Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang im Dienstleistungsgewerbe

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zu 2 AZR 172/90

 

Normenkette

BGB § 613a; ZPO §§ 67, 72, 74, 308

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Urteil vom 17.11.1989; Aktenzeichen 4 Sa 72/89)

ArbG Bremen (Urteil vom 07.02.1989; Aktenzeichen 3 Ca 3287/88)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 17. November 1989 – 4 Sa 72/89 – aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 7. Februar 1989 – 3 Ca 3287/88 – wird zurückgewiesen, soweit es über den Feststellungsantrag und die Kosten entschieden hat.

3. Die Beklagte trägt auch die Kosten der Berufung und der Revision einschließlich der Kosten der Nebeninterveniention.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger war seit 1. November 1981 bei der Beklagten beschäftigt; er wurde an zehn Stunden pro Woche im wesentlichen als Spülhilfe in der Zentralspüle des Zentralkrankenhauses (ZKH) St.-Jürgen-Straße in Bremen eingesetzt. Auf Wunsch des ZKH wurden in Spitzenzeiten der Essensverteilung auch gelegentlich zwei Mitarbeiter der Beklagten aus der Spülküche am Essensverteilstand des ZKH eingesetzt, allerdings in der Regel nicht länger als für eine halbe Stunde pro Tag.

Die Beklagte befaßt sich u.a. mit der Erledigung von Reinigungsarbeiten für andere Auftraggeber und war dem ZKH in unterschiedlichen Reinigungsbereichen vertraglich verbunden. Dazu gehörte u.a. aufgrund eines Bestellscheins vom 11. August 1987 das Betreiben der Zentralspüle im ZKH mit eigenen Arbeitskräften, wobei gegenüber dem ZKH nach effektiv geleisteten Arbeitsstunden abgerechnet wurde (Angebot der Beklagten vom 25. Juni 1987). Diesen Auftrag kündigte das ZKH der Beklagten mit Ablauf des 31. Juli 1988 auf und vergab mit Wirkung vom 1. August 1988 die Arbeiten in der Zentralspüle an die Nebenintervenientin, ein Unternehmen, das mit der Beklagten im Wettbewerb steht. Auf eine Neuausschreibung hatte diese mit Schreiben des ZKH vom 21. Juli 1988 den Zuschlag erhalten; in einem detaillierten Leistungsverzeichnis ist genau festgelegt, welche konkreten Arbeiten zu erbringen sind.

Aufgabe der Beklagten und nachfolgend der Nebenintervenientin in der Zentralspüle des ZKH war insbesondere die Reinigung von Geschirr und Besteck. Dazu standen zwei fest installierte große Spülmaschinen – Geschirrspülbandanlagen – ebenso zur Verfügung wie eine automatische Dosieranlage für das Geschirrspülmittel, die im Eigentum des ZKH stehen. Das verunreinigte Geschirr wird von den einzelnen Gebäudetrakten des ZKH mit LKW's zur Zentralspüle angefahren; das schmutzige Geschirr ist hierbei auf Speisetransportwagen gestapelt, die von den LKW's über eine Rampe im Gebäudeteil der Zentralspüle entladen werden, wobei das schmutzige Geschirr auf das Spülband gestapelt wird, die Geschirrspülbandanlage durchläuft und in sauberem Zustand wieder auf sogenannte Geschirrständerwagen gestapelt wird. Die Beklagte und später die Nebenintervenientin benutzten für die Bodenreinigung in der Zentralspüle eigene Schrubber bzw. Wasserschieber sowie eigene Bodenreinigungsmittel.

Mit Schreiben vom 29. Juli 1988 teilte die Beklagte u.a. dem Kläger mit, der Auftrag des ZKH sei gekündigt worden, er möge sich am 1. August 1988 an seinem Arbeitsplatz einfinden und die Arbeit unter der Leitung der Nebenintervenientin aufnehmen. Nachdem diese die Annahme der klägerischen Dienste ablehnte, teilte die Beklagte dem Kläger in einem weiteren Schreiben vom 4. August 1988 mit, nach ihrer Auffassung läge ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB auf die Nebenintervenientin vor; wie bei einem Pächteraustausch wechsele das Zentralkrankenhaus lediglich die Dienstleistungsfirmen.

