Die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG bewirkt eine Progressionsmilderung durch "Verteilung der außerordentlichen Einkünfte" auf 5 Jahre. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine echte Verteilung der steuerpflichtigen Abfindung auf 5 Veranlagungszeiträume (Kalenderjahre); vielmehr wird die Abfindung weiterhin in dem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) besteuert, in dem sie zufließt. Allerdings wird die potenzielle Progressionserhöhung dadurch aufgefangen, dass die Steuer zunächst i. H. d. Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um die außerordentlichen Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) einerseits und das um 20 % (ein Fünftel) der außerordentlichen Einkünfte erhöhte verbleibende zu versteuernde Einkommen andererseits ermittelt wird. Dieser Betrag ist die Einkommensteuer, die auf ein Fünftel der außerordentlichen Einkünfte entfällt. Um nun die zutreffende Einkommensteuer für die gesamten steuerpflichtigen außerordentlichen Einkünfte zu ermitteln, muss dieser Betrag verfünffacht werden.

Entsprechendes gilt im Bereich der Lohnsteuer bezogen auf den Arbeitslohn, der insoweit nach der Jahreslohnsteuer zu erfassen ist.

 
Praxis-Beispiel

Der gesetzlich renten- und krankenversicherungspflichtige Arbeitnehmer A (verheiratet, 2 Kinder, mit Wohnsitz in Dortmund) verliert zum 30.9.2019 seinen Arbeitsplatz. Hierfür erhält er eine Abfindung i. H. v. 40.000 EUR. Im Jahr 2019 hatte er monatlich 3.000 EUR Gehalt bezogen, in den Monaten Januar bis September 2019 also insgesamt 27.000 EUR. Weitere Einmalzahlungen wurden seitens des bisherigen Arbeitgebers im Jahre 2019 nicht geleistet. Der Lohnsteuerabzug ist nach Steuerklasse III vorzunehmen.

Die Abfindung ist wie folgt zu besteuern: Es handelt sich um eine Einmalzahlung, also einen sonstigen Bezug, der unter Anwendung der Jahreslohnsteuer lohnzuversteuern ist. Die Abfindung ist in voller Höhe (= 40.000 EUR) steuerpflichtig. Unter Anwendung der sog. Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG ist daher zunächst die Lohnsteuer auf den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn (= 36.000 EUR) zu ermitteln. Danach ist diesem voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ein Fünftel der steuerpflichtigen Abfindung (= 8.000 EUR) zuzuschlagen und für diesen Betrag (= 44.000 EUR) erneut die Jahreslohnsteuer zu ermitteln. Die auf die Abfindung entfallende Lohnsteuer ist das Fünffache der Differenz der Lohnsteuer für den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn zuzüglich eines Fünftels des steuerpflichtigen Teils der Abfindung und der Jahreslohnsteuer auf den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn.

Berechnung der Lohnsteuer auf Abfindung

 
Lohnsteuer auf voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne ­Abfindung (= 36.000 EUR) 2.132 EUR
Lohnsteuer auf voraussichtlichen Jahresarbeitslohn  
zzgl. ein Fünftel der stpfl. Abfindung (= 44.000 EUR) 3.812 EUR
Differenzbetrag: 1.680 EUR
multipliziert mit 5 (= Lohnsteuer auf Abfindung) 8.400 EUR

Die so ermittelte Lohnsteuer sagt indes noch nichts über die tatsächliche Steuerbelastung des Arbeitnehmers aus. Diese kann erst bei der Veranlagung zur Einkommensteuer unter Berücksichtigung anderweitiger Einkünfte oder Verluste zutreffend ermittelt werden.

 
Hinweis

Gegen die mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingeführte sog. Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Lediglich in bestimmten Altfällen hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 7.7.2010 eine Fortgeltung der Vorgängerregelung, die eine Besteuerung der Abfindung mit dem halben Steuersatz vorsah, für notwendig erachtet.[1]

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag kommt vorrangig bei den regelversteuerten Einkünften zur Anwendung.[2] Dies bedeutet, dass Entlassungsentschädigungen nur insoweit um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag vermindert werden, als in dem Jahr, in dem die Abfindung ausgezahlt wird, keine anderweitigen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vorliegen.

Verluste aus anderen Einkunftsarten wirken sich nicht unmittelbar bei der sog. "Fünftelung" aus. Denn sonst wäre es möglich, eine Besteuerung außerordentlicher Einkünfte durch einen Verlust i. H. v. lediglich einem Fünftel dieser außerordentlichen Einkünfte zu vermeiden. § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG sieht vielmehr vor, dass der Verlust aus anderweitigen Einkünften bereits den Betrag der steuerpflichtigen außerordentlichen Einkünfte mindert (vgl. Fallbeispiel 3). Diese Regelung ist bereits beim Lohnsteuerabzug zu berücksichtigen (§ 39b Abs. 3 Satz 9 Halbsatz 2 EStG).

 
Praxis-Beispiel

Fall 1:

Das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers A (ledig, Steuerklasse I) soll zum 31.12.2019 aufgelöst werden. Die im Hinblick darauf zugesagte Abfindung i. H. v. 75.000 EUR soll noch im Jahr 2019 ausgezahlt werden. Das monatliche Bruttogehalt des A beträgt 5.000 EUR; ferner erhielt er bislang ein 13. Monatsgehalt, das für das laufende Jahr ebenfalls noch zur Auszahlung kommt. Werbungskosten werden durch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag abgedeckt; an Sonderausgabe...

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