Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Gewandmeisters

 

Leitsatz (amtlich)

  • Zu den regelmäßigen Aufgaben eines Gewandmeisters gehört es, nach den Entwürfen des Bühnen- oder Kostümbildners die Kostüme zu beschaffen oder zuzuschneiden oder deren Anfertigung zu leiten und zu überwachen.
  • Ein Gewandmeister betreut nur dann einen größeren Aufgabenbereich, wenn er funktional zusätzliche Aufgaben verrichtet, die einem Gewandmeister übertragen werden oder quantitativ eine besonders umfangreiche Gewandmeistertätigkeit verrichtet. Hierauf kann noch nicht deswegen geschlossen werden, weil er alle in der Protokollnotiz Nr. 5 aufgezählten Arbeiten verrichtet oder an einer großen Bühne neben weiteren Gewandmeistern tätig ist.
 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Angestellte an Theater und Bühnen; BAT-O § 22, Anlage 1a Teil II Abschn. H

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 03.01.1995; Aktenzeichen 12 Sa 129/94)

ArbG Berlin (Urteil vom 26.07.1994; Aktenzeichen 68 Ca 38103/93)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen eines Eingruppierungsprozesses, ob der Kläger als “Gewandmeister mit einem größeren Aufgabenbereich” im Sinne der VergGr. Vb Fallgruppe 4 Teil II Abschnitt H der Anlage 1a zum BAT-O anzusehen ist.

Der Kläger ist vom 15. November 1961 bis zum 14. November 1967 am M…-Theater tätig gewesen. Seit dem 15. November 1967 ist er an der V…, einem im Ostteil B… gelegenen Repertoiretheater, tätig. Dort wird er seit seiner Eintragung in die Handwerksrolle als Meister des Schneiderhandwerks im Mai 1973 als Gewandmeister eingesetzt.

Das Arbeitsverhältnis richtet sich kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit nach dem BAT-O.

An der V… gibt es eine Damen- und eine Herrenschneiderabteilung, die beide seit Mai 1992 von einer Kostümdirektorin geleitet werden. Der Kläger arbeitet in der Herrenschneiderabteilung. Dort arbeiten neben dem Kläger sechs Herrenschneider und ein weiterer Gewandmeister, der von dem beklagten Land als “Obergewandmeister” bezeichnet und nach dem Bühnentechnikertarifvertrag (BTT) vergütet wird.

Ebenso wie der andere Gewandmeister betreut der Kläger eigenverantwortlich und selbständig einzelne Inszenierungen bzw. Produktionen der V… und schneidet in enger Absprache mit dem Regisseur, dem Kostümbildner des jeweiligen Stückes und unter der Leitung der Kostümdirektorin die Kostüme des jeweiligen Stükkes nach Skizzen, Figurinen oder ähnlichen Vorgaben der anderen Beteiligten zu, gibt diese Zuschnitte mit genauen Anweisungen den Herrenschneidern zur Produktion weiter, leitet die Herrenschneider bei der Produktion an und überwacht sie und kümmert sich während der Laufzeit einer Inszenierung um die Einhaltung bzw. Erhaltung der Kostümqualität.

Bis zur Einstellung der Kostümdirektorin am 1. Mai 1992 war der Kläger auch für die Planung, Beschaffung und Abrechnung der Materialien für die Anfertigung der Kostüme außerhalb und innerhalb des Theaters zuständig. Seit dieser Zeit beschafft er die Stoffe und Materialien nur noch über die Einkaufsabteilung im Hause der V… bzw. aus deren Fundus, wenn er gelegentlich auf bereits vorhandene Kostüme zurückgreift.

Die gesamte Arbeitszeit des Klägers setzt sich unstreitig wie folgt zusammen:

1. 

Zuschnitt und Gestaltung von Kostümen entsprechend den Vorgaben des Kostümbildners und des Regisseurs

52 %

2. 

Anleitung und Überwachung der Produktion in der Herrenschneiderei

38 %

3. 

