Sowohl im Rahmen der Einstellung als auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses haben Arbeitgeber ein Interesse an Informationen zur Arbeits- und Leistungsfähigkeit eines Beschäftigten und in diesem Zusammenhang auch an der Anordnung ärztlicher Untersuchungen. Dem Interesse des Arbeitgebers stehen grundrechtlich geschützte Interessen der Beschäftigten gegenüber. So werden bei der Anordnung ärztlicher Untersuchungen regelmäßig das Interesse des Beschäftigten auf körperliche Unversehrtheit, Wahrung seines Persönlichkeitsrechts und seiner Intimsphäre berührt. Die Frage, in welchen Fällen Arbeitgeber Bewerber und Beschäftigte rechtssicher verpflichten können, sich ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen, ist daher mit einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Fallstricke verknüpft.

Nach § 1 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz, ASiG) hat der Arbeitgeber Betriebsärzte zu bestellen. Zu deren gesetzlichen Aufgaben gehört es, "die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten" (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG). Für den Bereich des öffentlichen Dienstes bestimmt § 16 ASiG, dass in Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ein den Grundsätzen dieses Gesetzes gleichwertiger arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Arbeitsschutz zu gewährleisten ist. Auf Grundlage von § 16 ASiG hat der Bund eine "Richtlinie für den betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Dienst in den Verwaltungen und Betrieben des Bundes" erlassen. Im Arbeitssicherheitsgesetz ist jedoch nicht geregelt, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Beschäftigter verpflichtet ist, sich auch ohne sein Einverständnis auf Verlangen des Arbeitgebers ärztlich untersuchen zu lassen. Eine allgemeine gesetzliche Verpflichtung des Beschäftigten, sich vor der Einstellung oder während des Beschäftigungsverhältnisses einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, besteht nicht.

Im Öffentlichen Dienst stellt § 3 Abs. 4 TVöD / § 3 Abs. 5 TV-L die zentrale Vorschrift zur Durchführung von ärztlichen Untersuchungen dar. Danach ist der Arbeitgeber bei begründeter Veranlassung berechtigt, den Beschäftigten zu verpflichten, durch ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, dass er zur Leistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in der Lage ist. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, ist es erforderlich, dass der Beschäftigte sich einer ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Neben den tariflichen Regelungen hat der Arbeitgeber gesetzliche Vorschriften zu beachten, die ärztliche Untersuchungen zum Teil sogar zwingend vorsehen. Entsprechende Verpflichtungen finden sich beispielsweise in der Arbeitsstättenverordnung, im Jugendarbeitsschutzgesetz, in der Gefahrstoffverordnung, im Infektionsschutzgesetz, in der Strahlenschutzverordnung und in Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften.

Darüber hinaus können Beschäftigte auch aufgrund von Regelungen in Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen sowie der allgemeinen Treuepflicht verpflichtet sein, sich ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen.

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