Im "klassischen" öffentlichen Dienst (Bund, Länder, Kommunen, Sozialversicherung bzw. Bundesagentur der Arbeit) arbeiten derzeit rund 4,9 Mio. Menschen. Anfang der 1990er begann eine Phase der Kürzungen und Privatisierungen. Die Verwaltung sollte von nun an betriebswirtschaftlicher handeln und mit weniger Personal auskommen. Folglich wurde über Jahrzehnte Personal abgebaut. Seit 2008 ist eine leichte Kehrtwende in Richtung Personalzuwachs erkennbar.[1] Eine hohe Verweildauer der Beschäftigten, meist bis zum Erreichen der Altersgrenze, gepaart mit einer verhaltenen Einstellungspolitik, sorgt für einen hohen Anteil älterer Beschäftigter.[2] Trotz eines leichten Rückgangs des Durchschnittsalters im öffentlichen Dienst, beträgt der Anteil der über 55-Jährigen noch immer rund 26 %, Tendenz steigend.[3]

Auch in der Bundesverwaltung ist der Anteil der älteren Beschäftigten (45–59 Jahre) deutlich höher (46,8 %) als in der gesamten Erwerbsbevölkerung (38,5 %). Vergleichbare Verteilungen sind auch auf Länder- und Kommunalebene zu erkennen. Mit einer solch kritischen Altersstruktur werden häufig eine erhöhte Abwesenheit, eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder geringe Innovationsfähigkeit assoziiert. Auch ist in den kommenden Jahren mit vielen altersbedingten Abgängen zu rechnen, die es auszugleichen gilt. Das weitreichende Wissen und die Erfahrungen der Ausscheidenden dürfen dabei nicht verloren gehen. Der demografische Wandel stellt somit für die öffentliche Verwaltung eine große Herausforderung dar.[4] Bis 2030 wird es insbesondere in lehrenden Berufen und dem Verwaltungssektor an Fachkräften fehlen. Ländliche Regionen (Kommunen) sind von diesem Wettbewerb um junge Fachkräfte am stärksten betroffen. Bei Neueinstellungen ist festzustellen, dass die Anzahl der befristeten Verträge im Vergleich zur Privatwirtschaft weiter steigt, was den Trend der prekären Arbeitsverhältnisse nicht stoppt und zu Unsicherheit bei den Beschäftigten führt.[5]

Durch ein betriebliches bzw. behördliches Gesundheitsmanagement und eine moderne Personalpolitik bietet sich dem öffentlichen Sektor die große Chance, seine Arbeitgeberattraktivität zu steigern und dadurch junge Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.[6] Junge Menschen wünschen sich neben einem sicheren Arbeitsplatz und einer guten Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben beispielsweise auch eine dynamische Arbeitskultur mit Teamarbeit, eine eigenständige Arbeitsorganisation und moderne IT. Gerade in den letztgenannten Punkten und im Rahmen des Personalmarketings/Recruiting muss die öffentliche Verwaltung nachbessern, um auch nach außen attraktiv zu sein.[7]

Neben den demografischen und strukturbedingten Herausforderungen finden sich in einem "Ausführlichen Branchenbild aus dem Risikoobservatorium der DGUV (2019)" weitere Entwicklungen im Arbeitsfeld der öffentlichen Verwaltung, die die Gesundheit der Beschäftigten dort zukünftig beeinflussen werden. Diese Entwicklungen erhöhen den Arbeitsdruck und führen zu einer Verdichtung der Arbeit. Die andauernde angespannte Haushaltslage hat neben den steigenden Anforderungen an die Beschäftigten auch Auswirkungen auf die Instandhaltung und Investitionen von Gebäuden. Sanierungsbedürftige Behörden und Verwaltungen mit unzureichenden Arbeitsbedingungen (z. B. Zugluft, Lärm, Raumnöte) sind bundesweit zahlreich zu finden. Um dem BGM eine nachhaltig positive Wirkung zu verleihen, müssen auch Budget, Ressourcen und Strategien der Personalgewinnung stimmen.[8]

 
Wichtig

Herausforderungen in der öffentlichen Verwaltung

  • Personal-/Fachkräftemangel
  • kritische Alters- und Beschäftigtenstruktur
  • Verdichtung der Arbeit, hohe Arbeitsintensität
  • prekäre Beschäftigungsverhältnisse
  • Digitalisierungsdruck
  • Führungskräfte fremdeln mit Selbstorganisation und Autonomie der Mitarbeiter
  • Krankenstand weiterhin auf hohem Niveau
  • Fehlzeiten korrelieren mit Alter, Statusgruppe und Laufbahnstruktur
  • Defizite im Bereich Unternehmenskultur
  • Muskel-Skeletterkrankungen verursachen die meisten Arbeitsunfähigkeitstage
  • hohe Anzahl an psychischen Erkrankungen mit langen Ausfallzeiten
  • ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen noch nicht flächendeckend umgesetzt

Die Corona-Pandemie zwingt die öffentliche Verwaltung in noch nie dagewesenem Maße zur Digitalisierung. Prozesse zur Digitalisierung bzw. weitreichende Pandemieplanungen mussten von heute auf morgen ihre Umsetzung finden. Dies erfordert zusätzliche Aufwendungen und Ressourcen, deren Kosten es zu refinanzieren gilt. Eine aktuelle Studie zum Thema "öffentliche Verwaltung in Krisenzeiten"[9] zeigt auf, wie die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung die Pandemie bisher gemeistert haben, vor welchen Herausforderungen die Verwaltungen in der andauernden Krise stehen und wo Optimierungsbedarf besteht. Eine zentrale Erkenntnis: Kommunen sind besonders betroffen und die Arbeitsbelastung ist noch einmal gestiegen. Aufgrund des hohen Einsatzes des Personals scheint das Meistern der Krise jedoch weitestgehend zu gelingen.

Dennoch: Ein Viertel der Bes...

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