Sicherung der Qualität der Kostüme

10 %

Der von dem beklagten Land als Obergewandmeister bezeichnete Kollege des Klägers betreut in gleicher Weise wie der Kläger einzelne Inszenierungen und übt neben den mit der Arbeit des Klägers identischen Tätigkeiten gewisse Leitungsfunktionen in der Herrenschneiderei aus, indem er z.B. die Lohnzettel für die Herrenschneider einsammelt und weitergibt. Demgegenüber ist die dem Kläger vorgesetzte Kostümdirektorin u.a. zuständig für die Planung, Beschaffung und Abrechnung der für die Kostümabteilung notwendigen Materialien.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er übe die Tätigkeit eines Gewandmeisters mit einem größeren Aufgabenbereich im Sinne der VergGr. Vb Fallgruppe 4 Teil II Abschnitt H der Anlage 1a zum BAT-O (im folgenden VergGr. Vb Fallgruppe 4) aus und hat diesen Anspruch mit Schreiben vom 19. Oktober 1991, 15. April 1992 und vom 8. November 1993 gegenüber dem beklagten Land geltend gemacht. Nachdem das beklagte Land diesen Anspruch abgelehnt hatte, hat der Kläger seinen Anspruch mit der am 23. Dezember 1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiterverfolgt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt festzustellen,

daß das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger seit dem 01.07.1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT-O zu zahlen, die dieser Vergütungsgruppe entsprechende Vergütung abzurechnen, die rückständigen Differenzbeträge zu zahlen sowie die rückständigen Nettodifferenzbeträge bis Januar 1994 mit 4 % seit dem 18. Januar 1994 und ab Februar 1994 jeweils seit dem 15. des laufenden Monats zu verzinsen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat behauptet, der weitere Gewandmeister in der Herrenschneiderei sei als Obergewandmeister für die Aufsicht über die Abteilung zuständig. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen größeren Aufgabenbereich im Sinne der VergGr. Vb Fallgruppe 4.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger ist nicht als Gewandmeister mit einem größeren Aufgabenbereich tätig.

A. Die Revision ist aufgrund der Zulassung im verkündeten Tenor des angefochtenen Urteils statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt sowie frist- und ordnungsgemäß begründet worden.

B. Die Feststellungsklage ist mit dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (vgl. statt vieler Urteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

C. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die Tätigkeit des Klägers erfülle nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. Vb Fallgruppe 4 Teil II Abschnitt H der Anlage 1a zum BAT-O (im folgenden: VergGr. Vb Fallgruppe 4), da er nicht als Gewandmeister mit einem größeren Aufgabenbereich tätig sei.

I. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Die Tätigkeit des Klägers und die dabei anfallenden Arbeitsvorgänge erfüllen auch bei einer zusammenfassenden Betrachtung (vgl. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT-O) nicht die Anforderungen der VergGr. Vb Fallgruppe 4, sondern stellen sich lediglich als “normale” Tätigkeit eines Gewandmeisters dar.

II. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist maßgebend, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. Vb Fallgruppe 4 entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT-O).

Damit ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Darunter versteht der Senat eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats). Dabei ist es auch rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit eines Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können allerdings nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975, mit weiteren Nachweisen).

Das Landesarbeitsgericht hat keine Arbeitsvorgänge gebildet. Dies ist jedoch unschädlich, da die Klage unabhängig vom Zuschnitt der Arbeitsvorgänge unbegründet ist.

III. Für die Eingruppierung des Klägers sind folgende Tätigkeitsmerkmale des Abschnitts H des Teils II der Anlage 1a zum BAT-O heranzuziehen:

VergGr. VIb Fallgruppe 4

Gewandmeister.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 5)

VergGr. Vc Fallgruppe 4

Gewandmeister mit abgeschlossener Gewandmeister oder gleichwertiger Fachausbildung, denen auch die Aufstellung von Kostenvoranschlägen und die Führung von Fundusbüchern obliegen.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 5)

VergGr. Vc Fallgruppe 5

Gewandmeister nach vierjähriger Bewährung in VergGr. VIb Fallgruppe 4.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 5 und 22)

VergGr. Vb Fallgruppe 4

Gewandmeister mit abgeschlossener Gewandmeister oder gleichwertiger Fachausbildung mit größerem Aufgabenbereich.

– Fußnote 1 – (Hierzu Protokollnotiz Nr. 5)

Protokollnotiz Nr. 5

Gewandmeister sind Angestellte, die nach den Entwürfen des Bühnen- oder Kostümbildners die Kostüme beschaffen oder zuschneiden oder deren Anfertigung leiten und überwachen.

Die in VergGr. Vb Fallgruppe 4 genannte Fußnote 1 hat für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung.

IV. Für die Auslegung von Tarifnormen kommt es nach der ständigen Senatsrechtsprechung in erster Linie auf den Tarifwortlaut an (BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; ständige Rechtsprechung des Senats). Zu erforschen ist dabei der maßgebliche Sinn der Vorschrift, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAGE 60, 219, 223 f. = AP Nr. 127 zu § 611 BGB Gratifikation, zu II 1a der Gründe; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 198 III 2b, S. 1488 f.).

V. Wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, übt der Kläger die typischen Tätigkeiten eines Gewandmeisters im Sinne der Protokollnotiz Nr. 5 der einschlägigen Tarifbestimmung aus.

Ebenso sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, der Kläger verfüge als in die Handwerksrolle eingetragener Meister des Schneiderhandwerks über eine einem Gewandmeister gleichwertige Fachausbildung. Auch dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger kann jedoch nicht als Gewandmeister mit einem “größeren Aufgabenbereich” im Sinne des einschlägigen Tarifmerkmals angesehen werden.

Das Landesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, ein Gewandmeister habe nicht bereits dann einen “größeren Aufgabenbereich”, wenn er sämtliche drei in der Protokollnotiz Nr. 5 alternativ genannten Tätigkeitsbereiche eines Gewandmeisters ausübe. Davon könne nur dann ausgegangen werden, wenn die Tätigkeit eines Gewandmeisters tatsächlich üblicherweise arbeitsteilig in der Weise gegliedert sei, daß einzelne Gewandmeister lediglich einzelne der drei typischen Tätigkeitsbereiche ausübten. Dies habe jedoch der Kläger selbst nicht vorgetragen, und die Berufungskammer habe auch selbst keine Anhaltspunkte dafür, daß die Tätigkeitsbereiche eines Gewandmeisters in der Praxis auf diese Weise gestaltet seien. Dies sei auch schon deshalb vollkommen unwahrscheinlich, weil es z.B. kaum sinnvoll sei, die Tätigkeitsbereiche “Zuschneiden” sowie “Leiten und Überwachen der Anfertigung” nicht in der Person eines bestimmten Gewandmeisters zusammenzufassen.

VI. Dem ist zu folgen. Die Tarifvertragsparteien haben den Beruf des Gewandmeisters in der Protokollnotiz Nr. 5 umschrieben. Sie haben sich dabei offensichtlich an die Auffassung der beteiligten Berufskreise gehalten. Danach ist ein Gewandmeister “Leiter des Kostümwesens, Vorstand der Kostümschneiderei; überwacht Herstellung und Pflege des Bühnenkostüms, verwaltet den Kostümfundus, arbeitet mit dem Bühnen- bzw. Kostümbildner zusammen, entwirft teils auch selbst Kostüme” (vgl. Theaterlexikon, Begriffe und Epochen, Bühnen und Ensembles, herausgeg. von M.… Brauneck, 3. Aufl. 1992, Stichwort: Gewandmeister). Die Blätter für Berufskunde enthalten keine Darstellung des Gewandmeister-Berufes. Nach dem Katalog der Berufsausübungsformen (B 7.2-23) übt der Gewandmeister folgende Tätigkeiten aus:

“In der Schneiderwerkstatt einer Theaterbühne oder eines Film-/Fernsehateliers ausgeübte leitende Tätigkeit mit den verantwortlichen Aufgaben:

  • Einkauf von Stoffen, Zutaten, Zubehör u.ä. in Zusammenarbeit mit dem/der Kostümbildner(in)
  • Aufnehmen der Maße der einzelnen Künstler(innen)
  • Leitung und Überwachung der Werkstattarbeiten
  • Anprobe und Abstecken ggf. erforderlicher Änderungen
  • Umändern von Kostümen aus dem Fundus (Bestand an Darsteller(innen) – Bekleidungsstücken aus früheren Inszenierungen/Filmen)
  • Verwaltung des Fundus

Nicht allzu selten ist die Aufgabe des/der Gewandmeister(s/in) mit der des/der Kostümbildner(s/in) verbunden. Hierzu ist eine entsprechende Weiterbildung oder Ausbildung notwendig (Meisterprüfung und Besuch einer Fachschule, Studium an einer Kunsthochschule).”

Aus alledem folgt, daß die Protokollnotiz mit der Beschreibung der Berufsausübungsformen übereinstimmt und damit insgesamt das Berufsbild eines Gewandmeisters beschreibt. Hinzu kommt, daß, hätten die Tarifvertragsparteien bereits die kumulative Ausführung von in der Protokollnotiz Nr. 5 genannten Tätigkeiten durch einen Gewandmeister als ein Heraushebungsmerkmal ansehen wollen, sie dies unschwer etwa durch die Formulierung “Gewandmeister mit mehreren der in der Protokollnotiz Nr. 5 genannten Tätigkeitsbereichen” hätten festlegen können.

