Neben den Kündigungsmöglichkeiten, die in § 22 Abs. 1 und Abs. 2 BBiG enthalten sind, gestattet auch § 16 Abs. 4 TVAöD die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses durch Kündigung. Dabei übernimmt § 16 Abs. 4 TVAöD weitgehend die Regelung des § 22 Abs. 2 BBiG.

2.4.2.1 Kündigung vor der Probezeit

Ein Berufsausbildungsverhältnis, kann – so das Bundesarbeitsgericht[1] – bereits vor Beginn der Probezeit gem. § 22 Abs. 1 BBiG gekündigt werden, es sei denn, ein Kündigungsausschluss ist im Ausbildungsvertrag geregelt oder ergibt sich aus konkreten Umständen (z. B. Abrede oder dem ersichtlichen gemeinsamen Interesse, die Ausbildung jedenfalls für einen bestimmten Teil der Probezeit tatsächlich durchzuführen). Lässt sich ein Kündigungsausschluss nicht feststellen, ist die Kündigung allein an den Voraussetzungen der §§ 134, 138, 242, 612a BGB zu messen.[2]

2.4.2.2 Kündigung während der Probezeit

Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden (§ 22 Abs. 1 BBiG). Diese Möglichkeit gilt sowohl für den Ausbildenden als auch für den Auszubildenden.

 
Hinweis

Die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums ist – ungeachtet des Inhalts und der Zielsetzung des Praktikums – nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen.[1]

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 22 Abs. 3 BBiG), die Angabe von Kündigungsgründen ist jedoch nicht erforderlich. Die gesetzliche Regelung beinhaltet zudem – auch bei minderjährigen Auszubildenden – kein Erfordernis eines Gespräch mit den erziehungsberechtigten Eltern vor Ausspruch der Kündigung.[2]. Sieht der Ausbildende im Vorfeld der Kündigung von einem solchen Gespräch ab, handelt er nicht treuwidrig, auch wenn ein solches Gespräch unter Umständen sinnvoll sein mag, so das BAG.

Lediglich dann, wenn der Ausbildende mit seiner Kündigung gegen die allgemeinen Bestimmungen der §§ 134, 138, 242, 612a BGB verstößt, kann die Kündigung im Rahmen der allgemeinen Rechtskontrolle unwirksam sein.[3] So z. B., wenn eine Benachteiligung des Auszubildenden aufgrund seiner Schwerbehinderung zu vermuten ist und der Arbeitgeber nicht darlegen kann, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung des Auszubildenden, die zu dem Ausspruch der Kündigung geführt haben.[4] Dagegen verstößt die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses durch den Ausbildenden nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (242 BGB), sofern sie erfolgt ist, weil der Ausbildende (eine Sparkasse) aufgrund bestehender Verbindlichkeiten der Auszubildenden Zweifel an deren Geeignetheit für den Beruf der Bankkauffrau hat.[5]

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei der Kündigung während der Probezeit um eine entfristete ordentliche Kündigung. Gleichwohl ist die Vereinbarung einer Auslauffrist möglich, wenn dadurch keine zweckwidrige Bindung über das Ende der Probezeit hinaus bewirkt wird.[6]

2.4.2.3 Kündigung nach der Probezeit

Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nur gekündigt werden

  • von beiden Seiten aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
  • nur vom Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will.

2.4.2.3.1 Kündigung aus wichtigem Grund

Die rechtlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG entsprechen denen des § 626 Abs. 1 BGB, sodass die in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu entwickelten Grundsätze auch für die Auslegung der Tarifnorm heranzuziehen sind.

  • Pflichtverletzungen

Eine Kündigung aus wichtigem Grund kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn der Auszubildende seine vertraglichen Hauptleistungspflichten und/oder vertraglichen Nebenpflichten erheblich verletzt hat. Liegt eine solche Pflichtverletzung vor, ist in Anlehnung an § 626 Abs. 1 BGB in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Ausbilders an der sofortigen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses gegen das Interesse des Auszubildenden an dessen Fortbestand bis zum Ablauf der Ausbildungszeit abzuwägen. Dabei hat eine Bewertung des konkreten Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist auch die bereits absolvierte Ausbildungszeit im Verhältnis zur Gesamtdauer der Ausbildung zu berücksichtigen.[1]

Dies führt dazu, dass eine fristlose Kündigung kurz vor Abschluss der Ausbildung oder dem Prüfungstermin kaum noch möglich ist.[2]

Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dem Ausbilder angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung wegen einer Ver...

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