Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung bei Gratifikationen an Arbeitnehmer

 

Orientierungssatz

Der Arbeitgeber kann mit der Auszahlung von Gratifikationen und ähnlichen Sonderzuwendungen verschiedene Zwecke verfolgen. Er kann die Voraussetzungen seiner Leistungen so abgrenzen, daß diese zum gewünschten Erfolg führen. Eine Ungleichbehandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen ist nur dann mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn sie nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 611

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 15.12.1983; Aktenzeichen 10 Sa 1039/83)

ArbG Herne (Entscheidung vom 19.04.1983; Aktenzeichen 3 Ca 2315/82)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt restliches Weihnachtsgeld aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit den Angestellten und Monatslohnempfängern des Betriebes der Beklagten.

Die Beklagte beschäftigt sich mit dem Bau und der Planung von Kokerei- und Kohlenwertstoffanlagen sowie von Anlagen für die Erdöl-, Erdgas- und chemische Industrie. Sie hat insgesamt 770 Mitarbeiter in den Tarifbereichen der Bau- und Metallindustrie. Im Tarifbereich der Bauindustrie sind 477 Mitarbeiter tätig, davon 61 gewerbliche Arbeitnehmer, von denen 53 Stundenlohn, acht Monatslohn erhalten, 379 technische und kaufmännische Angestellte, 19 Poliere und 18 Auszubildende. Im Tarifbereich der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie beschäftigt die Beklagte 293 Mitarbeiter, davon 56 Angestellte als Meister auf Baustellen und einer Werkstatt in Haltern, acht Auszubildende, zwölf gewerbliche Arbeitnehmer, mit denen monatliche Vergütung vereinbart ist, und 217 Stundenlohnempfänger.

Der Kläger ist seit 1965 bei der Beklagten als Elektro--Schweißer tätig. Seit 1975 ist er als Betriebsratsvorsitzender freigestellt. Bis dahin erhielt er Stundenlohn. Die Parteien haben seit der Freistellung einen festen Durchschnittslohn auf der Grundlage des Stundendurchschnitts der Montageabteilung zuzüglich 16 % Leistungszulage, 13 % Montagezulage und 18 % übertarifliche Zulage mit jährlicher Anpassung an die prozentuale Tariflohnerhöhung vereinbart. Im Jahr 1981 erhielt der Kläger monatlich 3.330,-- DM brutto. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge der metallverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalen Anwendung.

Zusammen mit dem Novemberlohn 1981 zahlte die Beklagte an den Kläger, wie an alle Stundenlohnempfänger, den tariflich abgesicherten Teil eines 13. Monatseinkommens in Höhe von 1.673,78 DM brutto aus. Die Monatslöhner - das sind insbesondere Pförtner, Fahrer, Nachtwächter und Boten -, Auszubildenden und Angestellten erhielten die Differenz zwischen dem tariflichen Anspruch und einem vollen Monatsgehalt bzw. Monatsfestlohn als Weihnachtsgeld.

Mit Schreiben vom 29. Januar 1982 verlangte der Kläger den Unterschiedsbetrag zwischen der ihm gewährten tariflichen Leistung und seinem vollen Monatslohn und berief sich zur Begründung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte lehnte den Anspruch mit folgendem Schreiben vom 15. März 1982 ab:

"Sehr geehrter Herr A ,

wir kommen zurück auf Ihr Schreiben vom 29.01.82.

Darin machen Sie den Differenzbetrag zwischen dem

ihnen aufgrund tarifvertraglicher Regelung gezahl-

ten Teil eines 13. Monatseinkommens und einem vol-

len 13. Monatseinkommen geltend. Sie beziehen sich

dabei auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts und

weisen auf die Regelung bei den Angestellten hin.

