Berliner Mietendeckel: Verstöße und Bußgelder – eine Bilanz

Der Mietendeckel ist seit Ende Februar in Kraft, jetzt hat Berlin den Bußgeld-Katalog veröffentlicht und Mieter melden erste Verstöße. So sollen laut Mieterverein bei neuen Verträgen oft Schattenmieten verlangt oder Klauseln für zukünftige Mietansprüche eingebaut werden. Das könnte teuer werden.

Eine "erhebliche Anzahl" von Vermietern umgeht nach Beobachtung des Berliner Mietervereins das neue Gesetz mittels sogenannter Schattenmieten: Während der Laufzeit des Deckels würde nur die vorgeschriebene Miete verlangt, parallel würden Mieter aber für die Zeit danach zu einer höheren Miete vertraglich verpflichtet. Manche Vermieter hätten die Einzahlung der Miete, die über dem Niveau des Deckels liege, auf ein Treuhandkonto verlangt, andere bauten Klauseln in die Verträge ein, mit denen sie sich "Mietzahlungsansprüche für den Fall der Verfassungswidrigkeit sichern" wollen, sagte Geschäftsführer Reiner Wild bei seiner Zwischenbilanz zu "acht Wochen Mietendeckel".

Das Gesetz war am 23. Februar in Kraft getreten. Damit sind die Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen in Berlin für fünf Jahre auf dem Niveau vom 18.6.2019 eingefroren. Wird eine Wohnung wiedervermietet – das gilt nicht für Neubauten, die ab 2014 bezugsfertig wurden –, muss sich der Vermieter an feste Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. Ab dem 23. November sollen Mieter zudem zu hohe Bestandsmieten senken lassen dürfen. Wie Teile der Politik und Vertreter der Wohnungs- und der Immobilienwirtschaft, hält auch das Landgericht (LG) Berlin den Mietendeckel für verfassungswidrig und hat das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zur inhaltlichen Prüfung vorgelegt.

Verstöße gegen das Mietendeckel-Gesetz: Was kostet wie viel Bußgeld?

Die konkreten Bußgeld-Vorschriften hat Berlin am 17. April erlassen und als "Ausführungsvorschriften zum Gesetz zur Mietenbegrenzung" im Amtsblatt veröffentlicht. Auch kleinere Verstöße können für Vermieter teuer werden: So kosten fahrlässige Verstöße mindestens 250 Euro pro Wohnung, ist Vorsatz dabei, werden sogar bis zu 2.000 Euro pro Wohnung fällig.

Wer seine Auskunftspflicht gegenüber dem Bestandsmieter oder dem Interessenten bei Neuvermietung verletzt, muss mit einem Bußgeld von 250 bis 1.500 Euro rechnen, das Gleiche gilt bei falschen Angaben gegenüber einer Behörde. Wer eine zu hohe Miete fordert oder  kassiert zahlt bei Altverträgen und bei Neuvermietung 500 bis 2.000 Euro. Wer sich bei einer Modernisierung nicht transparent gegenüber der Investitionsbank Berlin (IBB) macht, kann bis zu 1.500 Euro, aber mindestens 250 Euro aufgebrummt bekommen.

Die Ordnungswidrigkeiten werden von den Bezirksämtern verfolgt. Wegen der Coronakrise hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Ende März Sanktionen bei Verstößen gegen Melde- und Informationspflichten gemäß MietenWoG (Mietendeckelgesetz) vorerst ausgesetzt.

Immobilienverbände: "Mietendeckel schlimmer als Corona"

"Der Berliner Mietendeckel wird einen größeren negativen Effekt auf den Markt haben als die Folgen der Corona-Pandemie", sagte Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD, im Vorfeld der Veröffentlichung der Ausführungsvorschrifte im Amtsblatt. Das Coronavirus sorge lediglich für eine Vertagung von Vermietungen und Wohnungswechseln, nach der Krise würde die Nachfrage aber rasch wieder Fahrt aufnehmen. Der Mietendeckel hingegen setze den Markt langfristig außer Kraft. "Investitionen in die Bestandswohnungen zur Substanzerhaltung, Modernisierung und energetischen Sanierung werden komplett zurückgefahren", so Schick. Der Wohnungsmarkt brauche gerade jetzt ein stabiles Umfeld. Der Berliner Mietendeckel müsse vom Verfassungsgericht gestoppt werden, damit schnell Rechtssicherheit herrsche.

Die angespannte Lage in der Hauptstadt werde sich mit dem Mietendeckel verfestigen und die dringend notwendigen Klimaziele würden nicht erreicht, ergänzte Stefanie Frensch, Sprecherin der ZIA-Region Ost des Zentralen Immobilien Ausschusses ZIA. Alle Akteure auf dem Markt seien ohnehin durch Corona stark gefordert – "das bürokratische Ungetüm" Mietendeckel würde die Verwaltung jetzt an die Grenzen des Machbaren bringen.

Mietendeckel hier – Mietaufschlag bei städtischen Sozialwohnungen dort?

Neben dem Mietendeckel für nichtpreisgebundene Wohnungen hat es sich der Berliner Senat nach eigenen Angaben zur Aufgabe gemacht, sozialverträgliche Mieten auch im Sozialen Wohnungsbau zu sichern. Ende März teilte der Senat mit, dass Mieter von Sozialwohnungen in den Jahren 2020 und 2021 keine Mieterhöhungen erhalten würden – betroffen sind rund 42.500 Sozialwohnungen.

Doch "ausgerechnet einige der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen" sollen laut einem Bericht der "Berliner Zeitung" die Mieten in Sozialwohnungen bereits angehoben haben – oder wollen dies Anfang Mai tun, darunter die Degewo und die Gesobau. Die Gewobag soll dem Bericht zufolge ihre Mieterhöhungsvorhaben mittlerweile zurückgenommen haben.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Miete, Wohnungswirtschaft, Wohnungspolitik