Entsprechendes gilt, wenn der Schuldner den Gläubiger von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten hat. Eine solche Verhinderung kann darin bestehen, wenn durch positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht wird.

 
Praxis-Beispiel

Bis zu dem Geltendmachungsschreiben hat der Beschäftigte seine Verpflichtung zur Rückzahlung einer Darlehensschuld nicht infrage gestellt, sondern im Gegenteil mit dem Arbeitgeber abgesprochen, dass die Rückzahlung erst erfolgen solle, wenn der Beklagte eine neue Arbeitsstelle gefunden habe.[1]

Der Lauf der Verfallfrist für die Zahlungsansprüche ist so lange gehemmt, wie der Gläubiger eine fehlende Abrechnung noch verlangen kann. Dies gilt jedoch regelmäßig nur in den Fällen, in denen er eine Abrechnung benötigt, um seine Ansprüche berechnen zu können.[2] Grundsätzlich entfällt daher der Einwand des Rechtsmissbrauchs, wenn der Berechtigte anderweitig vom Anspruch Kenntnis erlangt.[3]

 

Beispiel

  • Der Beschäftigte erbringt bei einem Dritten eine mangelhafte Arbeit, die zu einem Schaden führt. Um zu verhindern, dass der Arbeitgeber einen Freihalte- oder Erstattungsanspruch gegen ihn geltend macht, sorgt er arglistig dafür, dass der Arbeitgeber davon nichts erfährt. In diesem Fall kann der Beschäftigte sich nicht auf die Ausschlussfrist berufen.[4]
  • Eine Lehrerin beantragt eine Reduzierung ihrer Stundenzahl. Obwohl ihr dies gewährt wird, zahlt der Arbeitgeber fälschlicherweise weiterhin das volle Entgelt aus. Die Lehrerin hat diese Überzahlung nicht gemeldet. In diesem Fall ist das Schweigen als treuwidrig beurteilt worden.[5]

Es ist auch nicht erforderlich, dass der Vertragspartner bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) Kenntnis von den Schadensereignissen hätte erlangen können, wenn er nicht damit rechnen musste, dass der andere Vertragspartner seine Vertragspflichten verletzt oder dieser seine Verletzungshandlung verschleiert.[6] Sobald die notwendige Kenntnis vorhanden ist, muss der Anspruch nach Ablauf der Ausschlussfrist innerhalb einer kurzen, nach Treu und Glauben zu bemessenden Frist geltend gemacht werden.[7] Erlangt der Gläubiger noch vor dem Ablauf der Ausschlussfrist Kenntnis von den Umständen des Anspruchs, ist wohl noch innerhalb der Frist der Anspruch geltend zu machen, wenn keine besonderen Umstände ein Hinausschieben der Frist erforderlich machen.[8]

Der Schuldner der Forderung ist nicht verpflichtet, den Gläubiger auf eine ggf. unzureichende Geltungsmachung hinzuweisen.[9] Die Einhaltung der rechtlichen Voraussetzung ist eine Obliegenheit des Gläubigers. Weist der Schuldner den Gläubiger nicht auf einen bestehenden oder vermuteten Mangel bei der Geltendmachung hin, ist dies nicht rechtsmissbräuchlich. Ebenso wenig ist die einfache Ablehnung der Geltendmachung rechtsmissbräuchlich.[10] Der Gläubiger ist dadurch nicht gehindert, die Forderung gerichtlich prüfen zu lassen.

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