Keine Fristsetzung durch Eigentümer entgegen WEG-Interessen
Hintergrund
Der Käufer einer Eigentumswohnung verlangt vom Bauträger die Rückabwicklung des Wohnungskaufs. Er hatte die Wohnung Mitte der 90er-Jahre erworben. Ab Ende der 90er Jahre rügte die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Bauträger Schallschutzmängel und Feuchtigkeit in der Tiefgarage. Hierzu gab es selbstständige Beweisverfahren.
In einer Eigentümerversammlung am 9.7.2007 kamen die Wohnungseigentümer überein, in den selbstständigen Beweisverfahren noch Ergänzungen zu fordern. Außerdem sollten die von der Gemeinschaft beauftragten Anwälte Vergleichsverhandlungen mit dem Bauträger führen und bei Scheitern der Verhandlungen Klage auf Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung erheben.
Die Gemeinschaft beantragte am 13.7.2007 im Beweisverfahren über die Feuchtigkeitsmängel eine Ergänzung des Gutachtens. Im Oktober 2007 beantragte sie im Verfahren über die Schallschutzmängel eine Fristverlängerung im Hinblick auf seinerzeit durchgeführte weitere Untersuchungen.
Am 16.7.2007 setzte der Käufer dem Bauträger eine Frist zur Beseitigung der in den selbstständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel bis 15.8.2007 und kündigte an, bei fruchtlosem Fristablauf die ihm durch die Nichterfüllung des Vertrages entstehenden Ansprüche geltend zu machen. Am 20.9.2007 reichte der Käufer Klage auf Rückabwicklung des Wohnungserwerbs ein.
Entscheidung
Die Klage hat keinen Erfolg. Voraussetzung für einen Anspruch auf Rückabwicklung ist eine wirksame fristgebundene Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung. An einer solchen fehlt es hier. Zwar hat der Käufer eine entsprechende Erklärung am 16.7.2007 abgegeben. Diese war aber unwirksam, weil sie den Interessen der Eigentümergemeinschaft widersprach.
Die Wohnungseigentümer können im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Verträgen mit dem Veräußerer, die nicht ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind, durch Mehrheitsbeschluss auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen (sogenanntes Ansichziehen). Die Gemeinschaft ist dann für die Durchsetzung der auf die Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums gerichteten Ansprüche zuständig.
Erwerber kann grundsätzlich selbst handeln
Unabhängig davon ist der Erwerber von Wohnungseigentum aber grundsätzlich berechtigt, seine individuellen Ansprüche aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbstständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind. Der Erwerber kann daher auch grundsätzlich eigenständig Fristen setzen, selbst wenn die Gemeinschaft die Durchsetzung der Mängelansprüche an sich gezogen hat.
Bei Interessenkollission muss Erwerber zurückstecken
Widersprechen sich hingegen die Interessen des Erwerbers und der Gemeinschaft, kann der Erwerber nicht eigenständig handeln. Vorliegend bestand ein solcher Interessenkonflikt. Der Käufer war an einer sofortigen Mängelbeseitigung interessiert, die Wohnungseigentümergemeinschaft hingegen nicht, weil in den Beweisverfahren noch Fragen offen waren. Der einzelne Wohnungseigentümer kann nicht gegen den Willen der Wohnungseigentümergemeinschaft einseitig sein Interesse an einer sofortigen Mängelbeseitigung verfolgen. Eine diesem Interesse dienende fristgebundene Mängelbeseitigungsaufforderung ist unwirksam.
Dadurch ist der Käufer zwar in der Ausübung seiner Rechte aus dem Erwerbsvertrag mit dem Bauträger eingeschränkt. Dies ist dem Vertrag aber immanent. Der Käufer hat den Vertrag bereits mit dieser Beschränkung begründet. Wollte man dem Käufer in Fällen wie dem vorliegenden das Recht einräumen, wirksam eine Frist zu setzen, würde vom Bauträger unmögliches verlangt, denn gegen den Willen der Eigentümergemeinschaft könnte er die Mängel nicht beseitigen.
(BGH, Urteil v. 6.3.2014, VII ZR 266/13)
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