Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Arbeitserziehers. Rechtskraft bei Eingruppierung

 

Leitsatz (amtlich)

  • Sieht die geänderte Fassung der AVR einen Zeitaufstieg nicht mehr vor, ist nicht in geschützte Besitzstände eingegriffen, wenn im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung die Voraussetzungen des Zeitaufstiegs noch nicht gegeben waren.
  • Ein Arbeitserzieher in der Arbeits- und Beschäftigungstherapie übt keine einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung entsprechende Tätigkeit aus.
 

Normenkette

AVR Caritasverband § 12; Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anlage 2 VergGr. 5c Fallgr. 20a, VergGr. 5b Fallgr. 68, VergGr. 4b Fallgr. 49; Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anlage 2 Anm. 105 i.d.F. vom 1. Juli 1990; Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anlage 2 Anlage 2d VergGr. 6b Fallgr. 3, VergGr. 5c Fallgr. 4, VergGr. 5b Fallgr. 18, VergGr. 4b Fallgr. 22; Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anlange 2 Anm. II i.d.F. vom 13. Juni 1991, rückwirkend in Kraft ab 1. Januar 1991

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 13.01.1994; Aktenzeichen 12 (9) Sa 1730/93)

ArbG Essen (Urteil vom 16.06.1993; Aktenzeichen 3 (1) Ca 3565/92)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Januar 1994 – 12 (9) Sa 1730/93 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers, insbesondere darüber, ob der Kläger im Wege des Zeit-/Bewährungsaufstiegs aus der Vergütungsgruppe 5b Anspruch auf Vergütung aus der Vergütungsgruppe 4b der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) ab 1. April 1992 hat.

Der Kläger ist staatlich anerkannter Arbeitserzieher und als solcher seit dem 1. April 1988 in dem von dem beklagten Verein betriebenen Haus für Jugendsozialförderung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Der beklagte Verein befaßt sich in seinem Haus für Jugendsozialförderung in E… mit der Betreuung lern-, geistig und psychisch Behinderter. Bei den – derzeit etwa 180 – betreuten Heimbewohnern handelt es sich ganz überwiegend um (junge) Erwachsene und zum geringen Teil um Jugendliche. Die Heimbewohner weisen – oft kumulativ – Intelligenzdefizite, Verhaltensstörungen und psychische Störungen auf. Das Haus für Jugendsozialförderung gliedert sich in einen Erziehungsdienst, der aus Wohnbereich, Freizeitbereich, psychologischem Dienst, Heimschule und Krankenstation besteht, und in einen Berufserziehungsdienst, zu dem die Werkstätten und ein – inzwischen durch eine Sonderförderungsgruppe ersetzter – arbeits- und beschäftigungstherapeutischer Bereich gehören, der solchen Behinderten, die noch nicht in eine Werkstattgruppe integriert werden können, bei der Überwindung ihrer spezifischen Defizite hilft. Tätigkeitsbereich und Aufgabenstellung des Klägers sind in einer “Arbeitsfeld- und Arbeitsplatzbeschreibung” des beklagten Vereins für den Arbeitstherapeuten vom 25. September 1980 sowie für den Beschäftigungstherapeuten vom 30. September 1980 festgelegt. Der Kläger war in der Arbeits- und Beschäftigungstherapie eingesetzt und für die Arbeitstrainingsstufe verantwortlich. Er war dem Leiter des Berufserziehungsdienstes unterstellt. Seine Tätigkeit bestand darin, einzelne, sich in besonders schwierigen Lebens- und Entwicklungsphasen befindliche Heimbewohner zu betreuen und auf die Gruppenarbeit in einer Werkstatt vorzubereiten. Der Kläger ist inzwischen der Sonderförderungsgruppe zugeteilt.

