Zufahrtsbeschränkung berechtigt nicht automatisch zur Minderung

Es stellt nicht ohne Weiteres einen Mietmangel dar, wenn die Zufahrt zu einem gemieteten Hausgrundstück von der Stadt nachträglich beschränkt wird, so dass das Grundstück nicht mehr direkt mit dem Auto erreichbar ist. Dieser Auffassung ist das AG Reinbek.

Hintergrund: Stadt schränkt Zufahrt zum Grundstück ein

Die Vermieter eines Reihenendhauses verlangen von den Mietern nach einer fristlosen Kündigung die Räumung.

Das Mietverhältnis besteht seit September 2012. Der Eingang zum Grundstück befindet sich in 80 Metern Entfernung zur öffentlichen Straße. Zwischen der öffentlichen Straße und dem Grundstück befindet sich ein Weg, der grundsätzlich mit dem Auto befahrbar ist. Hierbei handelt es sich um eine beschränkt öffentliche Straße im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Schleswig-Holstein.

Bei Abschluss des Mietvertrages befand sich vor dem Weg auf der Höhe der öffentlichen Straße ein verschließbarer Sperrbalken, der seinerzeit regelmäßig offen stand und auch nicht abgeschlossen wurde. Die Mieter nutzten den Weg, um mit dem Auto bis zu dem Grundstück zu fahren. Eine Vereinbarung, dass das Grundstück mit dem Auto angefahren werden kann, enthält der Mietvertrag nicht.

Im Juni 2014 beschränkte die Stadt die Zufahrt zu dem Weg. Ein Befahren mit dem PKW ist seitdem nicht mehr möglich. Die Feuerwehr kann sich mithilfe eines speziellen Schlüssels Zugang verschaffen, so dass die Funktion als Rettungsweg gewährleistet ist.

Die Vermieter wandten sich daraufhin an die Stadt und protestierten gegen die Sperrung des Weges. Nachdem die Stadt die Gründe für die Sperrung mitgeteilt hatte, riet ein von den Vermietern zugezogener Rechtsanwalt davon ab, hiergegen vorzugehen.

Die Mieter meinen, bei der Beschränkung der Zufahrt handle es sich um einen Mangel der Mietsache. Sie mindern seit Juni 2014 die Miete um 10 Prozent. Die Vermieter erkennen die Minderung nicht an. Im November 2016 kündigten sie das Mietverhältnis unter Berufung auf einen Mietrückstand von mehr als zwei Monatsmieten fristlos.

Entscheidung: Beschränkung ist kein Mietmangel

Die Räumungsklage hat Erfolg. Die Vermieter haben das Mietverhältnis wirksam gekündigt. Es lag kein Mangel der Mietsache vor, so dass die Minderung nicht gerechtfertigt war.

Ein Mangel, der zu einer Mietminderung berechtigt, liegt dann vor, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien. Diese können auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache einwirken (sogenannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben nach der Verkehrsanschauung bestimmt.

Hiervon ausgehend ist die Beschränkung der Zufahrt zum Grundstück kein Mangel der Mietsache. Eine ausdrückliche Abrede, wie das Grundstück zu erreichen ist, enthält der Mietvertrag nicht. Auch konkludent haben die Parteien nicht vereinbart, dass das Grundstück mit dem Auto angefahren werden kann. Hierfür reicht es nicht aus, wenn eine Partei bestimmte Vorstellungen hat, selbst wenn diese der anderen Partei bekannt sind.

Bereits bei Abschluss des Mietvertrages wussten die Mieter, dass sich an dem Weg eine Schranke befindet. Sie sind in Kenntnis der Gefahr, dass die Stadt die Schranke abschließen könnte, in das Haus eingezogen.

Ferner ist die nachträgliche Beschränkung der Zuwegung auch deshalb kein Mangel, weil nach der Rechtsprechung des BGH dann kein Mangel vorliegt, wenn auch der Vermieter den Umweltfehler ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB als unwesentlich oder ortsüblich nehmen muss. So ist es hier. Die Vermieter hatten keinen Einfluss auf die Sperrung des Weges und konnten hiergegen auch nichts Erfolgversprechendes unternehmen. Von den Vermietern, die einen Anwalt konsultiert hatten, konnte nicht verlangt werden, das Risiko einer kostspieligen Klage mit ungewissen Erfolgsaussichten einzugehen.

Alles in allem behindert zwar die Beschränkung des Weges den freien Zugang zum Mietobjekt und belastet die Nutzungsmöglichkeit der Mieter. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist hierin aber kein Mangel zu sehen. Die Mietminderung war daher nicht gerechtfertigt. Die Mieter befanden sich daher mit den einbehaltenen Verträgen in Verzug. Hierauf konnten die Vermieter eine Kündigung stützen.

(AG Reinbek, Urteil v. 2.6.2017, 14 C 955/16)

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