Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung überzahlten Ortszuschlags

 

Normenkette

BAT § 29 Abschn. B Abs. 2, 5, 7; BGB § 812

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 27.09.1990; Aktenzeichen 10 Sa 943/87)

ArbG Bonn (Urteil vom 15.07.1987; Aktenzeichen 3 Ca 983/87)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. September 1990 – 10 Sa 943/87 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten beider Revisionen an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ortszuschlag.

Der Kläger ist seit 1975 bei der Beklagten im … amt der Bundesregierung als Journalist beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der verheiratete Kläger erhielt zunächst Ortszuschlag der Stufe 2, den Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 jedoch nur zur Hälfte, weil seine Ehefrau ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig war. Nachdem die Ehefrau des Klägers aus ihrem damaligen Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, erhielt der Kläger auf seinen Antrag den vollen Ortszuschlag der Stufe 2.

Am 26. März 1980 nahm die Ehefrau des Klägers eine Tätigkeit im J.-Krankenhaus auf. Der Träger des Krankenhauses, die F. GmbH, wendete auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter nach eigener Auskunft in der Zeit von 1978 bis 26. Juni 1986 den Bundes-Angestelltentarifvertrag in der kirchlichen Fassung (BAT/KF) an. Der Kläger teilte der Beklagten die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau nicht mit.

Unter dem 16. November 1986 füllte der Kläger die von ihm verlangte formularmäßige Erklärung zum Ortszuschlag mit Angaben über die Beschäftigung seiner Ehefrau aus. Das führte zu einer Rückfrage der Dienststelle des Klägers bei der Personalabteilung des Krankenhauses. Diese teilte mit, die Ehefrau des Klägers sei dort als teilzeitbeschäftigte Angestellte mit 20 Wochenstunden beschäftigt und erhalte laufend Ortszuschlag der Stufe 1 sowie die Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2.

Die Beklagte stellte daraufhin die Zahlung des vollen Ortszuschlages der Stufe 2 ein und forderte vom Kläger die überzahlten Beträge in Höhe von letztlich 5.239,68 DM zurück. Sie behielt von seiner Vergütung in den Monaten April 1987 bis Juli 1987 jeweils 1.170,– DM ein. Diese einbehaltenen Vergütungsbeträge macht der Kläger geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber seiner Ehefrau gehöre nicht zum öffentlichen Dienst. Auch seien die Gleichstellungsvoraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 und 4 BAT nicht gegeben.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.680,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Juli 1987 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT seien gegeben. Es werde der Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 zur Hälfte zum Ortszuschlag der Stufe 1 laufend an die Ehefrau des Klägers bezahlt. Die Zahlung von Investitionskostenzuschüssen und Förderungsmitteln nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sei als Zahlung von Beiträgen und Zuschüssen der öffentlichen Hand im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT anzusehen. Soweit diese Mittel nicht unmittelbar an das Krankenhaus, sondern an den Träger gezahlt würden, müsse eine derartige mittelbare Beteiligung ausreichen. Zudem gehöre die Trägerin des Krankenhauses zu den Zuwendungsempfängern und erhalte fortlaufend – nämlich vierteljährlich – einen Zuschuß aus Landesmitteln.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im wesentlichen entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Auch im zweiten Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Beklagte habe die Gleichstellungsvoraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT nicht dargetan. Die Feststellung, die Ehefrau des Klägers werde nach Maßgabe des „BAT/KF” vergütet, sei durch die vorgelegte Mitteilung des Arbeitgebers zwar aussagefähiger geworden. Es sei erkennbar, daß auch der Ortszuschlag der Ehefrau des Klägers einer vergleichbaren Berechnungsmethode folge, weil der Differenzbetrag zwischen einer Stufe 1 und einer Stufe 2 auf die Hälfte gekürzt gezahlt werde. Die Frage, ob die Regelung über die Zahlung von Ortszuschlag damit auch als „vergleichbare Regelung” anzusehen sei, sei damit aber noch nicht geklärt. Gleiches gelte, wenn das Land zumindest „in anderer Weise” an der Trägerschaft des Krankenhauses beteiligt sei. Beides bedürfe jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Es komme nur darauf an, daß die Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 4 BAT nicht erfüllt seien. Es fehle an der erforderlichen Entscheidung der zuständigen Stelle, ob die Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT erfüllt seien. Erst mit dieser Entscheidung liege die Berechtigung des Arbeitgebers vor, von einer dem öffentlichen Dienst gleichstehenden Tätigkeit auszugehen und infolgedessen nach § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT die Stufendifferenz des Ortszuschlages nur zur Hälfte auszuzahlen.

Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch in Höhe von 1.170,– DM je Monat für die Zeit von April 1987 bis einschließlich Juli 1987 gemäß §§ 611 ff. BGB i.V.m. den einzelvertraglich vereinbarten Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages. Ob dieser Anspruch durch Aufrechnungserklärung der Beklagten nach den §§ 387 ff. BGB erloschen ist, läßt sich nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beantworten.

2. Die Beklagte hat gegen den Kläger dann einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB, wenn dem Kläger seit März 1980 kein Anspruch auf Zahlung des Ortszuschlags der Stufe 2, sondern nur noch der Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 zur Hälfte zugestanden hat (§ 29 BAT i.d.F. des 40. Änderungstarifvertrages vom 16. Dezember 1975 – BAT a.F. – i.V.m. § 40 Abs. 2 und Abs. 5 BBesG sowie § 29 Abschn. B Abs. 2 und Abs. 5 BAT i.d.F. des 49. Änderungstarifvertrages vom 17. Mai 1982). Der Angestellte hat lediglich dann Anspruch auf den Unterschiedsbetrag, wenn u.a. sein Ehegatte als Angestellter, Beamter, Richter oder Soldat im öffentlichen Dienst steht und ihm ebenfalls der Ortszuschlag der Stufe 2 oder einer der folgenden Stufen oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags der höchsten Tarifklasse zustünde. Öffentlicher Dienst im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT ist nach § 40 Abs. 7 Satz 1 BBesG i.V.m. § 29 BAT a.F. bzw. § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 BAT die Tätigkeit im Dienste des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts oder der Verbände von solchen; ausgenommen ist die Tätigkeit bei öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften oder ihren Verbänden, sofern nicht bei organisatorisch selbständigen Einrichtungen, insbesondere bei Schulen, Hochschulen, Krankenhäusern, Kindergärten. Altersheimen, die Voraussetzungen des Satzes 3 erfüllt sind. Nach Satz 3 dieser Vorschrift steht dem öffentlichen Dienst die Tätigkeit im Dienst eines sonstigen Arbeitgebers gleich, der die für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen Inhaltes oder die darin oder in Besoldungsgesetzen über Ortszuschläge oder Sozialzuschläge getroffenen Regelungen oder vergleichbare Regelungen anwendet, wenn der Bund oder eine der in Satz 1 bezeichneten Körperschaften oder Verbände durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, trifft im Bereich des Bundes und im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder der für das Tarifrecht zuständige Minister oder die von ihm bestimmte Stelle, im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände der zuständige Mitgliedsverband (§ 40 Abs. 7 Satz 4 BBesG i.V.m. § 29 BAT a.F., § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 4 BAT). Der Träger des J.-Krankenhauses, die F. … GmbH, gehört nicht zu den in § 29 Abschn. B. Abs. 7 Satz 1 BAT genannten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (vgl. Urteil des Senats vom 16. November 1989 – 6 AZR 114/88BAGE 63, 246, 251 = AP Nr. 8 zu § 29 BAT. zu II 2 der Gründe), so daß die Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 bzw. Satz 4 BAT erfüllt sein müssen, damit der Beklagten ein Bereicherungsanspruch zusteht.

3.a) Das Landesarbeitsgericht hat allein geprüft, ob die Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 4 BAT vorliegen und dies zutreffend verneint, weil eine Entscheidung des zuständigen Ministers oder einer von ihm bestimmten Stelle nicht vorliegt. Es hat daraus jedoch geschlossen, daß damit eine Überprüfung der Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT entbehrlich sei. Dies ist rechts fehlerhaft und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Das Fehlen einer Entscheidung des Ministers oder der von ihm bestimmten Stelle hat keine konstitutive Wirkung. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 30. November 1982 – 3 AZR 1230/79 – AP Nr. 1 zu § 25 TV Ang Bundespost, zu I 4 der Gründe) für die Vorschrift des § 40 Abs. 7 Satz 4 BBesG entschieden. Nichts anderes gilt für die wortgleiche Vorschrift des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 4 BAT. Sie soll nur verwaltungsintern sicherstellen, daß bei Zweifeln nicht die mit der Bearbeitung des Falles befaßte Behörde selbst abschließend entscheidet, sondern dies durch die genannten Stellen geschieht.

b) Damit steht die Tätigkeit der Ehefrau des Klägers der Tätigkeit im öffentlichen Dienst gleich, wenn die Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT gegeben sind. Nach der Nr. 40.7.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz (BBesGVwV) können die Voraussetzungen des gleichlautenden § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG als gegeben angenommen werden, wenn der Arbeitgeber in der Anlage III des vorgenannten Rundschreibens vom 3. Februar 1978 – D III 2-220 217/15 – (GMBl. 1978, 90) aufgeführt worden ist. Das ist beim Arbeitgeber der Ehefrau des Klägers nicht der Fall. Deshalb kann nicht ohne Prüfung der einzelnen Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT angenommen werden, die Ehefrau des Klägers stehe in keiner dem öffentlichen Dienst gleichgestellten Beschäftigung.

c) Diese Untersuchung hat die Vorinstanz unterlassen. Mangels tatsächlicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht konnte der Senat nicht selbst entscheiden, sondern mußte den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.

Bisher ist lediglich festgestellt, daß die Ehefrau des Klägers Ortszuschlag erhalten hat. Es ist aber nicht festgestellt, welche Tarifverträge oder vergleichbaren Regelungen von der F. GmbH angewendet werden. Die Mitteilung, der BAT/Kirchliche Fassung sei in der Zeit von 1978 bis 26. Juni 1986 angewendet worden, ist nicht aussagekräftig. Soweit damit die Ordnung der evangelischen Kirche im Rheinland vom 26. Juni 1986 über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages gemeint sein soll, ist darauf hinzuweisen, daß diese Ordnung für den größten Teil des zwischen den Parteien umstrittenen Zeitraums nicht bestand. So könnten die Bestimmungen der Notverordnung über die Regelung des für die kirchlichen Angestellten geltenden Dienstrechts vom 13. Juli 1961 zur Anwendung gekommen sein. Ebenso könnten Bestimmungen einer Mitarbeitervertretungsordnung gemeint sein. Darüberhinaus hat der Kläger im Zeitraum von April 1980 bis Dezember 1986 den vollen Ortszuschlag der Stufe 2 erhalten, während sich die Mitteilung nur auf den Zeitraum bis 26. Juni 1986 bezieht. Es ist nicht festgestellt, was danach angewendet wurde. Die weitere Voraussetzung der Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst, die Beteiligung des Bundes oder einer der in Satz 1 bezeichneten Körperschaften oder Verbände durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise, hat die Vorinstanz ebenfalls nicht geprüft und damit nicht festgestellt.

Damit muß das Landesarbeitsgericht im Wege weiterer Tatsachenfeststellungen die Rechtsgrundlagen klären, nach denen die Ehefrau des Klägers Ortszuschlag erhalten hat und feststellen, ob die Gleichstellungsvoraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT vorliegen. Dabei kann es sich an den Grundsätzen orientieren, die der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 30. November 1982 (– 3 AZR 1230/79 – AP Nr. 1 zu § 25 TV Ang Bundespost) zu vergleichbaren Regelungen über Ortszuschläge und die finanzielle Beteiligung der öffentlichen Hand festgelegt hat.

 

Unterschriften

Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Dr. Reinecke, Spiegelhalter, Carl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1065147

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