Leitsatz (amtlich)

Gemäß § 118 Abs. 2 SGB III schließt zwar eine Beschäftigung, die weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst, die Arbeitslosigkeit nicht aus, indes steht es den Beteiligten in der Privatversicherung frei, für eine Arbeitslosigkeitsversicherung den Begriff der Arbeitslosigkeit anders zu definieren. Auch ein Verdienst von monatlich 160 Euro kann als Einkommen angesehen werden, das der Annahme der Arbeitslosigkeit entgegensteht.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 04.07.2003; Aktenzeichen 4 O 523/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen IV ZR 25/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.7.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 4.000 Euro abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert für den Berufungsrechtszug: 17.944,38 Euro

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Leistungen aus einer Arbeitslosigkeitsversicherung.

Der Kläger schloss zur Sicherung der für einen Autokauf zu zahlenden Kreditraten bei der Beklagten eine Arbeitslosigkeitsversicherung. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Arbeitslosigkeitsversicherung (AVB-AL) enthalten in § 1 ("Begriffsbestimmungen") unter Nr. 2 die Formulierung, dass der Versicherungsnehmer u.a. nicht "bei seinem Ehegatten oder einem in direkter Linie Verwandten beschäftigt sein" darf; unter Nr. 3 S. 1 heißt es zum Begriff der Arbeitslosigkeit: "Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn der Versicherte als Arbeitnehmer aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis heraus unverschuldet arbeitslos wird und nicht gegen Entgelt tätig ist"; Nr. 3 S. 3 lautet u.a.: "Während der Arbeitslosigkeit muss der Versicherte außerdem Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhalten ...".

Der Kläger war als Elektromeister bei der H. GmbH tätig, an der er zu 25 % und seine Ehefrau zu 75 % beteiligt sind; seine Ehefrau ist alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin. Unter dem 3.1.2003 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Wirkung zum 31.1.2003 gekündigt. Der Kläger ist arbeitslos gemeldet und erhält gem. Bescheid des Arbeitsamtes M. (Geschäftsstelle Sch.) vom 17.3.2003 wöchentlich 245,21 Euro Arbeitslosengeld.

Im Berufungsrechtszug ist unstreitig geworden, dass der Kläger ab dem 1.2.2003 - weiterhin bei der H. GmbH - für monatlich 160 Euro (brutto für netto) beschäftigt ist.

Der Kläger hat gegen die Beklagte die drei seit Februar 2003 fällig gewordenen und von ihm gezahlten Darlehensraten von monatlich 2.638,88 Euro, insgesamt 7.916,64 Euro, sowie Feststellung der künftigen Leistungsverpflichtung geltend gemacht und hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.916,64 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.4.2003 zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte für die Zeit bis 31.10.2003 verpflichtet ist, die weiteren ab 21.5.2003 fälligen monatlichen Raten von jeweils 2.638,88 Euro an den Kläger zu zahlen, sofern die Arbeitslosigkeit des Klägers bis zu diesem Zeitpunkt andauert.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es liege ein Beschäftigungsverhältnis bei der Ehefrau im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen vor; seine Arbeitslosigkeit sei auch nicht unverschuldet i.S.v. § 1 Nr. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz hat sie behauptet, die Kündigung sei nicht fristgerecht erfolgt, und der Kläger sei auch jetzt noch als technischer Betriebsleiter der H. GmbH in der Handwerksrolle vermerkt.

Die 4. Zivilkammer des LG Dessau hat durch das am 4.7.2003 verkündete Urteil der Klage bis auf die erste Darlehensrate für Februar 2003 stattgegeben und ausgeführt, der Versicherungsfall sei eingetreten. Insbesondere greife die Risikoausschlussklausel nicht, weil der Kläger nicht bei seiner Ehefrau, sondern bei der H. GmbH beschäftigt gewesen sei. Eine erweiternde Auslegung der Ausschlussklausel sei nicht zulässig. Bei einer Erweiterung auf Personengesellschaften und juristische Personen sei ungeklärt, welche Funktion der Ehepartner ausüben müsse, um als Arbeitgeber angesehen zu werden, und es sei u.a. der Fall ungeregelt, dass mehrere Geschäftsführer (möglicherweise mit unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen) bestellt seien. Ein Versicherungsnehmer müsse dann entscheiden, ob die von seinem Ehegatten ausgeübte Funktion dem Sinn und Zweck der Auschlussklausel entspreche oder nicht.

Gegen diese Entscheidung, die ihr am 9.7.2003 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 30.7.2003 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 20.8.2003 begründet.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger sei weiterhin mit dem Firmenfahrzeug unterwegs und sei auf Baustellen der H. GmbH tätig; auf dem Handy des Klä...

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