Hierzu möchten wir klarstellen, daß die Entschei-

dung des Bundesarbeitsgerichts den Arbeitgeber kei-

nesfalls zur schematischen Gleichbehandlung ver-

pflichtet, wenn sachliche Differenzierungsgründe

vorliegen. Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch die

neueste Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte

Rheinland-Pfalz und Köln/Düsseldorf. Einige unserer

Überlegungen möchten wir Ihnen aus diesem Grund

nachstehend nennen:

1. Gewerbliche Arbeitnehmer haben Anspruch auf Ver-

gütung jeder Mehrarbeitsstunde zuzüglich Zu-

schläge. Angestellten - z.B. im Außenbereich -

werden durch die zusätzliche Vergütung auch

Überstunden abgegolten, die sie beispielsweise

für die Abwicklung des Baustellenschriftverkehrs,

für statistische Aufzeichnungen, Arbeitsvorbe-

reitungen, Besprechungen mit der Montageleitung

in der Hauptverwaltung etc. freiwillig leisten.

2. Die Angestellten sind als Know-how-Träger des

Unternehmens - vor allem wegen ihrer speziellen

Erfahrung im Anlagenbau - auch aus arbeitsmarkt-

politischen Gründen enger an den Betrieb zu

binden. Abgänge sind für die Firma daher schwer-

wiegender und gefährden zwangsläufig auch Ar-

beitsplätze im gewerblichen Bereich.

3. Als Bemessungsgrundlage gilt bei Angestellten

ein normales Monatsgehalt, bei den gewerblichen

Arbeitnehmern jedoch der Durchschnitt der letz-

ten 3 abgerechneten Monatsverdienste, somit in

der Regel eine höhere Basis.

4. Im Gegensatz zu den gewerblichen Arbeitnehmern

werden den Angestellten Fahrzeit und Fahrgeld

nicht erstattet. Bei den zum Teil erheblichen

Entfernungen zwischen Wohnung und Betrieb erfolgt

auch damit eine zumindest teilweise Abgeltung.

Wir können daher ihrem Wunsch auf Zahlung des von

Ihnen errechneten Differenzbetrages nicht nachkommen,

weil wir der Auffassung sind, daß aufgrund vorstehend

aufgeführter Gesichtspunkte in ausreichendem Maße

sachliche Gründe für die unterschiedliche Praxis im

Zusammenhang mit der Zahlung des 13. Monatseinkommens

vorliegen.

Mit freundlichen Grüßen

Firma C St GmbH & Co. KG

ppa. gez. Unterschrift"

Schon bevor es im Jahr 1971 in der Metallindustrie und im Jahr 1975 in der Bauindustrie zu einer tariflichen Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens kam, hatte die Beklagte allen Mitarbeitern ein Weihnachtsgeld in unterschiedlicher Höhe unter Rückzahlungsvorbehalt gewährt. Dabei erhielten die Angestellten und die gewerblichen Arbeitnehmer, die Monatslohn bezogen, in der Regel eine volle Monatsvergütung. Den gewerblichen Mitarbeitern, die Stundenlohn erhielten, zahlte die Beklagte ein nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffeltes freiwilliges Weihnachtsgeld zwischen 60,-- DM und 700,-- DM.

Nach Abschluß des Tarifvertrages über die Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der metallverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalen erhielten die Stundenlohnempfänger lediglich die im Tarifvertrag festgelegten Teilbeträge eines Monatseinkommens (zwischen 10 % und 50 %), die Angestellten und die Monatslohnempfänger über den tariflichen Anspruch hinaus weiterhin insgesamt ein volles Monatsgehalt als Weihnachtsgeld. Ebenso verfuhr die Beklagte im Tarifbereich der Bauindustrie.

Neben diesen Weihnachtsgeldzahlungen erhält ein Teil der Angestellten eine übertarifliche Zulage zwischen 5,-- DM und 1.200,-- DM nach dem Vortrag des Klägers, zwischen 50,-- DM und 400,-- DM nach dem der Beklagten. Etwa 10 % der Innendienstangestellten erhalten eine Sondervergütung in Höhe eines vollen Gehalts und mehr. Gewerblichen Arbeitnehmern im Stundenlohn zahlt die Beklagte neben den tariflich geschuldeten Leistungs- und Montagezulagen eine übertarifliche Leistungszulage zwischen 0,20 DM und 1,-- DM pro Stunde.

