Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeitbeschäftigte Lehrerin

 

Normenkette

BeschFG 1985 § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1-2; BGB §§ 134, 305, 611, 612 Abs. 2; BAT (Fassung bis zum 31. Dezember 1987) § 3 Buchst. q; TVG § 1 Auslegung; ZPO § 145 Abs. 1, § 300

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 22.11.1988; Aktenzeichen 13 Sa 880/88)

ArbG Verden (Aller) (Urteil vom 20.04.1988; Aktenzeichen 1 Ca 273/87)

 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. November 1988 – 13 Sa 880/88 – wird zurückgewiesen, soweit das Landesarbeitsgericht über die anteiligen monatlichen Vergütungsansprüche entschieden hat.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

3. Der Streitwert wird für den entschiedenen Teil festgesetzt auf 12.000,– DM.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. Februar 1986 anteilige Vergütung nach der VergGr. II a BAT sowie anteilige Sonderzuwendung und anteiliges Urlaubsgeld nach dem BAT zu zahlen.

Die am 12. Januar 1952 geborene Klägerin, die das zweite Staatsexamen abgelegt hat, unterrichtet aufgrund des schriftlichen Dienstvertrages vom 15. September 1981 seit dem 13. August 1981 beim beklagten Land an den Berufsbildenden Schulen in O. als teilzeitbeschäftigte Lehrerin in wissenschaftlichen Fächern. Der ursprünglich befristete Dienstvertrag ist durch gerichtlichen Vergleich vom 23. Juni 1982 auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Nach einer Beurlaubung für die Zeit vom 15. Oktober 1983 bis zum 31. Januar 1986 zur Ausübung eines Mandats in der Bremischen Bürgerschaft ist die Klägerin seit dem 1. Februar 1986 wieder an der Schule tätig.

Nach § 6 des Dienstvertrages regelt sich das Dienstverhältnis nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und dem Runderlaß des Niedersächsischen Kultusministers vom 17. Mai 1977 (Nds. MBl. S. 574). In § 3 des Dienstvertrages ist die Zahl der von der Klägerin zu erteilenden Unterrichtsstunden auf zwölf festgelegt. Vergleichbare vollzeitbeschäftigte Lehrer hatten zunächst 25, seit dem 1. August 1986 haben sie 24,5 Unterrichtsstunden die Woche zu erteilen. Die Vergütung der Klägerin wurde bis zum 31. Dezember 1987 nach Jahreswochenstunden gezahlt. Danach belief sich die monatliche Vergütung der Klägerin auf 1.386,– DM brutto. Ab 1. Januar 1988 erhält die Klägerin anteilige Vergütung nach der VergGr. III BAT.

Die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis nach dem BAT beschäftigten Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen in Niedersachsen richtet sich nach dem Runderlaß des Niedersächsischen Kultusministers vom 11. April 1986 (Nds. MBl. S. 424); vorher waren maßgeblich die Runderlasse vom 23. Februar 1983 (Nds. MBl. S. 422) und vom 11. Juni 1980 (Nds. MBl. S. 873). Danach sind Lehrkräfte an Berufsbildenden Schulen mit der Befähigung für eine Lehrerlaufbahn des höheren Dienstes oder mit einem für die auszuübende Unterrichtstätigkeit geeigneten abgeschlossenen Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule in die VergGr. II a BAT einzustufen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Vergütung nach Jahreswochenstunden liege unter Berücksichtigung der Zuwendungen und des Urlaubsgeldes um 1.034,34 DM brutto monatlich niedriger als eine anteilige Vergütung nach der VergGr. II a BAT. Diese Schlechterstellung für Teilzeitkräfte sei rechtsunwirksam. Da von ihr überwiegend weibliche Angestellte betroffen würden, stelle sie eine Verletzung des Art. 119 des EWG-Vertrages dar. Die Vergütungsregelung verstoße aber auch gegen § 2 BeschFG 1985. Überdies sei sie sittenwidrig. Eine sachliche Begründung für die unterschiedlichen Vergütungsregelungen bei Vollzeitkräften und Teilzeitkräften sei nicht gegeben.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

