BGH: Mietminderung spielt für Kappungsgrenze keine Rolle

Die Kappungsgrenze für eine Mieterhöhung wird grundsätzlich anhand der vereinbarten Miete berechnet. Eine Mietminderung bleibt auch dann außer Betracht, wenn sie auf einem unbehebbaren Mangel wie einer Wohnflächenabweichung beruht.

Hintergrund: Streit über Berechnung der Kappungsgrenze

Die Vermieterin einer Wohnung verlangt vom Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Im Mietvertrag ist die Wohnfläche mit 94,5 Quadratmetern angegeben. Tatsächlich ist die Wohnung nur 84 Quadratmeter groß. Die Nettokaltmiete ist mit 423 Euro monatlich vereinbart.

Die Vermieterin begehrte die Zustimmung des Mieters zu einer Erhöhung der Miete auf 507,60 Euro, was einer Erhöhung der im Mietvertrag vereinbarten Miete um 20 Prozent entspricht.

Der Mieter erklärte sich lediglich mit einer Mieterhöhung auf 444 Euro einverstanden. Er meint, einer weitergehenden Mieterhöhung stehe die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB entgegen, wonach die Miete innerhalb von drei Jahren maximal um 20 Prozent erhöht werden darf. Da die Wohnfläche tatsächlich 11 Prozent geringer sei als im Mietvertrag vereinbart, sei bei der Berechnung der Kappungsgrenze eine entsprechend geminderte Ausgangsmiete anzusetzen.

Entscheidung: Für Kappungsgrenze ist vereinbarte Miete maßgeblich

Der BGH teilt die Auffassung des Mieters nicht.

Der Berechnung der Kappungsgrenze ist die vertraglich vereinbarte und nicht eine nach § 536 Abs. 1 BGB infolge erheblicher Wohnflächenabweichung geminderte Miete zugrunde zu legen. Mietminderungen bleiben bei der für die Berechnung der Kappungsgrenze maßgebenden Ausgangsmiete unberücksichtigt. Das gilt auch bei nicht unerheblichen Wohnflächenabweichungen. Auf den Umstand, dass derartige Mängel unbehebbar sind, kommt es nicht an. 

Die Kappungsgrenze soll eine zu starke Steigerung von Mieten verhindern, die bislang erheblich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete lagen, und so die betroffenen Mieter schützen. Allein die Begrenzung einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gewährt Mietern in solchen Fällen keinen hinreichenden Schutz. Die Kappungsgrenze ist daher eine zweite, selbstständig einzuhaltende Obergrenze für Mieterhöhungen und dient dem Schutz des Mieters in wirtschaftlicher Hinsicht.

Dieser Schutz vor einem zu raschen Anstieg seiner Zahlungspflichten orientiert sich jedoch an der Miete, zu deren Zahlung sich der Mieter vertraglich verpflichtet hat. Diese anfängliche oder während des laufenden Mietverhältnisses vereinbarte Miete hat der Mieter durch eigene Entscheidung übernommen und für sich als wirtschaftlich tragfähig angesehen. Hieran bemisst sich sein Schutz vor einer finanziellen Überforderung im Rahmen der jeweiligen Mietsteigerung.

Ohnehin wird die Wohnflächenabweichung bei der weiteren Grenze der Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt. Die Größe der Wohnung ist nach der tatsächlichen und nicht nach der vertraglich vereinbarten Wohnfläche zu berechnen.

Somit wird an dieser Stelle den schutzwürdigen Belangen des Mieters Rechnung getragen und vermieden, dass dieser eine im Verhältnis zur Wohnfläche überhöhte Miete zahlt.

Berechnung der Mietkaution anhand geminderter Miete

Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass sich die zulässige Höhe der Mietkaution im Falle eines anfänglichen unbehebbaren Mangels wie einer Wohnflächenabweichung an der geminderten Miete orientiert. Dieser Fall ist mit dem Fall einer Mieterhöhung nicht vergleichbar. Die Mietsicherheit dient dem Schutz des Vermieters bei späteren Ansprüchen gegen den Mieter. Bei dauerhafter Mietminderung infolge einer Wohnflächenabweichung hat der Vermieter kein anerkennenswertes Sicherungsinteresse an einer Mietkaution in Höhe der vereinbarten Miete. Hingegen besteht für eine vergleichbare Anpassung der Ausgangsmiete bei der Kappungsgrenze zum Schutz des Mieters kein Anlass.

(BGH, Urteil v. 17.4.2019, VIII ZR 33/18)

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Schlagworte zum Thema:  Mieterhöhung, Kappungsgrenze, Mietrecht