Rz. 29

Die Dauer von Arbeitsverträgen, die sich auf den Befristungstatbestand aus § 2 Abs. 1 WissZeitVG stützen, verlängert sich um die Nichtanrechnungszeiträume aus den Tatbeständen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 6 WissZeitVG. Hierauf hat der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin einen Anspruch. Abgesehen von notwendigen redaktionellen Änderungen entspricht dies dem früheren § 57b Abs. 4 HRG.

Die Verlängerungsregelungen sind insbesondere aus sozialen Gründen gefordert. So würde es eine nicht zu rechtfertigende Benachteiligung insbesondere von Frauen darstellen, wenn Zeiten des Mutterschutzes oder der Elternzeit auf die Vertragslaufzeit angerechnet würden. Wenn während der Elternzeit eine Erwerbstätigkeit mit reduzierter Arbeitszeit fortgeführt wird, bemisst sich die Verlängerung nach dem Umfang der Arbeitszeitverminderung (Differenz zwischen ursprünglich vereinbarter Arbeitszeit und reduzierter Arbeitszeit). Die Erwägung der Nachteilsvermeidung gilt auch für die Berücksichtigung der Unterbrechungszeiten Nr. 1 (Betreuungsurlaub) und Nr. 4 (Grundwehr-, Zivildienst). In § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 WissZeitVG wird klargestellt, dass sich die Verlängerung auch auf einen Betreuungsurlaub für andere Kinder bezieht, soweit zu ihnen eine rechtlich verfestigte Familienbeziehung besteht, d. h. insbesondere auf Stief- und Pflegekinder (siehe oben Rz. 21).

 
Hinweis

Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG "verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter" die "jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1" um "Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz". Das führt nach Auffassung des BAG dazu, dass das befristete Arbeitsverhältnis über das vereinbarte Fristende hinaus zunächst für die in Anspruch genommene Elternzeit fortdauert und sich danach noch um die vor dem vereinbarten Fristende liegende Dauer der Elternzeit verlängert (BAG, Urteil v. 28.5.2014, 7 AZR 456/12).

Die Vorschrift soll "ersichtlich auch die Eltern unter den Nachwuchswissenschaftlern schützen". Es soll verhindert werden, dass diese ihren wissenschaftlichen Werdegang abbrechen (müssen). Deshalb wird die Beendigung des Arbeitsvertrags um die nicht anzurechnende Zeit hinausgeschoben. Es bedarf daher auch nicht etwa einer Neubegründung des Arbeitsvertrags. Zwar werden dadurch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser gestellt als in sonstigen Fällen des Zusammentreffens von Befristung und Elternzeit. Nach Auslegung des 7. Senats ist dies aber ersichtlich die durchaus gewollte Folge aus § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG (BAG, Urteil v. 28.5.2014, 7 AZR 456/12). Das BAG erteilt damit der in der Fachliteratur vorherrschenden "Unterbrechungslösung" eine Absage.

Auch in den anderen Fällen (Nr. 1, 2 und 4 bis 6) dauert deshalb das Arbeitsverhältnis über das vereinbarte Fristende hinaus zunächst für die in Anspruch genommene Zeit fort und verlängert sich danach noch um die vor dem vereinbarten Fristende liegende Dauer der Auszeit.[1]

 

Rz. 30

Nach der durch das Erste Änderungsgesetz zum WissZeitVG neu eingeführten Regelung des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 WissZeitVG verlängert sich die jeweilige Dauer eines nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristeten Arbeitsvertrags im Einverständnis mit dem Mitarbeiter auch um "Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht". Dies soll den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit eröffnen, trotz längerer behinderungs-, krankheits- oder unfallbedingter Ausfallzeiten das angestrebte Qualifizierungsziel zu erreichen.[2]

 

Rz. 31

Die Verlängerung setzt das Einverständnis des Mitarbeiters voraus. Ohne Einverständnis kommt es nicht zu einer Verlängerung. Das Einverständnis kann und muss bis zum Ende des befristeten Vertrags erklärt werden (BAG, Urteil v. 30.8.2017, 7 AZR 524/15[3]).

 
Hinweis

Die Einverständniserklärung des Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG bedarf nicht der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG (BAG, Urteil v. 30.8.2017, 7 AZR 524/15[4]). Das Einverständnis kann daher nicht nur ausdrücklich, sondern auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden,z. B. durch Weiterarbeit ((LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 26.2.2015, 5 Sa 166/14).[5] Zur Vermeidung einer Auseinandersetzung über die Anwendung von § 15 Abs. 5 TzBfG (Verlängerung als unbefristetes Arbeitsverhältnis) sollte jedoch vorsorglich das Einverständnis des Arbeitnehmers in schriftlicher Form verlangt werden[6], und zwar vor dem Datum, über welches hinaus das Arbeitsverhältnis verlängert werden soll.

 

Rz. 32

Der Umfang der Verlängerung soll in den Fällen der Nr. 1, 2 und 5 auf jeweils 2 Jahre begrenzt bleiben. Dabei ist die Begrenzung der Höchstdauer der jeweiligen Verlängerung aber für die zulässige Dauer der Unterbrechung ohne Bedeutung. Die Unterbrechung kann über die 2 Jahre hinausgehen.[7] In begründeten Ausnahmefällen – z. B. bei längeren Auslandsaufenthalten – kan...

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