Mit einer im Jahre 1991 erhobenen Feststellungsklage hatte der Kläger begehrt, ab dem 1. Juli 1990 in Vergütungsgruppe 4b der Anlage 2 zu den AVR eingruppiert zu werden. Durch Urteil vom 14. Juli 1992 – 6 (17) Sa 1454/91 – hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf festgestellt, daß der beklagte Verein verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Juli 1990 Vergütung nach der Vergütungsgruppe 5b der Anlage 2 zu den AVR zu zahlen, und hat die weitergehende Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelte es sich bei der Tätigkeit des Klägers um den Aufgabenbereich eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen im Sinne der Fallgruppe 68 der Vergütungsgruppe 5b der Anlage 2 zu den AVR. Obwohl der Kläger die persönlichen Voraussetzungen dieser Fallgruppe – Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung – nicht erfülle, könne er nach dieser Fallgruppe eingruppiert werden, weil aufgrund der Anmerkung 105 zu den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 2 Erzieher mit staatlicher Anerkennung sowie Mitarbeiter in der Tätigkeit von Erziehern mit abgeschlossener mindestens gleichwertiger Fachausbildung nach diesem Tätigkeitsmerkmal eingruppiert würden, wenn sie am 1. April 1970 die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit ausübten oder ihnen bis zum 31. Dezember 1990 diese Tätigkeit übertragen werde. Diese Voraussetzungen der Gleichstellung mit den Sozialarbeitern/Sozialpädagogen gem. Der Anmerkung 105 zu den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 2 zu den AVR erfülle der Kläger. Die Gleichwertigkeit der Fachausbildung des Klägers als staatlich anerkannter Arbeitserzieher mit der Ausbildung eines staatlich anerkannten Erziehers folge aus den Verwaltungsvorschriften über die staatliche Anerkennung von Erziehern – Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung –, Heilerziehungspflegern, Arbeitserziehern und Heilerziehungshelfern im Lande Baden-Württemberg sowie aus der Verordnung der Landesregierung über die Schulen für Erzieher – Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung –, Heilerziehungspfleger, Arbeitserziehung und Heilerziehungshilfe in Baden-Württemberg vom 20. Januar 1981. Die vom Kläger darüber hinaus beanspruchte Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b der Anlage 2 stehe ihm nicht zu. Zwar sei die Anmerkung 105 zu den Vergütungsmerkmalen der Anlage 2 auch der Fallgruppe 44 der Vergütungsgruppe 4b der Anlage 2 beigefügt. Fallgruppe 44 setze jedoch voraus, daß dem Kläger im Rahmen seiner sozialpädagogisch/sozialen Arbeit besonders schwierige Aufgaben im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals übertragen seien. Die besonders schwierigen Aufgaben würden in der Anmerkung 32 zu den Vergütungsgruppen der Anlage 2 beispielhaft aufgeführt. Dem Sachvortrag des Klägers könne nicht entnommen werden, daß es sich bei der von ihm ausgeübten Tätigkeit überhaupt, geschweige denn in welchem Umfange, um schwierige Aufgaben im Sinne der Anmerkung 32 handeln könne. Ob und ab welchem Zeitpunkt dem Kläger ggf. nach der Neuregelung der Vergütungsordnung gem. Anlage 2d zu den AVR aufgrund eines Bewährungsaufstiegs eine höhere Vergütung zustehe, sei nicht zu prüfen und nicht zu entscheiden, weil der Kläger sein Klagebegehren auf einen Bewährungsaufstieg zu einem späteren Zeitpunkt nicht gestützt habe.

Dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist rechtskräftig.

Der Kläger begehrte dann von dem beklagten Verein erfolglos “Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b aufgrund zurückgelegter Bewährungszeiten”.

Mit der beim Arbeitsgericht am 2. Dezember 1992 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger weiter das Ziel, ab 1. April 1992 nach der Vergütungsgruppe 4b der Anlage 2 oder der Anlage 2d zu den AVR vergütet zu werden.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe nunmehr Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b aufgrund zurückgelegter Bewährungszeiten. Er verrichte seit dem 1. April 1988 sozialarbeiterische Tätigkeiten bei dem beklagten Verein. Er habe auch Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b Anlage 2d. Nach Fallgruppe 22 der Vergütungsgruppe 4b Anlage 2d sei der Kläger spätestens nach zweijähriger Bewährung von Vergütungsgruppe 5b in Vergütungsgruppe 4b eingruppiert.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß der beklagte Verein verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Vergütungsgruppe 4b Anlage 2 bzw. 2d AVR ab 1. April 1992 zu zahlen.

Der beklagte Verein hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b AVR im Wege des Bewährungsaufstiegs.

