Entscheidungsstichwort (Thema)

Revisoren mit selbständiger, vielseitiger Prüftätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

vgl. BAG Urteile vom 2. März 1988 – 4 AZR 600/87 – AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken und – 4 AZR 601/87 –.

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Banken

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 20.09.1989; Aktenzeichen 5 Sa 244/89)

ArbG Kiel (Urteil vom 12.04.1989; Aktenzeichen 4 b Ca 1962/88)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 20. September 1989 – 5 Sa 244/89 – aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 1974 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken (MTV) Anwendung. Die Klägerin erhält Vergütung nach Tarifgruppe 7.

Die Klägerin ist in der Zentralen Hauptabteilung Revision, die zu den sog. Stabsabteilungen zählt, tätig. In dieser Hauptabteilung ist die gesamte Innenrevision der Beklagten zusammengefaßt. Die Klägerin arbeitet in der Abteilung „Allgemeine Revision”, in der u.a. der Bargeldverkehr Inland, der bargeldlose Zahlungsverkehr Inland, die Buchhaltung (ohne Auslandsbereich), das Spargeschäft, die allgemeine Verwaltung sowie Saldenmitteilungen und Saldenbestätigungen überprüft werden. Die Durchführung der Prüfungen erfolgt nach einem Rahmenprüfungsplan. Stellung, Aufgaben und Richtlinien für die Tätigkeit der Innenrevision sind in einer Dienstanweisung geregelt. Die Klägerin ist einem Gruppenleiter unterstellt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß ihre Tätigkeit die Anforderungen der Tarifgruppe 8 erfülle. Die Vergütungsdifferenz zur Tarifgruppe 7 für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 30. September 1986 ist ihr rechtskräftig zugesprochen worden (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19. Juni 1987 – 5 (6) Sa 165/87 –, Senatsurteil vom 2. März 1988 – 4 AZR 601/87 –, LAG Urteil vom 5. Oktober 1988 – 5 Sa 261/88 –, Senatsbeschluß vom 1. Februar 1989 – 4 AZN 650/88 –).

Mit ihrer vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Vergütung nach Tarifgruppe 8 für die Zeit vom 1. Januar 1987 bis zum 31. März 1989. Sie hat weiterhin die Auffassung vertreten, daß ihre Tätigkeit das Tätigkeitsbeispiel der Tarifgruppe 8 (Revisoren mit selbständiger, vielseitiger Prüfungstätigkeit) erfülle. Sie führe die Prüfungsvorbereitung, die Prüfung selbst und ihre Nachbereitung alleinverantwortlich und selbständig durch. Ihre Prüfungstätigkeit sei auch vielseitig, da sie Prüfungsaufgaben in sechs verschiedenen Sachgebieten erledige. So prüfe sie auf dem Gebiet des Bargeldverkehrs (Inland), des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (Inland), der Einlagen und Kredite (Inland), der Buchhaltung (ohne Auslandsbereich), des regionalen Innenbereichs und des Auslandsgeschäfts. Dazu benötige sie Kenntnisse des Scheck-, Wechsel-, Bank-, Steuer- und Versicherungsrechts.

Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, daß ihre Tätigkeit auch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 8 erfülle, da sie besondere Anforderungen an das fachliche Können stelle und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sei. Die besonderen fachlichen Anforderungen ergäben sich daraus, daß sie überwiegend mittelschwere, teilweise auch schwere Prüfungsaufgaben zu erledigen habe und dafür die entsprechenden Kenntnisse benötige. Die erhöhte Verantwortung sei schon durch die Vertrauensstellung begründet, die sie als Revisorin innehabe. Ihre Verantwortung sei größer als diejenige eines Sachbearbeiters der Tarifgruppe 7. Dies folge daraus, daß sie ihre Tätigkeit selbständig ausübe. Im übrigen ergebe sich das tariflich geforderte Maß der Verantwortung auch aus der Dienstanweisung für die Innenrevision vom 1. März 1983, die für sie zumindest für die Dauer des Klagezeitraums verbindlich gewesen sei.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.913,48 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich jeweils monatlich ergebenden Nettobetrag jeweils von der Fälligkeit an zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß die Tätigkeit der Klägerin die Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 8 nicht erfülle. Die Klägerin übe keine selbständige, vielseitige Prüfungstätigkeit aus. Sie prüfe stets nur kleine Bereiche aus einer Abteilung einer Niederlassung. Dabei gehe sie nach standardisierten Vorgaben vor und habe keinen Ermessensspielraum. Mehr als 50 v. H. ihrer Arbeitszeit entfielen auf einfache Revisorentätigkeit, wie formelle Ordnungsmäßigkeitsprüfungen. Erstreckten sich diese auf verschiedene Sachgebiete, so seien sie der Tarifgruppe 6 zuzuordnen.

