Neue Studie: Verwaltung in der Coronakrise

Eine neue Studie zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den öffentlichen Dienst zeigt, welche Erfahrungen Beschäftigte in ihrem Arbeitsalltag gemacht haben. In einer parallelen Befragung wurden Bürgerinnen und Bürger zur Zufriedenheit mit der Arbeit der Verwaltung in der Corona-Krise befragt. 

Die von der Beratungsagentur Next:Public zusammen mit der Hertie School of Governance durchgeführte Studie Verwaltung in Krisenzeiten - Eine Bestandsaufnahme der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Öffentlichen Dienst basiert auf der bisher größten zum Thema durchgeführten Verwaltungsbefragung mit rund 6.000 Teilnehmenden. Zudem wurden 5.000 Bürgerinnen und Bürger nach ihrer Einschätzung zur Arbeit der Verwaltung in der Corona-Pandemie befragt. 

Funktionsfähigkeit in der Krise

Eine zentrale Erkenntnis der Studie: Deutsche Verwaltungen funktionieren aus Sicht der Mitarbeitenden auch in der Krise. Der Großteil der Verwaltungsbeschäftigten sah die Leistungsfähigkeit der eigenen Behörde während der ersten Welle der Corona-Pandemie nur geringfügig eingeschränkt. Allerdings gaben 42 Prozent der Befragten eine höhere oder sehr viel höhere Arbeitsbelastung an.

44 Prozent der Bürgerinnen hat die Verwaltung zu Beginn der Pandemie als funktionsfähig wahrgenommen. Gleichzeitig gaben jedoch 36 Prozent der Befragten an, dass sie die Verwaltung als weniger (27 Prozent) bzw. gar nicht (9 Prozent) funktionsfähig ansahen. Zudem ergab sich ein West-Ost-Gefälle: die Funktionsfähigkeit der Verwaltungen in den westdeutschen Bundesländern wurde besser bewertet als in den meisten ostdeutschen Bundesländern.

Fast die Hälfte empfindet höhere Arbeitsbelastung

Im Querschnitt gab fast die Hälfte der Befragten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene an, einer höheren oder sehr viel höheren Arbeitsbelastung ausgesetzt gewesen zu sein. Zusätzlich wurde jeder vierte Beschäftigte – auf kommunaler Ebene sogar jeder dritte – mit anderen Aufgaben betraut, zum Beispiel, um die Gesundheitsämter zu unterstützen. Hierbei schätzten die Mitarbeitenden der Kommunalebene ihren Beitrag zur Umsetzung der Pandemiebekämpfung höher ein als ihre Kolleginnen und Kollegen auf Bundes- oder Landesebene ein.

Möglichkeit des Homeoffice unterschiedlich verteilt

Die Möglichkeiten der flexiblen Arbeitsorganisation, zum Beispiel beim Homeoffice, wurden ganz unterschiedlich bewertet. Laut Studie hat rund die Hälfte der Befragten in der ersten Corona-Phase und im Lockdown hauptsächlich im Home-Office gearbeitet. Im genaueren Vergleich waren hierbei allerdings 67 Prozent auf Bundesebene beschäftigt, 55 Prozent auf Landesebene und nur 37 Prozent auf der Kommunalebene. 25 Prozent gaben insgesamt an, dass sie während des ersten Lockdowns täglich an ihrem Arbeitsplatz waren.

Ein Großteil der Mitarbeitenden in den Behörden wünschen sich zudem, auch nach Ende der Corona-Krise die Möglichkeit zum Homeoffice zu behalten. Nur 11 Prozent der Mitarbeitenden haben keinen Bedarf im Homeoffice zu arbeiten.

Bessere Online-Dienste gefragt

Bei der Befragung von Bürgerinnen und Bürgern gaben etwa 20 Prozent an, dass sie während der ersten Phase der Pandemie die Online-Dienste der Verwaltung stärker genutzt haben. Allerdings war knapp die Hälfte derer, welche die digitalen Angebote der Verwaltung genutzt haben, unzufrieden und wünschen sich eine Verbesserung, etwa bei der Erreichbarkeit und Bereitstellung von Information. Gleichwohl gaben 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger an, dass parallel dazu Vor-Ort-Termine in den Behörden für sie weiterhin wichtig bleiben.

dbb: Bereitschaft zur Innovation ist vorhanden

Die Studie zeige nach Ansicht des deutschen Beamtenbund und Tarifunion (dbb), dass Beamtinnen, Beamte und öffentlich Beschäftigte während der Pandemie eine beachtliche Innovations- und Experimentierfreude an den Tag legen.

„Wenn die technischen Voraussetzungen stimmen, wollen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst die Innovation“, beschrieb dbb Chef Ulrich Silberbach der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der Ausgabe vom 4. Dezember den Kulturwandel, der sich nicht mehr so leicht zurückschrauben lasse. Bremser bei Modernisierung und Digitalisierung sei offensichtlich nicht die untere Ebene, sondern die Führung, die zu langsam voranschreite.

Silberbach verwies noch auf einen weiteren Faktor: Angesichts des demografischen Wandels und den anstehenden Pensionierungswellen stünden Bund, Länder und Kommunen schon jetzt in einem harten Wettbewerb mit der freien Wirtschaft um die jung Generation. Flexibilität und mobiles Arbeiten werde da immer wichtiger. „Wenn wir den Schub jetzt nicht nutzen, haben wir in Zukunft kaum eine Chance“, sagte der dbb Bundesvorsitzende.





Next:Public Beratungsagentur/dbb
Schlagworte zum Thema:  Verwaltung, Coronavirus, Studie