Gegen die Annahme, bereits mit der Ausführung mehrerer der in der Protokollnotiz Nr. 5 genannten Beispielstätigkeiten liege ein größerer Aufgabenbereich vor, spricht auch der Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich, worauf das Landesarbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, in der VergGr. Vc Fallgruppe 4 angeführt: “Gewandmeister, … denen auch die Aufstellung von Kostenvoranschlägen und die Führung von Fundusbüchern obliegen”. Auch insoweit haben sie auf die Protokollnotiz Nr. 5 verwiesen. Damit haben sie aber zum Ausdruck gebracht, daß eine Höhergruppierung eines Gewandmeisters von der Erfüllung weiterer außerhalb der Definition für einen Gewandmeister liegenden Tätigkeitsmerkmalen abhängt. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb darauf hingewiesen, die Annahme eines größeren Aufgabenbereichs im Sinne von VergGr. Vb Fallgruppe 4 müsse deshalb die Bedeutung des in der VergGr. Vc Fallgruppe 4 genannten Aufgabenbereichs noch übersteigen. Anders läßt sich das Heraushebungsmerkmal “größerer Aufgabenbereich” in der nächst höheren VergGr. Vb Fallgruppe 4 nicht erklären.

Der Senat hat im übrigen aus der Kumulierung von Tätigkeiten eines Sozialarbeiters, die jede für sich nach der Protokollnotiz Nr. 12 Buchst. a – d schwierige Tätigkeiten im Sinne der VergGr. IVb Fallgruppe 16 sind, nicht den Schluß gezogen, die Tätigkeit eines solchen Sozialarbeiters sei durch besondere Schwierigkeit im Sinne der VergGr. IVa gekennzeichnet (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 23. August 1995 – 4 AZR 341/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

VII. Der Kläger hat selbst nichts dafür vorgetragen, welche zusätzlichen Tätigkeiten er über die in der Protokollnotiz Nr. 5 hinaus genannten ausübt. Solche können insbesondere nicht darin gesehen werden, daß der Kläger an einer der größeren Bühnen des deutschen Repertoiretheaters tätig ist und sich seine Tätigkeit neuerdings auch auf das Tanztheater in der V… bezieht. Allein die Tätigkeit an einer größeren Bühne oder die Tätigkeit an einer Bühne des Repertoiretheaters, das auch Tanztheater aufführt, besagt nichts über die Größe des Aufgabenbereichs der dort tätigen Gewandmeister. Dieser kann größer sein als normal, er kann aber genausogut auch normal sein. Hierzu hätte der Kläger im einzelnen darlegen müssen, inwiefern sich seine Tätigkeit aus der eines normalen Gewandmeisters heraushebt, zumal er selbst vorträgt, er sei allein für die Herrenabteilung zuständig und neben ihm sei ein weiterer Gewandmeister tätig.

Das gleiche gilt für die Ausführungen der Revision, soweit sie darauf abhebt, der Kläger sei vor der Einstellung der Kostümdirektorin auch für die Beschaffung der Materialien für die Anfertigung der Kostüme zuständig gewesen. Auch insoweit legt der Kläger nicht dar, inwiefern die Beschaffung und Abrechnung von Materialien für die Herstellung von Kostümen über eine Normaltätigkeit des Gewandmeisters hinausreicht. Der Kläger einer Eingruppierungsklage hat aber diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluß möglich ist, er erfülle die im Einzelfall für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehenen Qualifizierungen. Deshalb reicht zum schlüssigen Vortrag jedenfalls dann, wenn der Kläger das Heraushebungsmerkmal des “größeren Aufgabenbereichs” für sich in Anspruch nimmt, eine genaue Darstellung seiner eigenen Tätigkeit nicht aus (BAGE 34, 158, 167 f. = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Allein aus der Betrachtung der Tätigkeit des Klägers sind nämlich noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich durch einen “größeren Aufgabenbereich” aus der VergGr. VIb Fallgruppe 4 BAT-O heraushebt. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den unter diese Vergütungsgruppe fallenden nicht herausgehobenen Tätigkeiten und setzt damit einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus (BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 47/93 – AP Nr. 173 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zu B II 3b der Gründe = ZTR 1994, 203). Insoweit hätte es aber der Darlegung zunächst des Aufgabenbereichs oder der Tätigkeit eines “normalen” Gewandmeisters bedurft und daran anschließend der Darlegung, inwieweit sich die Aufgaben des Klägers aus diesem normalen Tätigkeitsbereich herausheben. Alles dies hat der Kläger nicht getan.

Die vom Kläger insoweit erhobenen Verfahrensrügen greifen deshalb nicht durch.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Bott, Schneider, Hecker, Fieberg

 

Fundstellen

Haufe-Index 875292

NZA 1996, 1328

AfP 1997, 483

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