Entscheidungsstichwort (Thema)

Bereitschaftsdienst-Freizeitausgleich in Schulferien

 

Leitsatz (redaktionell)

Bereitschaftsdienstzeiten, die Erzieher während der Schulzeit geleistet haben, können gemäß Nr 5 SR 2b zum BAT durch über den tariflichen Urlaubsanspruch hinausgehenden Freizeitausgleich auch während der Schulferien abgegolten werden, da der Ausgleichszeitraum tarifrechtlich nicht begrenzt ist.

 

Orientierungssatz

(Zur Auslegung von Tarifverträgen) Bei der Auslegung von Tarifverträgen ist entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen. Dabei ist der maßgebliche Sinn zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Auf den der tariflichen Regelung zugrundeliegenden Willen der Tarifvertragsparteien kommt es insoweit an, als dieser im Wortlaut des Tarifvertrages erkennbaren Ausdruck gefunden hat. Bei verbleibenden Zweifeln verdient der Gesamtzusammenhang ebenso Beachtung wie die Tarifgeschichte. Ergänzend kann eine etwaige, bereits bestehende Tarifübung herangezogen werden. Sind Zweifel auch dann nicht vollends ausgeräumt, ist derjenigen Tarifauslegung der Vorzug zu geben, die zu einer vernünftigen, gerechten, zweckorientierten und praktischen Regelung führt.

 

Normenkette

BAT Anlage SR; BAT §§ 15, 17, 70

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 28.02.1983; Aktenzeichen 5 (2) Sa 599/82)

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 31.08.1982; Aktenzeichen 2 Ca 428/82)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob von der Klägerin während der Schulzeit geleisteter Bereitschaftsdienst vom beklagten Land durch die Gewährung von Freizeit während der Schulferien ausgeglichen werden kann, sowie um die Vergütung von Zeitzuschlägen.

Die Klägerin war vom 1. Oktober 1977 bis zum 30. September 1981 beim beklagten Land als Erzieherin in der s Internatsschule in S beschäftigt. Aufgrund des Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Die danach auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Sonderregelung 2 b zum BAT hat u. a. folgenden Wortlaut:

"Nr. 5

Zu § 17 - Überstunden

(1) Angestellte, denen überwiegend die Betreuung

oder Erziehung der untergebrachten Personen ob-

liegt, sind verpflichtet, sich auf Anordnung des

Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeits-

zeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle

aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzu-

nehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber

darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu

erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungs-

gemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.

.....

(2) Der Bereitschaftsdienst einschließlich der

geleisteten Arbeit wird mit 25 vom Hundert als

Arbeitszeit bewertet.

(3) Für die nach Absatz 2 errechnete Arbeitszeit

wird die Überstundenvergütung gezahlt.

Die errechnete Arbeitszeit kann auch durch ent-

sprechende Freizeit abgegolten werden;..."

Die Dienstpläne der Schule wiesen in den Schulwochen vom 6. Januar bis 28. Juni 1981 neben der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden 206 Stunden Bereitschaftsdienst für die Klägerin aus. In den Schulferien, die mit denen der allgemeinbildenden Schulen in Schleswig-Holstein übereinstimmten, war die Klägerin nicht dienstplanmäßig eingeteilt.

Mit Schreiben vom 25. Juni 1981 an den Schulleiter machte die Klägerin "16 Überstunden § 35 1 a" geltend. Mit Schreiben vom 19. September 1981 forderte die Klägerin erneut unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 25. Juni 1981 die Zahlung von Überstundenvergütung von Januar bis Juni 1981.

Mit Schreiben vom 29. September 1981 an das Landesbesoldungsamt machte die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Schreiben des beklagten Landes vom 7. September 1981 u. a. die Zahlung von Zeitzuschlägen für den Zeitraum vom 5. Januar 1981 bis 26. Juni 1981, 16 Überstunden nach § 35 1 a und als weitere Ansprüche aus dem Zeitraum vom 26. Juni bis 30. August 1981 fünf Stunden 45 Minuten als Überstunden geltend. Sie fügte an, daß die von ihr tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden für den Zeitraum Januar bis Mai aus den Dienstplänen und für Mai, Juni und August aus den Arbeitszeitkarten zu ersehen seien. Für den Zeitraum Mai, Juni und August 1981 habe sie statt der in ihrem Arbeitsvertrag wöchentlich festgelegten 40 Stunden regelmäßig und durchschnittlich auf Anordnung ihres Dienststellenleiters 44 Stunden die Woche geleistet.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 1981 gewährte das beklagte Land der Klägerin ab dem 3. Mai 1981 Zeitzuschläge. Die Zahlung einer Überstundenvergütung lehnte es mit der Begründung ab, die über 40 Stunden hinausgehende Arbeitszeit während der Schulwochen werde durch die über den tariflichen Urlaubsanspruch hinausgehende Freizeit während der Schulferien abgegolten.

