"Wer nicht ständig dazu lernt, wird schneller abgehängt"
Haufe Immobilien: Herr Leuchtmann, Sie sagten mal, Ihren Altvorderen im Gründungsjahr 1957 würde das aktuelle Aus- und Weiterbildungsangebot des EBZ bestimmt wie Science Fiction vorkommen. Dieser Ausspruch ist jetzt sieben Jahre alt und vieles von dem, was damals noch als Science Fiction galt, ist heute längst Science Fact. Was kommt da noch?
Klaus Leuchtmann: Es ist tatsächlich bemerkenswert, wie hoch die Veränderungsgeschwindigkeit sowohl in der Immobilienwirtschaft als auch in der beruflichen Bildung ist. Und das Tempo wird noch weiter zunehmen. In beiden Branchen ist die Digitalisierung der Treiber. Eine Vielzahl kaufmännischer Standardprozesse lässt sich automatisieren. Das macht selbst vor der Kundenkommunikation nicht halt, Stichwort Chatbots. Gleichzeitig werden die Produkte der Branche – Gebäude, Wohnungen, Büroflächen – immer komplexer. Alles wird smart, liefert Daten, soll in absehbarer Zeit klimaneutral bewirtschaftet werden. Hinzu kommt ein weiteres Thema, das gerade deutlich Fahrt aufnimmt: der Klimaschutz. Aus all dem entstehen überall neue Kompetenzprofile. Und mit den permanent steigenden Anforderungen an unsere Kunden verändern sich dann natürlich auch unsere Bildungsinhalte und -angebote.
Mit der EBZ Akademie haben Sie sich auf Personalentwicklung und Weiterbildung spezialisiert. Welche Rolle spielen diese Themen aktuell in Unternehmen?
Unsere eigenen Studien zeigen sehr deutlich: Die Bedeutung von Personalentwicklung ist in den Unternehmen heute ein Top-Thema. Die bereits erwähnten neuen Kompetenzanforderungen und ein immer deutlicher werdender Fachkräftemangel erzeugen Handlungsdruck. Wir haben deshalb unsere Bildungs- und Beratungskapazitäten ausgebaut und unser Angebot diversifiziert. Unser Berufskolleg hat aktuell 1.500 Schülerinnen und Schüler, die EBZ Business School mehr als 1.000 Studierende. Am stärksten wachsen wir mit den Inhouse-Programmen der Akademie. Die EBZ Akademie macht pro Jahr rund 450 Einzelangebote, und die Produktzyklen werden immer kürzer. Früher konnte ein Lehrgang nach seiner Entwicklung durchaus mehrere Jahre durchgeführt werden – das ist heute undenkbar. Unseren Zertifikatslehrgang zum Digitalisierungsmanager aktualisieren wir inzwischen nach jedem Durchgang.
Lebenslanges Lernen kommt langsam in der Bevölkerung an
Lange wurde das Thema "Lebenslanges Lernen" propagiert, bis es keiner mehr hören konnte. Ist es inzwischen kein Buzzword mehr?
Unsere Gesellschaft ist immer noch tief geprägt von der Haltung "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Auch wenn wir wissen, dass das, wissenschaftlich betrachtet, grober Unfug ist. Nun sorgt die hohe Veränderungsgeschwindigkeit dafür, dass diese Prägung aufbricht und lebenslanges Lernen tatsächlich Realität wird. Wer heute nicht ständig dazulernt, wird viel schneller abgehängt als in der Vergangenheit. In vielen Unternehmen wird deshalb heute daran gearbeitet, eine lernende Organisation zu entwickeln. Lerninhalte orientieren sich stärker an den Prozesslandschaften in den Unternehmen, der Content wird immer häufiger in den Unternehmen selbst entwickelt. Das verändert auch unsere Rolle als Bildungsanbieter. Wir beraten die Unternehmen in der Umsetzung, helfen, geeignete Lernplattformen zur Verfügung zu stellen, bereiten die Inhalte didaktisch auf. Lebenslanges Lernen setzt sich in der Realität langsam durch.
Welche (Soft)Skills stehen bei den Unternehmen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ganz akut auf der Agenda?
Über alle Branchen betrachtet, verbringen die Menschen fast 40 Prozent ihrer Arbeitszeit in Projekten. Deshalb steht mehr Know-how im Bereich Projektmanagement ganz vorne, gefolgt von Datenkompetenz. Der Umgang mit Daten, das Wissen um die Möglichkeiten von Daten, spielt im Unternehmensalltag eine immer größere Rolle. Dazu gehören auch Datenschutz und Datensicherheit. Die Fähigkeit und Bereitschaft, sich schnell und strukturiert in völlig neue Themengebiete einzuarbeiten, wird immer wichtiger. Da sich alle Unternehmen den gleichen Herausforderungen stellen müssen, und kleine Unternehmen nicht die Möglichkeit haben, Spezialisten für ein Thema auszubilden, müsste das durchschnittliche Qualifikationsniveau in kleinen Unternehmen deutlich höher sein als in den großen. Wie viele Beschäftigte aber hat ein Wohnungsunternehmen, die in der Lage sind, ein Mobilitätskonzept zu entwickeln? – Vernetztes Denken, Kreativität und Neugierde sind stärker gefragt denn je.
Sie sind sowohl mit den Unternehmen der Immobilienbranche als auch den Studierenden gut vernetzt und bekommen sicher die eine oder andere Anregung. Was steht bei denen ganz oben auf der Wunschliste für neue Studieninhalte?
Ganz oben steht das Thema Führung. Die Gesellschaft hat sich verändert, die Organisationsstrukturen haben sich verändert, die Komplexität und die Veränderungsgeschwindigkeit haben zugenommen. Da funktionieren alte Führungskonzepte einer traditionellen Linienorganisation nicht mehr. Danach kommen die Themen Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle, Klimaschutz und Energieeffizienz.
Welche Kompetenzen werden in Zukunft gefragt sein?
Megatrends wie die Digitalisierung, aber seit einiger Zeit zum Beispiel auch New Work, verändern die Arbeit und das Arbeiten in der Immobilienbranche grundlegend. Welche Kompetenzen und Skills werden in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen? Eine einfache Frage, die nicht so einfach zu beantworten ist. Es ist ungewiss, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen wird. Somit ist es unsere Aufgabe, den Branchennachwuchs auf eine Arbeitswelt vorzubereiten, von der wir nur ungefähr wissen, wie sie aussehen wird. Damit hat sich über die Jahre auch unsere Rolle in der Branche verändert. Unsere Kunden erwarten von uns heute Ideen und Konzepte, wie wir Menschen vorbereiten und ihnen neben der notwendigen Fachkompetenz die Skills einer neuen Arbeitswelt vermitteln. Das ist eine große Herausforderung, die wir angenommen haben – mit Erfolg, wie ich meine.
Vielen Dank für das Gespräch!
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