Rz. 50

Vor Ausspruch einer Änderungskündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung können außerdem weitere Beteiligungsrechte des Betriebsrats bestehen, die der Arbeitgeber beachten muss. So ist der Betriebsrat zudem zu beteiligen, wenn mit dem Änderungsangebot eine Versetzung oder eine Umgruppierung verbunden ist (§§ 99 ff. BetrVG). Es können auch Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG betroffen sein, sodass insoweit die vorherige Zustimmung des Betriebsrats erforderlich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG bestehen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG einerseits und möglicherweise §§ 99 ff. und/oder § 87 Abs. 1 BetrVG andererseits nebeneinander. Da sie verschiedene Gegenstände betreffen und unterschiedlich ausgestaltet sind, muss der Arbeitgeber die jeweiligen Verfahren nebeneinander durchführen.[1]

[1] BAG, Urteil v. 30.9.1993, 2 AZR 283/93, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 33.

3.1 Anhörung nach § 102 BetrVG

 

Rz. 51

Die Änderungskündigung ist eine echte Kündigung. Eine ohne ordnungsgemäße vorherige Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Änderungskündigung ist daher unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Nur wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos annimmt, ist dies unbeachtlich, da dann eine einvernehmliche Vertragsänderung zustande kommt, ohne dass es noch einer wirksamen Kündigung bedarf.[1]

 

Rz. 52

Für den Inhalt der Betriebsratsanhörung gelten im Prinzip die gleichen Grundsätze wie bei einer Beendigungskündigung.[2] Der Betriebsrat ist über die Person des betroffenen Arbeitnehmers und seine Sozialdaten, über die Art der Kündigung und ggf. die maßgebliche Kündigungsfrist, die Kündigungsgründe und außerdem das Änderungsangebot zu informieren.[3] Die Mitteilung der Kündigungsgründe ist nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG "subjektiv determiniert". Der Arbeitgeber muss die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben.[4] Dies gilt bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung auch für die Mitteilung der Sozialauswahlüberlegungen.[5] Zur ordnungsgemäßen Mitteilung des Änderungsangebots vor Ausspruch einer Änderungskündigung gehört auch die Angabe, zu welchem Zeitpunkt dieses wirksam werden soll.[6]

 

Rz. 53

Eine Zustimmung des Betriebsrats ist für die Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich, es sei denn, Arbeitgeber und Betriebsrat haben vereinbart, dass Kündigungen seiner Zustimmung bedürfen (vgl. § 102 Abs. 6 BetrVG).

Hat der Betriebsrat bereits während der Äußerungsfrist erkennbar abschließend zu der beabsichtigten Kündigung Stellung genommen, kann der Arbeitgeber die Kündigung auch bereits vor Ablauf der Äußerungsfrist aussprechen.[7]

 

Rz. 54

Will der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Änderungskündigung wegen fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats gerichtlich geltend machen, muss er innerhalb der Frist nach § 4 Satz 1 KSchG Klage erheben. Er hat auch insoweit die Möglichkeit, das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG anzunehmen mit der Folge, dass der Klageantrag nach § 4 Satz 2 KSchG zu fassen ist. Eine nicht korrekte Antragstellung (nach § 4 Satz 1 statt Satz 2 KSchG) ist ggf. durch das Gericht im Sinne des zutreffenden Antrags auszulegen. Selbst wenn dies nicht möglich sein sollte, kann eine Änderung des Klageantrags auch noch im Berufungsverfahren erfolgen.[8]

[1] Vgl. APS/Künzl, 6. Aufl. 2021, § 2 KSchG, Rz. 128; ErfK/Oetker, § 2 KSchG, Rz. 19; HaKo-KSchG/Pfeiffer, 7. Aufl. 2021, § 2 KSchG, Rz. 71; SPV/Vossen, 11. Aufl. 2015, Rz. 2181.
[2] BAG, Urteil v. 30.9.1993, 2 AZR 283/93, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 33.
[4] BAG, Urteil v. 12.8.2010, 2 AZR 945/08, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147, NZA 2011 S. 460, Rz. 18.
[6] Vgl. BAG, Urteil v. 29.3.1990, 2 AZR 420/89, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 56.
[7] BAG, Urteil v. 24.6.2004, 2 AZR 461/03, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22, NZA 2004, 1330.
[8] Vgl. BAG, Urteil v. 27.4.2021, 2 AZR 357/20, NZA 2021, 1252, Rz. 12, 14.

3.2 Beteiligung nach §§ 99 ff. BetrVG

 

Rz. 55

Im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Änderungskündigung kann auch ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach §§ 99 ff. BetrVG bestehen. Dies ist der Fall, wenn in dem Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind und das Änderungsangebot auf eine personelle Einzelmaßnahme i. S. v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG abzielt. Praktisch wird dies insbesondere dann relevant, wenn mit der beabsichtigten Änderung der Arbeitsbedingungen eine Versetzung (§§ 99 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 3 BetrVG) und/oder eine Umgruppierung verbunden ist. Für die wirksame Umsetzung dieser Maßnahmen ist dann die vorherige Zustimmung d...

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