ESG-Studie: Soziale Nachhaltigkeit in der Wohnungswirtschaft

Nutzer und Investoren schauen zunehmend auf einen sozialen oder gesellschaftlichen Mehrwert bei Immobilien. Das rückt das "S" in den ESG-Kriterien in den Fokus von Wohnungsunternehmen. Eine PwC-Studie zeigt, wie die Branche bei den sozialen Nachhaltigkeitsaspekten aufgestellt ist.

"Bei der Erfüllung der ESG-Kriterien fokussierten sich viele Wohnungsunternehmen bislang vor allem auf umweltbezogene Aspekte. Nun rücken verstärkt auch die Anforderungen für eine nachhaltige Geschäftsführung sowie für eine soziale oder gesellschaftliche Nachhaltigkeit in den Vordergrund", kommentiert Thomas Veith, Partner und Global Real Estate Leader / German Real Assets Leader bei PwC Deutschland, die neue Studie "Social Value in der Wohnungswirtschaft".

Demnach stand bei bei vielen Wohnungsunternehmen bislang der "E"-Aspekt (Environmental) und damit ein ökologisch nachhaltigeres Handeln im Rahmen der Geschäftsaktivitäten im Vordergrund. Eine nachhaltige Geschäftsführung ("G" für Governance) und die soziale beziehungsweise gesellschaftliche Nachhaltigkeit ("S" für Social) gewinnen nun aber an Bedeutung.

Die PwC-Studie zeigt, wie das "S" in ESG von deutschen Unternehmen aktuell berücksichtigt wird. Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW hat sich an der Umfrage beteiligt.

Soziale Nachhaltigkeit in der Wohnungswirtschaft

Der Social Value als Kriterium für Nachhaltigkeit zielt laut PwC darauf ab, einen möglichst hohen sozialen oder gesellschaftlichen Mehrwert von Wohnimmobilien für Nutzer und Investoren zu schaffen – und ist eng mit den ESG-Kriterien für Umweltschutz und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung verflochten.

Für das Kriterium Environmental besteht mit der EU-Taxonomie bereits ein rechtlicher Rahmen für die Ausrichtung von Geschäftstätigkeiten, schreibt PwC, im Bereich Governance gebe es erste Ansätze, während es bei ESG-"S" und der Umsetzung noch nichts geregelt sei.

"Die Nachfrage nach sozial und gesamtgesellschaftlich nachhaltigen Immobilieninvestitionen steigt seit mehreren Jahren", so PwC-Partner Thorsten Schnieders. Auf politischer Ebene gewinne das Thema mit der geplanten Ausweitung der EU-Taxonomie auf soziale Ziele an Bedeutung.

"S" in ESG: Fehlende Standards bremsen Wohnungsunternehmen

Die Mehrheit (72 Prozent) der befragten Wohnungsunternehmen integriert den Social Value bei unternehmerischen Entscheidungen bereits – vorwiegend bei Umbauten, Modernisierungen und Sanierungen (61 Prozent), aber auch bei der Festlegung der Mietpreise (56 Prozent) sowie bei Ankaufsentscheidungen (39 Prozent) und Verkaufsentscheidungen (elf Prozent).

Knapp ein Viertel (22 Prozent) der Marktakteure hat Bedenken bei der Berücksichtigung der sozialen Nachhaltigkeit im Geschäftsalltag, eben weil noch keine einheitlichen Standards zum Messen des Social Value existieren. Die Mehrheit (78 Prozent) hegt in dieser Hinsicht keine Vorbehalte.

"Das Thema Social Value hat bei den Wohnungsbaugesellschaften bereits einen hohen Stellenwert inne. Für eine weiterreichende strukturelle Berücksichtigung von sozialen Aspekten ist es jedoch erforderlich, einheitliche Standards zur Messung des sozialen Mehrwerts von Wohnimmobilien zu entwickeln", sagt Andreas Polter, Director Immobilienbewertung bei PwC in Berlin.

Wohnqualität: Wichtigste Kategorie für den Social Value

Ein von PwC und dem GdW entwickeltes Scoring-Modell zeigt, inwieweit die neuen Anforderungen an Wohnimmobilien zu einer Erhöhung des Social Value beitragen.

Die befragten Wohnungsunternehmen erachten die Social-Value-Kriterien der Kategorie Wohnqualität als die wichtigsten. Neben dem barrierefreien Objektzugang (für 56 Prozent sehr wichtig) gehören dazu: Eine ausreichende Anzahl an Fahrradstellplätzen (für 76 Prozent wichtig oder sehr wichtig) sowie gemeinsam nutzbare Grünflächen am Gebäude (für 56 Prozent wichtig oder sehr wichtig).

Auch privat nutzbare Außenflächen werden von einer Mehrheit (61 Prozent) der befragten Unternehmen als wichtig oder sehr wichtig erachtet. Das Ziel, eine hohe Quartiersqualität zu erreichen, ist bei den Wohnungsgesellschaften weiter in den Fokus gerückt: Insbesondere objektnahe Grün- und Freiflächen (für 55 Prozent wichtig oder sehr wichtig) werden als wesentlich für die Erhöhung des Social Value genannt.

Kinderbetreuung bis Sicherheitsaspekt: Was ist noch wichtig?

Die Hälfte (50 Prozent) der Befragten findet möglichst objektnahe (Kinder-) Betreuungsangebote wichtig oder sehr wichtig. Für 22 Prozent der Wohnungsunternehmen ist der Zugang zu elementaren Gesundheitsleistungen – wie Pflegestützpunkte – in unmittelbarer Nähe des Wohnobjekts von Bedeutung. Gemeinschaftsflächen oder gemeinschaftlichen Angebote halten 34 Prozent der Umfrageteilnehmer für wichtig oder sehr wichtig.

50 Prozent der Wohnungsunternehmen haben objektnahe generationsgerechte Flächen ganz oben auf der Liste. Bei den abgefragten Sicherheitsmaßnahmen wurden vor allem einbruchshemmende Wohnungstüren (67 Prozent) als wichtig oder sogar sehr wichtig erachtet.

Methodik der Studie "Social Value in der Wohnungswirtschaft"

Im Rahmen der Studie wurden 18 führende Wohnungsunternehmen in Deutschland im Sommer 2022 online befragt, davon 44 Prozent private Unternehmen und 33 Prozent Genossenschaften. Knapp 40 Prozent der Unternehmen beschäftigen 250 oder mehr Mitarbeitern. Ein Drittel der Befragten hat 1.000 bis 9.999 Wohneinheiten im Bestand, weitere 28 Prozent 10.000 bis 99.999 Einheiten. Über mehr als 100.000 Wohnungen verfügen 22 Prozent der befragten Unternehmen.

PwC-Studie "Social Value in der Wohnungswirtschaft"


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