Ab welchem Prozentsatz "ein wesentlicher Teil" vorliegt, lässt sich § 23 Abs. 3 Satz 3 VBLS nicht entnehmen. Die Bestimmung des "wesentlichen Teils" ist daher nicht unproblematisch. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in der Praxis von der VBL sowohl im Hinblick auf die Höhe der Grenze als auch im Hinblick auf deren Bedeutung im zeitlichen Ablauf nicht einheitlich angewandt worden ist.

Verwaltungspraxis der VBL

Nach ihrer aktuellen Verwaltungspraxis legt die VBL folgenden Maßstab an:

  • Die Wesentlichkeitsgrenze ist in der Regel erreicht, wenn mindestens 10 % der Mitarbeiter übertragen werden.
  • Maßgebliche Bezugsgröße ist dabei der Pflichtversichertenbestand zum Zeitpunkt der ersten Ausgründung des Beteiligten.
  • Mehrere zeitlich versetzte Ausgründungen, die für sich genommen die Grenze nicht erreichen, werden zusammengerechnet. Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich auf die gesamte Beteiligungsdauer.

Für die Vorläuferregelung, nach der "der wesentliche Teil" übertragen werden musste, gingen die VBL und die Literatur davon aus, dass ein "wesentlicher Teil" nur vorliegt, wenn mindestens die Hälfte der Pflichtversicherten betroffen sind.[1] Durch die Satzungsänderung zum 1.1.2001 sollte die Grenze herabgesetzt werden, weil es verstärkt zu Ausgründungen gekommen und zugleich erkannt worden war, dass der Schutzzweck der Norm auch schon – je nach den Umständen des Einzelfalls – auch unter der 50 %-Grenze berührt sein kann. Eine satzungsrechtliche Konkretisierung des Begriffs erfolgte jedoch nicht. Für eine gewisse Zeit nach der Satzungsänderung sah die VBL bei Outsourcingmaßnahmen die Wesentlichkeitsgrenze zunächst bei 30 bzw. 25 % und wandte sie nicht starr an, sondern bezog zusätzlich die konkreten Verhältnisse des einzelnen Beteiligten (Verhältnis der aktiv Beschäftigten zu Rentnern, Verhältnis der Einnahmen zu den Ausgaben, andere besondere Umstände) in ihre Entscheidung ein. Nachdem die Anzahl der Ausgründungen ständig zunahm, ist die VBL allerdings dazu übergegangen, die Grenze noch weiter, nämlich auf 10 % herabzusetzen. Eine Einzelfallprüfung erfolgt heute nur noch im Ausnahmefall. Die Grenze von 10 % wird "in der Regel" als maßgeblich angesehen.

 

Wichtig

Bei der konkreten Entscheidung über die Vornahme einer Ausgründung ist die aktuelle Verwaltungspraxis der VBL von entscheidender Bedeutung. Heute eine Ausgründung vorzunehmen, bei der mehr als 10 % der Pflichtversicherten auf einen nicht bei der VBL beteiligten Arbeitgeber übertragen werden, bedeutet ein hohes Risiko, da die Kündigung des gesamten Beteiligungsverhältnisses durch die VBL droht, die nur – und dies auch nur nach Ermessen der VBL – durch Zahlung einer Teil-Gegenwertforderung für Anwartschaften und Ansprüche abgewendet werden kann. Erfragen Sie deswegen die für Ihre Verwaltung/Ihr Unternehmen maßgebliche Höhe der Wesentlichkeitsgrenze bei der VBL.

Stellungnahme zur Verwaltungspraxis der VBL

Die Praxis der VBL ist vielfach kritisiert worden. Die Kritik richtet sich zum einen dagegen, dass die VBL ihre Auslegung der Norm erheblich verändert hat, ohne dass die Satzungsbestimmung geändert wurde. Zum anderen wird die festgesetzte Wesentlichkeitsgrenze gerade von denen, die sog. Nettozahler[2] sind, generell als zu niedrig empfunden. Die Kritik ist ernst zu nehmen, weil sowohl die Satzungsbestimmung[3] als auch die Verwaltungspraxis der VBL in vollem Umfang durch die Zivilgerichte überprüfbar sind.

Allerdings war die Vorläuferregelung zu weit gefasst und blieb im Ergebnis fast ohne Wirkung.[4] Durch die Satzungsänderung sollte die Grenze herabgesetzt werden, weil es verstärkt zu Ausgründungen gekommen war. Der Satzungsgeber hat dabei bewusst einen unbestimmten Rechtsbegriff gewählt und hierdurch der VBL grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt, die Vorschrift im Hinblick auf die Erhaltung der Finanzierungsgrundlagen des Umlagesystems[5] in Abhängigkeit von deren Gefährdung zunächst weiter (25 bis 30 %) und später enger (10 %) auszulegen. Je mehr das Umlagesystem durch Reduzierung der Anzahl der Pflichtversicherten gefährdet war, umso niedriger hat die VBL die zahlenmäßige Höhe der Wesentlichkeitsgrenze festgesetzt. Hierbei ist die Verwaltungspraxis jeweils stichtagsbezogen für die Zukunft verändert worden. Diese Praxis ist nicht zu beanstanden. Für sie bestehen sachliche Gründe. Sie lässt sich auf den Sinn und Zweck der Satzungsbestimmung (teleologische Auslegung) rechtfertigen. Da die geänderte Festsetzung stichtagsbezogen erfolgt und damit keine echte Rückwirkung entfaltet, verstößt sie auch nicht gegen den Vertrauensschutz. Die Beteiligten wurden zudem jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt gleich behandelt.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 GG könnte allerdings deshalb verletzt sein, weil die Wesentlichkeitsgrenze von der VBL in den vergangenen Jahren sehr starr angewandt und regelmäßig nicht mehr die individuellen Verhältnisse des Beteiligten in die Entscheidung einbezogen hat. Die sog. Nettozahler[6] werden bei Ausgründunge...

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