Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristetes Arbeitsverhältnis aus Haushaltsrecht - Lehrer

 

Orientierungssatz

Befristung des Arbeitsvertrages einer Lehrerin, die aus Haushaltsmitteln vergütet worden ist, die aufgrund des Mutterschaftsurlaubs von Stamm-Lehrkräften vorübergehend frei geworden sind.

 

Normenkette

BAT Anlage 2 y; BGB § 620; HG NW § 7 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.03.1988; Aktenzeichen 3 Sa 701/87)

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 26.03.1987; Aktenzeichen 3 Ca 3265/86)

 

Tatbestand

Die Klägerin besitzt die Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I für die Fächer Englisch, Geschichte und Politik. Sie besitzt auch die Lehrerlaubnis für evangelische Religion.

In der Zeit vom 22. November 1982 bis 14. Juni 1985 wurde die Klägerin vom beklagten Land mit jeweils mehrmonatiger Unterbrechung aufgrund von vier befristeten Arbeitsverträgen als Teilzeitlehrerin beschäftigt.

Am 6. August 1985 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag, nach dessen § 1 die Klägerin für die Zeit vom 15. August bis 18. Dezember 1985 mit 18 Wochenstunden als Zeitangestellte eingestellt wurde. Nach § 2 dieses Vertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und nach der Anlage SR 2y BAT-Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und Aushilfsangestellte. Der Befristungsgrund wird in § 2 dieses Vertrages wie folgt bezeichnet:

"Die Einstellung erfolgt für Frau Ursula

B , die Mutterschaftsurlaub in

Anspruch genommen hat."

Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 6. August 1985 wurde die Klägerin an der Realschule R als Lehrerin beschäftigt. Bei Frau Ursula B handelt es sich um eine an dieser Schule tätige Stamm-Lehrkraft.

Durch einen Änderungsvertrag vom 13. Dezember 1985 wurde der Arbeitsvertrag vom 6. August 1985 über den 18. Dezember 1985 hinaus bis zum 15. April 1986 verlängert. In § 1 dieses Vertrages wurde als Befristungsgrund angegeben:

"Die Weiterbeschäftigung erfolgt für den

Mutterschaftsurlaub von Frau Hildegard

K und ist deshalb befristet."

Aufgrund des Änderungsvertrages vom 13. Dezember 1985 wurde die Klägerin an der Realschule R als Lehrerin weiterbeschäftigt. Bei Frau Hildegard K handelt es sich um eine an einer anderen Schule tätige Stamm-Lehrkraft.

Durch einen weiteren Änderungsvertrag vom 14. April 1986 wurde der Arbeitsvertrag vom 6. August 1985 über den 15. April 1986 hinaus bis zum 23. Juli 1986 (Schuljahresende) verlängert. In § 1 dieses Vertrages wurde als Befristungsgrund angegeben:

"Die Weiterbeschäftigung erfolgt für den

Mutterschaftsurlaub Ingeborg S ,

Kr und ist deshalb

befristet."

Aufgrund dieses Änderungsvertrages wurde die Klägerin bis zum 23. Juli 1986 an der Realschule R als Lehrerin weiterbeschäftigt. Die an einer anderen Schule als Stamm-Lehrkraft tätige Lehrerin Ingeborg S befand sich vom 12. April bis 13. Dezember 1986 in Mutterschaftsurlaub.

Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Weiterhin hat die Klägerin die Verurteilung des beklagten Landes begehrt, sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung als Lehrerin mit 18 Unterrichtsstunden pro Woche weiterzubeschäftigen. Hierzu hat sie im wesentlichen vorgetragen, der letzte Arbeitsvertrag sei nicht wirksam befristet. Die vom beklagten Land als sachliche Rechtfertigung angeführte Mutterschaftsvertretung habe nicht vorgelegen. Sie sei nicht für die an einer anderen Schule beschäftigt gewesene Frau S eingesetzt worden. Sie habe vielmehr den Unterricht für den Lehrer Sch wahrgenommen, der mit Schreiben vom 3. Januar 1986 vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden sei. Der letzte Arbeitsvertrag sei allein aus haushaltsrechtlichen Erwägungen befristet worden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, daß zwischen den Parteien

ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht

und

2. das beklagte Land zu verurteilen, sie bis

zur rechtskräftigen Entscheidung über den

Antrag zu Ziffer 1 als Lehrerin mit 18

Unterrichtsstunden pro Woche weiterzube-

schäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Befristung des letzten Arbeitsvertrages sei wirksam. Die im Arbeitsvertrag vom 6. August 1985 genannte Lehrerin B sei von August bis 18. Dezember 1985 in Mutterschaftsurlaub gewesen und habe an derselben Schule wie die Klägerin unterrichtet. Diese Lehrerin habe die Klägerin vertreten. Im Dezember 1985 sei der Lehrer Sch erkrankt und mit Schreiben vom 3. Januar 1986 vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. Zur Abdeckung des dadurch entstandenen Bedarfs sei der Arbeitsvertrag der Klägerin am 13. Dezember 1985 und am 14. April 1986 verlängert worden. Die dafür erforderlichen Mittel seien aus Planstellen bereitgestellt worden, die wegen vorübergehender unbezahlter Beurlaubung der Stelleninhaber zeitweilig zur Verfügung gestanden hätten und nach dem Haushaltsrecht zur anderweitigen Verwendung freigegeben worden seien. Da für die Zeit vom 18. Dezember 1985 bis zum Ende des Schuljahres 1985/86 eine vorübergehend freie anderweitige Planstelle für die Klägerin nicht zur Verfügung gestanden habe, seien zwei Verlängerungsverträge erforderlich gewesen, für die die Mittel aus verschiedenen vorübergehend freien Planstellen bereitgestellt worden seien.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage in vollem Umfange stattgegeben.

Mit der Revision erstrebt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, denn das Arbeitsverhältnis hat aufgrund rechtswirksamer Befristung mit dem 23. Juli 1986 seine Ende gefunden.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht nur den zuletzt zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag vom 14. April 1986 einer Befristungskontrolle unterworfen.

1. Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Senats (BAGE 49, 73, 79, 80; 50, 298, 307; 51, 319, 323, 324 = AP Nr. 97, 100, 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG Urteil vom 21. Januar 1987 - 7 AZR 265/85 - AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule) ist bei mehreren aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu prüfen; ob die vorangegangenen Verträge wirksam befristet waren, ist grundsätzlich unerheblich. Durch den vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Des neuen Arbeitsvertrages hätte es nicht bedurft, wenn die Befristung des vorangegangenen Vertrages unwirksam gewesen wäre, sich die Parteien deshalb bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden hätten und sie dieses aufrechterhalten wollten. Ein unbefristetes und ein befristetes Arbeitsverhältnis mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen sich gegenseitig aus. Deshalb liegt in dem vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages zugleich notwendig die Auflösung eines früheren unbefristeten Arbeitsverhältnisses.

Will der Arbeitnehmer dieses Ergebnis vermeiden und sich seine Rechte aus einer etwaigen Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrages sichern, so muß er mit dem Arbeitgeber einen entsprechenden Vorbehalt dergestalt vereinbaren, daß der neue befristete Vertrag nur gelten soll, wenn die Parteien nicht schon aufgrund des vorangegangenen Vertrages in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen.

2. Im vorliegenden Fall haben die Parteien den Änderungsvertrag vom 14. April 1986 ohne eine solche Rechtsbedingung, die eine Prüfung der Befristung der vorangegangenen Verträge vom 13. Dezember und vom 6. August 1985 ermöglicht hätte, abgeschlossen. Die Parteien haben sich im Änderungsvertrag vom 14. April 1986 darauf beschränkt, die Dauer des bis zum 15. April 1986 befristeten Arbeitsverhältnisses auf das Ende des Schuljahres 1985/86 (23. Juli 1986) zu erstrecken. Im übrigen haben sie klargestellt, daß die im Arbeitsvertrag vom 6. August 1985 vereinbarten Arbeitsbedingungen auch für das durch den Änderungsvertrag vom 14. April 1986 begründete Arbeitsverhältnis auf Zeit maßgeblich sein sollen. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Änderungsvertrages vom 13. Dezember 1985 und ein befristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen sich gegenseitig aus. Deshalb liegt in dem vorbehaltlosen Abschluß des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 zugleich notwendig die Auflösung eines möglicherweise aufgrund des Änderungsvertrages vom 13. Dezember 1985 zustande gekommenen unbefristeten Arbeitsverhältnisses.

II. Gegen die Wirksamkeit der im Änderungsvertrag vom 14. April 1986 enthaltenen Befristung des Arbeitsverhältnisses bestehen keine tarifrechtlichen Bedenken.

