Die elektronische Teilnahme der Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung muss berücksichtigen, dass die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer "sämtliche oder einzelne" Rechte ausüben können. Die typischen und unentziehbaren Rechte der Wohnungseigentümer neben dem Teilnahmerecht stellen

  • das Rederecht,
  • das Fragerecht und
  • bis auf die eng umgrenzten Fälle des § 25 Abs. 4 WEG das Stimmrecht dar.

Inwieweit diese an sich unentziehbaren Rechte durch Beschluss auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG den elektronisch teilnehmenden Wohnungseigentümern entzogen werden können, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Allerdings wird man hier den Wohnungseigentümern eine weite Satzungsautonomie zusprechen müssen. Denn das Gesetz statuiert kein Recht zur Teilnahme an Wohnungseigentümerversammlungen in elektronischer Form. Es ermächtigt lediglich die Wohnungseigentümer, Entsprechendes durch Beschluss zu ermöglichen.

Die Ausgestaltung der einzelnen Rechte der auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer ist daher auch unter Einschränkung bestimmter Rechte, wie etwa des Fragerechts, durchaus zulässig. Auch wenn auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG lediglich die Ausübung "einzelner" Rechte eingeräumt werden kann, können dem auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer jedenfalls nicht sämtliche seiner Rechte genommen werden. Ob man so weit wird gehen können, dem in elektronischer Form teilnehmenden Wohnungseigentümer zwar die Möglichkeit einzuräumen, die Versammlung mitverfolgen zu können, ihm dann aber kein Stimmrecht zu geben, dürfte durchaus zulässig sein.[1] Dem Wohnungseigentümer bleibt es in derartigen Fällen unbenommen, einem physisch teilnehmenden Wohnungseigentümer eine Stimmrechtsvollmacht und im Wege der Fernkommunikation Weisungen bezüglich der Stimmabgabe zu erteilen.

Für den Versammlungsleiter muss während der gesamten Dauer der Wohnungseigentümerversammlung und zu jedem Tagesordnungspunkt die Überprüfung der Mehrheitsverhältnisse möglich sein, um zuverlässig die Beschlussergebnisse verkünden zu können. Auch muss die Legitimation jedes Wohnungseigentümers wie bei einer Präsenzteilnahme erfolgen. Hier sollte eine Identifizierung im Wege einer Registrierung über Login-Maske unter Verwendung zuvor vergebener Zugangscodes (PIN) erfolgen. Notfalls dürfte es auch ausreichen, dass der teilnehmende Wohnungseigentümer seinen Personalausweis mit Lichtbild in seine Kamera hält, sodass die Identifizierung auf diese Weise sicher erfolgen kann. Sollte eine geheime Abstimmung zu einzelnen Tagesordnungspunkten vorgesehen sein, ist eine Konferenzsoftware zu nutzen, die eine verborgene Chateingabe, die nur für den Versammlungsleiter sichtbar ist, erlaubt.

[1] Hügel/ElzerWEG, § 23 Rn. 37; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 610; Blankenstein, WEG-Reform 2020, S. 375 f.; a. A. Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 8 Rn. 47.

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