BVerfG muss Beamtenbesoldung in Sachsen-Anhalt prüfen

In Sachsen-Anhalt gibt es seit Jahren Streit um die angemessene Besoldung von Richtern und Landesbeamten. Nun hat das Verwaltungsgericht Halle erneut das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Die Richter in Karlsruhe sollen klären, ob die Regelung für die Jahre 2008 bis 2014 trotz Nachbesserungen weiterhin verfassungswidrig ist.

Nachbesserung durch Gesetz laut Gericht nicht ausreichend

Die obersten Verfassungsrichter hatten die ursprüngliche Besoldung vor zwei Jahren als zu niedrig eingestuft und Vorgaben gemacht. Das Land besserte daraufhin per Gesetz nach. Aus Sicht einiger Betroffener reichen diese Anpassungen nicht. Sie klagten erneut. Das Verwaltungsgericht gab ihnen für die Vergangenheit Recht.

Während die Verwaltungsrichter die Nachbesserung weiterhin als zu niedrig einstuften, wiesen sie eine Klage gegen die seit 2015 geltenden Besoldungsregeln zurück. Für die Vorjahre soll Karlsruhe eine endgültige Entscheidung treffen.

Erste Klagen im Jahr 2009

Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger haben mit ihren im Jahr 2009 erhobenen Klagen geltend gemacht, dass ihre Besoldung seit dem 1. Januar 2008 nicht amtsangemessen sei. Das Verwaltungsgericht Halle hatte mit Beschluss vom 28. September 2011 bezogen auf die Besoldungsgruppe R 1 die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt, ob die im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2010 gewährte Alimentation der Besoldungsgruppe R 1 mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar  ist. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 5. Mai 2015 die Regelungen des Landesbesoldungsgesetzes für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2010 für mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar erkannt und dem Gesetzgeber des Landes Sachsen-Anhalt aufgegeben, verfassungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2016 zu treffen.

Beamte und Richter erhielten Nachzahlung

Aufgrund eines anschließend erlassenen Gesetzes vom 18. Dezember 2015 erhielten Beamte und Richter eine Nachzahlung für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2014 in Höhe von 2,7 Prozent für das Jahr 2008, 0,1 für 2009,  2,3 für 2010, 1,4 für 2011, 0,3 für 2012, 0 für 2013 und 0,1 für 2014.

 Daraufhin machten die Kläger geltend, dass ihre Besoldung ab dem 1. Januar 2008 trotz der erfolgten Nachzahlung weiterhin nicht amtsangemessen gewesen sei. Sie decke das Alimentationsdefizit in den Streitjahren nicht und werde zudem durch die höhere Besteuerung teilweise aufgezehrt.

VG: Besoldung 2015 war niedrig, wird aber durch Versorgungssystem ausgeglichen

Das Verwaltungsgericht hat nunmehr entschieden, dass die Alimentation der Kläger im Jahr 2015 nicht als evident  verfassungswidrig zu niedrig anzusehen ist und hat die Klagen insoweit abgewiesen (5 A 597/17 HAL).

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass im Rahmen der durchzuführenden Gesamtabwägung zwar weiterhin Indizien dafür vorlägen, dass die Alimentation zu niedrig sei und begründet diese mit den Regelungen des Versorgungs- und Beihilferechts. Die Richterbesoldung halte auch nicht den durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung in der Privatwirtschaft stand. Dieser Mangel werde aber durch die Versorgung der Kläger gemindert, die trotz der Einschnitte im Versorgungsniveau Vorteile gegenüber anderen Versorgungssystemen aufweise und den Richtern die Absicherung des Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrisikos erspare.

Für 2008 bis 2015 wird das BVerfG angerufen 

Für die Jahre 2008 bis 2014 hat das Gericht die Verfahren ausgesetzt und entschieden, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Nettoalimentation der Kläger mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar gewesen ist (5 A 143/15 HAL).

Zur Begründung führt es aus, dass die Bemessung der Grundgehaltssätze der R 1-Besoldung in Sachsen-Anhalt in den Streitjahren trotz der Nachbesserung durch § 23 b BesVersEG LSA nicht amtsangemessen gewesen sei. Dadurch sei die Alimentation der Kläger in den Jahren 2008 bis 2014 verfassungswidrig zu niedrig gewesen. In den Jahren 2008 bis 2011, 2013 und 2014 führe der Abstand zwischen dem Besoldungsindex und den Vergleichsindizes der Tarifentgelte, des Nominallohnes und der Verbraucherpreise zu der Vermutung der Unteralimentation. Im Jahr 2012 ergebe sich diese aus dem Abstand zwischen dem Besoldungsindex und den Vergleichsindizes der Tarifentgelte, des Nominallohnes und dem Abstandsgebot sowie der Gesamtabwägung (VG Halle, Urteil v. 11.7.2017, 5 A 594 - 597/17 HAL).

Reaktion des Finanzministers

«Wir nehmen die Entscheidung zur Kenntnis und werden das Urteil in Ruhe auswerten», sagte Finanzminister André Schröder (CDU). Welche finanziellen Folgen ein erneuter Erfolg der Kläger in Karlsruhe haben könnte, sei derzeit nicht bezifferbar. Für die Nachbesserungen seien bereits mehr als 22 Millionen Euro geflossen.

dpa / Pressemitteilung VG Halle