Sonderkündigungsrecht: BGH präzisiert "Zweifamilienhaus"
Hintergrund
Die Vermieter einer Wohnung verlangen von den Mietern die Räumung.
Die Mieter bewohnen seit Errichtung des Hauses 1985 eine Wohnung im Dachgeschoss, die Vermieter wohnen im Erdgeschoss. Außer diesen beiden Wohnungen befindet sich im Dachgeschoss noch ein weiteres Appartment, das aus einem Zimmer, Bad/WC, Abstellkammer, Flur und Balkon besteht. Von Anfang an waren dort Wasser- und Stromanschlüsse für eine Küchenzeile vorgesehen. In der Baugenehmigung ist das Haus als "Wohnhaus mit 2 WE und 2 Garagen" bezeichnet.
Das Appartement im Dachgeschoss war zunächst mit einer Küchenzeile versehen und wurde an verschiedene Mieter zum Wohnen vermietet. Danach nutzte der Vermieter die Räume mehrere Jahre als Arbeitszimmer. Seit 2010 sind die Räume an ein vom Vermieter betriebenes Unternehmen vermietet. Die Küchenzeile wurde in ein Regal umfunktioniert.
Im November 2012 kündigten die Vermieter das Mietverhältnis zum 30.11.2013. Dabei beriefen sie sich auf ihr Sonderkündigungsrecht gemäß § 573a BGB, wonach der Vermieter auch ohne Kündigungsgrund kündigen kann, wenn sich die Wohnung in einem Gebäude mit höchstens zwei Wohnungen befindet und der Vermieter selbst im Haus wohnt.
Streitig ist, ob das Haus als Zweifamilienhaus anzusehen ist, sodass sich die Vermieter auf ihr Sonderkündigungsrecht berufen können.
Entscheidung
Ein Sonderkündigungsrecht steht den Vermietern nicht zu, denn im Haus befinden sich seit Errichtung unverändert drei Wohnungen.
Unter einer Wohnung wird ein selbstständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich verstanden, der eine eigenständige Haushaltsführung ermöglicht. Da eine eigenständige Haushaltsführung voraussetzt, dass eine Küche oder eine Kochgelegenheit vorhanden ist, müssen die dafür erforderlichen Versorgungsanschlüsse (Wasser, Abwasser, Strom) vorhanden sein. Hingegen ist nicht erforderlich, dass die Küche mit Möbeln und Geräten ausgestattet ist. Demnach handelt es sich bei dem Appartement im Dachgeschoss um eine eigenständige Wohnung, sodass im Haus insgesamt drei Wohnungen vorhanden sind.
Der Wohnungsbestand hat sich auch nicht von drei selbständigen Wohnungen dadurch reduziert, dass das Appartement im Dachgeschoss seit etwa zwei Jahren vor der Kündigung gewerblich genutzt wird. Nach wie vor ist das Appartement für eine eigenständige Haushaltsführung geeignet und damit eine Wohnung.
Die Umwidmung wäre nur beachtlich, wenn die weitere Wohnung schon vor Abschluss des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages nicht mehr als Wohnung, sondern als Gewerberaum genutzt worden wäre. Das ist hier aber nicht der Fall.
(BGH, Urteil v. 18.2.2015, VIII ZR 127/14)
-
Untervermietung: Was der Vermieter dulden muss und was nicht
935
-
Videoüberwachung im Mehrfamilienhaus: die Rechtslage
897
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter achten
891
-
Jahresabrechnung nach Verwalterwechsel
8431
-
Umsatzsteuer in der Nebenkostenabrechnung bei Gewerbemiete
817
-
Betriebskostenvorauszahlung: Das gilt bei Anpassungen
764
-
Rückforderung von Betriebskostenvorauszahlungen hat Grenzen
732
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
635
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
539
-
Schließanlage: Wer muss bei Schlüsselverlust zahlen?
522
-
Betriebskosten steigen: das darf abgerechnet werden
18.12.2025
-
Kein Zurückbehaltungsrecht am Hausgeld
09.12.2025
-
Weiterbildungspflicht abschaffen oder nicht?
02.12.2025
-
Höhe, Fälligkeit und Zahlung der Mietkaution
01.12.2025
-
Anlage und Verzinsung der Mietkaution
01.12.2025
-
Mietkaution in der Steuererklärung
01.12.2025
-
Mieter zahlt Mietkaution nicht – was tun?
01.12.2025
-
Mietkaution während und nach der Mietzeit
01.12.2025
-
Mietkaution: Mietvertrag als Grundlage
01.12.2025
-
Weihnachtsdeko im Advent: Das gilt rechtlich
28.11.2025