Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Wochenfeiertagen bei Schichtarbeit. Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 16. November 2000 (– 6 AZR 338/99 – AP BAT § 15 Nr. 44). Öffentlicher Dienst

 

Orientierungssatz

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines im Schichtdienst beschäftigten Angestellten des öffentlichen Dienstes verringert sich nicht um die auf ein Wochenfeiertag entfallenden Arbeitsstunden, wenn der Wochenfeiertag für den Angestellten nach dem Dienstplan arbeitsfrei ist. Muß der Angestellte an einem Wochenfeiertag, der nicht auf einen Sonntag fällt, dienstplanmäßig arbeiten, entsteht somit außer dem Anspruch auf Vergütung (§ 26 BAT) und dem Anspruch auf Zeitzuschlag (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c Doppelbuchst. aa BAT) kein weiterer Anspruch.

 

Normenkette

BAT § 15 Abs. 1, 6, § 35 Abs. 1 S. 2 Buchst. c Doppelbuchst. aa

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 04.12.2000; Aktenzeichen 8 Sa 1029/00)

ArbG Bonn (Urteil vom 20.06.2000; Aktenzeichen 3 Ca 3322/99)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie Wochenfeiertage bei der Berechnung der monatlichen Arbeitszeit zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist bei dem beklagten Land als Angestellter im Polizeipräsidium B. tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 (BAT) Anwendung. Der Kläger arbeitet nach einem Dienstplan. Er muß Arbeit an Wochenfeiertagen leisten.

Das beklagte Land errechnet für jeden Monat unter Berücksichtigung der Wochentage Montag bis Freitag und einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 7,7 Stunden je Tag die sog. Sollstundenzahl. Dabei berücksichtigt es Feiertage, die auf einen Wochentag fallen, nicht als Arbeitstage. Dies gilt auch, wenn der Feiertag auf einen Samstag fällt; in diesen Fällen wird der vorangehende Freitag nicht als Arbeitstag berücksichtigt. Der Zahl der Sollstunden stellt das beklagte Land die Zahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden gegenüber und berücksichtigt auf einem sog. Mehrstundenkonto gegebenenfalls Mehr- oder Fehlstunden, die angefallen sind. Die an einem Wochenfeiertag gearbeiteten Stunden werden der Summe der in diesem Monat gearbeiteten Stunden nicht hinzugerechnet. Im Fall des Freizeitausgleichs werden sie nicht in der laufenden oder folgenden Woche durch entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag bei Fortzahlung der Vergütung erfüllt, sondern dem Mehrstundenkonto gutgeschrieben, daneben wird ein Zeitzuschlag von 35 % vergütet. Ohne Freizeitausgleich erfolgt keine Gutschrift auf dem Mehrstundenkonto, die Stunden werden in diesem Fall mit einem Zeitzuschlag von 135 % vergütet.

Diese Berechnung hält der Kläger nicht für tarifgemäß. Er hat gemeint, da für den Wochenfeiertag kein zusätzlicher freier Tag gewährt werde, fehlten ihm in beiden Fällen jeweils 100 % einer Tagesvergütung. Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen,

  • die vom Kläger geleisteten Dienststunden an Wochenfeiertagen, die nicht auf einen Sonntag fallen, soweit kein Freizeitausgleich gewährt ist, auf seinem Dienststundenkonto in Höhe der tatsächlich geleisteten Stunden zuzüglich einer gleich hohen Stundenzahl für den Feiertagsausgleich gutzuschreiben;
  • die vom Kläger an Wochenfeiertagen, die nicht auf einen Sonntag fallen, geleisteten Stunden im Falle des Freizeitausgleichs in Höhe der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zuzüglich (einfach) auf seinem Zeitkonto gutzuschreiben;
  • rückwirkend drei Monate vor dem 2. August 1999 dem Kläger die geleistete Arbeit an Wochenfeiertagen, die nicht auf einen Sonntag gefallen sind, über die bereits gezahlte Vergütung/gewährte Freistellung hinaus mit weiteren 100 % je Stunde zu entlohnen.

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, seine Berechnungsweise entspreche den tariflichen Bestimmungen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für geleistete Arbeitszeiten an Wochenfeiertagen des Zeitraums ab drei Monaten vor dem 3. August 1999 bis zum 4. Dezember 2000, soweit diese Wochenfeiertage nicht auf einen Sonntag gefallen sind, einen weiteren Zuschlag von 100 % je Stunde zu zahlen, soweit diese Arbeitszeiten nicht durch zusammenhängende Freizeit an einen Werktag der laufenden oder folgenden Woche unter Fortzahlung der Vergütung ausgeglichen worden sind. Die weitergehende Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren, soweit dieses vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen wurde, weiter und beantragt

  • die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger geleisteten Dienststunden an Feiertagen ohne Freizeitausgleich auf seinem Dienststundenkonto in Höhe der tatsächlich geleisteten Stunden zuzüglich einer gleich hohen Stundenzahl für den Feiertagsausgleich (Zahlung der Feiertagsvergütung von 135 %) gutzuschreiben;

    des weiteren die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger geleisteten Feiertagsstunden im Fall des Freizeitausgleichs in Höhe der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden (einfach) auf dessen Zeitkonto gutzuschreiben.

  • Die Beklagte zu verurteilen, rückwirkend drei Monate seit Rechtshängigkeit sein Zeitkonto unter Beachtung der Grundsätze der Klageanträge zu Ziffer 1 zu korrigieren und die aus der Neuberechnung resultierenden Stunden der Feiertagsarbeit ebenfalls seinem Zeitkonto gutzuschreiben.

