Mit Blick auf die elektronische Teilnahme der Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung, ist zu berücksichtigen, dass die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer "sämtliche oder einzelne Rechte" ausüben können. Die typischen und unentziehbaren Rechte der Wohnungseigentümer neben dem Teilnahmerecht stellen

  • das Rederecht,
  • das Fragerecht und
  • – bis auf die eng umgrenzten Fälle des § 25 Abs. 4 WEG – das Stimmrecht

dar.

Inwieweit diese an sich unentziehbaren Rechte durch Beschluss auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG den elektronisch teilnehmenden Wohnungseigentümern entzogen werden können, ist weder dem Gesetzestext noch seiner Begründung zu entnehmen. Allerdings wird man hier den Wohnungseigentümern eine weite "Satzungsautonomie" zusprechen müssen. Denn das Gesetz statuiert kein Recht zur Teilnahme an Wohnungseigentümerversammlungen in elektronischer Form. Es ermächtigt lediglich die Wohnungseigentümer, Entsprechendes durch Beschluss zu ermöglichen.

Die Ausgestaltung der einzelnen Rechte der auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer dürfte daher auch unter Einschränkung bestimmter Rechte, wie etwa des Fragerechts, durchaus zulässig sein. Für die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer sollte aber die Möglichkeit einer Interaktion zwischen persönlich anwesenden Wohnungseigentümern und Versammlungsleiter bestehen und es sollte in technischer Hinsicht die Möglichkeit gegeben werden, sich durch eigene Wortbeiträge an der Versammlung beteiligen zu können.

Grundsätzlich sollte zwar jedem an einer Wohnungseigentümerversammlung in elektronischer Form teilnehmenden Wohnungseigentümer

  • der Zugang zur Eigentümerversammlung eröffnet bleiben,
  • sein Rederecht ermöglicht werden,
  • die Möglichkeit eingeräumt sein, Fragen zu stellen und
  • die Abstimmung über Beschlussanträge ermöglicht werden.

Allerdings obliegt dies der Ausgestaltung des konkreten Beschlusses durch die Wohnungseigentümer. Auch wenn auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG lediglich die Ausübung "einzelner" Rechte eingeräumt werden kann, können dem auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer jedenfalls nicht sämtliche seiner Rechte genommen werden. Allerdings dürfte es durchaus zulässig sein, dem in elektronischer Form teilnehmenden Wohnungseigentümer zwar die Möglichkeit einzuräumen, die Versammlung mitverfolgen zu können, ihm aber kein Stimmrecht einzuräumen. Dem Wohnungseigentümer bleibt es in solchen Fällen unbenommen, einem physisch teilnehmenden Wohnungseigentümer eine Stimmrechtsvollmacht und im Wege der Fernkommunikation Weisungen bezüglich der Stimmabgabe zu erteilen.

Für den Versammlungsleiter muss während der gesamten Dauer der Wohnungseigentümerversammlung und zu jedem Tagesordnungspunkt die Überprüfung der Mehrheitsverhältnisse möglich sein, um zuverlässig die Beschlussergebnisse verkünden zu können. Auch muss die Legitimation jedes Wohnungseigentümers wie bei einer Präsenzteilnahme erfolgen. Hier sollte eine Identifizierung im Wege einer Registrierung über Login-Maske unter Verwendung zuvor vergebener Zugangscodes (PIN) erfolgen. Notfalls dürfte es auch ausreichen, dass der teilnehmende Wohnungseigentümer seinen Personalausweis mit Lichtbild in seine Kamera hält, sodass die Identifizierung auf diese Weise sicher erfolgen kann. Sollte eine geheime Abstimmung zu einzelnen Tagesordnungspunkten vorgesehen sein, ist eine Konferenzsoftware zu nutzen, die eine verborgene Chateingabe nur für den Versammlungsleiter sichtbar erlaubt.

 

Musterbeschluss: Teilnahme an Eigentümerversammlungen in elektronischer Form

TOP XX: Teilnahme an Eigentümerversammlungen in elektronischer Form

Auf Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG beschließen die Wohnungseigentümer, dass Wohnungseigentümer grundsätzlich an Wohnungseigentümerversammlungen auch in elektronischer Form teilnehmen können.

Diejenigen Wohnungseigentümer, die in elektronischer Form an Wohnungseigentümerversammlungen teilnehmen, haben ein Rede- und Fragerecht. Ihr Stimmrecht können sie nicht in elektronischer Form ausüben. Es steht ihnen insoweit im Vorfeld der Wohnungseigentümerversammlung frei, anderen persönlich teilnehmenden Wohnungseigentümern oder dem Verwalter eine Stimmrechtsvollmacht auszustellen und im Laufe der Versammlung entsprechend des jeweiligen Diskussionsstands Weisungen zu erteilen, wie die Vollmacht auszuüben ist bzw. der Stimmrechtsvertreter abzustimmen hat.

In technischer Umsetzung erfolgt aus der Versammlung heraus lediglich eine Ton-, jedoch keine Bildübertragung. Sollte der Versammlungsleiter während der jeweiligen Versammlung mit Power-Point-Präsentationen arbeiten, werden jedoch diese Folien übertragen. Die Auswahl der geeigneten Meeting-Software wird dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat gemeinschaftlich überlassen. Die Wohnungseigentümer werden gesondert entsprechend informiert. Unabhängig von der konkreten Software, hat jeder Wohnungseigentümer die technischen Voraussetzungen für eine Teilnahme an den Versammlungen in elektronisc...

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