Im Jahr 1982 zahlte die Beklagte auch an die Angestellten und Monatslohnempfänger nur noch 60 % einer Monatsvergütung als Weihnachtsgeld.

Mit der am 9. September 1982 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Differenzbetrag zwischen dem ihm gezahlten tariflichen Weihnachtsgeld und einem vollen Monatslohn geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte verstoße mit der unterschiedlichen Höhe des Weihnachtsgeldes für Angestellte und Monatslohnempfänger einerseits, Stundenlohnempfänger andererseits gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Er hat bestritten, daß die Beklagte den Angestellten im Gegensatz zu den Stundenlohnempfängern tatsächlich und freiwillig geleistete Überstunden nicht zusätzlich vergüte. Er hat vorgetragen, 25 % aller Innendienstangestellten und viele Außendienstangestellte erhielten über das Weihnachtsgeld hinaus Sonderzahlungen für besondere Belastungen wie Überstunden. Darüber hinaus hätten in den letzten Jahren 50 % bis 60 % der Angestellten im Verwaltungsbereich wegen der Gleitzeitregelung im Betrieb der Beklagten keine Überstunden geleistet. Ebensowenig könne sich die Beklagte auf eine unterschiedliche Bemessungsgrundlage der Weihnachtsgeldzahlungen berufen, da davon auszugehen sei, daß die tariflichen Zulagen für gewerbliche Arbeitnehmer im Stundenlohn im Tarifgefüge im Hinblick auf die jeweiligen Gehälter ausgewogen berücksichtigt seien. Schließlich dürften weder die Leistungs- noch die Montagezulage mit den übertariflichen Gehaltsanteilen der Angestellten verglichen werden, sondern nur die übertariflichen Leistungen. Ebensowenig könnte sich die Beklagte darauf berufen, sie wolle die Angestellten wegen der Bedeutung deren Fachwissens für den Betrieb durch die Weihnachtsgeldzahlung an den Betrieb binden: Zum einen sei diese viel zu geringfügig, um eine solche Bindung zu erzielen, zum anderen erhielten das höhere Weihnachtsgeld auch solche Monatslohnempfänger, die keine "Know-how-Träger" seien. Schließlich seien auch die Stundenlohnempfänger im Montagebereich hochqualifizierte Facharbeiter.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

1.626,22 DM brutto nebst 4 % Zinsen

seit dem 1. Mai 1981 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich unter Vorlage umfangreicher Tabellen und Berechnungsbögen im wesentlichen auf die bereits im Schreiben vom 15. März 1982 an den Kläger genannten Gründe für die Differenzierung berufen. Darüber hinaus hat sie vorgetragen, die Angestellten erhielten im Gegensatz zu den gewerblichen Arbeitnehmern nur in Einzelfällen eine Dienstreisekostenpauschalvergütung, in der Regel jedoch keine Fahrzeiten- und Fahrgeldvergütung und keine Verpflegungspauschale und Auslösung. Falls sie ihren Angestellten nur die Verpflegungspauschale und Fahrgeld wie den gewerblichen Mitarbeitern zahle, habe sie - unbestritten - einen Mehraufwand von 635.110,-- DM jährlich. Bei den Nahauslösungen und Fahrgeldern entstehe bei Gleichstellung der Angestellten mit den gewerblichen Arbeitnehmern ein zusätzlicher Kostenaufwand von 1.060.107,-- DM. Demgegenüber mache die Mehrbelastung durch die freiwillige Weihnachtsgeldzahlung an die Angestellten im Jahre 1981 lediglich 603.339,36 DM aus. Weiterhin seien die Krankheitskosten bei Angestellten aufgrund des niedrigeren Krankenstandes auch im Außendienst erheblich geringer. Schließlich zahle sie ihren Angestellten bereits seit 75 Jahren in der Regel ein 13. Monatseinkommen und werbe damit auch bei Einstellungsgesprächen qualifiziertes Personal an, auf das sie als Unternehmen des Anlagenbaues besonders angewiesen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Der Kläger hat, ebenso wie die übrigen Beschäftigten der Beklagten, die ihm tariflich zustehende betriebliche Sonderzahlung in Höhe des 78fachen Tarifstundenlohns bzw. von 48 % des Tarifgehalts erhalten. Den Angestellten und den im Monatslohn beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern hat die Beklagte allerdings Weihnachtsgeld in Höhe eines vollen Monatseinkommens gezahlt. Der Kläger, der keinen vollen Monatsverdienst erhalten hat, kann ein entsprechend hohes Weihnachtsgeld wie die Angestellten und Monatslöhner nur verlangen, wenn die Beklagte den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt hat.