Mit Inkrafttreten der Anlage 2d mit dem 1. Januar 1991 sei der Kläger in Vergütungsgruppe 5b eingruppiert. Die vergütungsmäßige Gleichstellung von staatlich anerkannten Erziehern und Sozialarbeitern der Anmerkung 105 sei entfallen. Demgemäß finde auch für Erzieher mit staatlicher Anerkennung ein Bewährungsaufstieg wie bei Sozialarbeitern nicht mehr statt. Die Übergangsvorschrift der Anmerkung II Abs. 3 der Anlage 2d besage nur, daß die Bewährungszeiten der Anlage 2 fortgälten, nicht aber der Bewährungsaufstieg nach Anlage 2 als solcher. Die Anlage 2d sehe für den Kläger einen Bewährungsaufstieg nicht mehr vor.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der beklagte Verein beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungfeststellungsklage, die auch außerhalb des öffentlichen Dienstes allgemein üblich ist und nach ständiger Senatsrechtsprechung keinen prozeßrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 358/92 –, – 4 AZR 382/92 –, – 4 AZR 383/92 – AP Nr. 2, 3, 4 zu § 12 AVR Caritasverband, zu B I bzw. II der Gründe, jeweils mit weiteren Nachweisen).

II. Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b AVR.

1. Auf das Arbeitsverhältnis sind, wovon übereinstimmend auch die Parteien ausgehen, die AVR in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

a) Zwar können die AVR nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine normative Wirkung entfalten, sondern nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung finden (vgl. Urteile des Senats vom 26. Mai 1993, AP, aaO; vom 6. Dezember 1990, BAGE 66, 314, 320 = AP Nr. 12 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 2b der Gründe m.w.N.). Eine solche Vereinbarung liegt aber vor.

b) Für die Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch kommt es auf folgende Bestimmungen der AVR Anlage 2 zu den AVR in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung an:

Anlage 2 zu den AVR

Vergütungsgruppe 5c

20a

Erzieher am Arbeitsplatz mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit nach einjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe 6b Ziff. 22a

Vergütungsgruppe 5b

67

Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung

  • in geschlossenen (gesichterten) Gruppen oder in Aufnahme-(Beobachtungs-,)gruppen oder in heilpädagogischen Gruppen (105)

68

Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit

Vergütungsgruppe 4b

49

Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen mit entsprechender Tätigkeit nach vierjähriger entsprechender Berufstätigkeit nach erlangter staatlicher Anerkennung 24 106

Anmerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen 1 bis 12

Die nachstehenden Anmerkungen sind bei der Einstufung der Mitarbeiter in das Vergütungsgruppenverzeichnis zu beachten.

105

Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen mit staatlicher Anerkennung als Erzieher oder Kindergärtnerin oder

mit staatlicher Prüfung als Kindergärtnerin/Hortnerin oder

mit staatlicher Erlaubnis als Krankenschwester/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwester sowie

Mitarbeiter in der Tätigkeit von Erziehern (Erzieherinnen), Kindergärtnerinnen oder

Hortnerinnen, mit abgeschlossener mindestens gleichwertiger Fachausbildung

werden nach diesem Tätigkeitsmerkmal eingruppiert, wenn sie am 1. April 1970 die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit ausüben oder ihnen bis zum 31. Dezember 1990 diese Tätigkeit übertragen wird.

Anlage 2d zu den AVR in der ab 1. Januar 1991 gültigen Fassung:

Vergütungsgruppen für Mitarbeiter/-innen im Sozial- und Erziehungsdienst

Vergütungsgruppe 6b

3

Erzieher/-innen am Arbeitsplatz mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit

Vergütungsgruppe 5c

4

Erzieher/-innen am Arbeitsplatz mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit nach einjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe 6b Ziffer 3

Vergütungsgruppe 5b

18

Diplom-Sozialarbeiter/-innen/Diplom-Sozialpädagogen/-innen/Diplom-Heilpädagogen/-innen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit

Vergütungsgruppe 4b

22

Diplom-Sozialarbeiter/-innen/Diplom-Sozialpädagogen/-innen/Diplom-Heilpädagogen/-innen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe 5b Ziffer 18

Anmerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen 1a bis 9

Die nachstehenden Anmerkungen sind bei der Eingruppierung der Mitarbeiter/-innen zu beachten.