Die Tätigkeit der Klägerin erfülle deshalb auch nicht die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 8. Sie stelle keine besonderen Anforderungen an das fachliche Können der Klägerin. Auch sei sie nicht mit erhöhter Verantwortung verbunden. Insbesondere sei der Gruppenleiter für die Richtigkeit des Prüfungsberichtes verantwortlich. Mit der Dienstanweisung vom 1. März 1983 könne die Klägerin ihre erhöhte Verantwortung nicht begründen. Diese betreffe nur die Aufgaben der Innenrevision im allgemeinen, beziehe sich aber nicht auf die von der Klägerin konkret auszuübende Tätigkeit, mit der nur geringe oder keine Verantwortung verbunden sei. Außerdem gelte ab 1. Januar 1987 eine neue Dienstanweisung, die klarstelle, daß der Gruppen- bzw. Abteilungsleiter die Verantwortung für die Erstellung des Prüfberichts trage.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision. Dabei hat sie ihren Zinsanspruch auf Zinsen aus dem Nettobetrag seit Rechtshängigkeit beschränkt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht. Mit der von ihm gegebenen Begründung konnte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben.

Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 18. April 1979 (MTV) unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit den Anforderungen der Tarifgruppe 8 entspricht (§ 7 Ziff. 1 MTV). Dabei gehen die Tarifvertragsparteien davon aus, daß die allgemeinen, abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer Tarifgruppe dann erfüllt sind, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist (§ 7 Ziff. 2 MTV; vgl. BAG Urteil vom 2. März 1988 – 4 AZR 601/87 – (Vorprozeß), nicht zur Veröffentlichung vorgesehen; BAG Urteil vom 2. März 1988 – 4 AZR 600/87 – AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken).

Vorliegend kommt es darauf an, ob die Tätigkeit der Klägerin die Anforderungen der Tarifgruppe 8 erfüllt. Diese hat folgenden Wortlaut:

Tarifgruppe 8

Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, z.B.:

Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl. Spezialberatung im Individualgeschäft) Hauptkassierer (in größeren Stellen)

Sachbearbeiter mit besonderen Anforderungen in Kredit-, Wertpapier-, Auslands- und Stabsabteilungen sowie in Außenstellen

Revisoren mit selbständiger, vielseitiger Prüfungstätigkeit …

Das in der Tarifgruppe 8 aufgeführte Tätigkeitsbeispiel „Revisoren mit selbständiger, vielseitiger Prüfungstätigkeit” hat der Senat im Vorprozeß zwischen den Parteien dahingehend ausgelegt, daß es sich insoweit einerseits nicht um eine „Eckgruppe” für Revisoren handele, so daß die Anforderungen nicht schon durch jede Revisorentätigkeit als solche erfüllt werden, andererseits aber auch nicht gefordert werden kann, daß sich eine Revisorentätigkeit im Sinne der Tarifgruppe 8 stets auch auf das Kreditgeschäft, das Wertpapiergeschäft und die elektronische Datenverarbeitung erstrecken muß. Davon gehen nunmehr auch die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit aus.

Da die Klägerin als Revisorin im tariflichen, bankspezifischen Sinne tätig ist, geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, daß es zur Erfüllung der Anforderungen der Tarifgruppe 8 darauf ankommt, ob sie eine „selbständige, vielseitige Prüfungstätigkeit” ausübt.

Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß die Klägerin eine selbständige Prüfungstätigkeit wahrnimmt. Sie gehe bei ihrer Prüfungstätigkeit nach sachverständigem Ermessen, eigenverantwortlich und frei von Detailanweisungen vor. Der Ermessens- und Entscheidungsspielraum ergebe sich sowohl aus der bisherigen als auch der neuen Dienstanweisung. Daß die Klägerin ihre Prüfungstätigkeit unter Geltung der Dienstanweisung vom 1. März 1983 selbständig vorgenommen habe, sei schon im Vorverfahren festgestellt worden. Die neue Dienstanweisung sei für den Anspruchszeitraum bis zum 31. März 1989 für die Klägerin nicht verbindlich geworden. Im übrigen lasse auch sie aber nur den Schluß zu, daß die Klägerin als Revisorin weiterhin eine selbständige Prüfungstätigkeit ausübe. Die Befugnisse eines Revisors, durch eigene Entscheidung in nicht unerheblichem Ausmaß zu bestimmen, wie die Arbeit zu gestalten und die Arbeitsergebnisse zu erreichen seien, mithin eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs, bestehe nach wie vor. Der Annahme einer selbständigen Prüfungstätigkeit stehe der Einwand der Beklagten nicht entgegen, daß die Klägerin zu 50 v. H. bzw. 80 v. H. einfachste Prüfungstätigkeiten durchführe. Auch bei einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung bestehe ein Entscheidungsspielraum. Dieser bestehe auch insoweit, als die Klägerin die Befugnis habe, bei Bedarf Prüfungen entsprechend auszuweiten.

Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht geht vom zutreffenden Rechtsbegriff aus, wenn es für eine selbständige Prüfungstätigkeit einen eigenen Ermessens- und Entscheidungsspielraum in bezug auf die Arbeitsgestaltung und die Erreichung der Arbeitsergebnisse fordert. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Senatsurteil im Vorprozeß, auf das das Landesarbeitsgericht insoweit auch ausdrücklich Bezug nimmt.

Die Subsumtion kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff bei der Subsumtion wieder aufgegeben, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen außer acht gelassen hat. Im Hinblick auf diesen eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß die Klägerin eine selbständige Prüfungstätigkeit ausübe, der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

Das Landesarbeitsgericht befaßt sich bei seinen subsumierenden Ausführungen in erster Linie mit der alten und der neuen Dienstanweisung, wobei es im wesentlichen begründet, daß durch die neue Dienstanweisung gegenüber dem Vorprozeß keine Änderung eingetreten ist. Der Senat hat im Vorprozeß die Annahme einer selbständigen Prüfungstätigkeit durch das Landesarbeitsgericht im Hinblick auf dessen Beurteilungsspielraum revisionsrechtlich nicht beanstandet. Allerdings hatte die Beklagte mit ihrer Revision damals dagegen auch keine Einwendungen erhoben. Anders ist es vorliegend. Die Revision wendet sich ausdrücklich gegen die Annahme einer selbständigen Prüfungstätigkeit bei der Klägerin. Insoweit rügt sie zu Recht, daß das Landesarbeitsgericht, soweit es seine Ausführungen auf die Dienstanweisung stützt, nicht hinreichend beachtet habe, daß die Dienstanweisung, gleichgültig in welcher Fassung, allgemein nur die Aufgaben und die Stellung der Innenrevision beschreibt. Die Beklagte hat demgegenüber aber stets vorgetragen, daß bei der konkret von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit ein eigener Ermessens- und Entscheidungsspielraum nicht bestehe. Darauf kommt es aber an. Maßgeblich für die tarifliche Bewertung ist die ausgeübte Tätigkeit, nicht aber ein abstrakt in der Dienstanweisung beschriebener Aufgabenkreis, wenn er tatsächlich von der Klägerin gar nicht wahrgenommen wird.

Die Ausführungen des Landesarbeitsgericht sind aber gleichwohl im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, da das Landesarbeitsgericht den für die selbständige Prüfungstätigkeit erforderlichen Ermessens- und Entscheidungsspielraum nicht nur aus der Dienstanweisung herleitet, sondern auch bei der von der Klägerin konkret ausgeübten Tätigkeit bejaht. Das Landesarbeitsgericht geht nämlich auf die von der Klägerin konkret ausgeübte Tätigkeit ein, indem es ausführt, daß selbst bei sog. einfachen Prüfungstätigkeiten, die nach dem Vorbringen der Beklagten 50 v. H. bzw. 80 v. H. der Prüfungstätigkeit der Klägerin ausmachen, ihr ein eigener Entscheidungsspielraum zustehe. Die Klägerin müsse nämlich insoweit die Ordnungsmäßigkeit des Geschäftsvorganges prüfen und diese bejahen oder verneinen. Im übrigen obliege ihr bei jeder Prüfung die Beurteilung, ob es erforderlich sei, diese auszuweiten oder nicht.

Mit diesen Ausführungen konnte das Landesarbeitsgericht eine selbständige Prüfungstätigkeit im Sinne der Senatsrechtsprechung bejahen. Auch sog. einfache Prüfungsaufgaben erfordern den Einsatz geistiger Leistungen und schließen mit der Beurteilung ab, ob der Geschäftsvorgang im Sinne der Vorgaben ordnungsgemäß bearbeitet worden ist oder nicht bzw. ob noch weitere Überprüfungen vorzunehmen sind. Dies reicht im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz zur Annahme einer „selbständigen” Prüfungstätigkeit aus.

