§ 102 Abs. 1 GEG – Befreiungen

(1) 1Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag des Eigentümers oder Bauherren von den Anforderungen dieses Gesetzes zu befreien, soweit

  1. die Ziele dieses Gesetzes durch andere als in diesem Gesetz vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden oder
  2. die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen.

2Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können, das heißt, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen. 3Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. 4Hierbei sind unter Berücksichtigung des Ziels dieses Gesetzes die zur Erreichung dieses Ziels erwartbaren Preisentwicklungen für Energie einschließlich der Preise für Treibhausgase nach dem europäischen und dem nationalen Emissionshandel zu berücksichtigen. 5Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn aufgrund besonderer persönlicher Umstände, die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist.

(...)

3.1 Anderweitige Zielerreichung (§ 102 Abs. 1 Nr. 1 GEG)

Zunächst sieht § 102 Abs. 1 Nr. 1 GEG die Möglichkeit einer Befreiung von den Pflichten des GEG vor, wenn die Ziele des GEG durch andere als im GEG vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden können. Die Vorschrift zielt nicht nur, aber auch auf die Regelungen der Innovationsklausel des § 103 GEG.

3.1.1 Allgemeine Alternativlösung

Unabhängig von der spezifiziert ausgestalteten Bestimmung des § 103 GEG genügen allgemein andere als im GEG vorgesehene Maßnahmen, wenn diese die Anforderungen des GEG ebenso erfüllen würden. Weder dem Gesetz noch seiner Begründung ist hierzu Näheres zu entnehmen.

 
Praxis-Beispiel

Wärmedämmung[1]

Würden beim Einsatz einer transparenten Wärmedämmung die Anforderungen an den Wärmeschutz nicht erfüllt und wäre der Energiebedarf aber nachweislich nicht höher als bei einer opaken, also lichtundurchlässigen Wärmedämmung, wäre das Ziel des GEG dennoch erreicht.

Darlegungs- und Nachweispflicht

Nach § 102 Abs. 3 GEG haben Eigentümer oder Bauherr darzulegen und nachzuweisen, dass Alternativmaßnahmen ebenso geeignet sind, die Ziele des GEG zu erfüllen. Allgemeine Behauptungen genügen demnach nicht, vielmehr muss ein entsprechender Nachweis geführt werden. Da den zuständigen Landesbehörden regelmäßig die Kenntnis fehlen wird, ob der vorgelegte Nachweis tatsächlich eine Zielerfüllung bestätigt, kann die Behörde vom Eigentümer oder Bauherrn gemäß § 102 Abs. 3 Satz 2 GEG die Vorlage einer Beurteilung durch qualifizierte Sachverständige verlangen.

 

Unterlassener Nachweis

Kommt der Eigentümer oder Bauherr seiner Nachweispflicht nicht nach, trifft die zuständige Behörde keine eigene Ermittlungspflicht. Sie wird vielmehr davon ausgehen, dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GEG nicht vorliegen und wird keine Befreiung erteilen.[2]

[1] Beispiel nach Jungmann/Lambrecht, GEG im Bild S. 121.
[2] Vgl. HK-GEG/GEIG/Massaeus/Truong/Stahl, § 102 GEG Rn. 24.

3.1.2 Emissionslösung

Neubau

Die Befreiungsmöglichkeit für Neubauten regelt § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GEG. Wird ein Wohngebäude oder Nichtwohngebäude so errichtet, dass

  • die Treibhausgasemissionen des Gebäudes gleichwertig begrenzt werden und
  • der Höchstwert des Jahres-Endenergiebedarfs für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung das 0,55fache des auf die Gebäudenutzfläche bei Wohngebäuden bzw. der Nettogrundfläche bei Nichtwohngebäuden bezogenen Wertes des Jahres-Endenergiebedarfs eines Referenzgebäudes, das die gleiche Geometrie, Gebäudenutzfläche und Ausrichtung wie das zu errichtende Gebäude aufweist und der technischen Referenzausführung der Anlage 1 bei Wohngebäuden bzw. der Anlage 2 bei Nichtwohngebäuden entspricht, nicht überschreitet,

kann eine Befreiung von den Anforderungen des § 10 Abs. 2 GEG erteilt werden. § 10 GEG regelt allgemein die Anforderungen an Neubauten als Niedrigstenergiegebäude. Von den spezifizierten Anforderungen des § 10 Abs. 2 GEG (siehe Blankenstein, Neubau, Kap. 1) kann also eine Befreiung erteilt werden.

Bestandsbau

Bezüglich der Bestandsbauten regelt § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GEG die Befreiungsmöglichkeit. Hiernach kann von den Anforderungen des § 50 Abs. 1 i. V. m. § 48 GEG (siehe zu diesen Bestandsgebäude, Kap. 3.1.4) eine Befreiung erteilt werden, wenn Wohngebäude oder Nichtwohngebäude so geändert werden, dass

  • die Treibhausgasemissionen des Gebäudes gleichwertig begrenzt werden und
  • der Jahres-Endenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung das 1,4fache des auf die Gebäudenutzfläche bei Wohngebäuden bzw. der Nettogrundfläche bei Nichtwohngebäuden bezogenen Wertes des Jahres-Endenergiebedarfs eines Referenzgebäudes, das die gleiche Geometrie, Gebäudenutzfläche und Ausrichtung w...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge