
Die Anwältin wohnt Tür an Tür mit dem Azubi, Jung bei Alt, die Familie neben dem Single und Herkunft spielt keine Rolle – welche Aspekte bei der Planung sozial vielfältiger Quartiere eine Rolle spielen (können), zeigt eine neue Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).
Die Anwältin wohnt Tür an Tür mit dem Azubi, Jung bei Alt, die Familie neben dem Single und Herkunft spielt keine Rolle – welche Aspekte bei der Planung sozial vielfältiger Quartiere eine Rolle spielen (können), zeigt eine neue Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).
Das Zusammenleben wird schwieriger in einer immer heterogener werdenden Gesellschaft. Darauf müssen auch Stadtentwickler, Kommunen und Wohnungsbauunternehmen reagieren. Wie gelingt eine soziale Mischung in neuen Wohnquartieren, die hohen Ansprüchen ebenso gerecht werden wie der Nachfrage nach preisgünstigen Wohnungen? Wie lassen sich unterschiedliche Wohnformen kombinieren? Was macht eine gute Nachbarschaft aus?
"Ein gutes Leben in den Städten setzt voraus, dass Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund Tür an Tür wohnen. Das schafft Verständnis füreinander und lebendige Nachbarschaften." Markus Eltges, Leiter des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
Das Stadtplanungs- und Sozialforschungs-Institut Weeber+Partner hat 16 Fallbeispiele von 14 privaten und kommunalen Wohnungsunternehmen analysiert, deren Konzepte in der BBSR-Studie "Soziale Mischung und gute Nachbarschaft in Neubauquartieren – Planung, Bau und Bewirtschaftung von inklusiven Wohnanlagen" beschrieben sind.
Die Studie wurde als Forschungsprojekt vom Innovationsprogramm "Zukunft Bau" des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) gefördert. Erfasst als Konzepte mit Vorbildcharakter sind komplett neue Quartiere ebenso wie ergänzende Neubauten, manche davon wurden ausgezeichnet.
Sozial gemischte Wohnquartiere – die Mischungskonzepte
Soziale Mischung betrifft verschiedene Aspekte. Dazu gehören Maßstab und Umfang der Mischung, kombinierte Finanzierungen, spezifische Zielgruppen, Nutzungsmischung sowie Vorgaben der Kommunen und Bundesländer. Mögliche Mischungskonzepte sind zum Beispiel:
- die "quartiersbezogene Mischung", bei der das spezifische örtliche Wohnungsangebot im Gesamtquartier mit dem Neubau bedarfsgerecht ergänzt wird
- die "kleinteilige Mischung", bei der geförderte und frei finanzierte Mietwohnungen kleinteilig innerhalb eines Hauses gemischt werden
- die "Mischung mit Eigentum": Häuser im privaten Eigentum und zur Miete gemischt, können ein Quartier stabilisieren – ein Problem könnte hier laut BBSR die Bewirtschaftung werden, wenn Interessen von Wohnungsunternehmen und Eigentümergemeinschaften aufeinander treffen. Hieraus folgt das Konzept der "ausgewogenen Mischung" (siehe unten).
- "ausgewogene Mischung": Hier hält die Wohnungswirtschaft es für ideal, wenn im Quartier zu je einem Drittel geförderte Mietwohnungen, frei finanzierte Mietwohnungen und (selbstgenutzte) Eigentumswohnungen entstehen. Das Ziel sind unterschiedlich große Miet-, Sozial- und Eigentumswohnungen, die – selbst innerhalb von Gebäuden – sozial gemischt sind.
Baulich-räumliche Aspekte: Von Gebäudetypologie bis Wohnumfeld
Für die soziale Mischung von Wohnquartieren sind der Studie zufolge neben der Gebäudetypologie auch die Grundrisse, das Wohnungsgemenge oder das Wohnumfeld relevant. Ein Bauprogramm, das die Wohnqualitäten für eine sozial gemischte Nachbarschaft sichert, berücksichtigt laut der Untersuchung außerdem folgende Aspekte:
Wettbewerbe: Die Unternehmen empfehlen Wettbewerbsverfahren als Grundlage für städtebauliche Qualität und soziale Mischung.
Gestaltung: Die soziale Mischung sollte baugestalterisch nicht sichtbar sein. Das heißt, im Idealfall sind die Wohnanlagen weitgehend einheitlich gestaltet.
Wohnungsmix: Ein differenziertes Wohnungsgemenge ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor sozial gemischter Neubauprojekte. Dies betrifft Wohnungsgrößen sowie Wohnungs- und Gebäudetypen, die jeweils auf jüngere und ältere Singles, auf Paare oder Familien, Menschen mit Behinderungen, Studierende, Wohnsitzlose zugeschnitten sein können.
Besondere Wohnformen: Es wird empfohlen, gemeinschaftliche Wohnangebote – etwa für Menschen mit Assistenz- und Pflegebedarf – dezentral in die Wohnanlagen einzubinden.
Qualität des Wohnumfelds: Gut gestaltete Außenanlagen fördern Nachbarschaftskontakte, heißt es in der Studie. Ein grünes Umfeld zum Beispiel ist demnach der Vielfalt zuträglich.
Die erfolgreiche Bewirtschaftung sozial gemischter Wohnquartiere
Im Rahmen der Objektbewirtschaftung ist es nicht nur bei der Belegung der Wohnanlagen, sondern auf Dauer eine Aufgabe, ein harmonisches Zusammenleben zu fördern und Konflikte unter den Bewohnern zu vermeiden. Folgende Kriterien sind den Ergebnissen der Studie nach zu urteilen dafür relevant:
Belegung: Die Wohnungsunternehmen legen Wert auf Spielräume bei der Belegung der Wohnungen durch erfahrene Fachkräfte. Zur Vermeidung von Diskriminierungen sind Schulung des Personals und Evaluation der Verfahren notwendige Hilfsmittel.
Bewirtschaftung: Eine professionelle Verwaltung, streng durchgesetzte Regeln, um Konflikte in der Nachbarschaft präventiv zu vermeiden und das Zusammenwohnen verschiedener Menschen zu erleichtern, sind die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bewirtschaftung sozial gemischter Wohnquartiere.
Förderung sozialen Lebens: Um Kontakte unter den Bewohnern zu fördern, ist eine gute Quartiersarbeit ebenso wichtig wie die bauliche Gestaltung des Quartiers, die es räumlich möglich macht, dass Kontakte entstehen.
Nachbarschaftsleben: Die befragten Bewohner schätzen eine freundlich zurückhaltende Nachbarschaft, die weder zu anonym noch zu eng sein sollte. Angestrebt werden sollte eine gesunde Mischung von "Privatheit" und Dichte. Sowohl die befragten Bewohner als auch die am Forschungsprojekt beteiligten Unternehmen legen Wert auf Vielfalt in den Neubauquartieren, so das Fazit der Studie.
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