich kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT. Der Kläger wird nämlich am Gymnasium und damit nicht an einer anderen als der seiner Befähigung entsprechenden Schulform verwandt.

dd) Aus dem Erfüllererlaß läßt sich auch kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT herleiten. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit Ziff. 4.4 des Erlasses in Betracht gezogen. Einem hierauf gestützten Anspruch steht aber schon entgegen, daß in Ziff. 4.4 die Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I gefordert wird, die der Kläger nicht besitzt. Es kann auch nicht, wie das Landesarbeitsgericht offenbar meint, angenommen werden, die Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe II umfasse diejenige für die Sekundarstufe I mit. Das nordrhein-westfälische Gesetz über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen (Lehrerausbildungsgesetz) vom 28. August 1979 (GVBl. NW. S. 586), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1984 (GVBl. NW, S. 370, 374), unterscheidet vielmehr in seinen §§ 7 und 8 zwischen beiden Lehrämtern und auch zwischen den entsprechenden Befähigungen und bestimmt in § 10 die Voraussetzungen, unter denen die Befähigung für zwei Lehrämter erworben werden kann. Der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, daß er neben der Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe II auch diejenige für die Sekundarstufe I erworben habe.

Es fehlt auch an einem Vortrag des Klägers sowie an sonstigen Anhaltspunkten dafür, daß die Fächer, für die seine Lehramtsbefähigung besteht, nur in schulstufenübergreifenden Schulformen und dort nicht in allen aufsteigenden Jahrgangsstufen unterrichtet würden, so daß seine Lehramtsbefähigung ihn nach § 5 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 Lehrerausbildungsgesetz auch zur Erteilung von Unterricht in der Sekundarstufe I berechtigen würde.

ee) Die vom Kläger begehrte Eingruppierung kann auch nicht, wie er meint, auf eine Gesamtwürdigung seiner verschiedenen Qualifikationen gestützt werden. Die Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe II in den Fächern Deutsch und Geschichte kann nicht zusammen mit seinen bei der Erteilung von Unterricht von Türkisch als Fremdsprache an der Universität/Gesamthochschule gewonnenen Erfahrungen für die Anwendung des Erfüllererlasses einer formalen Lehramtsqualifikation in Türkisch gleichgeachtet werden. Dem steht schon entgegen, daß der Erfüllererlaß ein sehr differenziertes System von Eingruppierungen enthält, die an eine Bewertung unterschiedlicher Qualifikationsvoraussetzungen und des jeweils zu erteilenden Unterrichts anknüpfen. Der Erlaß enthält keine Anhaltspunkte dafür, daß außer den verschiedenen in ihm aufgeführten Qualifikationsmerkmalen noch weitere, wie beispielsweise die vom Kläger an der Universität/Gesamthochschule D. erworbene Unterrichtserfahrung, für die Eingruppierung maßgeblich sein sollen. Hinzu kommt, daß die Erteilung von Unterricht in Türkisch als Fremdsprache wesentlich andere Anforderungen stellt als die Erteilung muttersprachlichen Türkischunterrichts und daher die fehlende Lehramtsqualifikation für den muttersprachlichen Türkischunterricht nicht ersetzen kann. Auch die Berücksichtigung der Lehramtsbefähigung des Klägers für das Fach Deutsch führt zu keiner anderen Beurteilung, da insoweit kaum Berührungspunkte zu den Anforderungen des muttersprachlichen Türkischunterrichts erkennbar sind.

2. Auch aus dem Nichterfüllererlaß kann der Kläger den von ihm geltend gemachten Eingruppierungsanspruch nicht herleiten.

a) Die hier einschlägigen Bestimmungen dieses Erlasses lauteten in der bis zum 21. Juni 1992 bestehenden Fassung wie folgt:

VergGr. des BAT

1.2

Lehrer in der Tätigkeit von Lehrern an Grundschulen oder Hauptschulen mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule,

die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen

IV a

4.2

Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach unterrichten

II a

4.3

Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule,

die überwiegend in einem ihrem Studium entsprechenden wissenschaftlichen Fach Unterricht erteilen

III

In der Neufassung des Erlasses vom 22. Juni 1992 (GABl. NW. I, 159) sind folgende Bestimmungen einschlägig:

VergGr. des BAT

1.15

Ausländische Lehrer mit abgeschlossener Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule und voller Lehrbefähigung ihres Heimatlandes sowie zusätzlich mindestens Erster Staatsprüfung für ein Lehramt nach nordrhein-westfälischem Recht, die ausländischen Schülerinnen und Schülern muttersprachlichen Ergänzungsunterricht (MEU) erteilen

IV a

nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und dieser Vergütungsgruppe

III

4.