II

Die Dienstbezüge (Abschnitt II der Anlage 1 zu den AVR) der Mitarbeiter/-innen, die am 31. Dezember 1990 in einem Dienstverhältnis stehen, das am 1. Januar 1991 zu demselben Dienstgeber fortbesteht, und die am 31. Dezember 1990 die Dienstbezüge aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten als aus der Vergütungsgruppe, in der sie nach dem Wirksamwerden der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 13. Juni 1991 zur Anlage 2d zu den AVR eingruppiert sind, wird durch die Neuregelung nicht berührt.

Bei den Mitarbeiter/-innen, die am 31. Dezember 1990 in einem Dienstverhältnis stehen, das am 1. Januar 1991 zu demselben Dienstgeber fortbesteht, und deren Eingruppierung von der Zeit einer Bewährung in einer bestimmten Vergütungsgruppe bzw. Ziffer abhängt, wird die vor dem 1. Januar 1991 zurückgelegte Zeit so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn die Neuregelung bereits seit Beginn des Dienstverhältnisses bestanden hätte.

Für Mitarbeiter/-innen, die am 31. Dezember 1990 in einem Dienstverhältnis stehen, das am 1. Januar 1991 zu demselben Dienstgeber fortbesteht und die durch die Neuregelung eine längere Bewährungszeit zurücklegen müssen und die am 31. Dezember 1990 bereits die Hälfte der Bewährungszeit der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelung zurückgelegt haben, gelten die Bewährungszeiten der bisherigen Regelung fort.

c) Die Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Verweisung auf die AVR in der jeweils geltenden Fassung ergibt, daß für die Eingruppierung des Klägers unabhängig von der bei Vertragsabschluß festgelegten Vergütungsgruppe jeweils die einschlägigen Bestimmungen der AVR maßgeblich sein sollen. Es ist nämlich, wie der Senat in seinem Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – AP Nr. 1 zu § 12 AVR Diakonisches Werk ausführlich begründet hat, davon auszugehen, daß eine Verweisung auf die AVR in ihrer jeweils geltenden Fassung nur widerspiegeln soll, was nach den AVR rechtens ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte muß bei Vorliegen einer solchen Verweisung angenommen werden, daß die Arbeitsvertragsparteien zum Ausdruck bringen wollten, daß sich die Vergütung jeweils nach der Vergütungsgruppe richten soll, deren Voraussetzungen der Arbeitnehmer mit seiner Tätigkeit erfüllt.

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Vergütung aus Vergütungsgruppe 4b AVR verneint.

a) Die vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe 4b Fallgruppe 22 der Anlage 2d zu den AVR bauen auf der Vergütungsgruppe 5b Fallgruppe 18 auf. Zunächst müssen die Voraussetzungen der Ausgangsvergütungsgruppe erfüllt sein. Anschließend sind die weiteren Merkmale der darauf aufbauenden höheren Vergütungsgruppe zu prüfen (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteil vom 1. März 1995 – 4 AZR 8/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, m.w.N.).

Der Kläger ist weder Diplom-Sozialarbeiter noch Diplom-Sozialpädagoge noch Diplom-Heilpädagoge mit staatlicher Anerkennung. Damit nimmt er auch nicht am Bewährungsaufstieg aus Vergütungsgruppe 5b Fallgruppe 18 in die Vergütungsgruppe 4b Fallgruppe 22 teil.

Eine Gleichstellung der Arbeitserzieher/Erzieher wie in Anmerkung 105 der Anlage 2 ist in der Anlage 2d nicht mehr vorgesehen.

Arbeitserzieher sind in Vergütungsgruppe 6b Fallgruppe 3 und nach einjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe 5c Fallgruppe 4 Anlage 2d AVR eingruppiert. Der Kläger ist daher kein Sozialpädagoge mit entsprechender Tätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe 5b Fallgruppe 18 AVR, so daß der Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe 4b Fallgruppe 22 und damit auch der Anspruch auf entsprechende Vergütung ausscheidet.