  1. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an sie vom 1. Februar 1986 bis zum 31. Juli 1986 eine Vergütung von 12/25 und ab 1. August 1986 eine Vergütung von 112/24,5 der vollen Vergütung der VergGr. II a BAT zu zahlen abzüglich der erhaltenen Vergütung sowie 4 % Zinsen auf die jeweiligen monatlichen Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger monatlicher Fälligkeit und
  2. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab 1. Februar 1986 die anteilige Sonderzuwendung und das anteilige Urlaubsgeld entsprechend dem BAT zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat unter Vortrag von statistischen Daten bestritten, daß überwiegend weibliche Angestellte im Schuldienst durch die Teilzeitregelungen betroffen werden. Weiter hat es vorgetragen, die für die vereinbarte Arbeitsleistung der Klägerin getroffene Vergütungsabrede sei rechtswirksam. Das Differenzierungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG werde nicht verletzt. Die Klägerin werde nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandelt. Hierfür bestünden vielmehr sachliche Gründe. Lehrkräfte mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit seien nämlich weit geringer einzusetzen als vollbeschäftigte Lehrkräfte. Diese stünden nur mit geringer Stundenzahl zur Verfügung und seien deshalb für Vertretung und sonstige Tätigkeiten außerhalb des eigentlichen Unterrichts nur begrenzt oder gar nicht einsetzbar. Schließlich stehe der Klägerin in Anwendung des Runderlasses des Niedersächsischen Ministers der Finanzen über die Absenkung der Eingangsbesoldung der Angestellten des öffentlichen Dienstes vom 2. März 1984 (Nds. MBl. S. 332) in Verbindung mit dem Runderlaß vom 20. Februar 1985 (Nds. MBl. S. 188) seit dem 1. Januar 1988 nur eine Vergütung nach VergGr. III BAT zu.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des beklagten Landes, mit der es die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts erstrebt. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, daß das beklagte Land verpflichtet sei, ihr ab 1. Februar 1986 die anteilige Sonderzuwendung und das anteilige Urlaubsgeld nach dem BAT zu gewähren, hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 145 Abs. 1 ZPO aus Gründen der Geschäftsverteilung abgetrennt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision wegen der anteiligen monatlichen Vergütungsansprüche der Klägerin, über die vorliegend allein zu entscheiden ist, hat keinen Erfolg.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Vergütungsabrede der Parteien im Dienstvertrag vom 15. September 1981 verstoße gegen das Differenzierungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und sei daher mit Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB nichtig geworden. Dem ist beizupflichten.

1. Nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigen Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Die Bestimmung will Teilzeitarbeit arbeitsrechtlich grundsätzlich ebenso absichern wie Vollzeitarbeit (BT-Drucks. 10/2102 S. 16). Dabei ist eine unterschiedliche Behandlung nicht nur bei einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers möglich. Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich vielmehr auch auf vertragliche Regelungen. „Behandlung” bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserhebliches Handeln des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern. Das ist nicht nur in der Gestalt einseitiger Maßnahmen möglich, sondern auch in der Gestalt vertraglicher Vereinbarungen. Die „Behandlung” betrifft den Inhalt des rechtserheblichen Handelns des Arbeitgebers. Einseitige Maßnahmen oder Verträge stellen dagegen nur die äußere Form dar, in der dieses Handeln seinen Niederschlag findet. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 erfaßt danach auch vertragliche Regelungen (im Ergebnis wie hier Wlotzke, NZA 1984, 217, 218; Löwisch, BB 1985, 1200, 1203; anders dagegen von Hoyningen-Huene, NJW 1985, 1801, 1803).

§ 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gilt nicht nur für Verträge, die nach seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind, sondern auch für solche, die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestanden haben. Im letzten Fall allerdings wirkt die Bestimmung nicht zurück, sondern erst vom 1. Mai 1985 ab (vgl. nur GK-TzA-Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG 1985 Rz 122).

Eine unterschiedliche Behandlung der Teilzeitarbeit ist nur zulässig, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen. Hierzu werden gerechnet Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung, soziale Lage oder unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen (vgl. die Beispielaufzählung im Regierungsentwurf BT-Drucks. 10/2102, S. 24). Der unterschiedliche Umfang der Arbeitsleistung allein jedenfalls ist kein ausreichender sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung (so bereits BAG Urteil vom 6. April 1982, BAGE 38, 232, 241 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 1 b der Gründe; an diese Entscheidung lehnt sich die gesetzliche Regelung an: Wlotzke, aaO, S. 218; Löwisch, aaO, S. 1203).