Lehrer an Gymnasien

4.1

Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule (Staatsprüfung für das Lehramt am Gymnasium, an berufsbildenden Schulen oder für die Sekundarstufe II), die damit aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach unterrichten

II a

4.2

Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, die überwiegend in einem ihrem Studium entsprechenden wissenschaftlichen Fach Unterricht erteilen

III

4.20

Ausländische Lehrer,

die ausländischen Schülerinnen und Schülern muttersprachlichen Ergänzungsunterricht (MEU) erteilen, werden entsprechend den Fallgruppen 1.15 bis 1.17 eingruppiert.

9.2

Ausländische Lehrer, die ausländischen Schülerinnen und Schülern muttersprachlichen Unterricht anstelle einer Fremdsprache erteilen, werden entsprechend den nicht dem muttersprachlichen Ergänzungsunterricht (MEU) zugeordneten Fallgruppen eingruppiert.

Die im angefochtenen Urteil offenbar irrtümlich zitierte Änderung des Erlasses vom 4. Oktober 1989 ist für den zu entscheidenden Fall ohne Belang.

b) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob mit der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahme auf den Nichterfüllererlaß der gesamte Erlaß, wie der Kläger meint, oder, wie das beklagte Land annimmt, nur dessen zu einer Vergütung nach VergGr. IV a führende Ziff. 1.2 – in der Neufassung vom 22. Juni 1992 entspricht ihr die Ziff. 1.1 – auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

Hierin ist dem angefochtenen Urteil zu folgen. Selbst wenn man nämlich entsprechend der Auffassung des Klägers annimmt, daß der Nichterfüllererlaß in seiner Gesamtheit auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, scheitert der vom Kläger geltend gemachte Anspruch doch daran, daß er auch nach diesem Erlaß die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in VergGr. II a oder III BAT nicht erfüllt.

c)aa) Zwar verfügt der Kläger, wie in Ziff. 4.2 – in der Fassung vom 22. Juni 1992 in Ziff. 4.1 – für eine Eingruppierung in VergGr. II a gefordert, über ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule. Er hat auch aufgrund dieses Studiums die Unterrichtsbefähigung in zwei Fächern. Es fehlt aber an der weiteren in diesen Bestimmungen enthaltenen Voraussetzung, nämlich der Erteilung von Unterricht in einem dieser Fächer.

bb) Aus demselben Grund ergibt sich aus Ziff. 4.3 des Nichterfüllererlasses – in der Fassung vom 22. Juni 1992 enthält Ziff. 4.2 die entsprechende Bestimmung – kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III. Der Kläger erteilt nämlich nicht in einem seinem Studium entsprechenden wissenschaftlichen Fach (Deutsch, Geschichte) Unterricht.

cc) Aus Ziff. 4.20 i.V.m. Ziff. 1.15 des Nichterfüllererlasses in der Fassung vom 22. Juni 1992 läßt sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ebenfalls nicht herleiten. Auch wenn man ihn ungeachtet seiner deutschen Staatsangehörigkeit wegen seiner Herkunft und Muttersprache als ausländischen Lehrer i.S. dieser Bestimmungen ansieht, kann die dort geregelte Erteilung von MEU nur nach einer sechsjährigen Bewährungszeit zu einer höheren als der gegenwärtigen Eingruppierung des Klägers führen. An dieser Bewährungszeit fehlt es aber vorliegend, da der Kläger seine Tätigkeit erst seit 1989 ausübt.

dd) Auch der Umstand, daß der Kläger in zunehmendem Umfang muttersprachlichen Unterricht anstelle einer Fremdsprache erteilt, führt nach dem Nichterfüllererlaß zu keinem für ihn günstigeren Ergebnis. Nach Ziff. 9.2 ist nämlich in diesem Fall seine Eingruppierung nach den nicht auf den MEU bezogenen Bestimmungen des Erlasses vorzunehmen. Nach diesen hat der Kläger aber, wie bereits ausgeführt, keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a oder III BAT.

ee) Wie oben (III 1 c ee) zum Erfüllererlaß ausgeführt, kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß seine fehlende formale Qualifikation für die Erteilung muttersprachlichen Türkischunterrichts durch seine Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe II im Fach Deutsch in Kombination mit seiner langjährigen Erfahrung bei der Erteilung von Unterricht in Türkisch als Fremdsprache wettgemacht werde.

