Eigenbedarf: BGH stärkt Vermieter

Macht der Vermieter Eigenbedarf geltend, müssen die Gerichte bei der Prüfung der Kündigung seine Vorstellungen respektieren. Sie dürfen die Kündigung nur auf Rechtsmissbrauch, aber nicht auf Angemessenheit prüfen. Pauschale Richtwerte, ab wann weit überhöhter Wohnbedarf vorliegt, gibt es nicht.

Hintergrund: Vermieter macht Eigenbedarf geltend

Der Vermieter einer Wohnung verlangt von den Mietern nach einer Kündigung wegen Eigenbedarf Räumung.

Das Mietverhältnis über die ca. 130 Quadratmeter große 4-Zimmer-Wohnung in Karlsruhe besteht seit dem Jahr 2000. Im Oktober 2012 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis unter Berufung auf Eigenbedarf zum 31.7.2013. Zur Begründung führte er aus, sein 22-jähriger Sohn, der in Karlsruhe studiere, wolle nach der Rückkehr von einem Auslandsaufenthalt einen eigenen Hausstand gründen, gemeinsam mit mindestens einem Mitbewohner.

Die Mieter akzeptieren die Kündigung nicht. Das Amtsgericht hat der daraufhin erhobenen Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat diese abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts ist die Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich, weil der geltend gemachte Wohnbedarf überhöht sei. Für einen alleinstehenden Studenten seien Wohnungsgrößen ab 100 Quadratmetern regelmäßig unangemessen. Die Absicht, in der Wohnung eine Wohngemeinschaft zu gründen, sei unbeachtlich.

Entscheidung: Eigenbedarf könnte begründet sein

Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist die Sache dorthin zurück. Mit den vom Landgericht erwogenen Argumenten lässt sich die Kündigung wegen Eigenbedarf nicht als rechtmissbräuchlich einordnen.

In den Regeln zur Eigenbedarfskündigung hat der Gesetzgeber das Erlangungsinteresse des Vermieters und das Bestandsinteresse des Mieters abgewogen. Diese Interessenabwägung müssen die Gerichte in einer Weise nachvollziehen, die den Belangen beider Seiten Rechnung trägt.

Den Entschluss des Vermieters, seine Wohnung selbst zu nutzen oder durch Angehörige nutzen zu lassen, müssen die Gerichte achten, ebenso wie die Ansicht des Vermieters, welchen Wohnbedarf er als angemessen ansieht. Den vom Vermieter angemeldeten Wohnbedarf dürfen die Gerichte daher nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch überprüfen. Rechtsmissbräuchlich ist aber nicht schon der überhöhte, sondern erst der weit überhöhte Wohnbedarf. Zudem ist die Prüfung am Einzelfall auszurichten. Eine pauschale Beurteilung, etwa dass Wohnungen bestimmter Größen für eine bestimmte Personenzahl ausreichen, ist unzulässig.

Diesen Anforderungen ist das Landgericht nicht gerecht geworden. Es muss nun weitere Feststellungen treffen, um abschließend entscheiden zu können, ob der Eigenbedarf zurecht geltend gemacht wurde.

(BGH, Urteil v. 4.3.2015, VIII ZR 166/14)

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Schlagworte zum Thema:  Eigenbedarf, Kündigung, Mietrecht