Ist die Arbeitsleistung vorgegeben, muss der Beschäftigte sie entsprechend erbringen. Kommt er seiner Verpflichtung nicht nach, verliert er in letzter Konsequenz den Anspruch auf das Entgelt. Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nicht nachkommt. Die Rechtspflicht zur Beschäftigung bedeutet, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten vertragsgemäß beschäftigen muss, wenn dieser es verlangt.[1] Anderenfalls behält der Beschäftigte den Entgeltanspruch.

Mit Art. 1 Nr. 36a des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 hat der Gesetzgeber in § 615 Satz 3 BGB einen weiteren Fall hinzugefügt, in dem der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Mit dem Risiko des Arbeitsausfalls ist das Betriebsrisiko gemeint. Dieses Betriebsrisiko gehört zum allgemeinen Unternehmensrisiko des Arbeitgebers. Es obliegt ihm, Vorsorge zu treffen, dass der Beschäftigte die Gelegenheit erhält, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Gelingt ihm das nicht, bleibt er weiterhin zur Entgeltzahlung verpflichtet (Annahmeverzug). Diese Risikozuweisung wird damit begründet, dass der Arbeitgeber den Betrieb organisiert und leitet, während der Beschäftigte keinen Einfluss auf die betrieblichen Entscheidungen hat. Darüber hinaus zieht der Arbeitgeber als Gegenstück zum Betriebsrisiko den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Unternehmen.

Die am 1.1.2002 in Kraft getretene Vorschrift entspricht weitestgehend der bis dahin bestehenden ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die dort entwickelten Grundsätze finden daher weiterhin Anwendung.

Die Regelung weicht von den sonstigen Verzugsvorschriften des BGB, wie etwa in § 304 BGB, in seiner Rechtsfolge erheblich ab. Zum einen erhält es den Gegenanspruch des Arbeitnehmers auf das Entgelt in voller Höhe und zum anderen wird nicht verlangt, dass die Leistung erbracht oder auch nur nachgeholt werden muss. Beides ist dem Umstand geschuldet, dass der Beschäftigte regelmäßig auf das Entgelt angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, und andererseits nur ein begrenztes Zeitbudget zur Verfügung hat, das im Wesentlichen vom Arbeitgeber bestimmt wird. Im Gegenzug ist jedoch der Beschäftigte verpflichtet, seine Arbeitszeit, wenn möglich, anderweitig einzusetzen, um die Folgen dieser Risikoübernahme für den Arbeitgeber zu minimieren.

3.1 Störungen

Zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehören alle diejenigen Umstände, welche die Arbeitsleistung und damit deren Annahme durch den Arbeitgeber aus Gründen unmöglich machen, die im betrieblichen Bereich liegen.[1] Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Störung vom Arbeitgeber selbst verursacht wurde oder eine aufgrund der äußeren Umstände nicht zwingende Arbeitsunterbrechung selbst entscheidet. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Störung generell im Risikobereich des Arbeitgebers liegt und damit gem. § 615 Satz 3 BGB zur Fortzahlung des Entgelts führt.[2]

3.2 Störungen der Betriebsmittel

Von der Vorschrift sind betriebsinterne Störungen erfasst, die auf ein Versagen der sachlichen oder persönlichen Mittel des Betriebs zurückzuführen sind. Dazu zählen:

  • Unterbrechungen der Energie- oder Wasserversorgung,
  • Schäden durch Brand oder Wasser,
  • Mangel an Roh- oder Betriebsstoffen,
  • Mangel an für den Betrieb notwendigem Personal.

Neben den Störungen der Betriebsmittel werden auch solche Einflüsse erfasst, die von außen auf die Betriebsmittel einwirken, auch wenn es sich für den Arbeitgeber als ein Fall höherer Gewalt darstellt. Durch die Störung muss der Arbeitnehmer daran gehindert sein, die vertraglich geschuldete Arbeit leisten zu können. Zur höheren Gewalt, die auf die Betriebsmittel oder Betriebsstätten einwirken kann, zählen etwa:

  • Überschwemmung
  • Kälteeinbruch[1]
  • Blitzschlag
  • Feuersbrunst
  • Erdbeben
 
Praxis-Beispiel

Dies können Naturereignisse wie Erdbeben, Überschwemmungen, Unglücksfälle sowie extreme Witterungsverhältnisse[2] sein.

Der Arbeitgeber trägt auch dann das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn er selbst den Betrieb aus Gründen, die in seinem betrieblichen oder wirtschaftlichen Verantwortungsbereich liegen, einschränkt oder stilllegt.[3] Ob im letzteren Fall Annahmeverzug oder eine Betriebsstörung vorliegen, kann dahinstehen, da die Rechtsfolgen identisch sind. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens steht einer Betriebsstilllegung nicht gleich, da es dem Insolvenzverwalter offen steht, den Betrieb fortzuführen.[4]

Ebenso ist ein vom Beschäftigten nicht zu vertretendes Hausverbot durch den Auftraggeber, in dessen Räumen die einzige vom Beschäftigten wahrzunehmende Beschäftigungsmöglichkeit besteht, nicht dem Risikobereich des Arbeitgebers zuzuordnen. Kann ein Beschäftigter wegen des Hausverbots eines Kunden die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen, beruht dies nicht auf betriebstechnischen Umständen, wie etwa dem Ausfall von Produktionsmitteln, oder einem von außen auf den Betrieb einwirkenden Geschehen ("höhere Gewal...

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