Das Landesarbeitsgericht hat diese Frage nicht geprüft. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß es sich bei dem Änderungsvertrag vom 14. April 1986, der auf den Arbeitsvertrag vom 6. August 1985 Bezug nimmt, um einen untypischen Vertrag handelt, so ist das Revisionsgericht gleichwohl befugt, den Vertrag selbst auszulegen, weil das Berufungsgericht eine Auslegung unterlassen hat und besondere Umstände des Einzelfalles, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, nicht ersichtlich sind (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG Urteile vom 9. März 1972 - 5 AZR 246/71 - AP Nr. 12 zu § 622 BGB und vom 26. März 1986, BAGE 51, 319, 327 = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 3 b der Gründe).

In § 2 des Arbeitsvertrages vom 6. August 1985, auf den sich der Änderungsvertrag vom 14. April 1986 bezieht, ist die Anwendung des BAT und der SR 2y BAT vereinbart worden. Der Befristungsgrund wird in § 1 des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 wie folgt bezeichnet:

"Die Weiterbeschäftigung erfolgt für den

Mutterschaftsurlaub Ingeborg S ,

Kr und ist deshalb

befristet."

Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Welche Ausdrucksweise dabei zu verwenden ist, ist nicht vorgeschrieben. Nach Nr. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag des Zeitangestellten weiterhin die Frist anzugeben, mit deren Ablauf das Arbeitsverhältnis enden soll. Die Bestimmungen der Nr. 2 SR 2y BAT dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Regelung soll einem Streit der Parteien vorbeugen, welcher Grund für die Befristung maßgeblich war (vgl. BAG Urteil vom 31. Oktober 1974 - 2 AZR 483/73 - AP Nr. 39 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 der Gründe; BAGE 37, 283, 295 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 2 a der Gründe; BAGE 42, 203, 210 f. = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 5 der Gründe; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Februar 1988, SR 2y Nr. 2 Erl. 4 m.w.N.).

Im Entscheidungsfall ist den Vorschriften der Nr. 2 SR 2y BAT entsprochen worden, denn aus der im Änderungsvertrag vom 14. April 1986 enthaltenen Bezeichnung des Befristungsgrundes ergibt sich unter Berücksichtigung der den Parteien bei der Unterzeichnung des Vertrages bekannten Umstände mit der erforderlichen Eindeutigkeit, daß haushaltsrechtliche Erwägungen und nicht das Vorliegen einer "Aufgabe von begrenzter Dauer" oder das Vorliegen eines Vertretungsfalles den Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses darstellen sollen. Daß die Klägerin als Zeitangestellte i. S. der Nr. 1 Buchst. a und der Nr. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 SR 2y BAT vom beklagten Land weiterbeschäftigt worden ist, folgt mit der notwendigen Klarheit und Eindeutigkeit daraus, daß der Änderungsvertrag vom 14. April 1986 auf den Arbeitsvertrag vom 6. August 1985 Bezug nimmt. In § 1 des zuletzt genannten Vertrages haben die Parteien ausdrücklich geregelt, daß die Klägerin als "Zeitangestellte" befristet eingestellt werden soll. Durch die im Änderungsvertrag vom 14. April 1986 enthaltene Angabe, daß die Klägerin wegen des Mutterschaftsurlaubs der an einer anderen Schule beschäftigten Lehrerin S befristet weiterbeschäftigt werde, haben die Parteien hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die Vertragsverlängerung nicht aus Vertretungsgründen, sondern wegen der beurlaubungsbedingt vorübergehend freien Haushaltsmittel erfolgte.

Haben die Parteien somit im Änderungsvertrag vom 14. April 1986 vereinbart, daß die Klägerin als Zeitangestellte i. S. der Nr. 1 Buchst. a SR 2y BAT weiterbeschäftigt werden sollte, so war daher gemäß Nr. 2 Abs. 2 SR 2y BAT an sich nur die Frist anzugeben, mit deren Ablauf das Arbeitsverhältnis enden sollte. Dies ist in § 1 des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 geschehen.

III. Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, daß die im Änderungsvertrag vom 14. April 1986 vereinbarte Befristung dem Grunde nach aus haushaltsrechtlichen Gründen sachlich gerechtfertigt ist. Entgegen seiner Ansicht bestehen auch wegen der Dauer der Befristung keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Befristungsvereinbarung.