2. Mit dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes (1. Mai 1985) verstößt die im Anstellungsvertrag der Klägerin vom 15. September 1981 getroffene Vergütungsabrede gegen das Differenzierungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und ist daher nach § 134 BGB nichtig. Diese Rechtsfolge wirkt sich für die Klägerin allerdings erst für die Zeit ab 1. Februar 1986 aus, da sie vom 15. Oktober 1983 bis zum 31. Januar 1986 beurlaubt war.

Die Klägerin erhielt vom beklagten Land bis zum 31. Dezember 1987 eine monatliche Vergütung, die sich nach einem Einzelstundensatz berechnete. Diese Vergütung lag im Vergleich zu der Vergütung vollzeitbeschäftigter Lehrer erheblich niedriger. Damit ist eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin gegenüber einem vollzeitbeschäftigten Lehrer im Angestelltenverhältnis gegeben. Sachliche Gründe hierfür bestehen nicht. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen hinsichtlich der fachlichen Qualifikation eines Lehrers in wissenschaftlichen Fächern. Daß ihre Arbeitsleistung hinter der zu fordernden Norm zurückbleibe, hat das beklagte Land nicht dargelegt. Auch der Umstand, daß die Tätigkeit der Klägerin vom beklagten Land – durch Verweisung im Anstellungsvertrag auf den Runderlaß des Niedersächsischen Kultusministers vom 17. Mai 1977 – als nebenberuflicher Unterricht verstanden wird, kann nicht als sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung anerkannt werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt und die Parteien haben nicht vorgetragen, daß die Klägerin bis zum 31. Dezember 1987 außer dem Unterricht im Dienst des beklagten Landes noch einer anderen Tätigkeit als Haupttätigkeit nachgegangen ist. Daraus ergibt sich, daß die vertraglich übernommene Arbeitsleistung für die Klägerin die wesentliche berufliche Tätigkeit war. Allerdings mag die Klägerin, was ihre Einsatzmöglichkeiten angeht, weniger gut verwendbar gewesen sein als vollzeitbeschäftigte Lehrer. Der Grund hierfür lag aber in ihrer Teilzeitbeschäftigung und der daraus folgenden geringeren Anwesenheitspflicht. Daß die fachliche Qualifikation ihres Unterrichts dadurch gemindert worden sei, hat das beklagte Land nicht dargelegt.

II. An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, daß nach § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 von § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 durch Tarifvertrag auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann und daß § 3 Buchst. q BAT (in der bis zum 31. Dezember 1987 maßgeblichen Fassung) bestimmt, der BAT gelte nicht für Angestellte mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten. Denn diese Tarifregelung stellt keine „abweichende tarifvertragliche Bestimmung” im Sinne des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 BeschFG 1985 dar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Bereich der Lehrervergütung überhaupt davon gesprochen werden kann, daß eine tarifliche Regelung über die Vergütung besteht. Denn nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen des BAT gelten diese nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind (vgl. zur Abgrenzung BAGE 47, 61, 65 = AP Nr. 95 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Jedenfalls fallen Lehrer an allgemeinbildenden Schulen unter diese Ausnahmeregelung. Die Vergütungssätze des BAT werden jedoch durchweg in allen Ländern einzelvertraglich durch Bezugnahme auf Vergütungsrichtlinien oder Erlasse entsprechend vereinbart. Damit ist die Rechtsgrundlage für die Vergütung bei Lehrern generell der Arbeitsvertrag (vgl. dazu BAG Urteil vom 25. November 1987 – 4 AZR 386/87 – AP Nr. 23 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, m. w. N.).