2. In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung wie im arbeitsrechtlichen Schrifttum ist seit langem anerkannt, daß der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln Leistungen gewährt, deren Voraussetzungen so abgrenzen muß, daß nicht einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund ausgenommen oder schlechtergestellt werden. Dabei ist die Frage, ob eine sachgerechte Abgrenzung erfolgt ist, danach zu beurteilen, welchem Zweck die freiwilligen Leistungen dienen sollen. Diesen kann der Arbeitgeber zwar frei bestimmen. Jedoch ist auch insoweit noch zu prüfen, ob der mit den Leistungen verfolgte Zweck nicht als solcher sachwidrig ist und deshalb die auf ihn gestützte Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen kann (vgl. zuletzt BAG 28, 14, 18 = AP Nr. 40 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 2 a der Gründe; BAG 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG 39, 133 = AP Nr. 51 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 2 der Gründe; BAG Urteile vom 25. Januar 1984 - 5 AZR 44/82, 5 AZR 89/82 und 5 AZR 251/82 - AP Nr. 66 bis 68 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = BB 1984, 2064, DB 1984, 2251, BB 1984, 1940 und NZA 1984, 323 - 327; die Urteile sind auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen).

II. 1. Der Senat hat in den zuletzt genannten Entscheidungen an dem in der Entscheidung vom 5. März 1980 (BAG 33, 57 = AP Nr. 44, aaO) ausgesprochenen Grundsatz festgehalten, ein Arbeitgeber handele sachwidrig, wenn er bei einer freiwillig gewährten Weihnachtsgratifikation den Angestellten generell einen höheren Prozentsatz ihrer Bezüge zukommen läßt als den Arbeitern. Die Weihnachtsgratifikation soll, sofern nichts anderes verlautbart oder aus den Bedingungen, unter denen sie versprochen wird, zu entnehmen ist, dazu dienen, in der Vergangenheit geleistete Dienste zusätzlich zu vergüten und zu den anläßlich des Weihnachtsfestes entstehenden besonderen Aufwendungen der Arbeitnehmer beizutragen. Geht man von diesen Zwecken aus, so ist es nicht sachgerecht, die Angestellten gegenüber den Arbeitern in dem Bemessungsmaßstab zu begünstigen. Zusätzliche Aufwendungen fallen bei den Angehörigen beider Gruppen gleichermaßen an. Ebenso haben Arbeiter und Angestellte in der Vergangenheit in gleicher Weise ihre Arbeitsleistung erbracht. Deren unterschiedlicher Wert kann berücksichtigt werden. Doch geschieht dies schon, indem - wie üblich - ein bestimmter Prozentsatz des unterschiedlich hohen Arbeitsentgelts als Gratifikation gewährt wird. Diesen Wertungen des genannten Urteils ist im Schrifttum überwiegend zugestimmt worden (vgl. Mayer-Maly, Anm. zu AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Herschel, AR-Blattei, D, Gratifikation, Entscheidungen, Anm. zu Entscheidung Nr. 80; Reuter, SAE 1981, 1, 4; Falkenberg, Anm. zu EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 21; Lipke, DB 1983, 111, 115; Farthmann, Festschrift für Hilger und Stumpf, S. 177 ff.).

