Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Information der Belegschaft durch den Betriebsrat - Alleinentscheidung des Betriebsrats - Nutzung eines betriebsinternen EDV-Kommunikationssystems durch den Betriebsrat

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat die Information der Belegschaft über ein EDV-Kommunikationssystem zu gestatten, wenn das System im Betrieb allgemein zu diesem Zweck genutzt wird.

2. Der Betriebsrat hat das Recht und die Pflicht, die Arbeitnehmer des Betriebes umfassend und pünktlich, im Rahmen seines Aufgabenbereiches und seiner Zuständigkeit, zu informieren. Eine wirksame ununterbrochene Kommunikation zwischen Betriebsrat und der Belegschaft ist eine wesentliche Voraussetzung für eine ordentliche betriebliche Interessenvertretung. Das Herausarbeiten und Formulieren der jeweils konkret zu vertretenden Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb kann sich nur in einem demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozeß vollziehen, dessen Grundlage eine intensive wechselseitige Information zwischen den Beteiligten darstellt.

3. Der Betriebsrat muß hinsichtlich seiner Amtsführung und seiner Informationsmöglichkeiten im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben an den im Betrieb vorhandenen Entwicklungen der Technik, insbesondere der Kommunikationstechnik, teilnehmen können.

4. Der Betriebsrat entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen allein darüber, welche Informationen er auf welchem Wege an die Belegschaft gibt. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es hierbei nicht.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 2

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 17.02.1993; Aktenzeichen 7 ABR 19/92)

LAG Köln (Entscheidung vom 10.01.1992; Aktenzeichen 12 TaBV 52/91)

 

Tenor

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller für Bekanntmachungen im Rahmen seiner Zuständigkeit die Benutzung des Bürokommunikationsystems ALL-IN-1 mit dem Verteilerschlüssel „An Alle” für den Rereich … zu gestatten.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

 

Gründe

Der Antragsteller ist der 9-köpfige Betriebsrat der Niederlassung … der Antragsgegnerin, die in dieser Niederlassung etwa 500 Mitarbeiter beschäftigt.

Bisher informierte der Antragsteller die Mitarbeiter des Betriebes durch Anschläge an verschiedenen schwarzen Brettern, in Aufzügen usw. sowie durch die Herausgabe einer Informationszeitschrift „der Betriebsrat … informiert”.

Die Antragsgegnerin, die zu den führenden zählt, hat in ihrem Kölner Betrieb ein Bürokommunikationssystem mit der Bezeichnung ALL-IN-1 eingerichtet. Da jeder Mitarbeiter Ober einen eigenen Bildschirmterminal verfugt, können über das System alle Mitarbeiter elektronisch Informationen austauschen, über einen speziellen Verteilerschlüssel „an alle” kann eine Nachricht automatisch an alle Mitarbeiter geschickt werden. Der Empfänger der Mitteilung kann dann die Nachricht nur über die Benutzung der Lesefunktion löschen, er wird somit zum Lesen der Information gezwungen, wobei allerdings das Lesen des Kopfes einer Nachricht ausreicht. Der Verteilerschlüssel „an alle” wird von der Antragsgegnerin z.B. für allgemeine Mitteilungen der Personalabteilung genutzt.

Damit das System nicht mißbräuchlich benutzt werden kann, ist dieser Verteilerschlüssel gesperrt. Zugang hat ein im Rechenzentrum beschäftigter Mitarbeiter, der das Informationssystem und auch die Adressendatei pflegt. Die Antragsgegnerin legt diesem Mitarbeiter alle Informationen vor, die sie über das System an alle Mitarbeiter weitergeleitet haben will, damit dieser die Mitteilungen dann in das System eingibt. Dieser Mitarbeiter hat die Anweisung, nur Informationen über das System zu verbreiten, die von der Personalabteilung vorgelegt werden.

Dem Antragsteller steht das Informationssystem grundsätzlich zur Kommunikation mit der Personalabteilung oder zur Verteilung von Nachrichten an verschiedene Gruppen von Mitarbeitern zur Verfugung, er darf jedoch nicht den Verteilerschlüssel „an alle” benutzen.

Der Antragsteller möchte funktionell, wie z.B. bei Einladungen zu Betriebsrats- oder Abteilungsversammlungen Stellung nehmen können und bei betriebsverfassungsrechtlichen Fragen des Betriebsrats, wie bei Einladungen zu Veranstaltungen usw. das System nutzen können. Er hatte bereits im Januar 1991 die Antragsgegnerin gebeten, Mitteilungen und Bekanntmachungen des Betriebsrats ebenfalls über dieses Informationssystem an alle weiterzuleiten.

Die Antragsgegnerin verweigert dem Antragsteller den Zugang zu dem Informationssystem bzw. läßt es nicht zu, daß der mit dem Informationssystem beauftragte Mitarbeiter Bekanntmachungen des Antragstellers weitergibt, da es in anderen Niederlassungen schon zu Mißbrauchsfällen mit dem System gekommen ist.

Der Antragsteller ist der Ansicht, er habe einen rechtlichen Anspruch auf Information der Mitarbeiter und Verbreitung von Bekanntmachungen des Betriebsrats. Die in anderen Betrieben übliche Art der Bekanntmachung über ein oder mehrere schwarze Bretter, reiche im Betrieb der Antragsgegnerin nicht aus. Die im Betrieb der Antragsgegnerin bes...

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