1. Das Motiv für die Öffnungsklausel des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 liegt hier wie allgemein (vgl. zur allgemeinen Bedeutung der Öffnungsklausel: Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., Einl. Rz 107) darin, daß die Tarifvertragsparteien sachlich gerechtfertigte Ausnahmebestimmungen zu den gesetzlichen Regelungen, insbesondere branchenspezifische Regelungen, besser als der Gesetzgeber treffen können und dabei auch die Schutzinteressen der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen (Regierungsentwurf BT-Drucks. 10/2102, S. 26). Neben der Sachnähe der Tarifvertragspartner spielt stets der Gesichtspunkt des Arbeitnehmerschutzes eine besondere Rolle. Daher sind tarifvertragliche Abweichungen im allgemeinen nur unter Beachtung des dem Gesetz zugrunde liegenden Schutzgedankens möglich und bedeuten nur Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Einzelausformung (Wiedemann/Stumpf, aaO, Rz 115). Der Wille der Tarifvertragsparteien, von den ihrer freien Verfügung zugänglichen Vorschriften des Gesetzes zuungunsten des Arbeitnehmers abzuweichen, muß aus der tariflichen Regelung eindeutig hervorgehen. Denn der weitergehende Vorrang der Tarifautonomie vor den Bestimmungen des Gesetzes ist nur dann für das Arbeitsleben tragbar, wenn er mit gesetzestechnischen klaren Regelungen verbunden ist. Bei verbleibenden Zweifeln muß schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen an der gesetzlichen Regelung festgehalten werden (so Senatsurteil vom 10. August 1967 – 5 AZR 81/67 – AP Nr. 9 zu § 13 BUrlG; vgl. ferner Senatsurteil vom 8. Juni 1977 – 5 AZR 97/76 – AP Nr. 13 zu § 11 BUrlG sowie Senatsurteil vom 21. April 1966 – 5 AZR 510/65 – AP Nr. 3 zu § 7 BurlG, zu 1 der Gründe).

2. Im öffentlichen Dienst sind die Arbeitsbedingungen der Angestellten mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit tarifvertraglich nicht geregelt, da der BAT diesen Kreis von Arbeitnehmern aus seinem Geltungsbereich ausschließt (§ 3 Buchst. q BAT in der bis zum 31. Dezember 1987 maßgeblichen Fassung). Hierauf hat im Gesetzgebungsverfahren der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf hingewiesen (BT-Drucks. 10/2102, S. 35). Er hat dazu vorgeschlagen, dem § 6 Abs. 1 nach Satz 1 einen Satz 2 mit folgendem Inhalt anzufügen:

„Abweichungen zuungunsten des Arbeitnehmers sind auch dann zulässig, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer vom Geltungsbereich eines Tarifvertrages ausgenommen sind.”

Demgegenüber hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung den Standpunkt vertreten, wenn ein Tarifvertrag Arbeitnehmer unterhalb einer bestimmten Arbeitszeit von seinen Regelungen ausnehme, was auch in Form einer Ausnahme vom (persönlichen) Geltungsbereich des Tarifvertrages bestimmt sein könne, liege darin eine abweichende Regelung im Sinne des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985. Bei einer tarifvertraglich bestimmten Abgrenzung könne überdies davon ausgegangen werden, daß sie durch sachliche Gründe i. S. des § 2 Abs. 1 gerechtfertigt sei (vgl. BT-Drucks. 10/2102, S. 41).

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung ist in das Gesetz nicht aufgenommen worden. Dadurch ist aber die Auffassung der Bundesregierung nicht zum maßgeblichen Kriterium für die Auslegung von § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 geworden. Denn maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe (oder einzelner ihrer Mitglieder) über die Bedeutung der Bestimmung (so BVerfGE 1, 299, 312).

Nach § 3 Buchst. q BAT (in der Fassung bis zum 31. Dezember 1987) gilt der BAT nicht für Angestellte, deren arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige Arbeitszelt weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten beträgt. Diese Tarifregelung nimmt bestimmte teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages aus und entzieht ihnen damit den tarifvertraglichen Schutz. Daraus folgt, daß ihre Rechtsverhältnisse nach den Grundsätzen der Privatautonomie (§ 305 BGB) geregelt werden können. Die Herausnahme aus dem Schutz des Tarifvertrages bedeutet aber keine „abweichende tarifvertragliche Bestimmung” zuungunsten des Arbeitnehmers gegenüber dem Verbot der unterschiedlichen Behandlung nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985. Die Herausnahme aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages schafft für sich allein genommen noch keine abweichende Regelung für den herausgenommenen Personenkreis. Es fehlt an jeder Rechtsnorm, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen i. S. von § 1 Abs. 1 TVG regelt. Das Fehlen einer Regelung ist aber keine Regelung. Wenn jede rechtstechnische Ausformung einer abweichenden Regelung durch Tarifvertrag fehlt, muß für den ausgenommenen Personenkreis, dem jeder tarifvertragliche Schutz entzogen ist, nach wie vor die gesetzliche Regelung gelten.

