Nicht jede vorzeitige Beendigung des Ausbildungs- und Studienverhältnisses vor Ablauf der Vertragslaufzeit hat eine Rückzahlungspflicht des Studierenden zur Folge. Vielmehr ist eine Differenzierung erforderlich, aus wessen Sphäre der Beendigungsgrund stammt. § 18 Abs. 2 Buchst. b knüpft die Rückzahlungspflicht an die vorzeitige Beendigung durch eine Kündigung des Ausbildenden, der ein vom Studierenden zu vertretender Grund zugrunde liegt, oder die Rückzahlungspflicht wird durch eine Eigenkündigung des Studierenden nach Ende der Probezeit ausgelöst, die nicht durch einen wichtigen Grund gem. § 626 BGB gerechtfertigt ist.

  • Kündigung des Ausbildenden aus einem von dem Studierenden zu vertretenden Grund

    In der 1. Variante des § 18 Abs. 2 Buchst. b wird die Rückzahlungspflicht nur dadurch ausgelöst, dass der Studierende dem Ausbildenden Veranlassung gibt, das Ausbildungs- und Studienverhältnis zu kündigen. Der Studierende muss sozusagen das Ende des Ausbildungs- und Studienverhältnisses "zu vertreten" haben. "Vertretenmüssen" ist nach § 276 BGB Verschulden, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Nach diesem Verständnis sind also Gründe notwendig, die vorsätzlich oder fahrlässig, jedenfalls aber vorwerfbar, vom Studierenden herbeigeführt worden sind. Zu beachten ist, dass der Ausbildende das Vertragsverhältnis nach der Probezeit nur aus einem wichtigen Grund kündigen kann (§ 3 Abs. 2 TVSöD). Dies bedeutet, dass der von dem Studierenden zu vertretende Grund die Schwelle zum wichtigen Grund erreichen muss. Wird diese Schwelle nicht erreicht, kann der Ausbildende das Vertragsverhältnis nicht wirksam kündigen, die Rückzahlungspflicht wird nicht ausgelöst.

    Mit der pauschalen Behauptung, der Studierende werde wegen seiner schlechten Leistungen mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Abschlussprüfung versagen, kann ein Ausbilder das Ausbildungs- und Studienverhältnis nicht fristlos beenden.[1] Vorherige schlechte Leistungen kommen als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses vielmehr nur in Betracht, wenn feststeht, dass aufgrund der aufgetretenen Ausbildungslücken das Bestehen der Ausbildungs- und Studienprüfung ausgeschlossen ist.

     
    Praxis-Tipp

    Der Ausbildende hat die entsprechenden Anhaltspunkte zum Nachweis in geeigneter Weise zu dokumentieren; so sind insbesondere ggf. vorausgegangene Ermahnungen und förmliche Abmahnungen aktenkundig zu machen.

    Auch unentschuldigtes Fehlen entgegen den Vorgaben der vereinbarten Ausbildungsordnung ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Ausbildungs- und Studienverhältnisses darzustellen.[2] Demzufolge kommen unentschuldigten Fehlzeiten als ein vom Studierenden zu vertretender Grund für eine Arbeitgeberkündigung gemäß Buchstabe b in Betracht, wenn diese zu der Prognose führen, dass das Studienziel nicht erreicht wird.

  • Eigenkündigung des Studierenden nach der Probezeit, die nicht durch einen wichtigen Grund gem. § 626 BGB gerechtfertigt ist

    In der 2. Variante des § 18 Abs. 2 Buchst. b wird die Rückzahlungspflicht durch eine Eigenkündigung des Studierenden nach Ende der Probezeit ausgelöst, wenn diese nicht durch einen wichtigen Kündigungsgrund i. S. d. § 626 BGB getragen ist. Bei der Eigenkündigung kann es sich somit nur um eine ordentliche Kündigung auf der Basis des § 3 Abs. 3 Buchst. b handeln (siehe hierzu auch nachfolgend Ziffer 2.21.2.1.5). Endet das Ausbildungs- und Studienverhältnis aufgrund einer solchen Eigenkündigung des Studierenden, so geschieht dies grundsätzlich auf Wunsch des Kündigenden. Der Studierende hat es sonach selbst in der Hand, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Eine vorzeitige Beendigung des ausbildungsintegrierten dualen Studiums durch Eigenkündigung hat für den Studierenden nur dann keine Folgen, wenn er zu der Kündigung aus wichtigem Grund i. S. d. § 626 BGB berechtigt war.

    Was ein wichtiger Grund für den Studierenden ist, haben die Tarifvertragsparteien nicht definiert. Es ist aber davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff des "wichtigen Grundes" im Sinne der allgemeingültigen rechtlichen Definition verstehen wollten. In Anlehnung an die zu § 626 Abs. 1 BGB und § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ergangene Rechtsprechung ist damit ein wichtiger Grund dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Studierenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der vereinbarten Ausbildungs- und Studienzeit nicht zugemutet werden kann (z. B. erhebliche Zahlungsrückstände des Ausbildenden[3]; unbegründete Verweigerung der Freistellung nach § 15 BBiG[4]). In einem solchen Fall besteht trotz Eigenkündigung keine Rückzahlungspflicht.

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