Zur Erfüllung der tariflichen Anforderungen des Tätigkeitsbeispiels der Tarifgruppe 8 kommt es ferner darauf an, ob es sich bei der Revisorentätigkeit der Klägerin um eine „vielseitige Prüfungstätigkeit” handelt. Das Landesarbeitsgericht führt insoweit aus, daß dahingestellt bleiben könne, ob die Klägerin eine vielseitige Prüfungstätigkeit ausübe. Der Senat habe im Vorprozeß allein darauf abgestellt, ob die Revisorentätigkeit mit erhöhter Verantwortung im Sinne des allgemeinen, abstrakten Tätigkeitsmerkmals der Gruppe 8 verbunden sei, die den besonderen Anforderungen an das fachliche Können gleichstehe. Die besonderen fachlichen Anforderungen ließen sich nur durch ein Sachverständigengutachten feststellen. Die erhöhte Verantwortung sei bei der Tätigkeit der Klägerin jedoch zu bejahen, wie sich aus einem Vergleich mit den Anforderungen der Tarifgruppen 7 und 9 ergebe.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen. Indem das Landesarbeitsgericht ausdrücklich dahingestellt läßt, ob die Klägerin eine „vielseitige Prüfungstätigkeit” ausübt und allein das abstrakte, allgemeine Tätigkeitsmerkmal der erhöhten Verantwortung prüft, geht es vom falschen tariflichen Rechtsbegriff aus. Darauf hat der Senat bereits im Beschluß über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen das zweite der Klage stattgebende Berufungsurteil im Vorprozeß hingewiesen, wenn auch der Verstoß gegen § 565 Abs. 2 ZPO die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde aus Rechtsgründen nicht zu rechtfertigen vermochte.

Der Senat hat zum unbestimmten Rechtsbegriff der Vielseitigkeit ausgeführt, daß dieser im Hinblick auf den tariflichen Gesamtzusammenhang nicht nur durch ein quantitatives Element gekennzeichnet sei, sondern ein qualitatives Element hinzukommen müsse. Zur näheren Bestimmung der quantitativen und qualitativen Anforderungen, die eine vielseitige Prüfungstätigkeit stelle, seien – wie stets, wenn ein Tätigkeitsbeispiel aus sich heraus nicht eindeutig auslegbar sei – die allgemeinen Merkmale heranzuziehen. Dies bedeutet, daß es zur Erfüllung der tariflichen Anforderungen darauf ankommt, ob die Tätigkeit die Erledigung vielseitiger Prüfungsaufgaben erfordert. Dies kann der Fall sein, wenn die Aufgabenstellung so gestaltet ist, daß sie nach Quantität und Qualität unter Berücksichtigung der Üblichkeit im Bankgewerbe weitergehende subjektive Anforderungen hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten stellt als solche Prüfungsaufgaben, wie sie ein Sachbearbeiter für Revisionsaufgaben der Tarifgruppe 7 durchzuführen hat oder mit entsprechend erhöhter Verantwortung verbunden ist.

Diese rechtliche Beurteilung durch den Senat hat das Landesarbeitsgericht nicht beachtet. Das Urteil enthält keinerlei Ausführungen zum quantitativen Element der geforderten vielseitigen Prüfungstätigkeit. Auch soweit das Landesarbeitsgericht die mit der Tätigkeit der Klägerin verbundene Verantwortung prüft und diese zwischen den Tarifgruppen 7 und 9 einstuft, läßt es außer acht, daß das Tätigkeitsmerkmal der erhöhten Verantwortung nicht als allgemeines Tätigkeitsmerkmal gesondert zu prüfen ist, sondern es auf die Vielseitigkeit der Tätigkeit ankommt. Diese erfordert nach der Senatsrechtsprechung allerdings auch ein qualitatives Element. Insoweit muß sich aber eine erhöhte Verantwortung im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Prüfungsaufgaben in mehreren Sachgebieten ergeben, d.h. maßgeblich ist die Verantwortung im Hinblick auf die unterschiedlichen Aufgaben. Dazu enthält das landesarbeitsgerichtliche Urteil ebenfalls keine Ausführungen. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Der Senat kann in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden, da die Subsumtion unter die anzuwendenden unbestimmten tariflichen Rechtsbegriffe den Tatsacheninstanzen obliegt. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wiederum zu prüfen haben, ob die Klägerin eine vielseitige Prüfungstätigkeit ausübt. Dies bedarf tatsächlicher Feststellungen über die Ausführung von Prüfungsaufgaben auf mehreren unterschiedlichen Sachgebieten sowie der Beurteilung, ob diese Prüfungstätigkeit im Hinblick auf die mehreren, unterschiedlichen Sachgebiete entweder erhöhte fachliche Anforderungen stellt oder im Hinblick auf die unterschiedlichen mehreren Sachgebiete erhöhte Verantwortung erfordert. Dabei wird vom Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen sein, daß es nach den tariflichen Bestimmungen auf die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit und nicht auf einen abstrakten, der allgemeinen Dienstanweisung für die Innenrevision zugrunde liegenden Aufgaben- und Verantwortungsbereich ankommt. Dieser kann nur dann für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin von Bedeutung sein, wenn er von ihr auch wahrgenommen wird.

Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mit zu entscheiden haben.

 

Unterschriften

Dr. Neumann, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Dr. Börner, Wax

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1081294

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