Diese Überlegung wird durch die in § 6 Abs. 2 Satz 1 BeschFG 1985 enthaltene Regelung unterstützt. Nach der genannten Bestimmung gelten im Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Absatz 1 die abweichenden tariflichen Regelungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung der für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen ihnen vereinbart ist. Hieraus folgt, daß der Gesetzgeber von der Vorstellung ausgegangen sein muß, mit der vereinbarten Anwendung von abweichenden tariflichen Bestimmungen werde der Arbeitsvertrag inhaltlich gestaltet. Das ist aber nur denkbar, wenn die tarifliche Regelung Inhaltsnormen aufweist. Eine abweichende Regelung, die nur dahin geht, die Anwendung tariflicher Normen auszuschließen, kann weder eine Regelung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 noch nach § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 darstellen (anders Berger-Delhey, ZTR 1989, 299, 300 ff.).

III. 1. An die Stelle der entfallenen Vergütungsregelung tritt die nach § 612 Abs. 2 BGB zu bestimmende übliche Vergütung (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1960 – 5 AZR 426/58 – AP Nr. 2 zu § 138 BGB, zu III 2 der Gründe). Es entspricht der Übung im öffentlichen Dienst, tarifvertragliche Regelungen ohne Rücksicht auf Verbandszugehörigkeit der Arbeitnehmer anzuwenden (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1984 – 4 AZR 146/82 – AP Nr. 2 zu § 21 MTL II, zu II eingangs der Gründe). Daher ist im öffentlichen Dienst als die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB die tarifliche Vergütung anzusehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 1960 – 5 AZR 427/59 – AP Nr. 21 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche, zu 6 der Gründe m. w. N.). Dabei darf nicht zwischen Vollzeitbeschäftigten und in geringerem Umfang beschäftigten Arbeitnehmern unterschieden werden. Dem Umstand, daß mit den letzteren üblicherweise erheblich niedrigere Vergütungen vereinbart werden, kann wegen des Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 keine Bedeutung zukommen.

2. Bei angestellten Lehrern bestimmt sich die übliche Vergütung aufgrund ministerieller Erlasse mittelbar nach der (unmittelbar nicht geltenden) Anlage 1 a zum BAT. Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen mit der Qualifikation und der Tätigkeit der Klägerin werden in die VergGr. II a BAT eingestuft (vgl. nur RdErl. des Niedersächsischen Kultusministers über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis nach dem BAT beschäftigten Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen vom 11. Juni 1980, Nds. MBl. S. 873, 878). Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt und ausgeführt.

3. Ab 1. Januar 1988 erhält die Klägerin anteilige Vergütung nach der VergGr. III BAT. Ihr steht jedoch von diesem Zeitpunkt ab anteiliges Gehalt nach der Gruppe II a BAT zu, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Runderlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen über die Absenkung der Eingangsbesoldung der Angestellten des öffentlichen Dienstes vom 2. März 1984 (Nds. MBl. S. 332) findet auf die Rechtsbeziehungen der Parteien keine Anwendung. Denn dieser Erlaß erfaßt nur Dienstverträge, die nach dem 1. Januar 1984 abgeschlossen worden sind. Der Vertrag der Klägerin datiert jedoch bereits vom 15. September 1981. Er fällt daher nicht unter die Absenkungsregelungen.

IV. Nach der Trennung war durch Endurteil (§ 300 ZPO) zu entscheiden (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 145 Rz 19). Demgemäß hatte auch eine Kostenentscheidung (§ 91 ZPO) zu ergehen und war weiter der Streitwert für den entschiedenen Teil neu festzusetzen (§ 61 Abs. 1 ArbGG).

 

Unterschriften

Dr. Thomas, Dr. Gehring, Olderog, Liebsch, Werner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI965014

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