Der Kläger hat mit der am 19. August 1988 beim Arbeitsgericht Bremen eingegangenen Klage den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegenüber der Beklagten geltend gemacht und zunächst auch die spätere Nebenintervenientin auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses sowie Beschäftigung verklagt. Insofern ist die Klage mit Schriftsatz vom 3. Januar 1988 gegen die Nebenintervenientin zurückgenommen worden, wobei dieser gleichzeitig der Streit verkündet wurde; die Streitverkündete ist auf Seiten des Klägers dem Rechtsstreit beigetreten.

Der Kläger hat erstinstanzlich zunächst die Auffassung vertreten, es liege ein Betriebsübergang von der Beklagten auf die Nebenintervenientin vor; er hat in dem Schreiben der Beklagten vom 29. Juli 1988 eine Kündigung gesehen, hat diese Kündigungsklage allerdings später auf Feststellung eines über den 31. Juli 1988 hinaus bestehenden Arbeitsverhältnisses umgestellt; er wolle sich der von der Beklagten vertretenen Auffassung über den Betriebsübergang nicht verschließen.

Die Nebenintervenientin hat vorgetragen, es gebe keinerlei rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zwischen ihr und der Beklagten, sie habe keinen bestehenden Betrieb übernommen, was sich auch aus der detaillierten Auftragserteilung ergebe.

In der Berufungsinstanz hat der Kläger weiter geltend gemacht, er als einfacher Arbeiter sei nicht in der Lage gewesen zu beurteilen, ob die schriftliche Aufforderung der Beklagten vom 29. Juli 1988 zur Weiterarbeit bei der Nebenintervenientin inhaltlich falsch gewesen sei. Seine vorsorgliche Klage ändere nichts daran, daß ein Betriebsübergang tatsächlich vorgelegen habe; deshalb könne einem solchen auch nicht widersprochen werden; wenn das Arbeitsverhältnis nicht übergehe, bestehe insofern auch kein Handlungsbedarf.

Der Kläger hat – soweit in der Revisionsinstanz noch von Belang – beantragt

festzustellen, daß zwischen ihm und der Beklagten über den 31. Juli 1988 hinaus ein Arbeitsverhältnis bestehe.

Die Beklagte hat mit ihrem Klageabweisungsantrag geltend gemacht, sämtliche Einrichtungsgegenstände sowie die Räume der Zentralspüle seien unverändert von der Nebenintervenientin übernommen worden, was insoweit unstreitig ist. Zwar lasse ihr eigenes Vertragsverhältnis zum ZKH mehr Raum für unternehmerische Entscheidungen, doch blieben auch der Nebenintervenientin noch genug Dispositionsmöglichkeiten. Die Zentralspüle sei ein absonderungsfähiger, eigener Betrieb gewesen, der auf die Nebenintervenientin übergegangen sei; dies ergebe sich aus dem Übergang des Nutzungsrechtes an dem separaten Gebäudeteil, der Geschirrspülanlage und den sonstigen Betriebsmitteln.

Da der Kläger sich mit seinem Arbeitsangebot gegenüber der Nebenintervenientin der Auffassung zur Betriebsübernahme angeschlossen habe, könne in seiner Klageerhebung auch kein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gesehen werden. Tatsächlich sei es dem Kläger nach dem Inhalt seiner Klage nur um die Feststellung gegangen, wer Arbeitgeber sei; wenn der Kläger tatsächlich einem Betriebsübergang widersprochen hätte, sei diese Frage nicht prüfungsbedürftig gewesen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 7. Februar 1989 festgestellt, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe über den 31. Juli 1988 hinaus fort und die Beklagte müsse den Kläger in ihrem Unternehmen weiterbeschäftigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, selbst wenn von einem Betriebsübergang auszugehen sei, so habe der Kläger mit seiner Klageschrift dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Nebenintervenientin widersprochen. Davon abgesehen liege aber auch kein Betriebsübergang vor, denn die Verträge der Beklagten und der Nebenintervenientin mit dem ZKH unterschieden sich grundlegend; wegen der detaillierten Vorgabe sei die Nebenintervenientin gar nicht in der Lage gewesen, einen selbständigen Betrieb oder auch nur Betriebsteil „Zentralspüle” zu führen; dadurch sei die Identität des Betriebes nicht gewahrt und es fehle deshalb an einer Betriebsnachfolge.

Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger mit Unterstützung der Nebenintervenientin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Aufgrund des vom Landesarbeitsgericht für den Senat bindend festgestellten Sachverhalts (§ 561 ZPO) kann nicht von einem Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB ausgegangen werden; die Beklagte ist also nach wie vor Arbeitgeberin des Klägers.

A. Gegen die Zulässigkeit der Revision des Klägers bestehen keine Bedenken; auch die der Streithelferin ist indessen zulässig, obwohl sie nicht selbständig begründet worden ist.

Soweit die Streithelferin ihre selbständig am 8. Februar 1990 eingelegte Revision in der Folgezeit – im Unterschied zum Parallelprozeß – versehentlich nicht begründet hat, ist dies unschädlich, weil das Rechtsmittel des Streithelfers und das der Hauptpartei als einheitliches Rechtsmittel gilt. Dies findet seine Begründung darin, daß der Streithelfer nach §§ 72, 74 Abs. 1, 67 ZPO nicht Partei des Prozesses ist, sondern lediglich die Hauptpartei unterstützt (so BAG Urteil vom 17. August 1984 – 3 AZR 597/83 – AP Nr. 2 zu § 67 ZPO; BGH Urteil vom 15. Juni 1989 – VII ZR 227/88 – JZ 1989, 807, 808; BGH Urteil vom 28. März 1985 – VII ZR 317/84 – NJW 1985, 2480; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 47 IV 1, S. 266 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 16. Aufl., § 67 Rz 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 67 Anm. 3 A). Dies bewirkt, daß z.B. eine zugunsten der Hauptpartei erwirkte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch dem Streithelfer zugute kommt (BGH Urteil vom 26. März 1982 – V ZR 87/81 – NJW 1982, 2069). Liegt in Wirklichkeit nur ein Rechtsmittel vor, wenn Nebenintervenient und Hauptpartei jeweils selbständig Revision einlegen, so führt die Revisionsbegründung der Hauptpartei gleichzeitig zur Zulässigkeit der Revision des Streithelfers. Die Nebenintervenientin hat sich auch ausdrücklich dem Antrag des Klägers angeschlossen.

B. Die Revision ist auch begründet.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Es sei von einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB auf die Nebenintervenientin auszugehen, weil diese eine organisatorische Einheit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts übernommen habe. Diese sei in der Zentralspüle als räumlich-funktioneller Bereich zu sehen, weil diese insoweit abgrenzbar sei, als über ihre Führung – wie geschehen – getrennt vertraglich verhandelt werden könne. Es sei auch eine eindeutige Zuordnung der Arbeitsplätze möglich, weil der Kläger den Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Zentralspüle gehabt habe. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob diese als ein eigenständiger Betrieb angesehen werden könne, weil jedenfalls § 613 a BGB auch erfüllt sei, wenn lediglich ein Betriebsteil übergehe, wie dies hier der Fall sei. Dem stehe die unternehmerische Freiheit der Nebenintervenientin gegenüber der Beklagten durch die sehr detaillierte Vertragsgestaltung mit dem ZKH nicht entgegen. Denn es sei zumindest von einem Minimum an unternehmerischer Freiheit auch der Nebenintervenientin auszugehen. Andererseits blieben interne Beschränkungen und Vorgaben, denen ein Betriebsinhaber aufgrund seiner Rechtsbeziehungen zu Dritten unterliege, den Arbeitnehmern in der Regel verborgen; deshalb könnten diese schon aus Gründen der Rechtssicherheit keine Rolle spielen; auch könne sich der Grad der inneren Abhängigkeit je nach der Vertragsgestaltung ändern. Hiervon könne die Anwendung des § 613 a BGB aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abhängig gemacht werden. Die Nebenintervenientin betreibe die Zentralspüle auch auf eigene Rechnung; daß ihre unternehmerische Freiheit in der Vertragsbeziehung zum ZKH eingeschränkt worden sei, habe ihrer eigenen Entscheidung oblegen und sei auch Bestandteil ihrer Kalkulation gewesen, wozu auch die Art und Weise der Abrechnung gehöre. Bei alledem sei es auch nicht nur um die Erfüllung vereinbarter Dienste gegangen, sondern die Nebenintervenientin habe einen Teil des Gebäudes mit den zwei fest installierten großen Spülmaschinen und den weiteren Betriebsmitteln übernommen; diese Voraussetzung einschließlich ihrer Organisation der Arbeit zur Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes sei Teil der Firma der Beklagten und jetzt derer der Nebenintervenientin geworden. Entscheidend sei hierbei das Zusammenwirken dieser beiden Teile. Mit der Übernahme der Organisationseinheit und dem Nutzungsrecht an den Räumlichkeiten liege – auch wenn angesichts der unterschiedlichen Vertragsgestaltung mit dem ZKH keine völlige Identität mit dem Betriebsteil der Beklagten vorliege – doch eine Betriebsübernahme vor.