Das beklagte Land beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage, soweit sie nicht die Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich betrifft und somit noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, für unbegründet gehalten. Der Kläger kann nicht verlangen, daß die Beklagte ihm auf dem sog. Mehrstundenkonto weitere Arbeitsstunden gutschreibt. Dies folgt daraus, daß der Kläger nach § 15 Abs. 6 Unterabs. 1 BAT verpflichtet ist, an Wochenfeiertagen zu arbeiten und deshalb die von ihm geschuldete regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden (§ 15 Abs. 1 BAT) durch die dienstplanmäßige Wochenfeiertagsarbeit nicht überschritten wird.

  • Die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich. Dies gilt auch für den im Schichtdienst beschäftigten Kläger. Eine Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch Wochenfeiertage sieht die tarifliche Regelung für Angestellte im Schichtdienst nicht vor. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats seit 1988 (vgl. 4. August 1988 – 6 AZR 269/86 – EzBAT BAT § 15 Nr. 14 = ZTR 1989, 112; 22. März 1990 – 6 AZR 457/88 – ZTR 1990, 379). Der erkennende Senat hat diese Auffassung in seinem zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmten Urteil vom 16. November 2000 (– 6 AZR 338/99 – AP BAT § 15 Nr. 44) bestätigt und noch einmal ausführlich begründet. Darauf und auf die Zustimmung, die diese Entscheidung im Schrifttum erfahren hat (vgl. Zetl ZMV 2001, 200; Roßbruch PFLR 2001, 399), wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Revision geben dem erkennenden Senat keinen Anlaß, seine Auffassung zu ändern.

    Der Kläger hat somit für die an Wochenfeiertagen dienstplanmäßig geleistete Arbeit nur Anspruch auf die in seinem Monatslohn enthaltene Vergütung (§ 26 BAT) und die in § 15 Abs. 6 und § 35 Abs. 1 Buchst. c aa BAT vereinbarten Leistungen. Beides erhält er, wie der vom Landesarbeitsgericht für den Senat bindend festgestellten Verfahrensweise des beklagten Landes zu entnehmen ist.

  • Das beklagte Land errechnet zur Feststellung der geschuldeten Arbeitsleistung der im Schichtdienst eingesetzten Angestellten die monatlichen Sollstunden. Dazu ermittelt es aus der tariflich festgelegten Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden bei fünf Arbeitstagen in der Woche eine tägliche Arbeitszeit von 7,7 Stunden, vervielfältigt diese mit der Summe der Wochentage – berücksichtigt werden die Tage von Montag bis Freitag –, läßt dabei aber Wochenfeiertage unberücksichtigt und zählt, wenn ein Wochenfeiertag auf einen Samstag fällt, den vorangegangenen Freitag bei der Berechnung der Sollstunden nicht mit.

    Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß diese Berechnungsweise jedenfalls nicht zu Ungunsten der Angestellten des beklagten Landes von den Bestimmungen des BAT abweicht. Durch sie wird ausgeschlossen, daß ein Angestellter mehr arbeiten muß, als er tariflich arbeiten müßte, wenn er an einem Wochenfeiertag frei hätte. Das von der Beklagten vorgelegte, die Berechnung für den Monat Juni 1999 betreffende Beispiel macht dies deutlich. Das beklagte Land rechnete nicht mit der Gesamtzahl der 22 Arbeitstage dieses Monats, sondern – wegen des Wochenfeiertags am 3. Juni 1999 – nur mit 21 Arbeitstagen. Dadurch ergab sich eine Sollstundenzahl von 162 Stunden anstelle der 169,7, die unter Berücksichtigung aller Wochentage zu ermitteln gewesen wären. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daraus ergebe sich bereits die Entlohnung der Arbeit an dem Wochenfeiertag. Denn trotz des Sollstundenabzugs verbleibt der volle Monatslohn. Soweit dieser auf Wochenfeiertage entfällt, an denen feiertagsbedingt keine Arbeitspflicht besteht, ist er Entgeltfortzahlung iSd. § 2 EntfortzahlungsG, soweit er aber auf Wochenfeiertage mit Arbeitspflicht entfällt, wie im Fall des Klägers (§ 15 Abs. 6 Unterabs. 1 BAT), ist er Vergütung nach § 26 BAT. Außerdem hat der an einem Wochenfeiertag arbeitende Angestellte nur Anspruch darauf, daß ihm entweder ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 % für die geleistete Arbeit an dem Wochenfeiertag gewährt wird, womit er dann eine Entlohnung von insgesamt 235 % für diesen Tag erhalten hat, oder daß ihm – soweit er Freizeitausgleich wählt – die am Wochenfeiertag geleisteten Stunden auf dem Mehrstundenkonto gutgebracht und tarifgemäß durch bezahlte Freizeit ausgeglichen werden (§ 15 Abs. 6 Unterabs. 3 BAT) und ein Zeitzuschlag von 35 % gewährt wird (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c aa BAT). Mehr als diese Leistungen kann der im Schichtdienst an Wochenfeiertagen gemäß § 15 Abs. 6 Unterabs. 1 BAT zur Arbeitsleistung verpflichtete Kläger nicht beanspruchen.

  • Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Dr. Brühler, G. Helmlinger

Ehrenamtlicher Richter Schmidt ist wegen Ablaufs der Amtszeit aus dem Richteramt ausgeschieden und kann daher nicht unterzeichnen.

Dr. Peifer

 

Fundstellen

Haufe-Index 853403

ZTR 2003, 24

PersV 2003, 273

ZfPR 2003, 49

Tarif aktuell 2003, 2

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