Leitsatz (amtlich)

1. Mit dem gerichtlichen Hinweis nach § 81 II 1 i.V.m. I 2 OWiG, dass auch eine Verurteilung "auf Grund eines Strafgesetzes" in Betracht komme, wird das Bußgeldverfahren endgültig, d.h. unanfechtbar und unwiderruflich in das Strafverfahren übergleitet; zugleich erhält der (bislang) 'Betroffene' gemäß § 81 II 2 OWiG "die Rechtsstellung des Angeklagten" (Anschluss an BGHSt 29, 305/308).

2. Ist das Bußgeldverfahren in das Strafverfahren übergeleitet worden, finden für das Rechtsmittelverfahren ausnahmslos die Vorschriften der Strafprozessordnung auch dann Anwendung, wenn der Betroffene gleichwohl 'nur' wegen einer oder mehrerer Ordnungswidrigkeiten schuldig gesprochen und gegen ihn deshalb lediglich auf eine Geldbuße, gegebenenfalls unter gleichzeitiger Verhängung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots, erkannt wird (Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 03.04.2008 - 4 Ss OWi 182/08 = BA 46 [2009], 280).

 

Normenkette

StGB § 316; StVG § 24 a Abs. 2, § 24a Abs. 3, § 25; StPO §§ 300, 313 Abs. 3, § 348; OWiG § 81

 

Tatbestand

Das AG hat den Angekl. (und ehemals Betroffenen) am 31.01.2013 wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Kfz. unter der Wirkung eines berauschenden Mittels nach § 24 a II, III StVG in Tateinheit mit unerlaubter Benutzung eines Mobiltelefons (§ 23 Ia StVO) zu einer Geldbuße von 520 € verurteilt und gegen ihn entsprechend der schon im Bußgeldbescheid vorgesehenen Ahndung ein Fahrverbot von einem Monat nach Maßgabe des § 25 IIa 1 StVG verhängt. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten "Rechtsbeschwerde" rügt der Betr. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das OLG hat die Sache ohne eigene Sachentscheidung gem. §§ 348 II i.V.m. 79 III 1 OWiG an das für das Rechtsmittel der Berufung zuständige LG abgegeben.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Rechtsmittel ist als strafprozessuale Berufung anzusehen und als solche von dem zuständigen Berufungsgericht durchzuführen.

1. Mit dem vom AG unter dem 21.11.2012 nach Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid vom 28.09.2012 zusammen mit der Bestimmung des Hauptverhandlungstermins an den Betr. (und seinen Verteidiger) erteilten Hinweis nach § 81 II 1 i.V.m. § 81 I 2 OWiG, wonach "auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 I, II StGB in Betracht" komme, ist das Bußgeldverfahren endgültig, d.h. unanfechtbar und unwiderruflich (BGHSt 29, 305/308) in das Strafverfahren übergleitet worden; zugleich erhielt hierdurch der (bislang) "Betroffene" gemäß § 81 II 2 OWiG "die Rechtsstellung des Angeklagten", worauf das AG ebenfalls zutreffend hingewiesen hat.

2. Für das Rechtsmittelverfahren finden damit ausnahmslos die Vorschriften der StPO auch dann Anwendung, wenn der Betr. unbeschadet der bewirkten Überleitung ins Strafverfahren - wie hier - 'nur' wegen einer oder mehrerer Ordnungswidrigkeiten schuldig gesprochen und gegen ihn deshalb 'lediglich' auf eine Geldbuße, gegebenenfalls unter gleichzeitiger Verhängung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots, erkannt wird (OLG Hamm, Beschluss vom 03.04.2008 - 4 Ss OWi 182/08 = BA 46 [2009], 280; Göhler/Seitz OWiG 16. Aufl. § 81 Rn. 24; Burhoff/Gübner, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., Rn. 2557, jeweils m.w.N.). Ist damit das angefochtene Urteil im Strafverfahren ergangen, kann es nur mit den strafprozessualen Rechtsmitteln der Berufung oder der Revision angefochten werden.

3. Die mit Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom 01.02.2013 an diesem Tag eingelegte "Rechtsbeschwerde" des Betr., die er nach Zustellung des schriftlichen Urteils vom 31.01.2013 an seinen Verteidiger am 15.02.2013 mit am 15.03.2013 eingegangenem weiteren Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom 14.03.2013 mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet hat, ist demgemäß, wie die GenStA im Rahmen ihrer Antragsschrift vom 14.06.2013 zutreffend feststellt, als strafprozessuale Berufung anzusehen und durchzuführen. Hiervon geht nicht zuletzt das Gesetz selbst, wie sich u.a. aus § 313 III StPO ergibt, aus (vgl. neben KK/Wache OWiG 3. Aufl. § 82 Rn. 21 und Göhler/Seitz § 82 Rn. 25 zuletzt auch OLG Bamberg, Beschl. v. 27.09.2012 - 2 Ss OWi 1189/12 = NStZ 2013, 182 f. = OLGSt StPO § 300 Nr. 3 = VRR 2013, 149 f., jew. m.w.N.; siehe auch BGHSt 35, 290 ff. = DAR 1988, 314 ff. = NStZ 1988, 465 f.).

4. Dem steht nicht entgegen, dass das AG selbst und mit ihm Verteidigung und StA jeweils unzutreffend von der Statthaftigkeit einer "Rechtsbeschwerde" ausgehen. Gemäß § 300 StPO ist der Irrtum in der korrekten Bezeichnung des statthaften Rechtsmittels vielmehr unschädlich und die Falschbezeichnung dahin umzudeuten, dass der vom Rechtsmittelführer erstrebte Zweck möglichst erreichbar ist; im Zweifel gilt das Rechtsmittel als eingelegt, das die umfassendere Nachprüfung erlaubt (Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 300 Rn. 3). Danach ist ein unzutreffend als "Rechtsbeschwerde" bezeichnetes Rechtsmittel in aller Regel als Berufung zu behandeln. Trifft der Angekl. nä...

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