Die Klägerin ist der Ansicht, Zeiten der Bereitschaftsdienste seien nach Nr. 5 der Sonderregelung für Angestellte in Anstalten und Heimen, die nicht unter die Sonderregelungen 2 a fallen (SR 2 b BAT), zu 25 v. H. als Arbeitszeit zu bewerten. Dafür habe das beklagte Land bei 206 Bereitschaftsstunden Überstundenvergütung für 51,5 Arbeitsstunden zu zahlen. Ein Ausgleich der Bereitschaftsstunden durch Freizeitgewährung sei nach dem Tarifvertrag nur bis zum Ende des nächsten Kalendermonats möglich. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ohne zwischenzeitliche Arbeitsbefreiung komme nur eine Vergütung der Bereitschaftsstunden in Betracht.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen,

an die Klägerin 887,74 DM nebst 4%

Zinsen seit dem 21. Juni 1982 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land ist der Auffassung, die über 40 Stunden hinausgehende Wochenarbeitszeit während der Schulwochen werde durch die über den tariflichen Urlaubsanspruch hinausgehende Freizeit während der Schulferien ausgeglichen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der durch Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 27. September 1983 (3 AZN 270/83) zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der von der Klägerin während der Schulzeit geleistete Bereitschaftsdienst ist von dem beklagten Land zu Recht während der Schulferien ausgeglichen worden. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Überstundenvergütung ist von der Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 70 BAT geltend gemacht worden und deshalb verfallen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, für die von der Klägerin in der Zeit vom 6. Januar bis 28. Juni 1981 nach den Dienstplänen angeordneten 206 Bereitschaftsstunden sei Überstundenvergütung zu zahlen. Diese sei gemäß Nr. 5 Abs. 3 Satz 1 SR 2 b BAT mit 25 v. H. des Bereitschaftsdienstes (Nr. 5 Abs. 2 SR 2 b BAT) einschließlich der geleisteten Arbeit als Arbeitszeit zu bewerten und für die so errechnete Arbeitszeit die Überstundenvergütung zu zahlen. Die Bereitschaftsstunden seien auch nicht durch die über den tariflichen Urlaub hinausgehende Freizeit während der Schulferien ausgeglichen worden. Bei der Prüfung, ob der Klägerin Überstundenvergütung zustehe, sei nicht vom Jahresdurchschnitt ihrer geleisteten Arbeitsstunden auszugehen. § 15 Abs. 1 Satz 2 BAT bestimme nämlich, daß für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in der Regel ein Zeitraum von acht Wochen zugrunde zu legen sei. Für geleistete Bereitschaftsdienste hingegen sei tariflich eine Vergütung mit 25 % als Arbeitszeit vorgesehen und damit gleichzeitig ein Freizeitausgleich während der Schulferien ausgeschlossen worden. Der Zahlungsanspruch der Klägerin sei auch nicht nach § 70 BAT verfallen. Vielmehr habe sie diesen ausreichend schriftlich geltend gemacht.

II. Die Parteien haben die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) nebst der ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis vereinbart. Damit ist auch die Sonderregelung Anlage 2 b zum BAT anwendbar. Die Klägerin unterfällt dem persönlichen Geltungsbereich dieser Sonderregelung. Als Erzieherin in der vom beklagten Land unterhaltenen Internatsschule in S gehört die Klägerin zu dem in Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 5. Alternative SR 2 b BAT (Fürsorge oder Betreuung sonstiger hilfsbedürftiger Personen, die nicht in ärztlicher Behandlung stehen) genannten Personenkreis.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, daß die für die Klägerin durch Dienstplan in der Zeit vom 6. Januar bis 28. Juni 1981 angeordneten Bereitschaftsdienstzeiten solche außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne von Nr. 5 Abs. 1 SR 2 b BAT waren. Dagegen wendet sich auch die Revision nicht.