Die Vergütung nach Vergütungsgruppe 5b, in die sich der Kläger mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 1992 – 6 (17) Sa 1454/91 – erfolgreich per 1. Juli 1990 eingeklagt hat, behält der Kläger nur im Zuge der Besitzstandswahrung nach Anmerkung II Abs. 1 zur Anlage 2d AVR.

b) Die materielle Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils (§ 322 ZPO), nach dem der Kläger Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 5b AVR hat, steht nicht entgegen. Zum einen haben die Parteien im Vorprozeß u.a. um die Feststellung gestritten, daß der beklagte Verein verpflichtet ist, dem Kläger ab 1. Juli 1990 Vergütung nach Vergütungsgruppe 5b der Anlage 2 zu den AVR zu zahlen, weil er die Tätigkeitsmerkmale bestimmter Fallgruppen erfülle, während der Kläger nunmehr eine höhere Vergütung aufgrund Zeit/-Bewährungsaufstiegs anstrebt. Zum anderen haben sich die Rechtsgrundlagen geändert. Erstmals wird der vorliegende Prozeß zumindest auch auf der Grundlage der zum Bestandteil des Arbeitsvertrages aufgrund der “Jeweiligkeitsklausel” gewordenen Anlage 2d zu den AVR geführt, die ab 1. Januar 1991 gültig ist. Diese Anlage 2d hat die Vergütungsgruppen für Mitarbeiter/-innen im Sozial- und Erziehungsdienst völlig neu geregelt, insbesondere für Arbeitserzieher und Sozialarbeiter/Sozialpädagogen ein abweichendes Vergütungssystem eingeführt unter Abänderung der Tätigkeitsmerkmale und unter Abschaffung der Gleichstellung von Erziehern und Sozialarbeitern/Sozialpädagogen (vgl. zu einer vergleichbaren tarifvertraglichen Änderung die Urteile des Senats vom 18. Mai 1977 – 4 AZR 18/76 – AP Nr. 97 zu §§ 22, 23 BAT; vom 14. September 1983 – 4 AZR 78/81 –, n.v.; vom 19. Oktober 1983 – 4 AZR 340/81 – AP Nr. 80 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zu Absatz 2 der Gründe; vom 14. März 1984 – 4 AZR 14/82 – AP Nr. 87 zu §§ 22, 23 BAT 1975 zu Absatz 1 der Gründe; vom 13. Juli 1994 – 4 AZR 451/93 – ZTR 1995, 25). Da die in der neuen, veränderten Fassung anzuwendenden Tätigkeitsmerkmale der AVR nicht zur Begründetheit des klägerischen Begehrens führen, weil die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe 4b Fallgruppe 22 n.F. nicht vorliegen, hat es bei der bisherigen Vergütung zu verbleiben.

Der Kläger, der in Vergütungsgruppe 5c AVR arbeitsvertragsrichtliniengerecht eingruppiert ist, behält nur im Hinblick auf die Besitzstandsregelung in den Übergangsvorschriften der Anlage 2d zu den AVR (Anmerkung II Abs. 1) den Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 5b AVR.

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Übergangsvorschrift der Anmerkung II Abs. 3 der Anlage 2d zu den AVR nichts anderes ergibt.

Nach ihrem eindeutigen Wortlaut betrifft die Anmerkung II Abs. 3 nur die Bewährungszeiten und beläßt es bei den gegenüber der neuen Anlage 2d kürzeren Bewährungszeiten der alten Anlage 2, falls Arbeitnehmer zum 31. Dezember 1990 die kürzere Bewährungszeit mindestens zur Hälfte zurückgelegt hatten. Vorausgesetzt wird also dabei, daß der Bewährungsaufstieg als solcher erhalten geblieben ist. Ist – wie hier – ein Zeit – oder Bewährungsaufstieg für Arbeitserzieher und sei es über eine Gleichstellung mit Sozialarbeitern/Sozialpädagogen nicht mehr gegeben oder entfallen, so kann sich die Übergangsvorschrift nicht mehr zugunsten des Klägers auswirken, auch wenn er die Bewährungszeit, die für den in der alten Fassung vorgesehenen Bewährungsaufstieg zu mehr als die Hälfte im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung der Anlage zu den AVR zurückgelegt hatte. Das gilt erst recht für den Zeitaufstieg nach Anlage 2, der in der Anlage 2d auch für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen in der bisherigen Form nicht mehr vorgesehen ist.

Damit ist auch nicht unzulässig in wohlerworbene Rechte des Klägers eingegriffen worden.

