Kritik an Abweichungen von kommunaler Doppik in NRW

Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen plant eine Gesetzesänderung (2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz), die die kommunalen Finanzen neu regeln soll. An diesem Vorhaben wurde Kritik laut, die sich vor allem darauf bezieht, dass die allgemeinen Bilanzierungsrichtlinien abgeändert werden sollen.

Unter dem Begriff Neues kommunales Finanzmanagement (NKF) werden die Bestrebungen zusammengefasst, die Finanzhaushalte der Kommunen auf das Prinzip der Doppik umzustellen. Das NKF ist der finanzwirtschaftliche Teil des Steuerungsmodells.

Geplante Änderungen des NKF

Der Referentenentwurf des 2. NKF-Weiterentwicklungsgesetzes NRW sieht folgende Neuregelungen vor:

  1. "Neuausrichtung des kommunalen Haushaltsrechts“ zum Zwecke
    - der Behebung des Sanierungsstaus bzw. der Verbesserung des Rahmens für investives Handeln der Kommunen (durch Einführung der Aktivierbarkeit von Instandhaltungsaufwendungen unter Durchbrechung des Anschaffungskostenprinzips)
    - der Stärkung der Planbarkeit der Haushalte (durch Änderung von Passivierungsmöglichkeiten zur Glättung von Ergebnisschwankungen)
    - der Verbesserung des Spielraums der Kommunen zur Erreichung des Haushaltsausgleichs (durch Berücksichtigung kalkulatorischer Aufwendungen in der externen Rechnungslegung)
  2. Befreiungsmöglichkeit vom Gesamtabschluss (bzw. durch großzügige Größenklassenkriterien faktischen Abschaffung des Gesamtabschlusses als Berichtsinstrument)
  3. Neuordnung der Rechnungsprüfung

Kritik an geplanten Neuregelungen

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW)  hat an diesem Vorhaben nun Kritk geübt. Mit dem Referentenentwurf entferne sich die Rechnungslegung bei Kommunen in Nordrhein-Westfalen weiter weg von traditionellen Bilanzierungsprinzipien, z.B. durch die Einführung neuer Passivierungsmöglichkeiten sowie der Aktivierbarkeit von Instandhaltungsaufwendungen unter Durchbrechung des Anschaffungskostenprinzips.

Fraglich sei, ob ein solcher Abschluss überhaupt noch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage insgesamt vermitteln könne und ob es sich nicht um einen Abschluss für einen speziellen Zweck i.S.v. IDW PS 480 handeln wird.

Allgemeines Informationsbedürfnis oder Spezialregelung?

Das Handelsgesetzbuch (HGB) – wie auch z.B. die IPSAS (International Public Sector Accounting Standards = Rechnungslegungsstandards) – gelten als Rechnungslegungsgrundsätze für allgemeine Zwecke, also Regelwerke, die den gemeinsamen Informationsbedürfnissen einer Vielzahl unterschiedlicher Adressatengruppen dient.  Adressaten sind im Bereich der kommunalen Finanzen diejenigen Akteure, die der öffentlichen Hand Ressourcen zur Verfügung stellen (z.B. Steuerzahler, Investoren in Staatsanleihen, Mitarbeiter), Empfänger der öffentlichen Leistungen (z.B. Einwohner) sowie deren Repräsentanten (z.B. Parlamente).

Das IWD kritisiert nun, dass die geplante Weiterentwicklung eher zu einem Regelwerk für einen speziellen Zweck führen würde.

Regelwerke für einen speziellen Zweck sind beispielsweise

  • Rechnungslegungsgrundsätze für die Steuerbilanz,
  • Rechnungslegungsgrundsätze einer Behörde bspw. im Rahmen einer Projektförderung,
  • vertraglich vereinbarte Rechnungslegungsgrundsätze, z.B. im Rahmen von Schuldverschreibungen oder Darlehensvereinbarungen oder bei Unternehmenstransaktionen.

Je mehr die kommunale Doppik durch von den etablierten handelsrechtlichen Rechnungslegungsgrundsätzen abweichende Sonderregelungen modifiziert wird, ohne dass sich diese zwingend aus Besonderheiten des öffentlichen Sektors ergeben, liegt die Vermutung nahe, dass sich der allgemeine Informationszweck nicht mehr erfüllen lässt, so die Kritik am Gesetzentwurf.

Das könnte der Fall sein, wenn die Vorschriften z.B. darauf ausgerichtet sind, den Haushaltsausgleich (positiv) zu beeinflussen oder den Aufstellern willkürlich ausübbare Ermessensspielräume einzuräumen.

IWD: Rechnungslegung sollte einheitlich erfolgen

Die Experten plädieren dafür, sich nicht von den originären Zwecken der Rechnungslegung – insbesondere Entscheidungsfindung und Rechenschaftslegung sowie Information eines breit gefassten Adressatenkreises – zu entfernen. Den Bürgern solle nicht zugemutet werden, sich zum Vergleich von kommunalen Abschlüssen verschiedener Bundesländer in unterschiedliche Regelwerke der Rechnungslegung einarbeiten zu müssen.

Dieser Effekt verstärke sich, so das IWD, je mehr die kommunalen Regelwerke vom HGB-Modell einer periodengerechten Rechnungslegung abweichen, um individuellen Bedürfnissen der Aufsteller nachzukommen.

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