2. Die in der angefochtenen Entscheidung und von einigen Landesarbeitsgerichten (vgl. Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf/Köln vom 11. November 1981 - 22 Sa 421/81 - EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 27) und von Zöllner (Arbeitsrecht, 3. Aufl., § 17 IV 2, S. 182) erhobenen Bedenken gegen das Urteil vom 5. März 1980 (aaO) hat der Senat in den Entscheidungen vom 25. Januar 1984 (aaO) eingehend gewürdigt und zurückgewiesen. Neue Gesichtspunkte sind in dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht vorgebracht worden. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, eine Gruppenbildung nicht für sachgerecht anzusehen, die nur darauf abstellt, ob es sich um Angestellte oder Arbeiter handelt.

Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob der mit der Leistung verfolgte Zweck die unterschiedliche Behandlung sachlich rechtfertigt.

Der Umstand, daß die Beklagte nicht nur die Angestellten, sondern auch die im Monatslohn beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer begünstigt hat, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Auch insoweit liegt schon wegen der geringen Zahl der Monatslohnempfänger im Verhältnis zu den Angestellten eine Gruppenbildung vor, die im wesentlichen auf dem verschiedenen Status der jeweiligen Gruppenangehörigen einerseits als Angestellte, andererseits als gewerbliche Arbeitnehmer beruht.

3. Der Grundsatz, daß bei freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers eine Ungleichbehandlung zwischen den vom Arbeitgeber gebildeten Gruppen nur dann gerechtfertigt ist, wenn der mit der Leistung verfolgte Zweck die unterschiedliche Behandlung sachlich rechtfertigt, gilt auch dann, wenn die begünstigte Gruppe kleiner ist als die benachteiligte Gruppe.

a) Für derartige Verhältnisse wird die Ansicht vertreten, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung nicht gelte. Hierzu wird auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 3. April 1957 - 4 AZR 644/54 - AP Nr. 4 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und vom 12. Juli 1957 - 1 AZR 129/56 - AP Nr. 5 zu § 242 BGB Gleichbehandlung verwiesen. In diesen Urteilen sei zum Ausdruck gebracht, von einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes könne nur dann gesprochen werden, wenn entgegen einer im Betrieb üblichen allgemeinen Regelung ein einzelner Arbeitnehmer oder einzelne Arbeitnehmer schlechter behandelt würden als die überwiegende Mehrzahl der Arbeitnehmer und dies auf unsachlichen Gründen beruhe. Daraus wird hergeleitet, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann verletzt sein könne, wenn einzelne Arbeitnehmer gegenüber der Mehrzahl ihrer Kollegen oder eine Minderheitsgruppe gegenüber einer größeren Gruppe benachteiligt würden.

b) Diese Ansicht wird dem Grundgedanken des Gleichheitsgebots nicht gerecht. Sie kann sich auch nicht auf die vorerwähnten Entscheidungen stützen. Richtig ist allerdings folgendes: Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit gewährleistet, einzelne Arbeitnehmer besserstellt, so können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Anders liegen die Dinge jedoch, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, d. h. wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Dann muß er sich daran festhalten lassen und die Leistungen allen Arbeitnehmern gewähren, bei denen die von ihm gesetzten Kriterien zutreffen. Geschieht dies nicht, so steht den übergangenen Arbeitnehmern wegen willkürlicher Benachteiligung ein Anspruch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu. Dabei spielt es dann keine Rolle, ob die Zahl der Arbeitnehmer, die der Arbeitgeber als begünstigt ansah, kleiner ist als die Zahl derjenigen, die die Kriterien ebenfalls erfüllen, aber übergangen worden sind (vgl. dazu auch Mayer-Maly, Das Recht der Arbeit 1980, 261, 267).

