Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann Forderungen aus Nachtragsaufträgen im Rahmen eines Bauvertrages, die nach Übernahme einer Bürgschaft erteilt wurden, vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasst werden.

 

Normenkette

BGB §§ 648a, 767; VOB/B § 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 23 O 26/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.12.2009; Aktenzeichen XI ZR 107/08)

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um den Umfang von insgesamt drei Bürgschaften, die die Beklagte zur Sicherung von Forderungen der Klägerin gegen die Firma A AG übernommen hat. Kern des Streites ist die Frage, ob Forderungen aus Nachtragsaufträgen, die unstreitig nach Übernahme der Bürgschaft durch die Beklagte erteilt wurden, vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasst werden. Das erstinstanzliche Urteil gibt den Sachverhalt zutreffend wieder. Seine tatsächlichen Feststellungen werden mit der Berufung nicht angegriffen. Auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils wird deshalb Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Das LG hat die Klage - soweit die Klageforderung nicht von der Beklagten anerkannt wurde - abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die über den anerkannten Teil der Forderung hinausgehenden Ansprüche der Klägerin beträfen Vergütungen für Nachtragsaufträge, die unstreitig nach der Übernahme der Bürgschaft erteilt worden seien. Diese sind nach Auffassung des LG vom Bürgschaftszweck nicht umfasst.

Dazu führt das LG aus, ausweislich des in allen drei streitgegenständlichen Bürgschaftsurkunden gleich lautenden Textes habe die Beklagte nur für Verbindlichkeiten aus dem Nachunternehmervertrag mit der Nr. ... einstehen wollen. Dies ergebe sich aus dem Textzusammenhang, in dem es heiße: "dies vorausgeschickt übernehmen wir ... Für die Sicherstellung der Vergütung Ansprüche aus erbrachten Bauleistungen in dem Unternehmer gegenüber die Bürgschaft ...". "Vorausgeschickt" sei im Text in Abs. 1 ausdrücklich der Satz: "die Firma A Aktiengesellschaft ... hat die Firma B GmbH. am 21.6.2006 gemäß Nachunternehmervertrag Nr. ... mit Starkstrominstallationen am Bauvorhaben C beauftragt". Durch die Bezugnahme auf den konkret bezeichneten Nachunternehmervertrag sei der Bürgschaftszweck auf Forderungen aus eben diesem Vertrag konkretisiert worden. Die nachträglich in Auftrag gegebenen Arbeiten seien demgegenüber bereits dem Wortlaut nach nicht dem Bürgschaftszweck unterworfen. Denn sie fänden dort keine - sei es abstrakte oder konkrete - Erwähnung.

Die Tatsache, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Firma A AG den Regelungen der VOB/B unterliegt, führt nach Auffassung des LG zu keiner anderen Bewertung. Unstreitig handele es sich bei den Nachträgen um solche i.S.d. § 1 Nr. 3, Nr. 4 VOB/B, wonach der Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen durch einseitige Erklärungen die Ausführung weiterer, im Vertrag nicht bereits vorgesehener Arbeiten verlangen könne. Der Einbeziehung auch solcher durch das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers erteilten Aufträge stehe der Bürgschaftszweck gem. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB entgegen. Denn bei solchen Nachtragsaufträgen handele es sich nicht um Belastungen, die für den Bürgen erkennbar im Hauptvertrag bereits angelegt seien und damit als vom Bürgschaftszweck umfasst anzusehen wären. Gegen eine solche Auffassung spreche der dem Bürgschaftsrecht zugrunde liegende Bestimmtheitsgrundsatz, wonach die Verbindlichkeit, für die die Bürgschaft übernommen werde, ausreichend bestimmt oder bestimmbar sein müsse. Dies aber sei bei Nachtragsaufträgen i.S.v. § 1 Nr. 3 und Nr. 4 VOB/B gerade nicht der Fall. Die Einbeziehung solcher Nachtragsaufträge würde zudem zu einer unzumutbaren Belastungen des Bürgen führen, da solche Aufträge - wie auch im vorliegenden Fall geschehen - erhebliche Verbindlichkeiten begründen könnten. Dagegen stelle es keine unzumutbare Benachteiligung des Gläubigers dar, ihn auf die Möglichkeit zu verweisen, sich im Falle der Zusatz Beauftragung zusätzliche Sicherheiten zu verschaffen.

Mit der Berufung wiederholt in die Klägerin ihre bereits in erster Instanz vertretenen Rechtsauffassung, die von der A AG erteilten Nachtragsaufträge seien vom Zweck der streitgegenständlichen Bürgschaften umfasst. Diese Auffassung begründet sie damit, der Text dieser Bürgschaftsurkunden nehme keine Einschränkung des Sicherungsumfangs auf den Ursprungsvertrag und die darin enthaltenen Leistungen vor. Laut Bürgschaftstext sollten viel mehr "Vergütungsansprüche aus erbrachten Bauleistungen" abgesichert werden. Dies umfasse auch die unstreitig erbrachten Leistungen aus den Nachtragsaufträgen.

Dem stehe - entgegen der Auffassung des LG - auch nicht die vermeintlich nicht hinreichende Bestimmtheit der Hauptforderung entgegen. Denn unstreitig sei bei Abschluss des Hauptvertrages zwischen der Klägerin und der A AG in die VOB/B wirksam einbezogen worden. Damit aber hätten sich die Vertragsparteien auch auf das Recht der Klägerin geeinigt, Leistungsänderungen und zusätzliche Leistungen nach § 1 Nr. 3 und Nr. 4 VOB...

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