Öffentliche Unternehmen Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Vorschläge zur Änderung der EU-Bilanzrichtlinie sehen – neben einer inhaltlichen Erweiterung – u.a. vor, den Kreis der Verpflichteten für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf alle großen haftungsbeschränkten Rechtsträger auszuweiten. Dabei wird aus der Sicht des IDW derzeit offenbar noch übersehen, dass öffentliche Unternehmen unabhängig von ihrer tatsächlichen Größe wie große Kapitalgesellschaften zu bilanzieren haben.

Mehrheit der über 18.500 öffentlichen Unternehmen betroffen?

Auch kleine und mittelgroße Unternehmen in öffentlicher Hand unterliegen künftig der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und weiteren Angaben gemäß EU-Taxonomieverordnung, wie dies heute für Unternehmen des öffentlichen Interesses i.S.v. § 316a HGB der Fall ist. Da diese Angaben ausschließlich im Lagebericht erfolgen werden, unterliegen sie außerdem der Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer.

so das IDW auf S. 2 des Schreibens an die Finanzministerien der Länder sowie Innen- bzw. für Kommunales zuständigen Ministerien. Bislang wird „nur“ in der öffentlichen Diskussion davon ausgegangen, dass es sich um eine Ausweitung der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland von bislang etwa 500 auf rund 15.000 Unternehmen handelt, wenn die CSRD ab 2025 für die großen Kapitalgesellschaften eine Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht fordert. Das IDW nimmt aber an, dass zusätzlich letztlich die Mehrheit der bundesweit über 18.500 öffentlichen Unternehmen (davon rund 16.000 auf kommunaler Ebene) – unmittelbar oder mittelbar – von den Neuerungen betroffen sein werden.

Die neuen Pflichten gelten jedenfalls für kleine und mittelgroße Unternehmen der öffentlichen Hand in privatrechtlicher Form. Für öffentlich-rechtliche Organisationsformen (Landesbetriebe, Eigenbetriebe, Zweckverbände, Anstalten des öffentlichen Rechts, Hochschulen und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Stiftungen) könnte allenfalls etwas anderes gelten, wenn das jeweilige Landesrecht Ausnahmen vorsieht. So kann beispielsweise bei Landesbetrieben in NRW das zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium auf die Aufstellung des Lageberichts verzichten (§ 87 Abs. 1 Satz 1 und 2 LHO NRW). Solche Ausnahmeregelungen im Landesrecht sind jedoch selten und gelten nicht in für alle Einheiten. Die Landesvorschriften sind zwar heterogen und leicht unterschiedlich formuliert, bezwecken jedoch angesichts der Vorbildfunktion der öffentlichen Unternehmen grundsätzlich die Anwendung der strengeren Vorschriften für große Kapitalgesellschaften. Das IDW legt die aktuell geltenden Regelungen der Bundesländer alle so aus, dass die betroffenen bilanzierenden Einheiten künftig auch eine Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Lagebericht aufnehmen müssen, wenn nicht explizit landesrechtliche Ausnahmevorschriften existieren.

Öffentliche Unternehmen als Vorreiter der Nachhaltigkeit?

Das IDW weist darauf hin, dass eine fehlende Nachhaltigkeitsberichterstattung dann Auswirkungen auf das Testat bis hin zur Verweigerung haben kann. Daher wird die Möglichkeit der Formulierung von Ausnahmevorschriften beschrieben, wobei dann aber doch auf die Vorbildfunktion der öffentlichen Unternehmen verwiesen wird:

Ungeachtet dessen sollten Gebietskörperschaften eine Vorreiterrolle übernehmen und sich selbst zeitlich und inhaltlich den Anforderungen zur Nachhaltigkeit(sberichterstattung) zumindest wie Unternehmen stellen. Wenngleich die Vorschriften zur kommunalen Doppik dies noch nicht in allen Bundesländern widerspiegeln, haben sich auf kommunaler Ebene Pilotprojekte gebildet, um auf freiwilliger Basis eine gute Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erreichen (z.B. auf Basis der vom Rat für Nachhaltige Entwicklung herausgegebenen Testversion einer Handreichung für Kommunen „Berichtsrahmen nachhaltige Kommune“, die auf dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex aufbaut). Insofern versuchen einzelne Kommunen dem gesteigerten Bedarf der Bürger an Transparenz nachzukommen; es gilt jetzt nur noch, die Landesvorschriften anzupassen, damit sie der tatsächlichen Entwicklung nicht hinterherhinken und für einheitliche Mindestanforderungen im kommunalen Konzern sorgen. (S. 5)

Da die Unternehmen nicht von etwaigen größenabhängigen Erleichterungen profitieren können, müssen diese schnell handeln und ihre Systeme und Prozesse anpassen, um die neuen Rechnungslegungsanforderungen zeitgerecht für das Geschäftsjahr 2025 erfüllen zu können.

In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neusten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere aktuelle Ausgaben:

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