Der Kläger hatte sich im Arbeitsvertrag mit den AVR in der jeweils geltenden Fassung einverstanden erklärt, also auch hinsichtlich der Tätigkeitsmerkmale der Anlagen zu den AVR. Dann aber gilt nichts anderes wie bei den Tarifverträgen. Die spätere Fassung der AVR tritt an die Stelle der vorherigen ohne Rücksicht darauf, ob die frühere Fassung günstiger war oder nicht. Es bedurfte also einer besonderen Regelung, wenn die bisherigen Rechte der Mitarbeiter/-innen des Caritasverband einschließlich etwaiger Expektanzen auf einen Zeit- oder Bewährungsaufstieg aus der günstigeren bisherigen Regelung erhalten bleiben sollten. Für den Kläger lagen am 31. Dezember 1990 die Voraussetzungen für einen Zeitaufstieg aus der Vergütungsgruppe 5b Fallgruppe 68 in die Vergütungsgruppe 4b entsprechend der Fallgruppe 49 der Anlage 2 zu den AVR schon rein zeitlich nicht vor.

Er hatte damit keine Rechtsposition erlangt, die ihm trotz Änderung der Anlage 2 hätte erhalten bleiben müssen. Für den Zeitaufstieg reicht es nicht aus, wenn die Erfordernisse der arbeitsvertraglich vereinbarten AVR erst nach der Änderung der AVR, die gleichermaßen Vertragsbestandteil (geworden) ist, eingetreten sind. Den durch die Änderung der Richtlinien betroffenen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen blieb nur der ihnen am 31. Dezember 1990 zustehende Status erhalten (Anmerkung II Abs. 1 zur Anlage 2d). Der Status des Klägers bestand am 31. Dezember 1990 jedoch nur im Vergütungsanspruch nach Vergütungsgruppe 5b AVR. Einen Anspruch auf Höhergruppierung aufgrund Zeitaufstiegs hatte er noch nicht. Dem Kläger stand zu diesem Zeitpunkt auch noch keine besitzstandswahrende Anwartschaft auf Teilnahme am Zeitaufstieg zu. Eine solche Anwartschaft hat ein Angestellter vor der vollständigen Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nicht (vgl. BAG Urteil vom 11. Februar 1987 – 4 AZR 145/86 – BAGE 55, 53 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Richtliniengeber haben – wie die Tarifvertragsparteien im öffentlichen Dienst – ein solches Anwartschaftsrecht bewußt nicht einführen wollen. Nach dem Willen der Richtliniengeber soll der Zeitaufstieg erst dann erfolgen, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehört eine entsprechende Tätigkeit und die Erfüllung der vollen Zeit. Das ist tatsächlich und rechtlich erst zum Ende der erforderlichen Zeit möglich (vgl. BAG Urteil vom 9. Juli 1980 – 4 AZR 579/78 – BAGE 34, 57 = AP Nr. 14 zu § 23a BAT, zum Bewährungsaufstieg). Das zeigen die Absätze 2 und 3 der Anmerkung II zur Anlage 2d AVR deutlich. Nur dann, wenn ein Bewährungsaufstieg (wieder) vorgesehen ist, werden die vor Inkrafttreten der neuen Regelungen verbrachten Dienstzeiten so berücksichtigt, wie wenn die neuen Regelungen schon früher gegolten hätten. Bleibt es bei einem bestimmten Bewährungsaufstieg, so gelten die alten, kürzeren Bewährungszeiten weiter, wenn diese schon mehr als zur Hälfte im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Regelung zurückgelegt waren.

Eine Besitzstandsklausel hinsichtlich der Expektanzen eines Zeitaufstiegs sehen die Regelungen der Anlage 2d nicht vor. Dem Kläger wurde durch die Änderung der Anlage 2 zu den AVR, die durch die arbeitsvertragliche Jeweiligkeitsklausel Vertragsbestandteil wurde, keine schützenswerte Rechtsposition genommen.