Der Senat verkennt nicht, daß dann, wenn die Mehrzahl der Arbeitnehmer aus Gründen der Gleichbehandlung anspruchsberechtigt ist, sich eine erhebliche finanzielle Belastung für den Arbeitgeber ergeben kann. Hierzu kann es jedoch nur kommen, wenn der Arbeitgeber die von ihm vorgegebene Regelung willkürlich nicht auf alle von ihr erfaßten Arbeitnehmer anwendet oder wenn die Regelung sachwidrige Differenzierungsmerkmale enthält. Beide Situationen kann der Arbeitgeber, der die Regeln aufstellt und anwendet, durch sein eigenes Verhalten jedoch vermeiden. Dabei kann sich allerdings ergeben, daß er Unterscheidungsmerkmale für zulässig angesehen hat, die, wie hier, die Zugehörigkeit zu der Gruppe der Arbeiter einerseits und der Angestellten bzw. Monatslohnempfänger andererseits, jedenfalls seit der Erkenntnis des Senats vom 5. März 1980, nicht mehr als sachgerecht anerkannt werden können. Daraus folgenden Belastungen, mit denen der Arbeitgeber nicht zu rechnen brauchte und auf die er sich nicht einrichten konnte, kann jedoch durch eine der Sachlage angepaßte Übergangsregelung Rechnung getragen werden (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 25. Januar 1984 - 5 AZR 44/82 - AP Nr. 66 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = BB 1984, 2064).

III. Geht man von den vorstehenden Grundsätzen aus, so kommt es darauf an, ob die Beklagte die Leistungen an die Angestellten und Monatslohnempfänger aus zu billigenden sachlichen Gründen höher bemessen hat.

1. a) Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 5. März 1980 näher dargelegt, daß die sachliche Rechtfertigung einer Differenzierung oder Gruppenbildung am Zweck der freiwilligen Leistung zu messen sei. Dabei ist in bezug auf die sogenannten Weihnachtsgratifikationen ausgeführt worden, daß ein sachlicher Grund, sie für eine Gruppe von Arbeitnehmern höher zu bemessen, etwa darin liegen könne, wegen der Arbeitsmarktsituation diese Gruppe stärker an den Betrieb zu binden. Auch könnten besondere Belastungen einer Gruppe im abgelaufenen Jahr besonders anerkannt werden.

b) Hier hat die Beklagte nicht auf die Zwecke abgestellt, die üblicherweise mit einer Weihnachtsgratifikation verbunden werden. Gerade mit Sonderzuwendungen am Jahresende werden seit langem Zwecke verfolgt, die von den in der Entscheidung vom 5. März 1980 angeführten Zielen abweichen. Das gilt insbesondere von den Rückzahlungsvorbehalten. Diese führen in dem von der Rechtsprechung entwickelten Rahmen zu einer zulässigen Bindung der Arbeitnehmer. Sie bewirken jedoch, daß, wenn die Voraussetzungen für die Rückzahlung erfüllt sind, der gesamte Betrag zu erstatten ist. Die anderen, an sich mit dieser Leistung ursprünglich verbundenen Zwecke (belohnte Betriebstreue, Beitrag zu den vermehrten Ausgaben) fallen dann ganz aus. Dem Senat sind in seiner Rechtsprechung auch Vertragsgestaltungen begegnet, in denen mit einer als Weihnachtsgratifikation bezeichneten Leistung Zwecke einer Anwesenheitsprämie verknüpft waren (nicht veröffentlichtes Urteil vom 19. Mai 1982 - 5 AZR 1242/79 -). Im tariflichen Bereich ist folgendes festzustellen: Trotz Festhaltens an der Fälligkeit zum Jahresende hin werden die zusätzlichen Leistungen allgemein nicht als Weihnachtsgeld oder -gratifikation, sondern als Zuwendung, Sonderzahlung, Jahresvergütung, Jahressondervergütung, Jahresleistung oder 13. Monatseinkommen bezeichnet (vgl. dazu Senatsurteile vom 8. Februar 1978 - 5 AZR 756/76 - AP Nr. 94, vom 27. Oktober 1978 - 5 AZR 139/77 - AP Nr. 96, BAG 31, 113 = AP Nr. 98, vom 9. Oktober 1979 - 5 AZR 949/77 - AP Nr. 105, jeweils zu § 611 BGB Gratifikation). Damit wird jedenfalls von der Bezeichnung her der Entgeltcharakter in den Vordergrund gestellt, mag auch die für die Qualifikation der Leistung entscheidende Ausgestaltung in mehr oder weniger großem Umfang noch die Merkmale einer Weihnachtsgratifikation aufweisen. Deshalb ist es naheliegend, daß bei der Gewährung von Sonderzuwendungen zum Jahresende vielfach andere als die mit deren Benennung an sich verbundenen Zwecke verfolgt werden. Allerdings sind diese, wenn sie eine unterschiedliche Bemessung an die Arbeitnehmer eines Betriebes rechtfertigen sollen, vom Arbeitgeber darzulegen.

2. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten mit der zusätzlichen Zahlung an die Angestellten verfolgten Ziele - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - nicht festgestellt. Die von der Beklagten vorgetragenen Ziele und Motive sind von dem Kläger bestritten worden. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen noch zu treffen haben. Dabei ist folgendes zu beachten:

a) Es liegt nahe anzunehmen, daß das von der Beklagten angeführte Interesse, durch eine höhere Gratifikation eine Betriebsbindung zu erreichen, nicht in gleicher Weise bei allen ihren Angestellten und Monatslohnempfängern bestehen kann. Umgekehrt liegt es nicht fern, sich vorzustellen, daß im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmer Fachkräfte tätig sind, deren Ersatz die Beklagte kostenmäßig nicht weniger belastet als es bei den Angestellten und Monatslohnempfängern der Fall ist. Wenn sonach bei beiden Gruppen solche Arbeitnehmer sein mögen, die vom Zweck her betrachtet zu Unrecht bevorzugt oder benachteiligt werden, so folgt daraus doch noch nicht, daß die getroffene Abgrenzung sachwidrig und daher unbeachtlich ist. Wie der Senat schon in dem Urteil vom 5. März 1980 - 5 AZR 46/78 - AP Nr. 43 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 3 c der Gründe, ausgeführt hat, wird eine an sich sachgerechte Gruppenbildung nicht dadurch unzulässig, daß innerhalb der Gruppen nicht mehr differenziert wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Merkmale bei einer Gruppe typisch gegeben sind, während sie bei der anderen Gruppe typisch fehlen (vgl. BAG Urteil vom 25. Januar 1984 - 5 AZR 89/82 - AP Nr. 67 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 38, die Entscheidung ist auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen).

b) Die Beklagte hat die übertarifliche Sonderzahlung an die Angestellten und Monatslohnempfänger des Betriebes damit begründet, daß die im Stundenlohn beschäftigten Arbeiter im Durchschnitt erheblich höher über dem Tarifniveau entlohnt würden als vergleichbare Angestellte und Monatslohnempfänger und sie deren Benachteiligung mit der übertariflichen Sonderzahlung ausgleichen wolle. Auch die im Leistungslohn beschäftigten Arbeitnehmer erzielten erheblich über dem Tariflohn liegende Verdienste, die wegen der Berechnung der tariflichen Sonderzahlung nach dem Durchschnittsverdienst sich auch auf deren Höhe auswirke, während den Angestellten und Monatslohnempfängern diese Möglichkeit nicht eröffnet sei.

Die Beklagte hat damit deutlich gemacht, daß sie mit der übertariflichen Leistung an die Angestellten nicht nur zu den anläßlich des Weihnachtsfestes entstehenden Mehraufwendungen einen Betrag leisten will, sondern darüber hinaus auch das Ziel verfolgt, eine Benachteiligung der Angestellten im Entgeltbereich, die auf den unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten beruht, wieder auszugleichen. Dies wären sachliche Gründe, die rechtlich nicht zu beanstanden sind (vgl. BAG Urteil vom 25. Januar 1984 - 5 AZR 251/82 - AP Nr. 68 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = BB 1984, 1940 = NZA 1984, 323 ff.).

c) Die Beklagte hat weiter die unterschiedliche Vergütung von Überstunden für beide Gruppen und die Regelung hinsichtlich der Vergütung der Fahrzeit, des Fahrgeldes, der Verpflegungspauschale und der Nahauslösung als Begründung für ihre Differenzierung herangezogen. Alle diese Regelungen wirkten sich zugunsten der gewerblichen Arbeitnehmer aus. Die dadurch entstehende Benachteiligung der Angestellten wollte sie ebenfalls mit der höheren Weihnachtsgeldzahlung ausgleichen. Auch damit hat die Beklagte deutlich gemacht, daß sie eine Benachteiligung der Angestellten und Monatslohnempfänger im Entgeltbereich mit der Weihnachtsgeldzahlung ausgleichen will. Auch dies könnten sachliche Gründe (BAG Urteil vom 25. Januar 1984 - 5 AZR 251/82 -, aaO) sein, soweit dem tarifliche Regelungen nicht entgegenstehen.