Dagegen könne von einem Widerspruch gegen den Betriebsübergang nicht ausgegangen werden; ein solcher Widerspruch sei in der Klageerhebung nicht zu sehen, weil es dem Kläger letztlich nur um die Feststellung der Arbeitgebereigenschaft gegangen sei. Sein ursprünglicher Weiterbeschäftigungsantrag gegen beide möglichen Arbeitgeber belege dies eindeutig. Die spätere Umstellung der Klage sei nicht wegen einer Entscheidung für einen bestimmten Arbeitgeber, sondern als Reaktion auf die Bedenken wegen der Zulässigkeit dieses Antrages erfolgt.

II. Dem kann nicht gefolgt werden; das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht in der Vergabe des Spülauftrages seitens des ZKH an die Streithelferin einen Betriebsübergang von der Beklagten auf die Streithelferin gesehen.

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Zulässigkeit der Feststellungsklage damit begründet, gerade im Falle einer behaupteten Betriebsübernahme diene ein solcher Klageantrag einer umfassenden Bereinigung des streitigen Rechtsverhältnisses. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. Januar 1988 – 2 AZR 480/87 – AP Nr. 72 zu § 613 a BGB, zu A der Gründe; siehe auch Hillebrecht, Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit § 613 a BGB, NZA 1989, Beil. 4, S. 8, 19).

2. Die Feststellungsklage ist auch sachlich begründet, weil die Beklagte mangels Betriebsübernahme durch die Nebenintervenientin nach wie vor Arbeitgeber des Klägers ist.

a) Soweit die Revision allerdings davon ausgeht, die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Bremen zum Betriebsübergang seien zutreffend und insoweit werde das Urteil nicht angegriffen, ist dies materiell und revisionsrechtlich unerheblich. Der Kläger kann dem Gericht nicht den Weg vorschreiben, auf dem es ihm zum Recht verhelfen soll. Denn das Gericht ist nur an die Anträge der Parteien gebunden (§ 308 ZPO), nicht jedoch an die vom Kläger genannten Anspruchsgrundlagen (BAG Urteil vom 13. Februar 1975 – 3 AZR 211/74 – AP Nr. 2 zu § 308 ZPO; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 308 Anm. 1 A b; Schwab/Rosenberg, a.a.O., § 78 II, S. 454 ff.; Thomas/Putzo, ZPO, 15. Aufl., § 308 Anm. 1 c; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 308 Rz 5).

Davon abgesehen hat die Nebenintervenientin das Vorliegen eines Betriebsübergangs bestritten. Zwar darf der Nebenintervenient sich mit Erklärungen oder Handlungen der Hauptpartei nicht in Widerspruch setzen, § 67 ZPO; es geht hier jedoch nicht um derartige Erklärungen oder Handlungen, sondern um Rechtsansichten. Da Kläger, Beklagte und Nebenintervenientin vom gleichen Sachverhalt ausgehen, hat das Gericht hieraus das Recht abzuleiten.

b) Aufgrund des vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalts liegt kein Betriebsübergang nach § 613 a BGB vor, ohne daß demnach noch darauf abzustellen ist, ob der Kläger einem Übergang des Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen hat und demnach auf diesem Wege zum gleichen Ergebnis käme (vgl. dazu Ziff. 5).