2. Die sich aus den von der Klägerin geleisteten Bereitschaftsdiensten nach Nr. 5 Abs. 2 SR 2 b zu errechnende Arbeitszeit hat das beklagte Land jedoch zulässigerweise durch die während der Schulferien gewährte Freizeit nach Nr. 5 Abs. 3 Satz 2 SR 2 b BAT abgegolten. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß die ihr vom Land während der Schulferien über ihren tariflichen Urlaubsanspruch hinaus gewährte Freizeit nicht die von ihr geleisteten Bereitschaftsdienste ausgeglichen habe. Hierzu wäre sie aber verpflichtet gewesen, nachdem das Land sich hierauf ausdrücklich berufen und damit die Erfüllung ihres Ausgleichsanspruchs abgelehnt hat.

a) Das beklagte Land hat von seiner Befugnis, zum Ausgleich der Bereitschaftsdienste entsprechende Freizeit während der regelmäßigen Arbeitszeit zu gewähren, in einer für die Klägerin erkennbaren Weise Gebrauch gemacht, indem sie während der Schulferien unstreitig nicht zur Dienstleistung herangezogen worden ist. Ein Dienstplan ist für die Klägerin in dieser Zeit nicht aufgestellt worden (vgl. dazu BAG Urteil vom 4. September 1985 - 7 AZR 531/82 - AP Nr. 13 zu § 17 BAT, zu III 1 der Gründe).

Ein Freizeitausgleich innerhalb der Schulferien ist rechtlich auch zulässig. Nr. 5 Abs. 3 Satz 2 SR 2 b BAT enthält keine Regelung, in welchem Zeitraum der erforderliche Freizeitausgleich zu erfolgen hat. Daraus kann entgegen der Auffassung der Revision nicht geschlossen werden, daß nach dem BAT und seinen Sonderregelungen insoweit die allgemeinen Fristenregelungen des § 15 Abs. 1 BAT oder § 17 Abs. 5 BAT entsprechend Anwendung finden, wonach ein Freizeitausgleich innerhalb eines Zeitraums von acht Wochen (§ 15 Abs. 1 BAT) bzw. bis zum Ende des nächsten Kalendermonats (§ 17 Abs. 5 BAT) zu gewähren wäre. Ebensowenig kann der Auffassung von Crisolli/Tiedtke/Ramdohr (Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Bd. 2, Stand August 1986, Erl. 14 zu Anlage 2 b Nr. 5) und Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr (BAT, Kommentar, 2. Aufl., Bd. 4, Stand Juli 1986, Nr. 5 SR 2 b Rz 16) gefolgt werden, daß ein Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten bzw. bis zum Ende des dritten Kalendermonats zu erfolgen hat.

b) Bei der Auslegung von Tarifverträgen ist entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. Urteil vom 12. September 1984 - 4 AZR 336/82 - BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.; Neumann, Zur Auslegung von Tarifverträgen, AuR 1985, 320). Dabei ist der maßgebliche Sinn zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Auf den der tariflichen Regelung zugrundeliegenden Willen der Tarifvertragsparteien kommt es insoweit an, als dieser im Wortlaut des Tarifvertrages erkennbaren Ausdruck gefunden hat. Bei verbleibenden Zweifeln verdient der Gesamtzusammenhang ebenso Beachtung wie die Tarifgeschichte. Ergänzend kann eine etwaige, bereits bestehende Tarifübung herangezogen werden. Sind Zweifel auch dann nicht vollends ausgeräumt, ist derjenigen Tarifauslegung der Vorzug zu geben, die zu einer vernünftigen, gerechten, zweckorientierten und praktischen Regelung führt (vgl. BAGE 40, 86, 94 = AP Nr. 9 zu § 1 TVG Auslösung; BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 42, 244, 253, 254 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II).

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist zunächst zu beachten, daß die Tarifvertragsparteien die Leistung von Überstunden einschließlich ihres späteren Ausgleichs durch Arbeitsbefreiung grundsätzlich nur als Arbeitszeitverlegung im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit behandeln wollten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenhang der Regelungen des § 17 Abs. 1 und § 15 BAT. Erforderlich gewordene Überstunden sind grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen. Dies macht deutlich, daß nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien Überstunden grundsätzlich nicht zu endgültiger Mehrarbeit über den Umfang der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit hinaus und damit auch nicht zu einer zusätzlichen Vergütungspflicht des Arbeitgebers führen sollen. Vielmehr sollen die Überstunden durch die sie ausgleichende Arbeitsbefreiung in den Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit so eingefügt werden, daß die Überstundenarbeit eine Vorausleistung auf die vom Arbeitnehmer später im Ausgleichszeitraum zu erbringende Arbeitsleistung ist. Daraus folgt aber, daß im Rahmen des BAT der Freizeitausgleich für geleistete Überstunden die Regel, deren Vergütung die Ausnahme sein soll und im Zweifel eine Auslegung zu wählen ist, die in der Regel einen Überstundenausgleich durch Gewährung von Freizeit ermöglicht.

