BGH: Sorge vor Lärm verhindert bauliche Veränderung nicht

Ob eine bauliche Veränderung andere Eigentümer unbillig beeinträchtigt, ist anhand der unmittelbaren baulichen Auswirkungen zu beurteilen. Mögliche Störungen durch den späteren Gebrauch, etwa Lärm, sind für die Genehmigung der Maßnahme grundsätzlich ohne Belang; insoweit können nachteilig betroffenen Eigentümern aber Abwehransprüche zustehen.

Hintergrund: Eigentümer erlauben Einbau einer Klimaanlage

In einer Eigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer, dem Eigentümer einer Penthouse-Wohnung im achten Obergeschoss die Installation eines Split-Klimagerätes zu gestatten. Der Beschluss sah vor, dass das Außengerät auf Dämpfsockeln zur Schallentkopplung angebracht wird.

Die Eigentümerin einer Wohnung im vierten Obergeschoss befürchtete Beeinträchtigungen durch tieffrequenten Schall und erhob Anfechtungsklage gegen den Beschluss.

Entscheidung: Befürchtungen sind kein unbilliger Nachteil

Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.

Die Wohnungseigentümer haben die Kompetenz, einem Sondereigentümer eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums durch Beschluss zu gestatten. Das folgt aus § 20 Abs. 1 WEG. Ein solcher Beschluss ist auf Anfechtung eines Eigentümers nur dann für ungültig zu erklären, wenn die beschlossene Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet (§ 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG), einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt (§ 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG) oder der Beschluss an einem anderen (allgemeinen) Beschlussmangel leidet.

Ob ein Anspruch auf die Gestattung – nach § 20 Abs. 2 oder Abs. 3 WEG– bestand, ist bei einer Anfechtungsklage gegen einen dem Verlangen eines Wohnungseigentümers stattgebenden Beschluss ohne Bedeutung.

Was ist unbilliger Nachteil – und was nicht?

Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage erfolgt durch die Maßnahme unbestritten nicht, ebenso leidet der Beschluss nicht unter einem allgemeinen Beschlussmangel.

Allein in Betracht kommt eine unbillige Benachteiligung anderer Eigentümer gemäß § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG, aber auch dies ist nicht der Fall.

Eine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers setzt voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfte.

Bei der Prüfung einer unzumutbaren Benachteiligung ist primär auf die unmittelbaren baulichen Auswirkungen zu achten, beispielsweise Bohrungen in der Fassade oder Art und Ort der Montage des Geräts. Auswirkungen des späteren Gebrauchs, wie Lärm durch den Betrieb, sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Nur wenn bereits bei der Genehmigung klar erkennbar ist, dass die Nutzung der Klimaanlage zwangsläufig zu erheblichen Nachteilen führt, wäre eine Genehmigung unzulässig. Dies war hier jedoch nicht ersichtlich, da die technischen Standards eingehalten werden und die Anbringung auf Dämpfsockeln erfolgen sollten.

Gestattung schützt nicht vor Abwehransprüchen

Bedenken wegen Benachteiligungen infolge der späteren Nutzung kann anderweitig Rechnung getragen werden, selbst wenn der Gestattungsbeschluss bestandskräftig ist.

Sollte der Betrieb der Klimaanlage nach der Installation tatsächlich unzumutbare Immissionen verursachen, können betroffene Eigentümer sich auf Abwehransprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG sowie § 1004 Abs. 1 BGB berufen. Der Gestattungsbeschluss schützt den Bauwilligen nicht vor solchen Ansprüchen.

Nutzungsreglungen können auch nachträglich beschlossen werden

Auch kann die Eigentümergemeinschaft später durch Beschlüsse, beispielsweise im Rahmen der Hausordnung, Regelungen zur Nutzung der Klimaanlage treffen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 WEG). Solche Regelungen müssen nicht gleichzeitig mit der Genehmigung der baulichen Veränderung beschlossen werden.

(BGH, Urteil v. 28.3.2025, V ZR 105/24)


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