Die Verpflichtung, den Auszubildenden im Anschluss an die Ausbildung zu übernehmen, haben die Tarifvertragsparteien an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Die/der Auszubildende muss seine Abschlussprüfung erfolgreich bestanden haben.

Wurden von dem bisher in § 16a Abs. 1 TVAöD – Besonderer Teil BBiG – a. F. geregelten Übernahmeanspruch nur Auszubildende erfasst, die ihre Abschlussprüfung mindestens mit der Abschlussnote "befriedigend" bestanden, reicht nunmehr das erfolgreiche Bestehen der Abschlussprüfung aus. Auf die Ergebnisse der Abschlussprüfung kommt es nur dann an, wenn nicht für alle Auszubildenden eines Ausbildungsjahrgangs ein Bedarf für eine ausbildungsadäquate Weiterbeschäftigung gegeben ist und infolgedessen eine Auswahlentscheidung getroffen werden muss (siehe nachfolgende Ziffer 2.6.2.2).

  • Es muss ein dienstlicher bzw. betrieblicher Bedarf für die dauerhafte Weiterbeschäftigung bestehen.

Die Tarifvertragsparteien haben davon abgesehen, den Begriff "dienstlicher bzw. betrieblicher Bedarf" näher zu erläutern, sodass dieser der Auslegung bedarf. Zunächst ist festzustellen, dass die Übernahmeverpflichtung in § 16a u. a. in Konkurrenz zu den §§ 56, 127 Satz 2 BPersVG[1], § 78a BetrVG steht. Diese Vorschriften regeln ebenfalls eine Übernahmeverpflichtung von Auszubildenden nach Beendigung ihrer Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis, und zwar speziell von Jugend- und Auszubildendenvertretern. Insofern gilt in Anlehnung an die von der Rechtsprechung zu den vorgenannten Bestimmungen aufgestellten Grundsätze Folgendes:

Die Beurteilung, ob ein dienstlicher bzw. betrieblicher Bedarf vorliegt, unterliegt der alleinigen und uneingeschränkten Einschätzung des Arbeitgebers. Sie ist in jedem Einzelfall gesondert zu treffen, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung aktueller und künftiger organisatorischer, personalwirtschaftlicher und/oder haushaltsmäßiger Gesichtspunkte. Maßgeblich sind sonach die arbeitstechnischen Vorgaben und die Personalplanung des Arbeitgebers, der darüber entscheidet, welche Arbeiten im Betrieb verrichtet werden sollen und wie viele Arbeitnehmer damit beschäftigt werden.[2] Ohne Bedeutung ist, ob Arbeitsaufgaben vorhanden sind, mit deren Verrichtung ein Arbeitnehmer betraut werden könnte. Der Arbeitgeber ist weder verpflichtet, Arbeiten durch zusätzliche Arbeitnehmer verrichten zu lassen, noch durch organisatorische Maßnahmen Arbeitsplätze neu zu schaffen, um die Weiterbeschäftigung zu gewährleisten.

 
Praxis-Beispiel

Der Abteilungsleiter eines kommunalen Unternehmens merkt kritisch an, dass die Arbeitsbelastung in seinem Bereich im Vergleich zu anderen Abteilungen sehr hoch ist und sieht daher "Bedarf" für die unbefristete Weiterbeschäftigung des bisherigen Auszubildenden. Der Arbeitgeber hält die Arbeitsbelastung dagegen für machbar und sieht keinen Bedarf dafür, einen weiteren Arbeitsplatz einzurichten.

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich – von Missbrauchsfällen abgesehen – auch nicht gehindert, durch eine Veränderung der Arbeitsorganisation Arbeitsplätze wegfallen zu lassen.

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitgeber trifft im Laufe des dritten Ausbildungsjahres des Auszubildenden die Entscheidung, die auf einem – für den Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung in Betracht kommenden – Arbeitsplatz anfallenden Aufgaben anders zu verteilen und den Arbeitsplatz selbst nicht wieder zu besetzen. Insofern fehlt es an dem erforderlichen dienstlichen bzw. betrieblichen Bedarf an der Weiterbeschäftigung.

Besteht von vornherein kein dienstlicher bzw. betrieblicher Bedarf für eine unbefristete Weiterbeschäftigung, sind die Voraussetzungen des § 16a nicht erfüllt. Dies gilt auch dann, wenn lediglich eine befristete Weiterbeschäftigung möglich wäre (z. B. als Elternzeit-Vertretung). In diesem Fall kann jedoch eine befristete Beschäftigung außerhalb von § 16a vereinbart werden, ein Anspruch hierauf besteht jedoch nicht.

  • Es muss eine freie und besetzbare Stelle bzw. ein freier und zu besetzender Arbeitsplatz vorhanden sein.

Aus der Natur der Sache folgt, dass ein dienstlicher bzw. betrieblicher Bedarf für die Übernahme nur dann bestehen kann, wenn der Arbeitgeber den Auszubildenden auch einsetzen kann. Dies bedeutet, dass ein freier Arbeitsplatz vorhanden sein muss, der sich auf Dauer für die Weiterbeschäftigung des Auszubildenden eignet. Diese Voraussetzung ergibt sich unmittelbar aus der Übernahmeregelung (Satz 3), wobei einem freien und zu besetzenden "Arbeitsplatz" eine freie und besetzbare "Stelle" entspricht. Mit den 2 Begrifflichkeiten "Arbeitsplatz" und Stelle” haben die Tarifvertragsparteien dem Umstand Rechnung getragen, dass in Kommunen Arbeitsplätze als Stellen in einem Stellenplan ausgewiesen sind während dies in kommunalen Unternehmen meist nicht der Fall ist.

 
Hinweis

Planstellen und andere Stellen, die als "künftig wegfallend" bezeichnet sind (sog. kw-Vermerk) oder aus Haushaltsgründen einer Wiederbesetzungssperre unterliegen, sind keine freien Stellen i. S. d. § 16a.

  • Es muss die Möglichkeit der ad...

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