1. Zur Begründung seiner Auffassung hat das Landesarbeitsgericht im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Weiterbeschäftigung der Klägerin ab 14. April 1986 beruhe auf der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers des beklagten Landes, den Bestand der zu schaffenden zusätzlichen Lehrerarbeitsplätze an das Vorhandensein von durch Mutterschaftsurlaub frei gewordenen Mitteln zu knüpfen. Diese Entscheidung komme in § 7 des Haushaltsgesetzes NW 1985 zum Ausdruck, durch den § 47 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung für unanwendbar erklärt werde, der die Wiederbesetzung frei werdender Planstellen untersage, solange gleichartige als künftig wegfallend (kw) bezeichnete Planstellen noch im Haushalt ausgewiesen seien. Die Klägerin sei nach dem Änderungsvertrag vom 14. April 1986 auf eine gemäß § 7 des Haushaltsgesetzes NW 1985 für den vertraglich vereinbarten Befristungszeitraum zur Verfügung stehenden Stelle geführt worden. Es handele sich dabei um die Planstelle der für die Zeit vom 12. April bis 13. Dezember 1986 beurlaubten Lehrerin Ingeborg S von der Schule in Kr . Die Zuordnung dieser Planstelle zu dem Arbeitsplatz der Klägerin ergebe sich aus § 1 des Änderungsvertrages vom 14. April 1986.

Die somit dem Grunde nach sachlich gerechtfertigte Befristung des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 sei jedoch unwirksam, weil die gewählte Dauer der Befristung sachlich nicht gerechtfertigt sei. Die Befristungsdauer stehe mit dem sich aus haushaltsrechtlichen Erwägungen ergebenden Sachgrund nicht im Einklang. Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß die Lehrerin S jedenfalls bis zum 13. Dezember 1986 Mutterschaftsurlaub erhalten habe. Eine am Sachgrund orientierte und mit ihr im Einklang stehende Befristungsdauer habe daher bis zum 13. Dezember 1986 erstreckt werden müssen.

2. Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand.

a) Im Streitfall rechtfertigt sich die Befristung des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 daraus, daß die Haushaltsmittel, die die Weiterbeschäftigung der Klägerin erst ermöglichten, nur vorübergehend verfügbar waren. Die Weiterbeschäftigung der Klägerin aufgrund des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 wurde haushaltsrechtlich nur dadurch möglich, daß der Haushaltsgesetzgeber des beklagten Landes durch die Regelung in § 7 Abs. 4 Haushaltsgesetz NW 1986 (GVBl. S. 156) es der Schulverwaltung gestattete, Planstellen oder Stellen für Zeiträume, in denen den Stelleninhabern vorübergehend keine Dienstbezüge zu gewähren sind, für die Beschäftigung von Aushilfskräften in Anspruch zu nehmen. Diese von den Gerichten zu respektierende haushaltsrechtliche Entscheidung bedeutet, daß zusätzlicher, nicht durch die vorhandenen und einsetzbaren planmäßigen Lehrkräfte abzudeckender Unterrichtsbedarf nur befriedigt werden sollte, wenn und soweit hierfür Mittel aus Lehrerplanstellen zur Verfügung stehen, deren Inhaber Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen (§ 7 Abs. 4 Satz 2 Haushaltsgesetz NW 1986). Der Umstand, daß die infolge von Erziehungsurlaub eines Planstelleninhabers frei werdenden Haushaltsmittel jeweils nur befristet für die Dauer des im Einzelfall bewilligten Erziehungsurlaubs zur Verfügung stehen, kann es sachlich rechtfertigen, von der Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses mit den aus solchen nur vorübergehend verfügbaren Mitteln zu vergütenden Lehrkräften abzusehen und mit ihnen lediglich ein Arbeitsverhältnis auf Zeit zu begründen.

Im Streitfall wurde die Lehrerin Ingeborg S lt. Bescheid vom 6. Mai 1986 "im Vorgriff auf die Rechtsverordnung über den Erziehungsurlaub für Beamte" bis zum 13. Dezember 1986 beurlaubt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin aus Haushaltsmitteln bezahlt worden ist, die aufgrund des Erziehungsurlaubs der Lehrerin S vorübergehend frei geworden sind. Die dargestellten haushaltsrechtlichen Erwägungen sind dazu geeignet, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin sachlich zu rechtfertigen.

b) Gegen das Vorliegen des sich aus haushaltsrechtlichen Erwägungen ergebenden Sachgrundes spricht auch nicht die aufgrund des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 vereinbarte Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Schuljahresende (23. Juli 1986).