3. Eine ihm nach den genannten Erlassen nicht zustehende Eingruppierung kann der Kläger auch nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beanspruchen.

a) Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechter zu stellen. Dieser Grundsatz gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden läßt (BAG Urteil vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).

b) Soweit der Kläger geltend macht, er werde im Verhältnis zu den von ihm benannten, abweichend von den Erlassen nach VergGr. II oder III BAT vergüteten ausländischen Lehrern benachteiligt, fehlt es schon nach seinem eigenen Vortrag an einer allgemein begünstigenden Regelung des beklagten Landes. Der Kläger hat nämlich selbst vorgetragen, daß es sich hierbei nur um eine kleine Zahl von Lehrern handele. Er hat die Behauptung der Beklagten nicht bestritten, daß nur etwa 20 bis 30 von insgesamt über 2000 an den Schulen des Landes beschäftigten ausländischen Lehrern höher als in den Erlassen vorgesehen eingruppiert seien.

c) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß er aufgrund seiner höheren Qualifikation höher vergütet werden müsse als ausländische Lehrkräfte, die nach Ziff. 1.15 des Nichterfüllererlasses in der Fassung vom 22. Juni 1992 ebenfalls in VergGr. IV a BAT eingruppiert sind, obwohl sie nur über eine Lehrbefähigung ihres Heimatlandes verfügen und MEU an Grund- und Hauptschulen erteilen.

Die Qualifikation des Klägers und des von ihm am Gymnasium zu erteilenden Unterrichts ist nämlich, wenn überhaupt, keineswegs um soviel höher zu bewerten, daß dies seine Vergütung nach VergGr. IV a BAT als gleichheitswidrig zu gering erscheinen ließe. Gerade in bezug auf MEU und muttersprachlichen Unterricht anstelle einer Fremdsprache ist die in Ziff. 1.15 des Nichterfüllererlasses geforderte Qualifikation eines Lehrers mit voller Lehrbefähigung seines Heimatlandes und Erster Staatsprüfung nach nordrhein-westfälischem Recht nicht niedriger, sondern eher höher zu bewerten als die Lehrbefähigung des Klägers für die Sekundarstufe II in Deutsch und Geschichte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Kläger an der Universität/Gesamthochschule D. ausgeübten Lehrtätigkeit in Türkisch als Fremdsprache, denn diese stellt wesentlich andere Anforderungen als muttersprachlicher Türkischunterricht. Das in diesem Zusammenhang vom Kläger angeführte Senatsurteil vom 9. Juni 1982 (BAGE 39, 124 = AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) gibt für den vorliegenden Fall nichts her, da der Senat darin lediglich ausgeführt hat, daß es nicht willkürlich sei, wenn ein Tarifvertrag eine höherqualifizierte Ausbildung mit einer höheren Vergütung honoriere.

Auch die Berufung auf das Senatsurteil vom 28. März 1990 (– 4 AZR 619/89 – AP Nr. 26 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) ist nicht einschlägig, denn in dem damals entschiedenen Fall ging es um die Zulässigkeit einer nachträglichen Verschärfung von Eingruppierungsvoraussetzungen.

4. Zu Unrecht meint der Kläger auch, im Wege der richterlichen Billigkeitskontrolle müsse ihm nach § 315 Abs. 3 BGB wenigstens Vergütung nach VergGr. III BAT zuerkannt werden. Ein solcher Anspruch scheitert schon daran, daß sich der Kläger nicht gegen eine vom beklagten Land einseitig bestimmte, sondern gegen die von den Parteien im Arbeitsvertrag ausdrücklich festgelegte Eingruppierung wendet. Eine Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB kommt aber nur in Betracht, soweit vom beklagten Land ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt wird (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1987, BAGE 55, 53 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

5. Auch die Berufung des Klägers auf § 612 Abs. 2 BGB kann keinen Erfolg haben, denn diese Vorschrift setzt voraus, daß die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Im vorliegenden Fall haben die Parteien aber wirksam Vergütung nach VergGr. IV a BAT vereinbart.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Bepler, Dr. Wißmann, Dr. Kiefer, Hauk

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1082686

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