Es gilt letztlich nichts anderes wie im Bereich des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes. Durch den Wegfall des Bewährungsaufstiegs für bestimmte Arbeitnehmer durch eine Tarifänderung wird nicht in geschützte Besitzstände eingegriffen, wenn im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des neuen Tarifvertrages die Voraussetzungen des Bewährungsaufstiegs noch nicht gegeben waren (BAG Urteile vom 21. Oktober 1992 – 4 AZR 156/92 – AP Nr. 27 zu § 23a BAT; vom 27. August 1986 – 4 AZR 286/85 –, n.v.). Entsprechendes gilt für den bloßen Zeitaufstieg.

d) In seiner Hilfsbegründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dem Kläger stehe Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b der Anlage 2 zu den AVR auch deswegen nicht zu, weil er nicht die einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung entsprechende Tätigkeit ausübe.

Auch insoweit ist dem Landesarbeitsgericht zu folgen.

aa) Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß es durch das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 1992 – 6 (17) Sa 1454/91 –, das die Tätigkeit des Klägers dem Aufgabenbereich eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen zugeordnet hat, nicht daran gehindert ist, in dieser Frage anderer Auffassung zu sein.

Das Landesarbeitsgericht hat sich mit einem Hinweis auf § 322 ZPO begnügt. Er ist in der Sache richtig. Im Vorprozeß ging es um Vergütung aus Vergütungsgruppen 5b, 4b AVR im Hinblick auf das behauptete Vorliegen originärer Eingruppierungsmerkmale. Im vorliegenden Rechtsstreit wird um den Zeitaufstieg aus der dem Kläger vom Landesarbeitsgericht zugebilligten Vergütungsgruppe 5b Fallgruppe 68 in die Vergütungsgruppe 4b Fallgruppe 49 der Anlage 2 zu den AVR gestritten.

Bei der Frage des Zeitaufstiegs geht es um die Frage, ob der Arbeitnehmer mit seiner Tätigkeit die tariflichen Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsziffer materiell in der erforderlichen Zeit für den Zeitaufstieg erfüllt hat oder nicht. VergGr. 4b Fallgruppe 49 setzt voraus, daß ein Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge mit entsprechender Tätigkeit vier Jahre entsprechende Berufstätigkeit nach erlangter staatlicher Anerkennung erfüllt. Das hat das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 1992 allenfalls für die Zeit ab 1. Juli 1990 bis 14. Juli 1992 festgestellt, nicht aber für die Zeit vom 1. April 1988 an.

bb) Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß der Kläger keine Tätigkeit sozialpädagogischen/sozialarbeiterischen Charakters ausgeübt hat. Es lag eben keine vierjährige entsprechende Berufstätigkeit im Sinne der Fallgruppe 49 der Vergütungsgruppe 4b der Anlage 2 AVR vor. Die Tätigkeit des Klägers bestand darin, einzelne, sich in besonders schwierigen Lebens- und Entwicklungsphasen befindliche Heimbewohner zu betreuen und auf die Gruppenarbeit in einer Werkstatt vorzubereiten. Inzwischen ist er einer Sonderförderungsgruppe zugeteilt. Damit erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe 6b Fallgruppe 22a der Anlage 2 zu den AVR. Diese Fallgruppe und die Fallgruppen der übrigen Vergütungsgruppen, die die Arbeitserzieher betreffen, umfassen abschließend die von dieser Berufsgruppe üblicherweise ausgeübte arbeitserzieherische Tätigkeit. Diese hat gerade keinen sozialpädagogischen/Sozialarbeiterischen Zuschnitt. Der Erzieher am Arbeitsplatz ist auf der einen Seite Ausbilder, auf der anderen Seite Betreuer einer Gruppe oder einzelner Personen, die er dazu anleitet, berufliche Grundfähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben. Das gehört nicht zum typischen Aufgabenfeld des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen.

Der Kläger gehört nicht zum Kreis der Erzieher oder Mitarbeiter in der Tätigkeit von Erziehern, die nach Anmerkung 105 zur Vergütungsgruppe 5b Fallgruppe 67 Buchst. k und Vergütungsgruppe 4b Fallgruppe 50 der Anlage 2 zu den AVR Sozialarbeitern und Sozialpädagogen gleichzustellen sind. Der Kläger übt seine Tätigkeit nämlich nicht in einer heilpädagogischen Gruppe aus. Er betreut vielmehr Einzelpersonen.

Sonach hat der Kläger keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 4b AVR im Wege des Zeit- oder Bewährungsaufstiegs.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Friedrich, Schamann, Dassel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI870831

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