d) Sämtliche Sonderregelungen zum BAT sehen, soweit sie nach dem persönlichen Geltungsbereich ähnliche Gruppen von Angestellten umfassen wie die Sonderregelung 2 b, Fristen für den Ausgleich durch Freizeit vor (vgl. SR 2 a Nr. 6 Abs. 4; SR 2 c Nr. 8 Abs. 4; SR 2 d Nr. 4; SR 2 e III Nr. 8 Abs. 4; SR 2 f 1 Nr. 4 Abs. 3; SR 2 n Nr. 3 Abs. 3, 2. Unterabs.). Bei Angestellten in Versorgungsbetrieben, Nahverkehrsbetrieben, Flughafenbetrieben (SR 2 t bis SR 2 v), ist eine Regelung auf bezirklicher oder örtlicher Ebene vereinbart worden. Daraus folgt, daß die Tarifvertragsparteien bei Bereitschaftsdienst den Freizeitausgleich innerhalb jeweils bestimmter Ausgleichszeiträume (Ende des übernächsten Monats z. B. SR 2 n Nr. 3 Abs. 3, Ende des nächsten Kalendermonats z. B. SR 2 w Nr. 4 Abs. 4, Unterabs. 3 bis zum Ende des Urlaubsjahres z. B. SR 2 e II Nr. 5 Abs. 2 und SR 2 f I Nr. 4 Abs. 3) bedacht und den jeweiligen Erfordernissen der Berufsgruppen angepaßt haben. Wenn die Tarifvertragsparteien in SR 2 b Nr. 5 Abs. 3 zum BAT keine ausdrückliche Frist für den Ausgleich geleisteter Bereitschaftsdienstzeiten durch Freizeit vereinbart haben, so liegt damit keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vor. Durch die Verschiedenartigkeit der Heime und Anstalten und der Gruppen der Angestellten, die unter die SR 2 b zum BAT fallen, lassen sich allgemeingültige Regelungen für den Ausgleichszeitraum nicht einheitlich festlegen. Dies zeigt sich schon bei den Angestellten, die - wie die Klägerin - den allgemeingültigen Ferienregelungen unterfallen. Im gesamten Bundesgebiet gelten in den Bundesländern unterschiedliche Ferienregelungen. Innerhalb der einzelnen Bundesländer kommt es an den einzelnen Schulen und Schulheimen durch sogenannte variable Ferientage, die von den jeweiligen Schulleitern festgelegt werden können, zu unterschiedlichen Ferienzeitpunkten. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Tarifvertragsparteien den unter die Anlage 2 b zum BAT fallenden Angestellten für anfallende Bereitschaftsdienste während der Schulwochen teilweise weit über den tariflichen Urlaubsanspruch hinausgehende Freizeit während der Schulferien und gleichzeitig eine zusätzliche Vergütung gewähren wollten.

3. Soweit der Klägerin darüber hinaus gemäß § 35 Abs. 1 Buchst. a BAT für die Überstunden Zeitzuschläge zustehen, hat sie diese entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils nicht rechtzeitig im Sinne von § 70 BAT geltend gemacht. Sie sind demgemäß verfallen.

a) Nach Nr. 5 Abs. 3 Satz 1 SR 2 b BAT ist für Bereitschaftsdienste Überstundenvergütung, also neben den anteiligen allgemeinen Vergütungsbestandteilen (§ 26 BAT, ggf. § 33 BAT), für außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Bereitschaftsdienste im Umfang der Bewertung als Arbeitszeit Überstundenvergütung gemäß § 35 Abs. 1 BAT zu zahlen.

b) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe mit ihren Schreiben vom 25. Juni, 19. und 29. September 1981 ihre Forderungen im Sinne des § 70 BAT ausreichend schriftlich geltend gemacht. Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen.

