Rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses
Hintergrund
Der Vermieter eines mehrstöckigen Hauses verlangt von den Mietern nach einer Kündigung die Räumung.
In dem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag aus dem November 2006 ist den Mietern gestattet, im Erdgeschoss eine Hypnosepraxis zu betreiben. Das verwendete Vertragsformular ist auf Wohnraummietverhältnisse zugeschnitten und die Miete ist ohne Ausweisung der Umsatzsteuer angegeben. Mit der Praxis verdienen die Mieter ihren Lebensunterhalt.
Im Februar 2012 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis ohne Angabe von Gründen zum 30.9.2012. Die Mieter haben der Kündigung widersprochen. Sie meinen, die Kündigung sei unwirksam, weil es sich um ein Wohnraummietverhältnis handle, das nur gekündigt werden könne, wenn der Vermieter einen Kündigungsgrund hat.
Entscheidung
Der BGH gibt den Mietern Recht. Das Mietverhältnis ist als Wohnraummietverhältnis zu behandeln, sodass eine Kündigung einen Kündigungsgrund voraussetzt.
Hier liegt ein Mischmietverhältnis, also ein einheitliches Mietverhältnis über Wohn- und Geschäftsräume vor. Wegen der von den Vertragsparteien gewollten Einheitlichkeit ist es entweder nach den Vorschriften über die Wohnraummiete oder denen der Geschäftsraummiete zu beurteilen. Die rechtliche Einordnung richtet sich nach dem überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsabschluss.
Der überwiegende Vertragszweck ist anhand einer Einzelfallprüfung festzustellen. Dabei können das verwendete Vertragsformular, das Verhältnis der für die jeweilige Nutzungsart vorgesehenen Flächen und die Verteilung der Gesamtmiete auf die Nutzungsanteile als Anhaltspunkte dienen. Das Bestreiten des Lebensunterhalts durch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung von Teilen der Räume ist hingegen kein sachgerechtes Kriterium, um den überwiegenden Nutzungszweck zu bestimmen.
Wenn keine überwiegende gewerbliche Nutzung festgestellt werden kann, sind die Vorschriften anwendbar, die für die Wohnraummiete gelten. Anderenfalls würden die zwingenden Vorschriften, die dem Schutz des Mieters von Wohnraum gelten, unterlaufen.
Im vorliegenden Fall sprechen die Umstände dafür, ein Wohnraummietverhältnis anzunehmen. Das Vertragsformular und die für Gewerbemietverhältnisse untypische unbestimmte Vertragslaufzeit deuten darauf hin, ebenso der Umstand, dass eine einheitliche Miete ohne Ausweis der Umsatzsteuer vereinbart ist.
(BGH, Urteil v. 9.7.2014, VIII ZR 376/13)
Lesen Sie auch:
BGH: Eigenbedarf bei Mischmietverhältnis
-
Untervermietung: Was der Vermieter dulden muss und was nicht
935
-
Videoüberwachung im Mehrfamilienhaus: die Rechtslage
897
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter achten
891
-
Jahresabrechnung nach Verwalterwechsel
8431
-
Umsatzsteuer in der Nebenkostenabrechnung bei Gewerbemiete
817
-
Betriebskostenvorauszahlung: Das gilt bei Anpassungen
764
-
Rückforderung von Betriebskostenvorauszahlungen hat Grenzen
732
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
635
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
539
-
Schließanlage: Wer muss bei Schlüsselverlust zahlen?
522
-
Betriebskosten steigen: das darf abgerechnet werden
18.12.2025
-
Kein Zurückbehaltungsrecht am Hausgeld
09.12.2025
-
Weiterbildungspflicht abschaffen oder nicht?
02.12.2025
-
Höhe, Fälligkeit und Zahlung der Mietkaution
01.12.2025
-
Anlage und Verzinsung der Mietkaution
01.12.2025
-
Mietkaution in der Steuererklärung
01.12.2025
-
Mieter zahlt Mietkaution nicht – was tun?
01.12.2025
-
Mietkaution während und nach der Mietzeit
01.12.2025
-
Mietkaution: Mietvertrag als Grundlage
01.12.2025
-
Weihnachtsdeko im Advent: Das gilt rechtlich
28.11.2025