1 Überblick

In § 28 TVöD ist der tarifliche Sonderurlaub geregelt. Danach können Beschäftigte bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts Sonderurlaub erhalten.

Im Unterschied zum Erholungsurlaub (§ 26 TVöD ), der der Wiederherstellung der geistigen und körperlichen Energie der Beschäftigten dient, schafft der Sonderurlaub für die Beschäftigten im Einzelfall die Möglichkeit, sich aus einem persönlichen Anlass heraus von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreien zu lassen.

Je nach Situation und Wunsch der bzw. des Beschäftigten kann der Sonderurlaub für einen längeren Zeitraum gewährt werden. Der Sonderurlaub führt zur Suspendierung der Hauptleistungspflichten der Parteien und damit zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses.[1]

2 Voraussetzungen für die Gewährung

Die Gewährung von Sonderurlaub unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts ist an zwei Voraussetzungen gebunden: Zum einen muss ein wichtiger Grund vorliegen, zum anderen muss die oder der Beschäftigte einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Im Unterschied zu der früheren Regelung gehört es nicht mehr zu den geschriebenen Voraussetzungen des § 28 TVöD, dass dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange der Gewährung von Sonderurlaub nicht entgegenstehen dürfen (§ 50 Abs. 1 BAT) oder dass die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse die Gewährung von Sonderurlaub gestatten (§ 50 Abs. 2 BAT).

2.1 Tatbestand

2.1.1 Wichtiger Grund

Voraussetzung für die Gewährung von Sonderurlaub ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes aufseiten der bzw. des Beschäftigten. Damit wird klargestellt, dass nicht jedes persönliche Interesse der/des Beschäftigten ausreicht, um dauerhaftes Fernbleiben vom Dienst zu rechtfertigen. Vielmehr muss das mit der Freistellung verfolgte Ziel auch bei objektiver Betrachtungsweise hinreichend gewichtig und schutzwürdig sein.[1] Ob ein wichtiger Grund i. S. v. § 28 TVöD vorliegt oder nicht, ist somit nach der objektivierten Interessenlage des Beschäftigten zu beurteilen.

Als wichtiger Grund sind u. a. anzuerkennen:

  • Berufsqualifizierender Abschluss bzw. Aufnahme oder Fortführung eines Fach- oder Hochschulstudiums,

     
    Praxis-Beispiel

    Ein teilzeitbeschäftigter Grundschullehrer möchte auf der Grundlage seines Abschlusses der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen Sonderurlaub für den beamtenrechtlichen Vorbereitungsdienst für die Laufbahn als Realschullehrer in Anspruch nehmen.[2]

  • Promotion, Besuch von Fortbildungsveranstaltungen,[3]

     
    Praxis-Beispiel

    Eine Beschäftigte, die eine Fortbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin anstrebt, hat grundsätzlich einen wichtigen Grund vorzuweisen. Ist es ihr jedoch aufgrund der Familienverhältnisse und sonstigen Verpflichtungen möglich, auch Abendkurse zu besuchen, so ist dies im Einzelfall trotz der längeren Ausbildungszeit ein Fall, in dem kein wichtiger Grund gegeben ist.

  • Umschulung, wenn der Arbeitnehmer in seiner bisherigen Tätigkeit dauerhaft arbeitsunfähig gewesen ist. Dies gilt selbst dann, wenn mit dem erstrebten Abschluss die Weiterbeschäftigung bei dem den Sonderurlaub gewährenden Arbeitgeber unsicher oder ausgeschlossen erscheint,[4]
  • Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation, die nicht von § 22 TVöD i. V. m. § 9 EFZG erfasst werden,
  • Kurzwehrdienst ausländischer Beschäftigter, für die weder die Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes noch die einschlägigen Vorschriften des EG-Rechts Anwendung finden,[5]
  • Teilnahme an Rehabilitationslehrgängen wie z. B. Mobilitätstraining für Blinde, Geh- und Armschullehrgänge von schwer behinderten Bediensteten,
  • Entsendung von Beschäftigten in öffentliche, zwischen- oder überstaatliche Organisationen,
  • Freistellung für Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern z. B. aufgrund eines im dienstlichen oder betrieblichen Interesse liegenden Personalabbaus,
  • Übernahme von Aufgaben der Entwicklungshilfe,
  • Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres,
  • Kollision der Arbeitspflicht mit einer weiteren öffentlich-rechtlichen oder in sonstiger Weise anerkennenswerten Pflicht,[6]
  • politisches Mandat.[7]

Familiäre Gründe des Beschäftigten:

Ebenfalls einen wichtigen Grund i. S. d. § 28 TVöD dürfte die früher in § 50 Abs. 1 BAT geregelte und praktisch bedeutsame Betreuung oder Pflege von mindestens einem Kind unter 18 Jahren oder eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen darstellen. Obwohl in § 28 TVöDnicht mehr ausdrücklich erwähnt, ist davon auszugehen, dass dieser Sonderfall der Beurlaubung aus familiären Gründen vor dem Hintergrund der objektivierten Interessenlage des Beschäftigten auch weiterhin als schutzwürdig anzusehen ist.[8] Dies gilt umso mehr, als der politische Stellenwert und die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Kindererziehung und privaten Pflege in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen haben. Für eine Subsumtion der bisher unter dem Stichwort "familiäre Gründe" gefassten Gründe unter die Generalklausel § 28 TVöD spricht schließlich auch, dass unter der bis zum 1.1.1996 geltenden Vorgängerregelung d...

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