d) Soweit die Beklagte weiter die wesentlich geringeren Ausfallzeiten wegen Krankheit der Angestellten gegenüber denen der Arbeiter als Grund für den Ausschluß der gewerblichen Arbeitnehmer bei der Gewährung der freiwilligen Sonderzahlungen angegeben und der von ihr gewährten Sonderleistung damit den Charakter einer Anwesenheitsprämie gegeben hat, hat der Senat diese Begründung bereits in den mehrfach bezeichneten Urteilen vom 25. Januar 1984 (aaO) nicht als sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung anerkannt. Hieran wird festgehalten.

IV. Die Zurückverweisung mit dem Ziel, den von der Beklagten genannten Gründen nachzugehen, die sie für eine unterschiedliche Behandlung angeführt hat, ist nicht deshalb entbehrlich, weil eine etwaige Ungleichbehandlung bei der Gratifikation für 1981 als Übergangslage hinzunehmen wäre.

1. Der Senat hat in seinem Urteil vom 25. Januar 1984 - 5 AZR 44/82 - AP Nr. 66 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = BB 1984, 1940 ausgesprochen und näher dargelegt, daß es insbesondere bei einer nicht erwarteten erheblichen wirtschaftlichen Belastung aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten sein kann, eine Übergangsregelung hinzunehmen. Hieran hält der Senat trotz der vom Kläger erhobenen Bedenken fest. Die aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hergeleiteten Erwägungen in dem vorgenannten Urteil bleiben auch dann tragend, wenn berücksichtigt wird, daß die Folgen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der eine Norm für verfassungswidrig erklärt wird, umfassender sind. Gleichwohl ist konkret nur jeder Arbeitgeber für sich in seinen Beziehungen zu seinen Arbeitnehmern betroffen, wenn etwa, wie in dem Beschluß vom 16. November 1982 (BVerfGE 62, 256 = NJW 1983, 617 = EzA Art. 3 GG Nr. 13), eine arbeitsrechtliche Norm für verfassungswidrig erklärt ist. Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht, ebenso wie in seinem Beschluß vom 19. Oktober 1983 - 2 BvR 298/81 - (BVerfGE 65, 196, 215 ff.), an die Lage des einzelnen betroffenen Rechtsunterworfenen seine Überlegungen zum Vertrauensschutz und zu Übergangsfristen angeknüpft. Diese Lage unterscheidet sich nicht von derjenigen der betroffenen Arbeitgeber, die bis zum Bekanntwerden der Entscheidung des Senats vom 5. März 1980 davon ausgingen, die Gruppen der Arbeiter und der Angestellten bildeten allein schon ein sachlich gerechtfertigtes Abgrenzungsmerkmal für unterschiedlich hohe Weihnachtsgratifikationen.

2. Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe jedenfalls im Jahre 1982 die Gruppen annähernd gleichbehandelt, indem sie auch den Angestellten und Monatslohnempfängern nur 60 % eines Monatsentgelts gewährte. Hieraus läßt sich noch nicht folgern, daß übergangsweise noch hinnehmbar sei, wenn es für 1981 bei unterschiedlichen Leistungen verbleibt. Das Berufungsgericht hat nämlich nicht festgestellt, ob dadurch beide Gruppen tatsächlich gleichbehandelt worden sind. Darüber hinaus mußte die Beklagte seit Bekanntwerden der Entscheidung des Senats vom 5. März 1980, also im Grunde schon für das Jahr 1980, den Grundsätzen dieser Entscheidung Rechnung tragen.

Dr. Thomas Michels-Holl Schneider

Polcyn Dr. Schönherr

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439818

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