Zwar ist das Berufungsgericht im Ansatz von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, hat daraus aber für den vorliegenden Fall nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Dabei braucht nicht vertieft zu werden, ob die Zentralspüle als Betrieb oder wenigstens Betriebteil im Sinne der Bundesarbeitsgerichtsrechtsprechung (vgl. BAGE 48, 365, 371 = AP Nr. 42 zu § 613 a BGB, zu II 1 der Gründe; Urteil vom 29. November 1988 – 3 AZR 250/87 – NZA 1989, 425, zu I 1 der Gründe) anzusehen ist. Dies kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Die Nebenintervenientin hat nämlich einen solchen Betrieb oder Betriebsteil nicht übernommen; es sind keine sächlichen und/oder immateriellen Betriebsmittel von der Beklagten auf die Nebenintervenientin übergegangen.

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat für Handels- und Dienstleistungsbetriebe, deren Betriebsvermögen hauptsächlich aus Rechtsbeziehungen besteht, im Kundenstamm, den Kundenlisten, Geschäftsbeziehungen zu Dritten, im „Know how” und im „Good will” immaterielle Mittel gesehen, die einem Betriebsübergang zugänglich wären (BAGE 49, 102, 105 f. = AP Nr. 23 zu § 7 BetrAVG, zu I 1 b der Gründe; Senatsurteil vom 29. September 1988 – 2 AZR 107/88 – AP Nr. 76 zu § 613 a BGB), gegebenenfalls auch Geschäftsräume und Geschäftslage, sofern diese Bestandteile des Betriebes es ermöglichen, den bisherigen Kundenkreis zu halten und auf den neuen Betriebsinhaber überzuleiten (BAGE 53, 267, 272 f. = AP Nr. 58 zu § 613 a BGB, zu B II 3 b aa der Gründe). In der Entscheidung vom 29. September 1988 (a.a.O.) hat der Senat für Dienstleistungsbetriebe, die mit den Kunden längerfristige Dienst- oder Werkverträge abschließen – z.B. ein Bewachungsunternehmen – gefordert, in diesen Fällen setze die Überleitung der Beziehungen zu den gegenwärtigen Kunden in der Regel auch den Eintritt des Erwerbers in mit den Kunden bestehende Verträge voraus; darauf könne allenfalls dann verzichtet werden, wenn die Dienstleistungsverträge ohnehin ausliefen und der bisherige Betriebsinhaber in Verbindung mit der Übertragung von Betriebsmitteln die Kunden künftig zur Anwerbung durch den Erwerber „freigebe”.

bb) Die Bedeutung eines derartigen Vorbehalts braucht nicht weiter geklärt zu werden, weil eine solche Fallgestaltung nicht vorliegt. Zwischen der Beklagten und der Nebenintervenientin ist kein Vertrag geschlossen worden, der sich inhaltlich oder auch nur als mittelbare Rechtsfolge auf die Kundenbeziehungen der Beklagten beziehen könnte. Die Nebenintervenientin ist auch nicht in den zwischen der Beklagten und dem ZKH geschlossenen (Dienstleistungs-) Vertrag eingetreten. Dieser Vertrag ist vielmehr vom ZKH der Beklagten aufgekündigt worden und im Rahmen einer Neuausschreibung hat nicht die Beklagte, sondern die mit ihr in Konkurrenz stehende Nebenintervenientin den Zuschlag für die Arbeiten in der Zentralspüle erhalten. Es ist also ein neuer Vertrag zwischen dem ZKH und der Nebenintervenientin begründet worden, der sich zudem inhaltlich von demjenigen zwischen dem ZKH und der Beklagten unterscheidet. Der Vertrag mit der Nebenintervenientin enthält nämlich abgesehen von der neuen Preisgestaltung, in die eben die eigene Kalkulation der Nebenintervenientin eingeflossen ist, eine wesentlich detailliertere Auftragsbeschreibung. Dieser Vertrag hatte nicht die Übertragung von immateriellen Betriebsmitteln der Beklagten zum Gegenstand; durch ihn ist vielmehr erst – originär – die Kundenbeziehung der Nebenintervenientin zum ZKH hergestellt worden. Die Beklagte hat auch nicht ihre Kundenbeziehung zum ZKH an die Streithelferin weitergegeben oder zu deren Gunsten „freigegeben”. Es ist deswegen unerheblich, ob der Auftrag für das Betreiben der Zentralspüle für einen von der Beklagten im Krankenhaus abgrenzbaren organisatorischen Teilbereich früher etwa das „wesentliche Substrat” eines Betriebsteils gewesen ist, weil ein solches der Nebenintervenientin jedenfalls nicht übertragen worden ist.