Der Ablauf tariflicher Ausschlußfristen ist von Amts wegen zu beachten, ohne daß eine Partei sich darauf berufen muß. An den Begriff der Geltendmachung dürfen jedoch keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Allerdings muß die Art des Anspruchs erkennbar sein, auch wenn eine genaue zahlenmäßige Bezifferung nicht erforderlich ist. Die unsubstantiierte Anmeldung einer Forderung genügt danach als schriftliche Geltendmachung nicht. Vielmehr ist der jeweilige Anspruch dem Grunde und der Höhe nach hinreichend deutlich zu bezeichnen, insbesondere ist der Anspruchszeitraum mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich zu machen. Die schriftliche Geltendmachung von Lohnansprüchen setzt dabei voraus, daß die Forderung mindestens annähernd der Höhe nach bezeichnet wird. Darauf kann nur dann verzichtet werden, wenn dem Schuldner die Höhe der Forderung ohnehin bekannt ist oder die Kenntnisnahme des Gläubigers durch ein Verhalten des Schuldners vereitelt wird. Nur so ist dem anderen Vertragspartner eine sachgerechte Auseinandersetzung mit den behaupteten Ansprüchen möglich. Allein auf diese Weise kann auch dem Zweck der Ausschlußfrist, zu einer kurzfristigen, möglichst umfassenden Bereinigung offener Fragen zwischen den Arbeitsvertragsparteien mit dem Ziel der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit beizutragen, Rechnung getragen werden.

c) Die Schreiben der Klägerin vom 25. Juni, 19. und 29. September 1981 genügen diesen Grundsätzen nicht.

Die Klägerin verlangt mit Schreiben vom 25. Juni 1981 neben "Zeitzuschlägen" für Nacht-, Sonntagsarbeit und Arbeit an Wochenfeiertagen in der Zeit vom 5. Januar bis 26. Juni 1981 Vergütung für 16 Überstunden und wiederholt diese Forderung mit ihrem Schreiben vom 19. September 1981. Mit ihrer Forderung nach Vergütung von 16 Überstunden für die vorgenannte Zeit macht die Klägerin jedoch andere als die streitgegenständlichen Bereitschaftsdienste geltend, wie sich aus ihrem Schreiben vom 29. September 1981 ergibt. Dort bekräftigt die Klägerin nämlich erneut einen Anspruch auf "Zeitzuschläge", wobei sie für den vorgenannten Zeitraum 16 Überstunden und für die Zeit vom 26. Juni bis 30. August 1981 weitere fünf Stunden 45 Minuten als Überstunden geltend macht. Sie begründet ihren Anspruch jedoch allein damit, daß sie im Mai, Juni und August 1981 statt 40 Stunden wöchentlich regelmäßig durchschnittlich 44 Stunden die Woche und somit im Mai 1981 16 Stunden, im Juni 1981 9 Stunden 45 Minuten und im August 1981 11 Stunden 45 Minuten ohne Rechtsgrundlage über die wöchentliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet habe. Ob es sich dabei um die mit der Klage verlangte Überstundenvergütung für angeordnete Bereitschaftsdienste handelt, die Klägerin also die angeordneten Bereitschaftsdienste unter dem Begriff "Überstunden" jedenfalls subsumiert und die Arbeitszeitbewertung in Nr. 5 Abs. 2 SR 2 b BAT nachvollzogen hat, läßt sich den Schreiben nicht entnehmen. Zwar weist das beklagte Land mit Schreiben vom 19. Oktober 1981 auf den pauschalen Ausgleich während der Schulferien für Mehrarbeit in der Zeit vor dem 3. Mai 1981 hin. Daß aber auch das beklagte Land nicht mit hinreichender Deutlichkeit den Schreiben der Klägerin vom 25. Juni, 19. und 29. September 1981 den streitgegenständlichen Zahlungsanspruch entnommen hat, belegt dessen Hinweis auf die fehlende Anordnung von Überstunden in der Zeit vom 5. Januar bis 2. Mai 1981 im Schreiben vom 4. Januar 1982. Auch der Hinweis des Arbeitsgerichts auf die von der Klägerin eingereichten Arbeitszeitkontrollkarten geht fehl. Nach dem Schreiben des beklagten Landes vom 19. Oktober 1981 werden - in diesem Umfang von der Klägerin unwidersprochen - erst ab Mai 1981 Arbeitszeitkarten ausgegeben. Es ist nicht ersichtlich, wie solche, seit Mai 1981 verwendeten Karten für die Geltendmachung zuvor geleisteter Bereitschaftsdienste in der Zeit von Januar bis April 1981 nutzbar gemacht werden könnten.

Nach alledem hat die Klägerin ihre Ansprüche auf Zeitzuschläge für die Bereitschaftsdienststunden nicht rechtzeitig schriftlich im Sinne des § 70 BAT geltend gemacht.

Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

Dr. Jobs Dörner Schneider

Ostkamp Scheerer

 

Fundstellen

RdA 1987, 188

ZTR 1987, 276-278 (LT)

AP § 2 BAT SR 2b (LT1), Nr 1

DÖD 1987, 183-185 (LT)

EzBAT, SR 2b NAT Nr 1 (LT1)

RiA 1987, 181-182 (T)

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