Beleidigung rechtfertigt sofortige Kündigung nicht immer

Beleidigt ein Mieter den Vermieter, rechtfertigt dies zwar grundsätzlich eine Kündigung. Bei „leichteren“ Beleidigungen kann aber – je nach Einzelfall – vor einer Kündigung zunächst eine Abmahnung angezeigt sein.

Hintergrund

Die Vermieterin einer Wohnung verlangt von den Mietern Räumung, nachdem sie das Mietverhältnis wegen beleidigender Äußerungen der Mieter gekündigt hatte. Die Vermieterin unterhält eine Facebookseite, auf der ihre Mieter Bewertungen abgeben können. Dort sind zahlreiche, teilweise heftige Beschwerden von Mietern zu lesen.

Die Mieter hatten gegenüber der Vermieterin Lärmbelästigungen aus der Gartenanlage beanstandet. Nach einem hierzu geführten Telefonat bezeichneten die Mieter ihre Gesprächspartnerin bei der Vermieterin auf deren Facebookseite als „talentfreie Abrissbirne“. Zudem bezeichneten die Mieter den für die Wohnanlage zuständigen Objektbetreuer in einem Telefax an die Vermieterin als „faul“, weil sich dieser aus ihrer Sicht nicht darum gekümmert hat, die Lärmbelästigungen abzustellen.

Wegen dieser Äußerungen kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich, und erhob schließlich Räumungsklage.

Entscheidung

Das AG Charlottenburg gibt den Mietern Recht. Die Äußerungen rechtfertigen weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung.

Grundsätzlich kann eine Beleidigung des Vermieters eine Kündigung rechtfertigen. Eine Beleidigung ist der Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung, wobei eine bloße Unhöflichkeit nicht genügt.

Doch selbst wenn man die Äußerungen der Mieter als Beleidigung einordnet, so wären diese im Spektrum der denkbaren Beleidigungen als weniger schwerwiegend einzuschätzen. Bei einmaligen Beleidigungen, die für sich betrachtet kein besonderes Gewicht haben und deren Unzumutbarkeit sich erst aus der Wiederholung ergibt, ist eine sofortige Kündigung nicht gerechtfertigt. Erst wenn der Mieter trotz Abmahnung ähnliche Äußerungen wiederholt, ist dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar.

Hier handelt es sich zwar um zwei einzelne Äußerungen über verschiedene Personen gegenüber verschiedenen Adressaten. Beide Äußerungen stehen aber in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang und gehen auf denselben Sachverhalt, nämlich die von den Mietern beanstandeten Lärmbelästigungen zurück. Die Bezeichnung des Objektbetreuers als „faul“ hat aus Sicht der Mieter einen Tatsachenkern. Auch die Äußerung „talentfreie Abrissbirne“ steht in einem Zusammenhang mit einem tatsächlichen Vorgang, nämlich dem Telefonat mit der Mitarbeiterin der Vermieterin und zielt nicht hauptsächlich darauf ab, die Mitarbeiterin herabzuwürdigen.

Die entsprechenden Äußerungen können zwar grundsätzlich durchaus eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Im vorliegenden Fall wäre eine Fortführung des Mietverhältnisses aber erst bei einer Wiederholung ähnlicher Äußerungen nach einer vorherigen Abmahnung unzumutbar.

Auch die ordentliche Kündigung ist unwirksam. Bei den Äußerungen handelt es sich nicht um „nicht unerhebliche“ Pflichtverletzungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Äußerungen die Lärmbelästigungen vorausgingen, die die Mieter als sehr störend empfunden haben. Außerdem durften die Mieter wegen der zahlreichen, teils in heftigem Ton geführten Beschwerden auf der Facebookseite der Vermieterin davon ausgehen, dass die Vermieterin ihre Äußerungen nicht als kündigungsrelevant ansehen werde.

(AG Charlottenburg, Urteil v. 30.1.2015, 216 C 461/14)

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Schlagworte zum Thema:  Kündigung, Mietrecht