cc) Es braucht deshalb nicht mehr erörtert zu werden, ob der Kläger als die für die Umstände des Betriebsübergangs darlegungs- und beweispflichtige Partei (BAGE 48, 345, 349 f. = AP Nr. 41 zu § 613 a BGB, zu II 2 der Gründe; BAG Urteil vom 10. November 1988 – 2 AZR 192/88 – unveröffentlicht; KR-Wolf, 3. Aufl., § 613 a BGB Rz 55) überhaupt ausreichend dazu vorgetragen hat, die Nebenintervenientin habe außer dem originär vom ZKH abgeleiteten Nutzungsrecht an den Räumlichkeiten, der Bandspül- und der Spülmitteldosieranlage irgendwelche Betriebsmittel unmittelbar von der Beklagten übernommen.

dd) Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten läßt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsübergang beim Pächterwechsel (BAGE 35, 104 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB), wonach ein Betriebsübergang auch dann vorliegen kann, wenn der „Erwerber” die für die Betriebsführung wesentlichen Mittel durch ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten oder durch eine Vielzahl von Rechtsgeschäften erhält, für die vorliegende Fallkonstellation nichts Ausschlaggebendes herleiten. Wie der Senat vielmehr schon im Falle der „Übernahme” eines Bewachungsauftrages entschieden hat (Urteil vom 29. September 1988 – 2 AZR 107/88 – zur Veröffentlichung bestimmt, zu A II 4 c der Gründe; ferner Urteil vom 30. November 1988 – 2 AZR 201/88 – nicht veröffentlicht, zu II 3 d der Gründe), hätte es neben der Überlassung der auch von der Nebenintervenientin genutzten Einrichtungsgegenstände einer Verbindung derselben mit immateriellen Betriebsmitteln bedurft, die vom ZKH im Einvernehmen mit der Beklagten auf die Nebenintervenientin hätten übertragen werden können. Daran fehlt es, so daß ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB nicht vorliegt.

3. Der Senat braucht daher nicht mehr (vgl. oben zu II 4 b) zu erörtern, ob bei Vorliegen eines Betriebsübergangs an der bisherigen Rechtsprechung (BAGE 26, 301 = AP Nr. 1 zu § 613 a BGB, BAG Urteile vom 17. November 1977 – 5 AZR 618/76 – AP Nr. 10 a.a.O. und vom 6. Februar 1980 – 5 AZR 275/78 – AP Nr. 21, a.a.O.) festgehalten werden kann, wonach bei einem Betriebsinhaberwechsel der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger widersprechen kann. Dem könnte die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom 5. Mai 1988 – Rechtssachen 144/87 und 145/87 – (EuGH Slg 1988, 2577) zu Art. 3 der Richtlinie 77/187 des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer beim Unternehmens- und Betriebsübergang (ABl.EG Nr. L 61, S. 26 vom 5. März 1977) entgegenstehen, der davon ausgeht, daß die Rechtsfolgen des Betriebsübergangs nicht von der Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers abhängen (vgl. dazu auch Meilicke, DB 1990, 1770). Mangels Vorliegens einer Betriebsübernahme im Sinne der genannten Richtlinie konnte der Senat ohne Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in der Sache selbst entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91, 91 a ZPO.

 

Unterschriften

Hillebrecht, Triebfürst, Bitter, Binzek, Holst

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073772

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