Wie der Senat bereits im zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 26. August 1988 - 7 AZR 101/88 - ausgesprochen hat, bedarf es zur Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages außer einem sachlichen Grund für die Befristung nicht noch zusätzlich einer besonderen sachlichen Rechtfertigung auch der gewählten Dauer der Befristung. Die im Einzelfall vereinbarte Vertragsdauer hat nur Bedeutung im Rahmen der Prüfung des sachlichen Befristungsgrundes selbst; denn aus der vereinbarten Befristungsdauer lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, ob im konkreten Fall ein sachlicher Befristungsgrund überhaupt vorliegt oder ob ein solcher nur vorgeschoben ist. Überschreitet etwa die vereinbarte Vertragsdauer deutlich die bei Vertragsabschluß voraussehbare Dauer des Befristungsgrundes, so läßt sich die Vertragsdauer mit dem angegebenen Befristungsgrund nicht mehr erklären. Befristungsgrund und Befristungsdauer stehen dann nicht miteinander im Einklang, so daß der angegebene Befristungsgrund die vertraglich vereinbarte Befristung nicht zu tragen vermag. Dagegen ist das bloße Zurückbleiben der Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrundes nicht stets und ohne weiteres geeignet, den angegebenen Sachgrund für die Befristung in Frage zu stellen. Dies ist erst dann der Fall, wenn die vereinbarte Befristungsdauer derart hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrundes zurückbleibt, daß eine sinnvolle, dem Sachgrund der Befristung entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint.

In den Fällen der hier vorliegenden Art stellt der Zeitraum, in dem Mittel aus Lehrerplanstellen infolge von Erziehungsurlaub vorübergehend zur Verfügung stehen, die zeitliche Obergrenze für eine am Sachgrund der Befristung orientierte Dauer des Arbeitsverhältnisses dar. Ebenso wie in Vertretungsfällen (vgl. BAG Urteil vom 3. Oktober 1984 - 7 AZR 192/83 - AP Nr. 87 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, unter II 2 der Gründe) ist der Arbeitgeber aus kündigungsschutzrechtlichen Gründen jedoch nicht dazu verpflichtet, für den gesamten Zeitraum, in dem beurlaubungsbedingt Haushaltsmittel vorübergehend frei werden, Lehrkräfte befristet einzustellen.

Im Streitfall orientiert sich die im Änderungsvertrag vom 14. April 1986 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 23. Juli 1986 (Schuljahresende) an dem Sachgrund der Befristung, denn die Klägerin ist unstreitig in diesem Zeitraum aus Haushaltsmitteln vergütet worden, die aufgrund des Erziehungsurlaubs der Lehrerin S vorübergehend frei geworden sind. Die Dauer der Vertragsbeziehung widerspricht somit nicht dem Sachgrund der Befristung. Auf eine bestimmte Mindestvertragsdauer (etwa bis zum Ablauf des Erziehungsurlaubs der Lehrerin S) hat die Klägerin keinen Anspruch, da auch das zwingende Kündigungsschutzrecht dem unbefristet eingestellten Arbeitnehmer - abgesehen von den Vorschriften über Kündigungsfristen - keinen Anspruch auf eine bestimmte Dauer des Arbeitsverhältnisses einräumt. Liegt - wie hier - für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Sachgrund für die Befristung vor, so steht die gewählte Vertragsdauer mit dem Sachgrund der Befristung im Einklang. Der Umstand, daß vorliegend der Sachgrund der Befristung auch noch nach Ablauf des aufgrund des Änderungsvertrages vom 14. April 1986 bis zum 23. Juli 1986 befristeten Arbeitsverhältnisses andauerte, führt nicht zur Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung, denn es liegt insoweit keine objektive Umgehung von zwingenden Vorschriften des Kündigungsschutzrechts vor. Die mit der Klägerin vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Schuljahres 1985/86 ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.

IV. Die Revision des beklagten Landes ist auch hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruchs begründet. Auch insoweit war das Urteil des Arbeitsgerichts unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung wiederherzustellen.

Die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) gelten entsprechend auch dann, wenn - wie hier - um die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses gestritten wird (BAG Urteil vom 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Da der Weiterbeschäftigungsanspruch seine Grundlage in dem über den vereinbarten Befristungszeitpunkt hinaus fortbestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnis hat, stand der Klägerin für die Zeit nach dem 23. Juli 1986 wegen der wirksam vereinbarten Befristung kein Weiterbeschäftigungsanspruch zu.

Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Dr. Becker

Wagner Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441198

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